Wir brauchen es ja bloß halb so groß zu nehmen,
wie die Obertertianer und dann beiden Seiten gebrau-
chen, dürfen wir es dann?
Aber eine saubere Feder gehört auch dazu.
Ach, die haben wir doch alle.
Wer kann gegen so überzeugende Argumente? Also
einverstanden! (Jede Gruppe nennt einen Führer, an
den werden je 5 Pfg. gezahlt für Tinte, das Papier
wird halb so groß gekauft und heute wird nun mit
diesem Material gearbeitet.)
Junge, das ist aber mal was. Fein, wie son weißer
Strich auf dem Papier steht. Erst ist er bloß grau, dann
wird er weiß. Na, für alle Fälle erst mal einen Rand
machen, das andere kommt wohl auch noch zurecht ...
Aber nein, da sehe ich schon Leute, die fangen
gleich unten auf dem Blatt an und machen den sehr
feinen Zaun. (Vornehme holsteinische Jungens sagen
„Stacket".)
Vor diesem steht an der Straße der Shell-Automat.
Nehmen wir den erst mal. Vielleicht der einzig rich-
tige Anfang für das Thema: Haus und Garten. Daneben
das Schaufenster und darüber „Comptant-Geschäft".
Herr, Deine Wege sind wunderbar.
Es läutet . . .
Pause . . .
Seufzend lösen sich die Jungens von ihrer Arbeit.
Dürfen wir Weiterarbeiten?
Die immer wiederkehrende Frage, die am besten
beweist, aus welchem beglückendem Schaffensrhyth-
mus das Läuten sie schreckte. Aber der harte Lehrer
sagt nein, muß nein sagen. 5 Minuten frische Luft,
lebhafte Aussprache auf dem Flur, schnell wird ein
Apfel geknackt, ins handfeste Butterbrot gebissen.
(So ein richtiger holsteinischer Junge frühstückt in
jeder Pause.)
Es läutet wieder.
Wie ich hineinkomme, ist schon alles wieder an der
Arbeit. Stillschweigend übersehe ich, daß die Klasse
gar keine Zeit findet, „ihn" da vorn durch stramme
Haltung zu begrüßen. Für so was ist heute keine
Zeit. Das holen wir einmal nach, wenn die Arbeit
einem nicht so auf den Fingern brennt.
Es ist wundervolle Stimmung. Wie ist das fein mit
solcher Feder, man kann alles so genau damit machen.
Aber wie soll das bloß fertig werden, das geht ja
man so langsam, das Blatt wird ja nicht voll und schon
tönt's: ich werde heut nicht fertig! Ich auch nicht!
Macht nichts, Jungens, laßt euch nur Zeit. Wir haben
ja noch einmal Zeichnen vor den Ferien und in der
Zeit werdet ihrs schon schaffen. Was? Jaaaaa!
Ich hab ne kleine Ziege.
Fein, mach sie mit.
Aber, die muß ich immer antüdern, sonst frißt sie
allens auf und denn schimpft meine Mutter.
Aber mit drauf muß sie.
Ich merke, das Haus krieg ich da gar nicht mit rauf.
Sehn Sie mal, Herr Gr., der Garten geht bis hier;
und da, wo der Weg zu Ende ist, da steht das Haus
und da ist mein Papier zu Ende.
Macht nichts, zeichne nur ruhig und sorgfältig
deinen Garten.
Herr Gr., damit Sie wissen, was auf den Beeten
alles wächst, habe ichs drunter geschrieben.
Schön.
Alle Blumen kann ich aber nicht mitzeichnen. Denn
wenn ich immer übereinander zeichne, wirds bloß
Schmierkram.
Nein, das muß ich auch sagen. Dann lieber weniger
und schön sauber. Mach es nur so, wie's dir am
besten dünkt.
In diesen munteren „Wechselgesprächen" verflie-
gen zwei weitere Stunden, bis das Klingelzeichen die
letzten Schüler noch bei der Unterschrift erwischt.
Das Ergebnis liegt vor in diesen Blättern. Uber sie
zu reden vermag ich nicht. Mögen sie für sich selbst
sprechen.
„Jungens, das habt ihr fein gemacht, ich habe mich
gefreutl" Achtzig blanke Jungensaugen strahlen und
heiße Backen erzählen von ihrer Hingabe ans Werk.
Was wollen wir mehr.
ALFRED ZACH ARI AS-MÜNCHEN: KUNST UND LUXUS
Dem Worte „Kunst" folgt in unserer Zeit meist das
Wort „Not" auf den Fuß, ganz düster Sehende
haben dazu noch das Wort „Tod" in Bereitschaft.
Schwer drückt die wirtschaftliche Not auf die Kunst
der Gegenwart, historisch Denkende betonen mehr
die geistige Not. Die Kunst, zum Vorrecht der Rei-
chen, zur Liebhaberei geistiger Kreise, zur Angele-
genheit der Künstler unter sich und des Handels ge-
worden, erscheint heute im Volksganzen als Lebens-
luxus. Brot für das Volk ist sie nicht. Der Staat, selbst
zum wankenden Begriff geworden, fördert sie so gut
er kann, die Industrie gibt Aufträge, sie denkt dabei
mehr an sich als an die Kunst. Das Volk steht da-
neben, ihm wurde statt der Kunst der Kitsch ge-
schenkt, es scheint damit für längere Zeit noch glück-
lich zu sein.
Wie war es ehedem? Getragen von der gesamten
Volksgemeinschaft schuf die Kunst für Kirche und
Welt ihre großen Werke, durchdrang alle Stände des
Volkes bis zum Hausrat des entlegensten Bauernhofes.
Die Kunst des Volkes, die ihren Ausdruck fand in
den tausend Gebrauchsgegenständen, die wir heute
als Antiquitäten so begehren, wurde von hohen Künst-
lern zu den gewaltigen Bauaufgaben und Ausstattun-
gen der geistlichen und weltlichen Zwecke versam-
melt und von ihnen befruchtet. So speisten die Quel-
len der Meister nicht nur Schulen, sondern trafen sich
auch mit den überall quellenden Kräften der Hand-
werksmeister des Volkes. War die Kunst des Bauern-
dorfes bescheiden, verglichen mit den Schöpfungen
des hohen höfischen Stiles, so war sie doch Blut vom
gleichen Blute. Ein Herzschlag trieb das Blut der Kunst
wie die Obertertianer und dann beiden Seiten gebrau-
chen, dürfen wir es dann?
Aber eine saubere Feder gehört auch dazu.
Ach, die haben wir doch alle.
Wer kann gegen so überzeugende Argumente? Also
einverstanden! (Jede Gruppe nennt einen Führer, an
den werden je 5 Pfg. gezahlt für Tinte, das Papier
wird halb so groß gekauft und heute wird nun mit
diesem Material gearbeitet.)
Junge, das ist aber mal was. Fein, wie son weißer
Strich auf dem Papier steht. Erst ist er bloß grau, dann
wird er weiß. Na, für alle Fälle erst mal einen Rand
machen, das andere kommt wohl auch noch zurecht ...
Aber nein, da sehe ich schon Leute, die fangen
gleich unten auf dem Blatt an und machen den sehr
feinen Zaun. (Vornehme holsteinische Jungens sagen
„Stacket".)
Vor diesem steht an der Straße der Shell-Automat.
Nehmen wir den erst mal. Vielleicht der einzig rich-
tige Anfang für das Thema: Haus und Garten. Daneben
das Schaufenster und darüber „Comptant-Geschäft".
Herr, Deine Wege sind wunderbar.
Es läutet . . .
Pause . . .
Seufzend lösen sich die Jungens von ihrer Arbeit.
Dürfen wir Weiterarbeiten?
Die immer wiederkehrende Frage, die am besten
beweist, aus welchem beglückendem Schaffensrhyth-
mus das Läuten sie schreckte. Aber der harte Lehrer
sagt nein, muß nein sagen. 5 Minuten frische Luft,
lebhafte Aussprache auf dem Flur, schnell wird ein
Apfel geknackt, ins handfeste Butterbrot gebissen.
(So ein richtiger holsteinischer Junge frühstückt in
jeder Pause.)
Es läutet wieder.
Wie ich hineinkomme, ist schon alles wieder an der
Arbeit. Stillschweigend übersehe ich, daß die Klasse
gar keine Zeit findet, „ihn" da vorn durch stramme
Haltung zu begrüßen. Für so was ist heute keine
Zeit. Das holen wir einmal nach, wenn die Arbeit
einem nicht so auf den Fingern brennt.
Es ist wundervolle Stimmung. Wie ist das fein mit
solcher Feder, man kann alles so genau damit machen.
Aber wie soll das bloß fertig werden, das geht ja
man so langsam, das Blatt wird ja nicht voll und schon
tönt's: ich werde heut nicht fertig! Ich auch nicht!
Macht nichts, Jungens, laßt euch nur Zeit. Wir haben
ja noch einmal Zeichnen vor den Ferien und in der
Zeit werdet ihrs schon schaffen. Was? Jaaaaa!
Ich hab ne kleine Ziege.
Fein, mach sie mit.
Aber, die muß ich immer antüdern, sonst frißt sie
allens auf und denn schimpft meine Mutter.
Aber mit drauf muß sie.
Ich merke, das Haus krieg ich da gar nicht mit rauf.
Sehn Sie mal, Herr Gr., der Garten geht bis hier;
und da, wo der Weg zu Ende ist, da steht das Haus
und da ist mein Papier zu Ende.
Macht nichts, zeichne nur ruhig und sorgfältig
deinen Garten.
Herr Gr., damit Sie wissen, was auf den Beeten
alles wächst, habe ichs drunter geschrieben.
Schön.
Alle Blumen kann ich aber nicht mitzeichnen. Denn
wenn ich immer übereinander zeichne, wirds bloß
Schmierkram.
Nein, das muß ich auch sagen. Dann lieber weniger
und schön sauber. Mach es nur so, wie's dir am
besten dünkt.
In diesen munteren „Wechselgesprächen" verflie-
gen zwei weitere Stunden, bis das Klingelzeichen die
letzten Schüler noch bei der Unterschrift erwischt.
Das Ergebnis liegt vor in diesen Blättern. Uber sie
zu reden vermag ich nicht. Mögen sie für sich selbst
sprechen.
„Jungens, das habt ihr fein gemacht, ich habe mich
gefreutl" Achtzig blanke Jungensaugen strahlen und
heiße Backen erzählen von ihrer Hingabe ans Werk.
Was wollen wir mehr.
ALFRED ZACH ARI AS-MÜNCHEN: KUNST UND LUXUS
Dem Worte „Kunst" folgt in unserer Zeit meist das
Wort „Not" auf den Fuß, ganz düster Sehende
haben dazu noch das Wort „Tod" in Bereitschaft.
Schwer drückt die wirtschaftliche Not auf die Kunst
der Gegenwart, historisch Denkende betonen mehr
die geistige Not. Die Kunst, zum Vorrecht der Rei-
chen, zur Liebhaberei geistiger Kreise, zur Angele-
genheit der Künstler unter sich und des Handels ge-
worden, erscheint heute im Volksganzen als Lebens-
luxus. Brot für das Volk ist sie nicht. Der Staat, selbst
zum wankenden Begriff geworden, fördert sie so gut
er kann, die Industrie gibt Aufträge, sie denkt dabei
mehr an sich als an die Kunst. Das Volk steht da-
neben, ihm wurde statt der Kunst der Kitsch ge-
schenkt, es scheint damit für längere Zeit noch glück-
lich zu sein.
Wie war es ehedem? Getragen von der gesamten
Volksgemeinschaft schuf die Kunst für Kirche und
Welt ihre großen Werke, durchdrang alle Stände des
Volkes bis zum Hausrat des entlegensten Bauernhofes.
Die Kunst des Volkes, die ihren Ausdruck fand in
den tausend Gebrauchsgegenständen, die wir heute
als Antiquitäten so begehren, wurde von hohen Künst-
lern zu den gewaltigen Bauaufgaben und Ausstattun-
gen der geistlichen und weltlichen Zwecke versam-
melt und von ihnen befruchtet. So speisten die Quel-
len der Meister nicht nur Schulen, sondern trafen sich
auch mit den überall quellenden Kräften der Hand-
werksmeister des Volkes. War die Kunst des Bauern-
dorfes bescheiden, verglichen mit den Schöpfungen
des hohen höfischen Stiles, so war sie doch Blut vom
gleichen Blute. Ein Herzschlag trieb das Blut der Kunst