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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 11.1931

DOI issue:
Heft 9 (September 1931)
DOI article:
Kolb, Gustav: Wie stellen wir uns heute im Zeichen- und Kunstunterricht zum Ornament?
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https://doi.org/10.11588/diglit.28010#0243

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Zauberstäbe, Phantasietiere. In Holz ge-
schnitzte und bemalte Arbeiten von Knaben
der Versuchsschule in Stuttgart (Lehrer Fetjer)
Aus: Gustav Kolb „Bildhaftes Gestalten als Aufgabe der
Volkserziehung'' (Verlag Holland i Josenhans, Stuttgart) ■


Wir werden also auch hier zunächst fragen: Was
will das Kind? Was braucht das Kind? Was kann es?
Was liegt in seinem Lebensplan?
Die Antwort ist völlg eindeutig. Welchem aufmerk-
samen Beobachter könnte es entgehen?: Der Trieb
zum Schmücken ist dem Kinde geradezu
eingeboren.
Wir wissen es: Das Kind wiederholt auch in die-
sem C estaltungsgebiet aus sich heraus die Mensch-
heitsschritte der seelisch-geistigen Entwicklung. Es
ist schon längst nachgewiesen, daß die Zierkunst
das bildnerische Gestalten von Anbeginn an beglei-
tet. Sie war das Grundelement alles naiven Schaf-
fens, also auch der Volkskunst aller Zeiten und Völker.

zur Naturausstattung des Menschen gehört, beweisen
uns die Schmuckerzeugnisse der Steinzeit, z. B. die
Verzierung der Gefäße, die wir, ihrer Gestaltungs-
sicherheit und Gestaltungsreinheit wegen heute noch
oder erst recht wieder geradezu als vorbildlich emp-
finden.


So ist es nicht wunderzunehmen, daß der „Schrei
nach dem Ornament" während der Jahrtausende der
Menschheitsgeschichte nie verklingt.
Es wäre höchst merkwürdig, wenn er heute plötz-
lich verstummte. Wohl möglich, daß die recht behal-
ten, die sagen, das Ornament als ein Symbol des
Dranges nach dichterischer Verklärung und Erhöhung
des Lebens über alles Zweckverhaftete hinaus, lasse

In ihrem Rhythmus schwingt geheimnisvoll die Seele
der Völker und Zeiten durch die Jahrtausende hin-
durch und offenbart uns etwas von ihrem Wesen,
was uns sonst verschlossen geblieben wäre.
Wie sehr auch die Fähigkeit zum Schmücken

sich nicht aus der Welt vertreiben?
Schon regen sich auch die Geister, die als „not-
wendige Gegenwirkung zu der Vernüchterung und Ver-
armung des heutigen Lebens" einen Lebensstil mit
hochgespannten seelischen Zielen und vertiefter In-

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