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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 11.1931

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Fritz, Ernst: Dem "Westfalenheft" zum Geleit!
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Klocke, Heinrich: Volkskunst und Kunsterziehung: (ein Wort zum Bauernhausmuseum in Bielefeld)
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https://doi.org/10.11588/diglit.28010#0052

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Aus dem Bielefelder Museum
Pinselzeichnung nach Natur. Ul


HEINRICH KLOCKE-BIELEFELD;
VOLKSKUNST UND KUNSTERZIEHUNG (Ein Wort zum Bauernhausmuseum in Bielefeld)

„Was du ererbt von deinen Vätern hast
erwirb es, um es zu besitzen".
Der Aufgabenkreis des Kunsterziehers ist erfah-
rungsgemäß ein umfangreicher. Die amtlichen
Bestimmungen lassen Deutungen im weitesten Sinne
zu. Die individuelle Eigenart des einzelnen Schülers,
wie die Stammeseigentümlichkeit der Schulgemeinde,
die sich aus rassigen und landschaftlichen Bindungen
ergibt, erfordern besondere Einstellungen. Wir West-
falen bewahren diese Stammeseigentümlichkeiten —
ich spreche damit kein Werturteil aus — besonders
treu. Eine der hervorstechenden Eigenschaften des
Westfalen ist das starre Festhalten am Althergebrach-
ten. Das hat sich in kulturellen Dingen z. B. in der
Weise ausgewirkt, daß der Westfale lange noch bei
einer alten Stilform verharrte, als diese anderwärts
durch eine neue längst überholt war. Der eben ge-
nannte Charakterzug haftet besonders den Bewohnern
des nordöstlichen Westfalen, den Minden- und Ravens-
bergern an. Der Grund liegt nicht nur in einer gewis-
sen Schwerfälligkeit, die man uns nicht ganz ohne
Recht nachsagt, er liegt vielmehr in der liebevollen
Hinneigung zum Ererbten, dessen Pflege dem Ravens-
berger Herzenssache ist.

Auffallend ist die Einheitlichkeit der kulturellen Er-
scheinungen in diesem Teile Westfalens. Unsere Kunst
ist in ihren Wurzeln Volkskunst im eigentlichen Sinne,
gewachsen auf dem Boden bäuerlicher Kultur. Ihre
besonderen Merkmale sind Sachlichkeit und Klarheit
in der Anpassung an den jeweiligen Zweck, Ehrlich-
keit in der Verwendung des bodenständigen Ma-
terials und eine gewisse ruhige Zurückhaltung in der
Gestaltung der Schmuckform.
In der Erkenntnis, daß die Kultur in unserer Landschaft
sich aus der Zelle bäuerlicher Kunstpflege entwickelt
hat, sehen wir eine der wichtigen Aufgaben unserer
Kunsterziehung in der Hinführung der Schüler zu den
besten Erzeugnissen bäuerlicher Kunst der Vergangen-
heit. Wir betreiben damit nicht nur Pflege des Heimat-
sinnes schlechthin, sondern in erster Linie Heimatkunst.
Dabei stehen die sachlichen und künstlerischen Vor-
aussetzungen, die unsere Vorfahren bei aller Einfach-
heit der inneren Einstellung — aber mit einem sicheren
Gefühl für das Handwerkliche und Schöne — geleitet
haben, im Vordergrund der Betrachtungen. Die in-
stinktive Geneigtheit der Schüler, die empfinden, daß
es sich dabei um eine eigene Angelegenheit — eben

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