Ludgerikirche
Photo: Städtisches Verkehrsamt Münster i. W.
jeder Form ein bestimmbarer Ausdruckswert inne-
wohnt. Phrasenhafte oder subjektiv hineingedeutete
Formulierung muß einer klar bestimmten, allgemein
gesetzmäßigen weichen. Die Komponenten im archi-
tektonischen Gefüge, die zackenden Massen der Kör-
per, die das Auge leitenden Flächen und Linien mit
ihren Schmuckmotiven gehen in uns ein. So wird das
Formale des Kunstwerks durchdrungen. Unsicherheit
und verschwommene Vorstellung weichen der be-
stimmten, klaren, selbstgewonnenen Anschauung. Viele
Fragen schließen sich an. Z. B. Tritt aus dem Portal,
scheint aus dem Fenster über dem Portal mit dem
Giebel dasselbe Lebensgefühl wie aus den Türmen?
Das geschwungene, stark bewegte flammende Fenster
und Portal wird unschwer getrennt von Turmfenster-
chen und Flächenschmuck der Turmmauern. Es reizt
alsdann An- und Umbauten, Fenster, Plastiken auf ihre
Verschiedenheit hin zu untersuchen. Damit sind in kur-
zer Zeit Stilmerkmale romanischer und gotischer Zeit
gefunden. Gesetze der Stilentwicklung, Wandel des
künstlerischen Ausdrucks werden erkannt und im gro-
ßen Innenraum mit seinem Gewölbe und Pfeilern, mit
seinem gedämpften Licht und Farben in stärksterWeise
eingeprägt. Die Geschichte erzählt dann von Krieg
und Zerstörung, von friedlichem Aufbau, der Religions-
unterricht von der Sehnsucht und Qual der Menschen,
der Deutschunterricht von Schrifttum und Sitte, der
Musiker von Lied und Tanz der Zeit.
Ludgerikirche.
Allgemeine Wirkung: Leicht, lebendig, Chor betont
hochstrebend und losgelöst. Turm unten fest und ruhig,
oben unruhig, locker aufgelöst, prächtig gekrönt.
Sachliche Beobachtung: Man sieht Chor, Vierungs-
turm und Querschiff, Langhaus flankiert von zwei klei-
nen vierkantigen Türmen.
Formaler Aufbau: Starker vertikaler Akzent im acht-
seitigen Vierungsturm. Chor in den Höhenmaßen hef-
tig betont und in dieser Richtung unterstützt durch die
hohen, schmalen Chorfenster. Die aus den Strebepfei-
lern herausstoßenden Türmchen (Fialen) suchen dieser
einseitig klar formulierten emporreißenden Bewegung
eine nach oben gleitende Richtung zu geben, im Ge-
gensatz zum Chor ist das Langhaus an der Erde hin-
gestreckt horizontal gelagert. Dicke Mauern tragen
das niedrige Dach. Die Festigkeit des Mauerwerks
wird nicht durch die kleinen niedrigen Fenster ver-
mindert. Dieser gegensätzlich gerichtete Gestaltungs-
wille verschmilzt in dem achteckigen Vierungsturm.
Die unteren Glieder des Turmes entsprechen in ihrer
Festigkeit, Geschlossenheit, Ruhe dem Langhaus, die
oberen Teile in ihrer Proportion, Auflösung des Mauer-
werks und schmückendem Maßwerk dem architekto-
nischen Leben des Chores. Der Umriß dös Ludgeri-
turmes erhält durch das Zurückspringen des oberen
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Photo: Städtisches Verkehrsamt Münster i. W.
jeder Form ein bestimmbarer Ausdruckswert inne-
wohnt. Phrasenhafte oder subjektiv hineingedeutete
Formulierung muß einer klar bestimmten, allgemein
gesetzmäßigen weichen. Die Komponenten im archi-
tektonischen Gefüge, die zackenden Massen der Kör-
per, die das Auge leitenden Flächen und Linien mit
ihren Schmuckmotiven gehen in uns ein. So wird das
Formale des Kunstwerks durchdrungen. Unsicherheit
und verschwommene Vorstellung weichen der be-
stimmten, klaren, selbstgewonnenen Anschauung. Viele
Fragen schließen sich an. Z. B. Tritt aus dem Portal,
scheint aus dem Fenster über dem Portal mit dem
Giebel dasselbe Lebensgefühl wie aus den Türmen?
Das geschwungene, stark bewegte flammende Fenster
und Portal wird unschwer getrennt von Turmfenster-
chen und Flächenschmuck der Turmmauern. Es reizt
alsdann An- und Umbauten, Fenster, Plastiken auf ihre
Verschiedenheit hin zu untersuchen. Damit sind in kur-
zer Zeit Stilmerkmale romanischer und gotischer Zeit
gefunden. Gesetze der Stilentwicklung, Wandel des
künstlerischen Ausdrucks werden erkannt und im gro-
ßen Innenraum mit seinem Gewölbe und Pfeilern, mit
seinem gedämpften Licht und Farben in stärksterWeise
eingeprägt. Die Geschichte erzählt dann von Krieg
und Zerstörung, von friedlichem Aufbau, der Religions-
unterricht von der Sehnsucht und Qual der Menschen,
der Deutschunterricht von Schrifttum und Sitte, der
Musiker von Lied und Tanz der Zeit.
Ludgerikirche.
Allgemeine Wirkung: Leicht, lebendig, Chor betont
hochstrebend und losgelöst. Turm unten fest und ruhig,
oben unruhig, locker aufgelöst, prächtig gekrönt.
Sachliche Beobachtung: Man sieht Chor, Vierungs-
turm und Querschiff, Langhaus flankiert von zwei klei-
nen vierkantigen Türmen.
Formaler Aufbau: Starker vertikaler Akzent im acht-
seitigen Vierungsturm. Chor in den Höhenmaßen hef-
tig betont und in dieser Richtung unterstützt durch die
hohen, schmalen Chorfenster. Die aus den Strebepfei-
lern herausstoßenden Türmchen (Fialen) suchen dieser
einseitig klar formulierten emporreißenden Bewegung
eine nach oben gleitende Richtung zu geben, im Ge-
gensatz zum Chor ist das Langhaus an der Erde hin-
gestreckt horizontal gelagert. Dicke Mauern tragen
das niedrige Dach. Die Festigkeit des Mauerwerks
wird nicht durch die kleinen niedrigen Fenster ver-
mindert. Dieser gegensätzlich gerichtete Gestaltungs-
wille verschmilzt in dem achteckigen Vierungsturm.
Die unteren Glieder des Turmes entsprechen in ihrer
Festigkeit, Geschlossenheit, Ruhe dem Langhaus, die
oberen Teile in ihrer Proportion, Auflösung des Mauer-
werks und schmückendem Maßwerk dem architekto-
nischen Leben des Chores. Der Umriß dös Ludgeri-
turmes erhält durch das Zurückspringen des oberen
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