Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 11.1931

DOI Heft:
Heft 6 (Juni 1931)
DOI Artikel:
Klauss, Otto: Darstellen und Gestalten: ein Beitrag zu dem Problem der Unterrichtsgestaltung an Oberklassen
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.28010#0166

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Sli'ick des Teppichs des Königin Olgastifts, Stuttgart

chen, Trommeln, Birnen usw. nichts zu tun.) Die innere
Anregung, die an das plastische Erleben sich wendet
— wenn irgendwo, so gibt es hier Urerlebnisse —
wird mit Hilfe knapper sachlicher Unterstützung mein
nützen, als alles „Modellieren vor der Natur".
Wir können hier diese Versuchsreihe abschließen
mit der Feststellung, daß die Frage nach der Mög-
lichkeit einer unmittelbaren, fruchtbringenden Aus-
wertung der im darstellenden Unterricht gewonnenen
sachlichen Erkenntnisse für den Gestaltungsunterricht
ohne weiteres zu verneinen ist. Dieser „die Natur zu-
grunde legende" Unterricht führt einen Weg, der
immer weiter vom eigentlichen Gestalten wegführt
und diesen ganzen Unterricht gefährdet. Er ist wie
eine Sackgasse abgeriegelt von den Erwachsenen-
begriffen der Logik und Ästhetik, der Vollendung,
Richtigkeit und Nützlichkeit, und darum für den Er-
zieher, der zum unmittelbaren Erleben des Künst-
lerischen hinführen will, unbeschreitbar.
II.
Kurze theoretische Besinnung.
Zur Diskussion und theoretischen Vertiefung stehen
die Begriffe Darstellen und Gestalten. Wenn zunächst
der etwas irreführende Ausdruck „Darstellen" auf-
gehellt wird durch die Beadfisdeutung. daß darunter
in diesem Aufsatzzusammenhang eine mehr oder we-

niger illusionistisch betonte Nachahmung von
Naturbeständen und Naturtatsachen verstanden sein
soll, so wird ersichtlicher, daß es sich hier im beson-
deren um die Beziehung von Natui und Gestaltung,
Raum und Gestaltung einerseits und Rhythmus und
Gestaltung andererseits handelt.
Was bedeutet die Natur für den Künstler? Wir wer-
den sagen können: alles. Sie ist der große Kraft-
speicher für alles Geschaffene und ihr immer neues
inneres Erleben Voraussetzung für alles Schaffen. Sie
ist der große Lehrmeister eines Dürer, Lionardo und
Rembrandt. Wie oft wird Dürers Ausspruch vom Her-
ausreißen der Natur zitiert, wie oft werden die Maler-
bücher eines Lionardo, überhaupt der ganzen Renais-
sance, die Kunstanschauungen der Romantiker und
Impressionisten, die traditionellen Kunsttheorien der
Inder und Japaner als Kronzeugen aufgerufen, um zu
erhärten, daß die Natur unmittelbar und gläubig hin-
genommen werden müsse, wenn nicht das Künst-
lerische seines nährenden Bodens und seines gött-
lichsten Inhalts beraubt werden solle! Aber wenn uns
nicht schon die Verschiedenheit der künstlerischen
Glaubensbekenntnisse und künstlerischen Formgebun-
gen all dieser Zeugen stutzig machen würde, so doch
ein einziger schauender Blick auf das große
Rasenstück Dürers, das so vielfach im besonderen
heraufbeschworen wird. Es zeigt jene Naturtreue und

158
 
Annotationen