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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 11.1931

DOI Heft:
Heft 3 (März 1931)
DOI Artikel:
Burkhardt, Robert: Heimatkunde im Zeichenunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.28010#0096

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TDeichturn. ■



hatten, so ergab der Aufbau der inneren Stadt zum
Teil recht große Schwierigkeiten. Standen doch im
Jahre 1697 von 337 Häusern nur noch 88. Das oben-
erwähnte Catastrum von 1697 jedoch vermerkte z. T.
recht ausführlich: Bauart, Standort und Größe der
früheren Gebäude. Danach hatten wir in Friedeberg
drei Arten Häuser: 1. Bürgerhäuser von ungefähr 12 m
Höhe, einstöckig, spitzgieblig, mit Satteldach; nur
größere und die Eckhäuser waren mit Walmdächern
versehen und standen quer zur Straße; 2. Brau- und
Handwerkshäuser, die den ersteren sehr ähnlich waren;
und endlich 3. Buden. Diese waren bedeutend kleiner
und im Gegensatz zu den beiden anderen Arten nur
mit Stroh gedeckt. Scheunen, 100 an der Zahl, lagen
westlich außerhalb der Stadt. Ställe, Kober und Gär-
ten waren in der Stadt überall vorhanden. — 2 wei-
tere Bastler konnten nun an die Arbeit gehen.
Die Kirche,
Endlich folgten die im Catastrum und im Plan ver-
merkten wichtigsten Gebäude. Ich begann mit der
Kirche. Sie überragte weithin sichtbar die ganze Stadt
um ein Beträchtliches und stand inmitten des Kirch-
hofs, wahrscheinlich von drei Seiten mit einer manns-
hohen Steinmauer umgeben. Ursprünglich war die
Kirche eine dreischiffige, flachgedeckte Basilika, zu
dieser Zeit jedoch eine Hallenkirche mit spitzem Sat-
teldach. Ein stumpfes, niedriges Walmdach zierte den
49 m hohen Turm (Abb. 5), der in seinem Unterbau
aus Findlingssteinen bestand, in den darüber folgen-
den Stockwerken dagegen aus gebrannten Ziegeln
(Klosterformat), die nur durch einige große gotische
Fenster unterbrochen wurden. Zu beiden Seiten des
Turmes genau mit der Kirchenbreite abschließend,
standen je ein hölzerner Fleischerscharren.

Das Pfarrhaus.
Nördlich der Kirche lag das Pfarrhaus mit großem
Viehhof, Stall und anschließendem Gartenland. Auf der
Ostseite desselben wird ein Brunnen erwähnt, dessen
Schwengel die Straßengrenze bestimmte. (Sonst be-
fanden sich nur überdachte Ziehbrunnen in der Stadt.)
Das Rathaus.
Südlich des Kirchhofes lag der Markt. Das „Rats-
haus" (43 m hoch), erst 1602 erbaut, stand zweistöckig
mitten auf demselben. Sein spitzgiebliges Dach be-
saß einen hölzernen Dachreiter, dessen Spitze mit
Kupferblech ausgeschlagen war.
Das Kloster.
Das Kloster lag im Osten der Stadt und besaß da-
bei Land und große Stallungen für die Schäferei. Ver-
mutlich schloß sich noch ein Kreuzgang auf der Süd-
seite des Klosters an.
Die Kapelle.
Auf der entgegengesetzten Seite der Stadt, unweit
des Birkholzer Tores, stand eine steinerne Kapelle,
die ein schlichtes Kreuz oder ein kleiner Glocken-
turm schmückte.
Andere Bauten.
Weitere Gebäude waren im Catastrum besonders
erwähnt: Die Hirtenhäuser, Jungfern-, Public- (Stadt-)
und Judenschule, die Häuser des Cantors, Gerichts-
dieners, Bürgermeisters und des Kunstpfeifers, die
Apotheke, die Baderei und die Abdeckerei. Alle diese
Bauten wurden von zwei weiteren Schülern ebenso
liebevoll hergestellt, als die bisher beschriebenen.
Es erübrigt sich m. E., näher auf den Fleiß der Schü-
ler einzugehen. Nach 4 Stunden Arbeitszeit waren
soviel Häuser zugeschnitten, daß ich */i der Stadt auf-
bauen konnte. Die Häuser erhielten der damaligen
Zeit entsprechend einen gut abgestimmten
Ölfarbenanstrich, wurden mit Sichel-Holz-Kalt-
leim bestrichen, auf die vorgezeichnete Brett-
stelle aufgeklebt und am Schluß jeder Ar-
beitsstunde die Dächer farbig angelegt. Beim
Aufleimen achteten wir besonders darauf,
daß wir mögiichst von der Mitte her strahlen-
förmig nach außen arbeit sten, weil sonst bei
der Größe des Brettes und der Winzigkeit
der Häuschen durch Verschiebung Ungenauig-
keiten eintreten konnten. Nach 10 z 10 Stun-
den stand Friedeberg. Kleine trockene Zweige
mit Moos beklebt ersetzten die Bäume. Ein
breites Schnitzemesser grub zwei tiefe Grä-
ben und Teile der beiden Seen ein. Knet-
masse lieferten die beiden Wälle um die
Stadtmauer und das nähere Hügelland bei
der Stadt. Das Ganze wurde zuletzt mit Öl-
farbe, z. T. recht plastisch gemalt, bestrichen.
Auf diese Art haben Hirn und Hände des
Lehrers wochenlange Vorbereitungen getrof-
fen, fleißige Schülerhände dieses kunstvoll
zu einem sichtbaren Werk zusammengefügt,
zur Ehre und Freude des Lehrers, der Schü-
ler, des Museumsleiters, der Stadt und einer
späteren Generation.


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