Kakteen am Fenster. Lithographie.
Sdlülerarbeil.
(U III a) des Realgymnasiums Essen-
Bredeney. (Sludienrat Paul Ricken)
lerischer wird sie sein. (Wir nennen solche Arbeiten
maniriert.)
Das gilt ebenso für die bescheidenste Schülerarbeil
wie für das Werk des Berufskünstlers. ,,Ausdruck des
Lebens ist der Rhythmus, Ausdruck des Geistes die
Verdrängung durch die regelnde Kraft des Gesetzes";
„je mehr im „Innern" der Geist das Leben überwältigt
hat, umso mehr tritt an der Erscheinung des „Innern"
(am gestalteten Werk) der Rhythmus hinter die Regel
zurück," sagt Ludwig Klages, dem wir so viele ent-
scheidende Einsichten und Erkenntnisse verdanken.*
Endlich werden wir uns dem Reichtum, der Fülle
und der Eigenart der Leistung zuwenden und fragen:
Wirkt die Schülerarbeit nicht arm, leer, mager, flach,
kalt, konventionell? Je reicher und tiefer die schaf-
fende Phantasie ist, desto mehr „fällt ihr ein," desto
mehr erfindet sie, (worunter wir selbstverständlich
nicht die gegenständlichen Elemente verstehen), um
so eigenartiger, ursprünglicher ist das, was sie schafft.
Doch das Wesen dieser schöpferischen Quelle der
Phantasie verbindet sich mit dem Wesen des Rhyth-
* Diese Erkenntnis ist für den Lehrer außerordentlich bedeutsam.
Wir beschwören die Gefahr der Entseelung der Schülerleistung immer
dann herauf, wenn wir dem Schüler Vorschriften, Regeln, Rezepte geben,
die sich an den Verstand, an sein Nadiahmungsvermögen oder an
die bloße Geschicklichkeit wenden, statt sein Ausdrucksleben anzuregen.
-'>• - fwl
mischen; denn jede folgende Form des rhythmischen
Ablaufes, z. B. eines Liniengebildes, ist aus innerer
Notwendigkeit heraus neu, ursprünglich.
Damit ist nicht gesagt, daß es keine Gegensätze :
der Form in der rhythmischen Gestaltung gäbe. Im
Gegenteil: Jede bedeutende werkbildnerische Ge-
staltung beruht auf Spannung, die durch Gegensatz
erzeugt wird. Aber diese Gegensätze müssen in der
rhythmsichen Gestaltung ihren Ausgleich finden
können, d. h. es müssen polare Gegensätze sein, d. h.
solche, die zusammengehören, weil sie einander ge-
genseitig bedingen (z. B. hell und dunkel). Das gilt
sinngemäß auch für die bescheidenen bildnerischen
Gestaltungen unserer Schüler.
Der die Einheit mit bewirkende Ausgleich ist nun
ebenfalls eine Wirkung der rhythmischen Formkraft,
die gerade durch die polare Spannung ihren Antrieb
gewinnt. Sie vermag auch die noch so üppig strö-
mende Phantasie zu bändigen, ihre Gebilde zum eben-
mäßigen, harmonischen Zusammenklang zu bringen.
Wer unter uns musikalisch ist, wird das ohne wei-
teres verstehen, weil er das Wesen des Rhythmischen
in einem anderen Gebiet schon erlebt hat.
•. . '.. . yT'1* . • .. .
NB: Das hier allgemein Dargelegte ist in meinem Buch an Schüler^V
arbeiten, die in einer Klasse unter den gleichen Bedingungen
entstanden waren, näher erläutert. G. Kolb
218
Sdlülerarbeil.
(U III a) des Realgymnasiums Essen-
Bredeney. (Sludienrat Paul Ricken)
lerischer wird sie sein. (Wir nennen solche Arbeiten
maniriert.)
Das gilt ebenso für die bescheidenste Schülerarbeil
wie für das Werk des Berufskünstlers. ,,Ausdruck des
Lebens ist der Rhythmus, Ausdruck des Geistes die
Verdrängung durch die regelnde Kraft des Gesetzes";
„je mehr im „Innern" der Geist das Leben überwältigt
hat, umso mehr tritt an der Erscheinung des „Innern"
(am gestalteten Werk) der Rhythmus hinter die Regel
zurück," sagt Ludwig Klages, dem wir so viele ent-
scheidende Einsichten und Erkenntnisse verdanken.*
Endlich werden wir uns dem Reichtum, der Fülle
und der Eigenart der Leistung zuwenden und fragen:
Wirkt die Schülerarbeit nicht arm, leer, mager, flach,
kalt, konventionell? Je reicher und tiefer die schaf-
fende Phantasie ist, desto mehr „fällt ihr ein," desto
mehr erfindet sie, (worunter wir selbstverständlich
nicht die gegenständlichen Elemente verstehen), um
so eigenartiger, ursprünglicher ist das, was sie schafft.
Doch das Wesen dieser schöpferischen Quelle der
Phantasie verbindet sich mit dem Wesen des Rhyth-
* Diese Erkenntnis ist für den Lehrer außerordentlich bedeutsam.
Wir beschwören die Gefahr der Entseelung der Schülerleistung immer
dann herauf, wenn wir dem Schüler Vorschriften, Regeln, Rezepte geben,
die sich an den Verstand, an sein Nadiahmungsvermögen oder an
die bloße Geschicklichkeit wenden, statt sein Ausdrucksleben anzuregen.
-'>• - fwl
mischen; denn jede folgende Form des rhythmischen
Ablaufes, z. B. eines Liniengebildes, ist aus innerer
Notwendigkeit heraus neu, ursprünglich.
Damit ist nicht gesagt, daß es keine Gegensätze :
der Form in der rhythmischen Gestaltung gäbe. Im
Gegenteil: Jede bedeutende werkbildnerische Ge-
staltung beruht auf Spannung, die durch Gegensatz
erzeugt wird. Aber diese Gegensätze müssen in der
rhythmsichen Gestaltung ihren Ausgleich finden
können, d. h. es müssen polare Gegensätze sein, d. h.
solche, die zusammengehören, weil sie einander ge-
genseitig bedingen (z. B. hell und dunkel). Das gilt
sinngemäß auch für die bescheidenen bildnerischen
Gestaltungen unserer Schüler.
Der die Einheit mit bewirkende Ausgleich ist nun
ebenfalls eine Wirkung der rhythmischen Formkraft,
die gerade durch die polare Spannung ihren Antrieb
gewinnt. Sie vermag auch die noch so üppig strö-
mende Phantasie zu bändigen, ihre Gebilde zum eben-
mäßigen, harmonischen Zusammenklang zu bringen.
Wer unter uns musikalisch ist, wird das ohne wei-
teres verstehen, weil er das Wesen des Rhythmischen
in einem anderen Gebiet schon erlebt hat.
•. . '.. . yT'1* . • .. .
NB: Das hier allgemein Dargelegte ist in meinem Buch an Schüler^V
arbeiten, die in einer Klasse unter den gleichen Bedingungen
entstanden waren, näher erläutert. G. Kolb
218