Charakteristisches Bühnenbild
für das Handpuppen - Theater
(Betonung der wagerechlen
Spielliste, in geringer Tiefe
sind flache und versenkbare
Kulissen seitwärts gereiht)
gesehen, auch wieder unerträglich sein. Kommt noch
hinzu, daß es dem Spieler auf die Dauer unmöglich
ist, die Puppe in immer gleich bleibender Höhe zu
halten und zu bewegen.
In dieser Notlage gibt es nur einen Ausweg. Und
der besteht darin, daß der Spieler die Puppe rittlings
auf die Spielleiste — das ist die Grundlinie des Büh-
nenfeldes — setzt. Er kann damit die ganze Figur bis
auf ein Bein sichtbar machen, also auch noch die
enge dämonische Beziehung zwischen Puppe und Zu-
schauer, von der vorhin die Rede gewesen ist, räum-
lich verstärken. Er gewinnt des weiteren einen festen
Halt für seinen Arm, falls dieser ermüden sollte. An-
dererseits schränkt er natürlich die Bewegungsmög-
lichkeiten der Puppe außerordentlich ein. Befindet
sich diese erst einmal rittlings auf der Spielleiste, so
wird es schwierig, sie während der Aufführung wieder
von dort herunterzunehmen. Die Puppe kann sich also
weder in die Tiefe, noch in die Höhe bewegen. Sie
wird zwangsläufig auf ein seitwärts gerichtetes Spiel
angewiesen.
Der Not entwächst die Tugend. Der in diesem Falle
vorliegenden Begrenztheit entwächst der strenge Stil
mit wenig Mitteln. Die Bewegungen der Handpuppe
entwickeln sich zu einer Art von Reliefspiel. Das Hand-
puppenspiel nimmt somit, was sein Verhältnis zum
Raume anbelangt, eine Mittelstellung zwischen dem
vollkörperlichen Marionetten- und dem flächigen
Schattenspiel ein.
Die Puppen treten im allgemeinen von links oder
rechts auf der Spielleiste auf. Nur Kasper und die
Geister der Hölle dürfen es sich erlauben, von unten
nach oben zu springen oder zu klettern. Es ist
schwierig, mehr als drei Figuren auf die Szene zu
bringen und sie dort handeln zu lassen. Also auch
hier liegt wieder der Zwang zu einer (auch litera-
rischen) Einschränkung vor, der aber wieder der Bil-
dung eines strengen Stils zugute kommt. Daß das seit-
wärts gerichtete Spiel zweier Puppen im allgemeinen
eine Profilhaltung des Figurenkopfes erforderlich macht,
ist ohne weiteres ersichtlich.
Wesentliche Folgerung: Von einem Bühnenraum im
üblichen Sinne des Wortes kann, streng genommen,
keine Rede sein. Man müßte eigentlich von einer un-
sichtbaren Spielfläche sprechen, die man sich senk-
recht über der Spielleiste zu denken hat. Der Rah-
men dieser Spielfläche ist mit Rücksicht auf die Seit-
wärtsbewegungen der an die Spielliste gebundenen
Puppe ein langgestrecktes Rechteck. Irgendwie muß
natürlich die Frage des Hintergrundes gelöst werden.
Es genügt vollkommen, wenn kurz hinter der Spiel-
leiste eine senkrechte Wand oder ein am besten straff
zu spannender Vorhang angebracht wird. Es ist aber
auch möglich und in phantastischen Szenen sogar
außerordentlich wirkungsvoll, die Bühnentiefe im gäh-
nenden Dunkel offen zu lassen und nur die Puppe
von der Seite her grell zu beleuchten.
Will man dagegen ein besonderes Bühnenbild schaf-
fen, so muß man doch schon für einen eigentlichen,
d. h. sich in die Tiefe erstreckenden Bühnenraum sor-
gen, damit in ihm dann die Kulissen und der „Rund"-
horizont — er ist in diesem Falle natürlich eben be-
schaffen — untergebracht werden können. Dabei ist
zu beachten, daß sowohl die Form, wie auch die An-
ordnung der Kulissen sich nach rechts und links hin
erstrecken, damit der Blick des Zuschauers nicht von
der wesentlichen Seitwärtsrichtung des Spiels in die
unwesentliche Tiefenrichtung abgelenkt wird. Die Maße
unseres Bühnenraumes sind 2,50:1,25:0,65 (Breite,
Höhe, Tiefenabstand von der Spiel- zur ersten Kulis-
senleiste) bei einer durchschnittlichen Puppengröße
von 0,50 Meter. Sie verhalten sich also wie 4:2:1 : 0,5.
(Die Maße des Gesamtgehäuses sind 7,50 : 3,50 : 2,00
Meter.)
Und die Kulissen? Auch sie haben sich dem Relief-
charakter des Spieles und des Raumes anzupassen.
Sie müssen also flach beschaffen sein und nebenein-
ander und parallel gereiht in äußerst kurzen Abstän-
den hintereinander aufgebaut werden.
Stilbühne? — Nein, keine „StiT'bühne. Ich möchte
das, was man von der großen Schaubühne her unter
dieser Bezeichnung versteht und heute als überwun-
den ablehnt, auf unsere Handpuppenbühne nicht an-
gewandt wissen. Auf Grund folgender Erkenntnis: die
große Stilbühne war nichts anderes, als cjie groß-
zügige und „dekorative" Vereinfachung des alten
Kulissenbildes. Man setzte an die Stelle der „natur-
getreuen" Tanne eben nur das glatte einfarbige Drei-
eck, an die Stelle der gelockerten Baumkrone den
einfachen Kreis. Man machte aber nicht, wie das mit
Rücksicht auf die Vollkörperlichkeit des Schauspielers
und des Bühnenraumes aus Stilgründen nötig gewe-
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für das Handpuppen - Theater
(Betonung der wagerechlen
Spielliste, in geringer Tiefe
sind flache und versenkbare
Kulissen seitwärts gereiht)
gesehen, auch wieder unerträglich sein. Kommt noch
hinzu, daß es dem Spieler auf die Dauer unmöglich
ist, die Puppe in immer gleich bleibender Höhe zu
halten und zu bewegen.
In dieser Notlage gibt es nur einen Ausweg. Und
der besteht darin, daß der Spieler die Puppe rittlings
auf die Spielleiste — das ist die Grundlinie des Büh-
nenfeldes — setzt. Er kann damit die ganze Figur bis
auf ein Bein sichtbar machen, also auch noch die
enge dämonische Beziehung zwischen Puppe und Zu-
schauer, von der vorhin die Rede gewesen ist, räum-
lich verstärken. Er gewinnt des weiteren einen festen
Halt für seinen Arm, falls dieser ermüden sollte. An-
dererseits schränkt er natürlich die Bewegungsmög-
lichkeiten der Puppe außerordentlich ein. Befindet
sich diese erst einmal rittlings auf der Spielleiste, so
wird es schwierig, sie während der Aufführung wieder
von dort herunterzunehmen. Die Puppe kann sich also
weder in die Tiefe, noch in die Höhe bewegen. Sie
wird zwangsläufig auf ein seitwärts gerichtetes Spiel
angewiesen.
Der Not entwächst die Tugend. Der in diesem Falle
vorliegenden Begrenztheit entwächst der strenge Stil
mit wenig Mitteln. Die Bewegungen der Handpuppe
entwickeln sich zu einer Art von Reliefspiel. Das Hand-
puppenspiel nimmt somit, was sein Verhältnis zum
Raume anbelangt, eine Mittelstellung zwischen dem
vollkörperlichen Marionetten- und dem flächigen
Schattenspiel ein.
Die Puppen treten im allgemeinen von links oder
rechts auf der Spielleiste auf. Nur Kasper und die
Geister der Hölle dürfen es sich erlauben, von unten
nach oben zu springen oder zu klettern. Es ist
schwierig, mehr als drei Figuren auf die Szene zu
bringen und sie dort handeln zu lassen. Also auch
hier liegt wieder der Zwang zu einer (auch litera-
rischen) Einschränkung vor, der aber wieder der Bil-
dung eines strengen Stils zugute kommt. Daß das seit-
wärts gerichtete Spiel zweier Puppen im allgemeinen
eine Profilhaltung des Figurenkopfes erforderlich macht,
ist ohne weiteres ersichtlich.
Wesentliche Folgerung: Von einem Bühnenraum im
üblichen Sinne des Wortes kann, streng genommen,
keine Rede sein. Man müßte eigentlich von einer un-
sichtbaren Spielfläche sprechen, die man sich senk-
recht über der Spielleiste zu denken hat. Der Rah-
men dieser Spielfläche ist mit Rücksicht auf die Seit-
wärtsbewegungen der an die Spielliste gebundenen
Puppe ein langgestrecktes Rechteck. Irgendwie muß
natürlich die Frage des Hintergrundes gelöst werden.
Es genügt vollkommen, wenn kurz hinter der Spiel-
leiste eine senkrechte Wand oder ein am besten straff
zu spannender Vorhang angebracht wird. Es ist aber
auch möglich und in phantastischen Szenen sogar
außerordentlich wirkungsvoll, die Bühnentiefe im gäh-
nenden Dunkel offen zu lassen und nur die Puppe
von der Seite her grell zu beleuchten.
Will man dagegen ein besonderes Bühnenbild schaf-
fen, so muß man doch schon für einen eigentlichen,
d. h. sich in die Tiefe erstreckenden Bühnenraum sor-
gen, damit in ihm dann die Kulissen und der „Rund"-
horizont — er ist in diesem Falle natürlich eben be-
schaffen — untergebracht werden können. Dabei ist
zu beachten, daß sowohl die Form, wie auch die An-
ordnung der Kulissen sich nach rechts und links hin
erstrecken, damit der Blick des Zuschauers nicht von
der wesentlichen Seitwärtsrichtung des Spiels in die
unwesentliche Tiefenrichtung abgelenkt wird. Die Maße
unseres Bühnenraumes sind 2,50:1,25:0,65 (Breite,
Höhe, Tiefenabstand von der Spiel- zur ersten Kulis-
senleiste) bei einer durchschnittlichen Puppengröße
von 0,50 Meter. Sie verhalten sich also wie 4:2:1 : 0,5.
(Die Maße des Gesamtgehäuses sind 7,50 : 3,50 : 2,00
Meter.)
Und die Kulissen? Auch sie haben sich dem Relief-
charakter des Spieles und des Raumes anzupassen.
Sie müssen also flach beschaffen sein und nebenein-
ander und parallel gereiht in äußerst kurzen Abstän-
den hintereinander aufgebaut werden.
Stilbühne? — Nein, keine „StiT'bühne. Ich möchte
das, was man von der großen Schaubühne her unter
dieser Bezeichnung versteht und heute als überwun-
den ablehnt, auf unsere Handpuppenbühne nicht an-
gewandt wissen. Auf Grund folgender Erkenntnis: die
große Stilbühne war nichts anderes, als cjie groß-
zügige und „dekorative" Vereinfachung des alten
Kulissenbildes. Man setzte an die Stelle der „natur-
getreuen" Tanne eben nur das glatte einfarbige Drei-
eck, an die Stelle der gelockerten Baumkrone den
einfachen Kreis. Man machte aber nicht, wie das mit
Rücksicht auf die Vollkörperlichkeit des Schauspielers
und des Bühnenraumes aus Stilgründen nötig gewe-
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