normaler Weise vom primitiven Symbol zu natura-
listischer Sachlichkeit führt.
6. Förderung Hochbegabter in ihrer individuellen
Anlage.
Im jüngeren Zeichenunterricht bevorzugt der Zei-
chenlehrer ein freies Unterrichtsverfahren. In kritischen
Momenten übernimmt er die Leitung des Schülers, der
sich sonst eigengesetzlich entwickeln soll.
Ich bemühte mich, ältere und jüngere Lehrinhalte
und Unterrichtsgrundsätze des Zeichenunterrichts zu
unterscheiden und wir erkennen, daß sie sich nicht
gegenseitig ausschließen, sondern ergänzen und ver-
vollkommnen.
Eine Synthese ergibt folgende Gliederung des Lehr-
inhalts:
1. Einführung in die Techniken oder Künste.
2. Praktische Übungen im Darstellen und Gestalten.
3. Sekundliches Zeichnen.
4. Historische und ästhetische Kunstbetrachtung.
5. Kunstgeschichte.
Als gemeinsame Bildungsziele kann man unterscheiden:
1. Kunstkennerschaft.
2. Handwerkliche Grundschulung.
3. Entwicklung der schöpferischen Persönlichkeit.
Diese Bildungsziele beschreiben ein inneres Ver-
hältnis zur bildenden Kunst, zu welchem der junge
Mensch im Zeichenunterricht gelangen soll. Es soll ihn
befähigen, das Werk der bildenden Kunst, das Kunst-
gewerbe inbegriffen, zu verstehen, zu genießen oder
gar, wenn er begnadet ist, selbst schöpferisch zu sein.
In dieser Hinsicht rechtfertigt der Zeichenunterricht
eine neue Fachbenennung und ermöglicht dem Zei-
chenlehrer, auch mit neuer, abgeklärter Berufsauffas-
sung fruchtbar zu wirken.
Zur weiteren Sicherung dieses Unterrichts müßten
allgemeine Richtlinien ausgearbeitet werden, welche
Bildungszweck, Bildungsgrundsätze, Ubungsstoffe und
Ubungsformen des Lehrfaches Bildende Kunst fest-
legen.
Diese Richtlinien wären das geeignete Mittel, um
Behörde und Schule aufzuklären und Mißverständnisse
auszuschalten.
Historisches und logisches Recht, pädagogisches
Ziel und Unterrichtsgestaltung rechtfertigen die neue
Fachbezeichnung Bildende Kunst.
Zum Schluß möchte ich nachweisen, daß die Umbe-
nennung auch schulpolitisch vorteilhaft ist.
Man darf annehmen, daß der neue Fachtitel beson-
dere Werbekraft besitzt. Er schafft günstigere Be-
ziehungen zwischen dem Fach und seinem Lehrer. Er
weckt das Interesse aller am Erziehungswesen betei-
ligten Kreise: der Schüler, der Eltern, der höheren
Lehrerschaft, der Berufsschullehrerschaft, der Presse
und aller Berufskreise der freien und angewandten
Künste.
Gestehen wir offen, die Berufsauffassung des Zei-
chenlehrers war stets von Wandlungen erschüttert. Sie
ist noch so jung und stützt sich nicht auf Berufstradi-
tion und organisatorische Macht wie die der wissen-
schaftlichen Lehrer. Die geschichtliche Entwicklung be-
drängt aber auch den Zeichenlehrer als Menschen,
der sich Ruhepunkte wünscht. Der neue Fachtitel Bil-
dende Kunst kann ein Ruhepunkt seines Schaffens
werden. Er verleiht seiner scheinbar zersplitterten
Unterrichtsarbeit harmonische Zielstrebigkeit. Er ver-
leiht ihm neues Selbstbewußtsein und spornt ihn zu
weiterem Streben an, welches ihn seiner edlen Auf-
gabe immer würdiger macht.
Der Zeichenunterricht wurde besonders von Schü-
lern höherer Klassen als Randgebiet ihrer Schularbeit
oder als Begabtenfach angesehen. Innere und äußere
Anteilnahme richteten sich nach dieser Einstellung.
Das Fach Bildende Kunst kommt einem elementaren
ästhetischen Bedürfnis der Jugend neu entgegen.
Auch die Eltern erkannten den erzieherischen Wert
des Zeichenunterrichts nicht immer und betrachteten
ihn als Ablenkung von der wissenschaftlichen Haupt-
arbeit. Da aber die gebildeten Kreise der Elternschaft
die Kunst als Quell der Freude und Erhebung aus all-
täglicher Mühsal persönlich schätzen, werden sie einem
Fach, welches wie Musik durch seinen Titel Genuß
und Freude und gesteigerte Menschenwürde als Ziele
bezeichnet, größere Zuneigung entgegenbringen.
Auch Lehrerschaft und Direktion werden das Fach
Bildende Kunst höher achten als das Zeichnen. Sie
verschließen sich der pädagogischen Einsicht nicht,
daß dieses Fach kein Ergänzungs- und Hilfsfach ist,
daß es im Bildungsplan der höheren Schule ein der
Wissenschaft nebengeordnetes und unentbehrliches
Wertgebiet vertritt. Ausgleichs- und Versetzungswerl
der Fachzensur werden deutlicher. Alle Anträge um
Mittel für Einrichtungs- und Lehrgegenstände erhalten
größeres Gewicht.
Durch die Umwandlung des Zeichenunterrichts wird
auch die Bindung der höheren Schule mit den ge-
werblichen und künstlerischen Fachschulen enger. Ein
Presseaufsatz aus dem Jahre 1927 begründet die Er-
richtung einer technischen Lehranstalt für Graphik in
Dresden auch damit, daß hier die besten Zeichner
aller höheren Schulen in einer Sammelklasse beson-
ders gefördert werden könnten. Wirerkennen, welches
Interesse das Fachschulwesen an der Begabtenaus-
lese in der höheren Schule und an ihrer besten Aus-
bildung hat. Wir werden an unsere Pflicht deutlich
erinnert. Andererseits muß hier nachdrücklich darauf
hingewiesen werden, daß mit der Regelung der Denk-
schrift die Sonderschulung künstlerischer Begabungen
an neunstufigen Lehranstalten in wahlfreien Kursen
beseitigt worden ist.
Durch die Titeländerung gewinnt der bisherige Zei-
chenunterricht erneut Boden in der Presse. Fast täg-
lich werden dort „unter dem Strich" Kunsterziehungs-
fragen erörtert. Männer mit klingendem Namen tragen
oft Meinungen vor, die von der Schule berichtigt wer-
den müßten, damit sie die- Entwicklung der Kunst-
erziehung nicht hemmen.
Und zum Schluß die Berufskreise der Künstlerschaft
und ihrer Organisationen. Haben sie es begriffen, daß
der Zeichenunterricht der höheren Schule ihre persön-
lichsten Belange fördert? Ich lasse diese Frage offen,
da ich vielleicht nicht genügend unterrichtet bin. Eine
Abhandlung „Bildende Kunst in der Erziehungsschule''
in Reins Enzyklopädie der Pädagogik, Band 5, Seite
202 aus dem Jahre 1906 berichtet ausführlich, daß die
Künstlerschaft dieser Zeit der Kunsterziehungsaufgabe
des Zeichenunterrichts kein Verständnis entgegen-
bringt.
Andererseits wird berichtet, daß sich der Zeichen-
unterricht in Württemberg günstig entwickelt, weil er
dort von den Interessenkreisen der Industrie und des
Gewerbes besonders gefördert werde. Er sei dort ein
wichtiger Faktor der Volkswohlfahrt geworden.
Ist es nicht charakteristisch, daß vor einigen Jahren
wiederum die württembergische Zeichenlehrerschaft
im Ministerium den neuen Fachtitel Bildhaftes Gestal-
ten durchsetzt, weil führende Geister der technischen
Hochschule und der Akademie in Stuttgart hinter ihnen
stehen? Und wiederum ist es dort ein führender Künst-
ler, der Buchgraphiker und Baumeister Bernhard Pan-
kok, welcher schon damals „Bildende Kunst" vorschlägt.
Nicht der beste Kunstunterricht möchte ein so tat-
kräftiges Interesse und Verständnis dieser tragenden
Kreise wecken, so lange er den Namen Zeichnen führt.
Diese Gründe ermittelte der Verfasser bisher, um
den erwünschten Fachtitel befürworten zu können.
listischer Sachlichkeit führt.
6. Förderung Hochbegabter in ihrer individuellen
Anlage.
Im jüngeren Zeichenunterricht bevorzugt der Zei-
chenlehrer ein freies Unterrichtsverfahren. In kritischen
Momenten übernimmt er die Leitung des Schülers, der
sich sonst eigengesetzlich entwickeln soll.
Ich bemühte mich, ältere und jüngere Lehrinhalte
und Unterrichtsgrundsätze des Zeichenunterrichts zu
unterscheiden und wir erkennen, daß sie sich nicht
gegenseitig ausschließen, sondern ergänzen und ver-
vollkommnen.
Eine Synthese ergibt folgende Gliederung des Lehr-
inhalts:
1. Einführung in die Techniken oder Künste.
2. Praktische Übungen im Darstellen und Gestalten.
3. Sekundliches Zeichnen.
4. Historische und ästhetische Kunstbetrachtung.
5. Kunstgeschichte.
Als gemeinsame Bildungsziele kann man unterscheiden:
1. Kunstkennerschaft.
2. Handwerkliche Grundschulung.
3. Entwicklung der schöpferischen Persönlichkeit.
Diese Bildungsziele beschreiben ein inneres Ver-
hältnis zur bildenden Kunst, zu welchem der junge
Mensch im Zeichenunterricht gelangen soll. Es soll ihn
befähigen, das Werk der bildenden Kunst, das Kunst-
gewerbe inbegriffen, zu verstehen, zu genießen oder
gar, wenn er begnadet ist, selbst schöpferisch zu sein.
In dieser Hinsicht rechtfertigt der Zeichenunterricht
eine neue Fachbenennung und ermöglicht dem Zei-
chenlehrer, auch mit neuer, abgeklärter Berufsauffas-
sung fruchtbar zu wirken.
Zur weiteren Sicherung dieses Unterrichts müßten
allgemeine Richtlinien ausgearbeitet werden, welche
Bildungszweck, Bildungsgrundsätze, Ubungsstoffe und
Ubungsformen des Lehrfaches Bildende Kunst fest-
legen.
Diese Richtlinien wären das geeignete Mittel, um
Behörde und Schule aufzuklären und Mißverständnisse
auszuschalten.
Historisches und logisches Recht, pädagogisches
Ziel und Unterrichtsgestaltung rechtfertigen die neue
Fachbezeichnung Bildende Kunst.
Zum Schluß möchte ich nachweisen, daß die Umbe-
nennung auch schulpolitisch vorteilhaft ist.
Man darf annehmen, daß der neue Fachtitel beson-
dere Werbekraft besitzt. Er schafft günstigere Be-
ziehungen zwischen dem Fach und seinem Lehrer. Er
weckt das Interesse aller am Erziehungswesen betei-
ligten Kreise: der Schüler, der Eltern, der höheren
Lehrerschaft, der Berufsschullehrerschaft, der Presse
und aller Berufskreise der freien und angewandten
Künste.
Gestehen wir offen, die Berufsauffassung des Zei-
chenlehrers war stets von Wandlungen erschüttert. Sie
ist noch so jung und stützt sich nicht auf Berufstradi-
tion und organisatorische Macht wie die der wissen-
schaftlichen Lehrer. Die geschichtliche Entwicklung be-
drängt aber auch den Zeichenlehrer als Menschen,
der sich Ruhepunkte wünscht. Der neue Fachtitel Bil-
dende Kunst kann ein Ruhepunkt seines Schaffens
werden. Er verleiht seiner scheinbar zersplitterten
Unterrichtsarbeit harmonische Zielstrebigkeit. Er ver-
leiht ihm neues Selbstbewußtsein und spornt ihn zu
weiterem Streben an, welches ihn seiner edlen Auf-
gabe immer würdiger macht.
Der Zeichenunterricht wurde besonders von Schü-
lern höherer Klassen als Randgebiet ihrer Schularbeit
oder als Begabtenfach angesehen. Innere und äußere
Anteilnahme richteten sich nach dieser Einstellung.
Das Fach Bildende Kunst kommt einem elementaren
ästhetischen Bedürfnis der Jugend neu entgegen.
Auch die Eltern erkannten den erzieherischen Wert
des Zeichenunterrichts nicht immer und betrachteten
ihn als Ablenkung von der wissenschaftlichen Haupt-
arbeit. Da aber die gebildeten Kreise der Elternschaft
die Kunst als Quell der Freude und Erhebung aus all-
täglicher Mühsal persönlich schätzen, werden sie einem
Fach, welches wie Musik durch seinen Titel Genuß
und Freude und gesteigerte Menschenwürde als Ziele
bezeichnet, größere Zuneigung entgegenbringen.
Auch Lehrerschaft und Direktion werden das Fach
Bildende Kunst höher achten als das Zeichnen. Sie
verschließen sich der pädagogischen Einsicht nicht,
daß dieses Fach kein Ergänzungs- und Hilfsfach ist,
daß es im Bildungsplan der höheren Schule ein der
Wissenschaft nebengeordnetes und unentbehrliches
Wertgebiet vertritt. Ausgleichs- und Versetzungswerl
der Fachzensur werden deutlicher. Alle Anträge um
Mittel für Einrichtungs- und Lehrgegenstände erhalten
größeres Gewicht.
Durch die Umwandlung des Zeichenunterrichts wird
auch die Bindung der höheren Schule mit den ge-
werblichen und künstlerischen Fachschulen enger. Ein
Presseaufsatz aus dem Jahre 1927 begründet die Er-
richtung einer technischen Lehranstalt für Graphik in
Dresden auch damit, daß hier die besten Zeichner
aller höheren Schulen in einer Sammelklasse beson-
ders gefördert werden könnten. Wirerkennen, welches
Interesse das Fachschulwesen an der Begabtenaus-
lese in der höheren Schule und an ihrer besten Aus-
bildung hat. Wir werden an unsere Pflicht deutlich
erinnert. Andererseits muß hier nachdrücklich darauf
hingewiesen werden, daß mit der Regelung der Denk-
schrift die Sonderschulung künstlerischer Begabungen
an neunstufigen Lehranstalten in wahlfreien Kursen
beseitigt worden ist.
Durch die Titeländerung gewinnt der bisherige Zei-
chenunterricht erneut Boden in der Presse. Fast täg-
lich werden dort „unter dem Strich" Kunsterziehungs-
fragen erörtert. Männer mit klingendem Namen tragen
oft Meinungen vor, die von der Schule berichtigt wer-
den müßten, damit sie die- Entwicklung der Kunst-
erziehung nicht hemmen.
Und zum Schluß die Berufskreise der Künstlerschaft
und ihrer Organisationen. Haben sie es begriffen, daß
der Zeichenunterricht der höheren Schule ihre persön-
lichsten Belange fördert? Ich lasse diese Frage offen,
da ich vielleicht nicht genügend unterrichtet bin. Eine
Abhandlung „Bildende Kunst in der Erziehungsschule''
in Reins Enzyklopädie der Pädagogik, Band 5, Seite
202 aus dem Jahre 1906 berichtet ausführlich, daß die
Künstlerschaft dieser Zeit der Kunsterziehungsaufgabe
des Zeichenunterrichts kein Verständnis entgegen-
bringt.
Andererseits wird berichtet, daß sich der Zeichen-
unterricht in Württemberg günstig entwickelt, weil er
dort von den Interessenkreisen der Industrie und des
Gewerbes besonders gefördert werde. Er sei dort ein
wichtiger Faktor der Volkswohlfahrt geworden.
Ist es nicht charakteristisch, daß vor einigen Jahren
wiederum die württembergische Zeichenlehrerschaft
im Ministerium den neuen Fachtitel Bildhaftes Gestal-
ten durchsetzt, weil führende Geister der technischen
Hochschule und der Akademie in Stuttgart hinter ihnen
stehen? Und wiederum ist es dort ein führender Künst-
ler, der Buchgraphiker und Baumeister Bernhard Pan-
kok, welcher schon damals „Bildende Kunst" vorschlägt.
Nicht der beste Kunstunterricht möchte ein so tat-
kräftiges Interesse und Verständnis dieser tragenden
Kreise wecken, so lange er den Namen Zeichnen führt.
Diese Gründe ermittelte der Verfasser bisher, um
den erwünschten Fachtitel befürworten zu können.