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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 11.1931

DOI Heft:
Heft 9 (September 1931)
DOI Artikel:
Hils, Karl: Vom Geräusch zur Musik
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https://doi.org/10.11588/diglit.28010#0254

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VOM GERÄUSCH ZUR MUSIK. Eine lustige Bastelarbeit im Werkunterricht

Der vorstehende Aufsatz ist einer Reihe von Unterrichts-
versuchen entnommen, die darauf hinzielen, im Werkunter-
richt eine eigentriebige, den Wünschen und Bedürfnissen
der Jugendlichen entsprossene Schülerkulfur, ins Werk zu
rufen. Aus einer einheitlichen Werkgesinnung sollen die
Fäden zu einer später einsetzenden Selbsthilfe der Jugend-
lichen gespannt werden, die nicht gewillt sind, tatenlos
der Arbeitslosigkeit entgegenzuwachsen.
Wir graben und mauern z. B. den Brennofen für unsere
Tonarbeiten. Wir stellen Handwebestühle her, Wander-
wimpel und Wandergerät, Werkzeuge und Spielgerät, kurz
alles, was primitive Menschen, und das sind unsere Jugend-
lichen, von sich aus schaffen können. Zunächst das fröhliche
Spiel, das wieder Freude am Handwerklichen schafft und
später die Arbeit als Lebensfreude empfindet.
Seit der Urzeit hat man versucht, den Ton selber
hervorzuzaubern, ganz von Grund auf, so wie man
mit einem Stock auf einen Stein oder mit einem Metall-
stück auf ein anderes schlägt, um ein Geräusch zu er-
zeugen. Rhythmisches Schlagzeug bildete auch den An-
fang unserer Arbeit. Holzbrettchen, Blechdeckel, Me-
tallstäbe, Metallröhren, Triangel, Trommeln stehen am
Anfang unserer Gestaltung. Die Herstellung dieser
rhythmischen Instrumente erforderte keine nennens-
werte Übung. Doch begnügten sich unsere Buben nicht
mit dem rohen Holz, sondern alles Hölzerne wurde
mit dem Taschenmesser noch geschnitzt und bemalt.
Denn neben der Freude am Ton darf die Freude der
Farbe nicht fehlen und zum Schnitzen und Malen ha-
ben wir immer Zeit. Nun wurden zu Gesang und Tanz
allein die rhythmischen Instrumente in Bewegung ge-
setzt. Da gabs ein Klingen, Trommeln und Klappern,
daß alles seine Freude daran hatte


Doch bald genügten uns diese Ergebnisse nicht mehr.
Wir faßten den Entschluß, Saiteninstrumente zu bauen.
Aber wie? Ich sagte zu den Jungens: überschlaft die
Sache einmal, besorgt euch alte Saiten, Holzbrett-
chen, Lattenstücke, Holzkistchen, Nägel, Schrauben
usw. Dann wollen wir morgen schon sehen. Und rich-
tig: Bald wurden die Holzkistchen mit einem Saiten-
griffbrett versehen. Darüber wurde eine Saite ge-
spannt, oben eine Ringschraube und unten eine ge-
wöhnliche Rundkopfschraube. Die Schallöcher hatte

man nicht vergessen, mit der Laubsäge wurden sie
zunächst in phantastischen Formen herausgesägt. Als
Steg diente das nächstbeste Holzbrettchen. Doch ein
Junge, still und bedächtig, hatte etwas ganz beson-
deres gestaltet: eine Harfe. 4 vierkantige Holzstäbe
waren trapezförmig zu einem Rahmen verbunden wor-
den. Dieser Rahmen wurde mit 5 Saiten bespannt. Die
Zahl 5 war zufällig. Die Mutter des kleinen Jungen
hatte gerade vom Zitherspiel 5 zerrissene Saiten übrig.
Diese 5 Saiten bildeten den Ausgangspunkt für die
Quintenstimmung, der wir uns verschworen haben.
Wie man weiß, hat alle Musik pentatonisch angefan-
gen. Die alten Griechen, die Kelten, ja sogar die Chi-
nesen kannten zu Anfang nur die Quintenstimmung.
Auch unsere Kinderlieder, die alten guten, sind in
Quintenstimmung auf uns gekommen und werden noch
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