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musste, um ordentlich abzuschneiden. Was ich da alles gehört und selbst gesehen
habe, gäbe Stoff zu einem hübschen Büchlein, recht unterhaltsam zu lesen in
unserer Zeit. Damals war das alles weniger lustig.
Wie ich dann selber als Zeichenlehrer visitiert wurde, kam mir recht eindring-
lich zum Bewusstsein, was ausstellungsfähig ist und was nicht, und was man oft
machen kann, um ganz austeilungsfähige Zeichnungen, insbesondere technische, zu
erzielen. Das Ausziehen der Zeichnungen mit schwarzer Tusche passte auch so ganz
in dies System hinein. Da konnte man alle Spuren der Erarbeitung säuberlich tilgen.
„Was wir in Württemberg erreicht haben, haben wir durch unsere Ausstellungen
erreicht,“ und „bei diesen Ausstellungen wollten wir nicht in erster Linie sehen,
was der Schüler kann, sondern was der Lehrer kann,“ sagte mir einmal einer meiner
Visitatoren. Und dieses Arbeiten auf Ausstellungen, dieses Streben nach „aus-
Abbiidung 5.
Schülerarbeiten der Fachklasse für Ziselieren der Münchner Gewerbeschule (Lehrer: Joh. Vierthaler).
stellungsfähigen“ Zeichnungen, diese Ausstellungen selbst sind es, welche schuld
daran sind, dass der Geist der Deform in den meisten Fällen nicht erfasst wird.
Diese Ausstellungen, Schulausstellungen jeder Art gehören vorderhand weg. Die
Lehrer brauchen Buhe und Zeit, sich einzuarbeiten, zu probieren, Zeit, sich einen
Lehrgang selbst zu erarbeiten. Aber eben dieser Mangel an Zeit zur Einarbeitung
drängt zu den Leitfäden hin. Da steht alles so geordnet und ausgeführt drin, es
ist einem so bequem gemacht, man braucht sich nicht vorzubereiten, man darf nur
in die Schule hineinstehen und anfangen.
Es besteht die Ansicht, es komme jetzt eben darauf an, statt nach Vorlagen
und Gipsmodellen, nach Naturobjekten ebenso ausstellungsfähige Zeichnungen zu
„machen.“ Ja, das Machen! Landauf, landab ist man gewöhnt, vom Lehrer
überarbeitete Schülerarbeiten zu sehen. Der Massstab für wirkliche Schüler-
arbeiten ist dem Publikum ganz abhanden gekommen und es braucht
lange Zeit, bis man gewöhnt sein wird, Schülerarbeiten wieder richtig beurteilen
musste, um ordentlich abzuschneiden. Was ich da alles gehört und selbst gesehen
habe, gäbe Stoff zu einem hübschen Büchlein, recht unterhaltsam zu lesen in
unserer Zeit. Damals war das alles weniger lustig.
Wie ich dann selber als Zeichenlehrer visitiert wurde, kam mir recht eindring-
lich zum Bewusstsein, was ausstellungsfähig ist und was nicht, und was man oft
machen kann, um ganz austeilungsfähige Zeichnungen, insbesondere technische, zu
erzielen. Das Ausziehen der Zeichnungen mit schwarzer Tusche passte auch so ganz
in dies System hinein. Da konnte man alle Spuren der Erarbeitung säuberlich tilgen.
„Was wir in Württemberg erreicht haben, haben wir durch unsere Ausstellungen
erreicht,“ und „bei diesen Ausstellungen wollten wir nicht in erster Linie sehen,
was der Schüler kann, sondern was der Lehrer kann,“ sagte mir einmal einer meiner
Visitatoren. Und dieses Arbeiten auf Ausstellungen, dieses Streben nach „aus-
Abbiidung 5.
Schülerarbeiten der Fachklasse für Ziselieren der Münchner Gewerbeschule (Lehrer: Joh. Vierthaler).
stellungsfähigen“ Zeichnungen, diese Ausstellungen selbst sind es, welche schuld
daran sind, dass der Geist der Deform in den meisten Fällen nicht erfasst wird.
Diese Ausstellungen, Schulausstellungen jeder Art gehören vorderhand weg. Die
Lehrer brauchen Buhe und Zeit, sich einzuarbeiten, zu probieren, Zeit, sich einen
Lehrgang selbst zu erarbeiten. Aber eben dieser Mangel an Zeit zur Einarbeitung
drängt zu den Leitfäden hin. Da steht alles so geordnet und ausgeführt drin, es
ist einem so bequem gemacht, man braucht sich nicht vorzubereiten, man darf nur
in die Schule hineinstehen und anfangen.
Es besteht die Ansicht, es komme jetzt eben darauf an, statt nach Vorlagen
und Gipsmodellen, nach Naturobjekten ebenso ausstellungsfähige Zeichnungen zu
„machen.“ Ja, das Machen! Landauf, landab ist man gewöhnt, vom Lehrer
überarbeitete Schülerarbeiten zu sehen. Der Massstab für wirkliche Schüler-
arbeiten ist dem Publikum ganz abhanden gekommen und es braucht
lange Zeit, bis man gewöhnt sein wird, Schülerarbeiten wieder richtig beurteilen