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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 11.1931

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Heft 1 (Januar 1931)
DOI Artikel:
Parnitzke, Erich: Rund um den Spielwürfel: eine gerahmte A-U-Betrachtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.28010#0022

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ERICH PARNITZKE-KIEL:
RUND UM DEN SPIELWÜRFEL» Eine gerahmte A-U-Betrachtung

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Sechs Flächen blicken uns mit ihren Augen an. Es
sei einmal nicht übersehen, d. h. sofort in Rechnung
umgesetzt, wie die Augen stehen, sondern beachtet,
wie sie im Bilde sind, das zunächst Quadrat heißt als
Grundfläche.
Eins

das in enger Stube geschrien, 1 b, f eins, das in wei-
tem Saal geflüstert wird. Britsch hat — mit recht —
die jedem geschulten Auge „selbstverständliche" Not-
wendigkeit einer „guten Raum- und Gewichtsvertei-
lung" als primäres bildnerisches Ordnungsprinzip her-
vorgehoben.*
Das simple Beispiel zeigt aber noch mehr, das W i e
des A-zu-U betreffend. Darin kann sich einmal ein
reines Richtungsurteil aussprechen: Mittel Ein sechs-
jähriges Kind wird kaum eine andere Denkmöglich-
keit als diese verwirklichen, wenn man ihm einen —
unbeschriebenen — Würfel gibt und es sich die Augen
selber draufzeichnen will: 1 b, r. Ähnlich, wie es noch
nicht seine Stimme moduliert je nach dem Raum in
dem es spricht, wie es das „Echo" noch nicht dem
Gewicht, dem Volumen nach mitwertet, sondern un-
bekümmert die bekannte „Kinderstimme" einsetzt (die
selbstverständlich von Natur stärker oder schwä-
cher sein kann). Das Beispiel 1 a zeigt bereits ein
ausgesprochenes Farburteil, die Ausdehnung einbe-
griffen (könnte auch gelb-blau sein usw.)l Also eine
höhere Stufe. 1 b, f ist im A-U-Verhältnis nur „falsch",
weil hierschwarz-weiß gegeben. Wiederum eine wei-

Die Eins ist klarste Verwirklichung: ein A-Be-
stand in der gegebenen Fläche. Gilt für jegliches
Gebilde, das in sich ruht, d. h. nicht als Gesamtfarb-
fleck schon eine bevorzugte Richtung hat, z. B. läng-
lich nach quer, hoch, schräg sich gibt. Weswegen für
die meisten Zeichnungen, die „offene Studien" sind,
d. h. einem für sich gemeinten A-Bestand gelten, das
quadratische Format unbefriedigend ist. Schon „Köpfe"
wollen meist hoch hinaus, Tiere dagegen oft quer
stehen usw. Die Würfel-Eins mag hier mehr Zeichen
sein etwa für den bekannten Blumenstrauß auf dem
Tisch oder für das Prinzip der „Rahmung" überhaupt.
Als Gegenbeispiel diene 1c. Beide „Bilder" sind nicht
endgültig, reizen vielmehr zur Berichtigung an. We-
sentlich noch die Empfindlichkeit, die allein unmittel-
bar vom Auge geübt wird und sich nicht begrifflich
umrechnen läßt. Der Zusammenhang ist dann gestal-
tet, wenn das U weder zu klein, noch zu groß ist im
Verhältnis zum A, wenn es — mit andern Worten --
„selbstverständlich" wirkt und es gar nicht zum Be-
wußtsein kommt, daß gegenüber dem A-Bestand noch
ein „U" mitbeurteilt wurde, 1 b, r zeigt ein „Wort",

’ In Heft 4/1930 hat S. Pfaufh, Stuttgart, Seile 97, gefragt: „Worin Be-
steht nun das künstlerisch Wesentliche des A zum U!" und bemerkt,
daß Britsch die einfache Tatsache des jedem Menschen eingeborenen
Dranges, das Chaos zum sinnvollen Zusammenhang zu bringen (??)
durch gedankliches Beiwerk in geheimnisvolles Dunkel gerückl habe»
„Man übersieht darum zunächst, daß er auf das eigentlich Wesentliche
bei der Verwirklidiung dieser Begriffe (?) im künstlerischen Schalten
nicht hinweisf. Das Ausschlaggebende ist doch, wie das A zum U stehtI
Das ist auch der Punkt, der jedem Künstler Schwierigkeiten bereifet,
nämlich die Färb- und Formflecken (gibt es einen „Formfleck'', der
nicht Farbfleck wäre?) gut zueinander, also komponiert zu stellen. Das
U ist eine Form und das A auch. — Im Bilde gibl es eigentlich keine
Umgebung, keinen Hintergrund, sondern nur Formen und Farben,
von denen jede einzelne an ihrem Plaße gleichen Werl haf". Pfaulh
verwechselt hier, was er sich vorstellf mit den Erkenntnissen selber,
die immerhin nachschlagbar formuliert sind. Gerade das Gegenteil
ist der Fall. Britsch haf die Tatsache der A-U-Beziehung aus dem ge-
heimnisvollen Dunkel an ein sonnenhelles Licht gezogen! Daß Britsch
nicht darauf hinweise, welche ausschlaggebende Bedeutung das Wie
des A- zu -U habe, zu dieser Verleugnung haf sich Pfaulh offenbar
hinreißen lassen aus der Grundstimmung, die seinen ganzen Beitrag
durchzieht, nämlich den Sinn der Erkenntnisse herabzumindern, nur
weil sie — gewiß — auch kurzsichtig methodisch ausgemünzt würden.
Pfaufh denkt zudem bei seinem Bilde, in dem es „keine Umgebung"
gäbe, sondern „nur Formen und Farben”, an eine bereits simultan
durchbeurteilte „Grundfläche", die bis zu den Rändern erfüllt ist mit
vielfach verschränktem Rapport von einem Fleck zum andern, wobei
jeder Fleck zugleich A und U ist, wechselnd trägt und getragen wird.


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