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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 11.1931

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Fritz, Ernst: Dem "Westfalenheft" zum Geleit!
DOI Artikel:
Buschhausen, Jupp: Die "Reklame" im Kunstunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.28010#0057

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Reklame, die ihnen aufgefallen ist, gesprochen und
ein Werturteil gefällt, daß sie aber auch den Wunsch
geäußert haben, einmal etwas ähnliches zu versuchen.
Bilden wir unsere eigene Sicherheit durch wissen-
schaftliche und praktische Arbeit, damit wir unseren
Schülern Berater sein können!
Aus dem großen Gebiet der Reklame kommt für den
Kunstunterricht manches in Betracht. Da ist zunächst
und besonders das Plakat, das Immer Freunde und
Anhänger findet. Dann kommen das Zeitungsinserat,
die Schutzmarke, das Eigenzeichen (Signet) und der
ganze Anhang der „Familiengraphik". Auf die prak-
tische Verwendbarkeit der Schülerentwürfe kommt es
weniger an, soviel Freude sie auch bringen kann; der
Schüler soll erleben, wie schwierig es ist, ein ganz
einwandfreies, gutes Reklamebild zu schaffen. Die
Beschäftigung mit dieser Materie ist zudem sehr an-
regend, und sie fördert die Kritik der jungen Men-
schen. Eine Gefahr wollen wir noch streifen: Der
Schüler liest von Reklame-Wettbewerben. Er möchte
sich beteiligen. Tut es auch, — vielleicht sogar mit
Erfolg. Und — schon glaubt er sich als „Reklame-
fachmann" fühlen zu dürfen. Andererseits bietet sich
ihm einmal Gelegenheit einen kleinen „Auftrag" aus-
zuführen, und aus der Tatsache, daß ihm die Arbeit
noch anständig bezahlt wurde, erwächst der Wunsch,
weiter auf diesem Gebiete zu arbeiten, vielleicht so-
gar in dieser Richtung seinen Beruf zu suchen. Drin-
gende Warnung ist da am Platze. Wir haben soviel
Pfuschertum und Proletariat in der Reklame, das braucht
nicht noch vermehrt zu werdenl Wer sich erfolgreich
durchsetzen will, muß „Dimension" haben, und die
haben nur wenige. Trotzdem ist der Zulauf zu den
graphischen Klassen der Akademien sehr groß. Uber
Bedeutung und Schwere des genannten Berufes herr-
schen noch die unklarsten Anschauungen. Man stellt
es sich so einfach und leicht vor „Plakatkünstler" zu
sein. Als wenn das weiter nichts wärel Die moderne
Werbekunst ist eine sehr ernste und schwere Wissen^
schäft, die viel Geist und großes Können verlangt,
und die an den Fachmann Forderungen stellt, die ein
Laie sich unmöglich vorstellen kann.
+ + +
Das vorliegende Heft soll den Charakter Westfalens
tragen. Westfalen, — das Land der „roten Erde",
von welcher ein gut Teil grau und schwarz geworden
ist von der Arbeit, die eine Heimstätte dort gefunden
hat. Schlote und Essen ragen in die Luft, Fördertürme
künden die Stellen, wo tief unten in der Erde schweig-
same Menschen Erz und Kohle lösen. Hart sind die
Züge dieser Menschen, hart ist der Rhythmus ihrer
Lebensstätte. Industrie! — Da werden die Taten der
Menschen zu stählernem Werk. Und wie das Angesicht
dieses Landes, so ist auch sein Pulsschlag: wuchtig,
gleichmäßig und ernst; und er legt einen Hauch von
Größe (die nicht über sich spricht) über jedes, auch
über das kleinste Ding. Jedes Teil wächst hinein in
die Einheit des Ganzen, es kann sich seinem Einfluß
nicht entziehen; und das Ganze in seiner Geschlossen-
heit ist eine Kraft, die weit über die Grenzen des
Reiches hinaus ihre Einflüsse geltend macht. Es ist ver-
ständlich, daß in einem so gewaltigen Wirtschaftskör-
per die Reklame ein breites Betätigungsfeld gefunden
hat, auch daß sie sich vornehmlich mit dem leben-
digen Blute dieses Körpers beschäftigt, mit der Indu-
strie. Wie im Kunstunterricht das Industriemotiv immer
neue Anregungen gibt, wenn Bilder der Arbeit und
der Arbeitsstätten erwachsen aus der Liebe des Kin-
des zu seiner schweren Heimat, so ist es nicht ver-
wunderlich, daß auch auf dem Gebiete der Reklame-
..kuffsf der Schüler solche Motive, beziehungsweise
Themen bevorzugt, die irgendwie mit der Industrie

Zusammenhängen. Nennen wir einige: Fabriken, Ze-
chen, Hochöfen, Dampfkessel, Röhren, eiserne Bau-
konstruktionen, Brückenbauten, Lokomotiven, Lastauto-
mobile, Werkzeuge, Schienen, Träger, dann Unfallver-
hütung, soziale Probleme u. a. m. Wie bestimmte Orte
ihre individuelle Färbung haben, so tragen auch die
verschiedenen Länder eine lokale Note. Und West-
falen, unser Westfalen an der Ruhr, trägt das Antlitz
der Industrie. In der Großartigkeit, Mannigfaltigkeit
und Kraft seines Lebens ist das Land nur vergleichbar
den großen Weltstädten, und eine einzige Riesenstadt
ist ja auch diese „Stätte der Arbeit", deren Funda-
mente sind: Stetigkeit, Fleiß und Treue, — die weiß,
was Arbeit bedeutet, und die aus diesem Wissen den
Willen nimmt zu weit in die Zukunft reichenden Taten.
+ + +
Unser Thema „Reklame" ist zu allgemein, um sich
auf die Besonderheiten eines Landes, einer Provinz
beschränken zu dürfen. Verlassen wir also die „Groß-
stadt Industrie", diese wirtschaftliche Kraft- und Le-
bensquelle unseres Volkes und kehren wir zurück zu
unserer Arbeit, zum Thema „Reklame im Kunstunter-
richt". Die folgenden Ausführungen betreffen tech-
nische Fragen des Plakates; wir müssen die ande-
ren Gebiete der Werbegraphik heute unberücksichtigt
lassen, weil eine Auseinandersetzung mit diesen für,
sich jeweils wieder besonders reizvollen und inter-
essanten Gebieten einen zu weiten Spielraum ver-
langt. (Vielleicht bietet sich später Gelegenheit, auf
diese Sondergebiete eingehender zurückzukommen.)
Hören wir heute noch einiges über die Technik des
Plakatmalens.
Im allgemeinen wird man bei den Plakat-Versuchen
des Schülers in dem vorbildlichen Teil der Arbeiten
auf kleinlichen Naturalismus verzichten und statt des-
sen eine stilisierende Vereinfachung (gewissermaßen
eine idealisierende Umformung) wählen, die zum Cha-
rakter des betreffenden Blattes paßt. Geeignet und
in ihrer Demonstrationswirkung gesichert sind — be-
sonders bei kleineren Dingen — alle Darstellungen in
flächiger Form (Silhouetten); bei größeren oder stark
vergrößerten Motiven tritt dazu die vereinfachte rund-
plastische Wiedergabe (jedoch auf möglichst wenige,
etwa 2 bis 3 Farben oder Helligkeilswerte beschränkt).
Sachlich bleiben und nicht kompliziert werden, das
muß erster Leitgedanke bei Entwurf und Ausführung
einer jeden Reklame sein.
Der wichtigste Faktor im Plakatwesen ist die Farbe.
Erst mit ihrer Hilfe gelangt eine gute und sichere
Formgebung zur letzten Wirkung. Wir müssen also auf
die farbliche Ausarbeitung ganz besonderen Wert
legen. Abgesehen von den elementaren Überlegun-
gen, betreffend Harmonie und Gegenklang oder Leich-
tigkeit und Schwere einer Verbindung (Erwägungen,
die, obwohl sie selbstverständlich sein müßten, doch
immer wieder außer Acht gelassen werden) — haben
wir ebenso den Eigenwert der Farben zu bedenken
wie die Tatsache, daß jedes Ding zufolge seines or-
ganischen Wachstums, zufolge Gewicht und Kraft der
Aufbauelemente seiner Körperlichkeit, eine Prägung
verlangt, die seinem Wesen entspricht. So hat auch
in farblicher Hinsicht jedes Ding seinen Eigensinn und
-willen, der verstanden und berücksichtigt werden muß.
Zwei drastische Beispiele mögen zur Erläuterung die-
nen: Ein mächtiger Eisenträger in zartgrüner, ein Stück
Rasierseife in schwarzer Farbe dargestellt, beide ha-
ben keine Spur von Überzeugungskraft, sie haben
überhaupt keine Existenzberechtigung.
Als Material zu farbigen Arbeiten verwende man
möglichst keine Aquarellfarben, weil diese nur bei
sehr beherrschter Technik befriedigende Ergebnisse
ermöglichen; man verwende dazu die echten „Plakat-

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