Malen auf Unterrichtsgängen, Schulreisen, im Zoo und
im Museum", von E. Lohse. Mancher wird da sofort
Rückschritt wittern, Rückkehr zum „Abzeichnen nach
der Natur". Lohse weiß aber recht gut, daß in der
neuen Zeit, in der „die reine Naturdarstellung in der
großen Kunst dem Selbstausdruck und der Überstei-
gerung weichen mußte", auch das Schulzeichnen eine
Umstellung erfuhr. „Darum wurde der Zeichenunter-
richt immer mehr Schulzimmer-Unterricht, ging von
Objektivzeichnen zum Erfinden über, von der impres-
siven Studie zur expressiven Skizze." Wir fügen hinzu,
well einige ganz naturabgewandte Kunsterzieher auf
Grund einer einseitigen zur Methode gemachten und
mißbrauchten Theorie in fortwährender Angst leben,
daß ihr Phantom „die reine Gestaltung", durch Natur
und Leben „naturalistisch infiziert" werden könnte.
(Was die Kinder dann auf anderem Wege besorgen.)
Für unselbständige, ängstlich nach großen Wortfüh-
rern einer solchen Theorie blickenden Zeichenlehrern
bringt ihre zwiespältige Stellung zur Natur im Unter-
richt Unbehagen und Unruhe. Lohse hat den Mut, der
Jugend die lebendige Natur und die vielen zweck-
und schmuckbedingten Dinge aus der Umwelt für die
Schulung der darstellenden Kräfte wieder zu erobern,
damit sie ihre „Gesichtssinneserlebnisse" (?) in der
ihnen gemäßen Heimat und nicht aus irgend einer
abgestorbenen exotischen Kultur oder einer unnatür-
lich gezüchteten Phantasie erhalten. Allerdings, das
betont Lohse besonders, dieses „N a t u r s t u d i u m"
liegt auf einer anderen Ebene als das
glücklich überwundene photographisch
„richtige N a t u r a I z e i c h n e n". Vielleicht geht
von hier die Entwicklung des nächsten „neuen Zei-
chenunterrichts" aus. Lohse nimmt es sehr ernst mit
der Herausarbeitung des Für und Wider. Er weiß
genau, daß „die expressionistische Welle mit ihrer
Betonung des Seelischen, des inneren Bildes, der
Weltanschauung statt der Naturbetrachtung, des Ty-
pischen, Allgemeingültigen statt des Einmalig-Zufälli-
gen" die „Verschiebung des Interessen-Standpunktes
für unser Problem" brachte, die von einschneidender
Bedeutung ist. In diesem Sinne, der durchaus der
psychologischen Leitlinie des Werkes entspricht, nimmt
er den Leser mit auf den „Zeichenunterrichtlichen
Lehrgang", gibt mit echt pädagogischer Gründlich-
keit eine Fülle methodischer Ratschläge, die bei den
„Übungen im Freien im Dienste des Vorstellungszeich-
nens" zu beachten sind. Schulwanderung, Zoo und
Aquarium, der Botanische Garten und Museen werden
in ihrer Bedeutung für den Unterricht gewürdigt und
befreien durch Darbietung einer Menge interessanter
Aufgaben den Lehrer und die Schüler von der quälen-
den Einseitigkeit und dem Manierismus, der nur zu oft
im naturabgeschlossenen Zeichensaal herrscht. Dem
Kapitel hätten die Worte vorgesetzt werden können:
„Grau, Freund, ist alle Theorie, doch grün des Lebens
goldener Baum."
Lohse behandelt dann im folgenden Kapitel das
„Wandtafelzeichnen der Lehrer" unter dem Gesichts-
punkt, daß es sich hier nicht um ein Zeichnen In der
Zeichenstunde, sondern um graphische Darstellungen
im Dienste der wissenschaftlichen Vorstellungsbildung
handelt. Dieses früher auf den Seminaren vernach-
lässigte, von dem neuzeitlichen Lehrer aber in seiner
Bedeutung für die Arbeitsschule ericannte Unterrichts-
mittel wird nach seiner Technik und Wirkung auf die
Kinder charakterisiert. Aber auch auf die Gefahren,
die im falsch betriebenen Tafelzeichnen liegen,
werden nicht verschwiegen. Es fehlt der Ratschlag,
bei einem pädagogisch-geschulten Zeichenlehrer
Zeichnen zu lernen, wozu die Begabung unter den
Volksschullehrern in reichem Maße vorhanden ist, aber
bei der Ausbildung auf den Seminaren meistens ver-
schüttet wurde.
Daß die Kapitel über „Das Zeichnen in Verbindung
mit Werktätigkeit für Mädchen" von Hedwig Groth und
„Zeichnen und Werktätigkeit für Knaben" von H. Semm
in gleich wertvoller Weise bearbeitet sind; dafür
bürgen die Namen der Verfasser, die sich unter den
Fachgenossen durch ihre tatkräftige Förderung des
Zeichen- und Werkunterrichts Ansehen erworben
haben. H. Groth fügt ihren knappen und doch vielsei-
tigen Anregungen aus der Praxis heraus noch eine
Stoffverteilung bei, die mancher Lehrerin sehr will-
kommen sein wird. Diese Kapitel erhalten wie alle
anderen, die die praktische Auswertung behandeln,
durch eine Fülle von vorzüglichen Bildbeispielen (im
ganzen 80 z. T. vielfarbig) eine anschauliche Vertie-
fung, die jedem Leser volles Verstehen des Erstrebten
ermöglicht.
Auch die äußeren Notwendigkeiten für den Unter-
richt im Zeichnen und Werken sind nicht vergessen
worden. Uber die Lehr- und Lernmittel und über den
Zeichensaal schreibt Betzler Beachtenswertes und
zeigt, die Not der Zeit berücksichtigend, daß auch
mit einfachen Mitteln von gestaltungsfreudigen Leh-
rern und Schülern Tüchtiges geleistet werden kann.
Andererseits wird das Wünschenswerte für gute Ar-
beitsbedingungen gebührend hervorgehoben.
Trotz des vielseitigen mit großem kunstpädago-
gischen Ernste behandelten Inhaltes dieses Werkes
will es, wie eingangs schon gesagt wurde, keine
satte Endgültigkeit sein. Es will und kann auch das
andere Schrifttum des vielfach bearbeiteten Gebietes
nicht ersetzen. Darum wird fast in jedem Kapitel auf
wichtige ergänzende Bücher hingewiesen. Und es Ist
ein besonderer Vorzug des Buches, daß Stiehler am
Schluß noch einmal das Schrifttum des Zeichen- und
Kunstunterrichts zusammengestellt hat und zwar in
einer Vollständigkeit, daß hier ebenso wie mit dem
geschichtlichen Teil im 1. Kapitel auch für den Fach-
lehrer an der höheren Schule eine fühlbare Lücke
endlich ausgefüllt ist.
Dieses ausgezeichnete Werk erscheint in einer Zelt,
in der, von Preußen ausgehend, ein Schul- und Kul-
turabbau einsetzt, der gerade auf unserem Gebiete
den hohen Schwung, der durch die neuen Erkenntnisse
in alle Fachlehrer und Freunde der Arbeitsschule ge-
tragen wurde, jäh gebrochen hat, an der höheren
Schule noch mehr als an den Volksschulen, wo das
Zeichnen und Werken viel mehr in den Gesamtunter-
richt eingebaut werden kann. Trotzdem wird und muß
das Werk Stiehlers und seiner Mitarbeiter in den
Schulen aller Art und bei den Freunden der Kunst-
erziehung auch außerhalb desselben Eingang finden.
Das Bedürfnis nach einem solchen vielseitigen und
gediegenen Werke ist stark. Denn es zeigt denen
(vielleicht zu weltfremd-ideal Denkenden) einen Weg,
die wie Betzler — der von der Kunst herkommt —
die Erhaltung der nicht zweckhaft beeinflußten rein
schöpferischen Kräfte im Menschen erhalten wollen,
damit diese eine neue künstlerische Kultur, vor allem
eine neue Volkskunst schaffen können und so der
materialistischen Technisierung und der Atomisierung
der Seele wie früher gesundmachende Werke ent-
gegenstellen können. Es zeigt aber auch denen einen
Weg, die wie Stiehler — der von der Pädagogik
herkommt — auch die schöpferischen Kräfte im Kinde
fördern und im heranwachsenden Menschen erhalten,
sie aber auch so in dem Bildungsgang der mehr oder
weniger zweckgebundenen Schule einfügen wollen,
daß sie für die Erfordernisse der Zeit veredelnd
brauchbar werden und eine Notwendigkeit beweisen,
die ihre Verdrängung von der Schule als Raub an
menschlichen Fähigkeiten erkennen lassen, die auch
eine mehr materiell gerichtete Zeitströmung nicht
entbehren kann.
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im Museum", von E. Lohse. Mancher wird da sofort
Rückschritt wittern, Rückkehr zum „Abzeichnen nach
der Natur". Lohse weiß aber recht gut, daß in der
neuen Zeit, in der „die reine Naturdarstellung in der
großen Kunst dem Selbstausdruck und der Überstei-
gerung weichen mußte", auch das Schulzeichnen eine
Umstellung erfuhr. „Darum wurde der Zeichenunter-
richt immer mehr Schulzimmer-Unterricht, ging von
Objektivzeichnen zum Erfinden über, von der impres-
siven Studie zur expressiven Skizze." Wir fügen hinzu,
well einige ganz naturabgewandte Kunsterzieher auf
Grund einer einseitigen zur Methode gemachten und
mißbrauchten Theorie in fortwährender Angst leben,
daß ihr Phantom „die reine Gestaltung", durch Natur
und Leben „naturalistisch infiziert" werden könnte.
(Was die Kinder dann auf anderem Wege besorgen.)
Für unselbständige, ängstlich nach großen Wortfüh-
rern einer solchen Theorie blickenden Zeichenlehrern
bringt ihre zwiespältige Stellung zur Natur im Unter-
richt Unbehagen und Unruhe. Lohse hat den Mut, der
Jugend die lebendige Natur und die vielen zweck-
und schmuckbedingten Dinge aus der Umwelt für die
Schulung der darstellenden Kräfte wieder zu erobern,
damit sie ihre „Gesichtssinneserlebnisse" (?) in der
ihnen gemäßen Heimat und nicht aus irgend einer
abgestorbenen exotischen Kultur oder einer unnatür-
lich gezüchteten Phantasie erhalten. Allerdings, das
betont Lohse besonders, dieses „N a t u r s t u d i u m"
liegt auf einer anderen Ebene als das
glücklich überwundene photographisch
„richtige N a t u r a I z e i c h n e n". Vielleicht geht
von hier die Entwicklung des nächsten „neuen Zei-
chenunterrichts" aus. Lohse nimmt es sehr ernst mit
der Herausarbeitung des Für und Wider. Er weiß
genau, daß „die expressionistische Welle mit ihrer
Betonung des Seelischen, des inneren Bildes, der
Weltanschauung statt der Naturbetrachtung, des Ty-
pischen, Allgemeingültigen statt des Einmalig-Zufälli-
gen" die „Verschiebung des Interessen-Standpunktes
für unser Problem" brachte, die von einschneidender
Bedeutung ist. In diesem Sinne, der durchaus der
psychologischen Leitlinie des Werkes entspricht, nimmt
er den Leser mit auf den „Zeichenunterrichtlichen
Lehrgang", gibt mit echt pädagogischer Gründlich-
keit eine Fülle methodischer Ratschläge, die bei den
„Übungen im Freien im Dienste des Vorstellungszeich-
nens" zu beachten sind. Schulwanderung, Zoo und
Aquarium, der Botanische Garten und Museen werden
in ihrer Bedeutung für den Unterricht gewürdigt und
befreien durch Darbietung einer Menge interessanter
Aufgaben den Lehrer und die Schüler von der quälen-
den Einseitigkeit und dem Manierismus, der nur zu oft
im naturabgeschlossenen Zeichensaal herrscht. Dem
Kapitel hätten die Worte vorgesetzt werden können:
„Grau, Freund, ist alle Theorie, doch grün des Lebens
goldener Baum."
Lohse behandelt dann im folgenden Kapitel das
„Wandtafelzeichnen der Lehrer" unter dem Gesichts-
punkt, daß es sich hier nicht um ein Zeichnen In der
Zeichenstunde, sondern um graphische Darstellungen
im Dienste der wissenschaftlichen Vorstellungsbildung
handelt. Dieses früher auf den Seminaren vernach-
lässigte, von dem neuzeitlichen Lehrer aber in seiner
Bedeutung für die Arbeitsschule ericannte Unterrichts-
mittel wird nach seiner Technik und Wirkung auf die
Kinder charakterisiert. Aber auch auf die Gefahren,
die im falsch betriebenen Tafelzeichnen liegen,
werden nicht verschwiegen. Es fehlt der Ratschlag,
bei einem pädagogisch-geschulten Zeichenlehrer
Zeichnen zu lernen, wozu die Begabung unter den
Volksschullehrern in reichem Maße vorhanden ist, aber
bei der Ausbildung auf den Seminaren meistens ver-
schüttet wurde.
Daß die Kapitel über „Das Zeichnen in Verbindung
mit Werktätigkeit für Mädchen" von Hedwig Groth und
„Zeichnen und Werktätigkeit für Knaben" von H. Semm
in gleich wertvoller Weise bearbeitet sind; dafür
bürgen die Namen der Verfasser, die sich unter den
Fachgenossen durch ihre tatkräftige Förderung des
Zeichen- und Werkunterrichts Ansehen erworben
haben. H. Groth fügt ihren knappen und doch vielsei-
tigen Anregungen aus der Praxis heraus noch eine
Stoffverteilung bei, die mancher Lehrerin sehr will-
kommen sein wird. Diese Kapitel erhalten wie alle
anderen, die die praktische Auswertung behandeln,
durch eine Fülle von vorzüglichen Bildbeispielen (im
ganzen 80 z. T. vielfarbig) eine anschauliche Vertie-
fung, die jedem Leser volles Verstehen des Erstrebten
ermöglicht.
Auch die äußeren Notwendigkeiten für den Unter-
richt im Zeichnen und Werken sind nicht vergessen
worden. Uber die Lehr- und Lernmittel und über den
Zeichensaal schreibt Betzler Beachtenswertes und
zeigt, die Not der Zeit berücksichtigend, daß auch
mit einfachen Mitteln von gestaltungsfreudigen Leh-
rern und Schülern Tüchtiges geleistet werden kann.
Andererseits wird das Wünschenswerte für gute Ar-
beitsbedingungen gebührend hervorgehoben.
Trotz des vielseitigen mit großem kunstpädago-
gischen Ernste behandelten Inhaltes dieses Werkes
will es, wie eingangs schon gesagt wurde, keine
satte Endgültigkeit sein. Es will und kann auch das
andere Schrifttum des vielfach bearbeiteten Gebietes
nicht ersetzen. Darum wird fast in jedem Kapitel auf
wichtige ergänzende Bücher hingewiesen. Und es Ist
ein besonderer Vorzug des Buches, daß Stiehler am
Schluß noch einmal das Schrifttum des Zeichen- und
Kunstunterrichts zusammengestellt hat und zwar in
einer Vollständigkeit, daß hier ebenso wie mit dem
geschichtlichen Teil im 1. Kapitel auch für den Fach-
lehrer an der höheren Schule eine fühlbare Lücke
endlich ausgefüllt ist.
Dieses ausgezeichnete Werk erscheint in einer Zelt,
in der, von Preußen ausgehend, ein Schul- und Kul-
turabbau einsetzt, der gerade auf unserem Gebiete
den hohen Schwung, der durch die neuen Erkenntnisse
in alle Fachlehrer und Freunde der Arbeitsschule ge-
tragen wurde, jäh gebrochen hat, an der höheren
Schule noch mehr als an den Volksschulen, wo das
Zeichnen und Werken viel mehr in den Gesamtunter-
richt eingebaut werden kann. Trotzdem wird und muß
das Werk Stiehlers und seiner Mitarbeiter in den
Schulen aller Art und bei den Freunden der Kunst-
erziehung auch außerhalb desselben Eingang finden.
Das Bedürfnis nach einem solchen vielseitigen und
gediegenen Werke ist stark. Denn es zeigt denen
(vielleicht zu weltfremd-ideal Denkenden) einen Weg,
die wie Betzler — der von der Kunst herkommt —
die Erhaltung der nicht zweckhaft beeinflußten rein
schöpferischen Kräfte im Menschen erhalten wollen,
damit diese eine neue künstlerische Kultur, vor allem
eine neue Volkskunst schaffen können und so der
materialistischen Technisierung und der Atomisierung
der Seele wie früher gesundmachende Werke ent-
gegenstellen können. Es zeigt aber auch denen einen
Weg, die wie Stiehler — der von der Pädagogik
herkommt — auch die schöpferischen Kräfte im Kinde
fördern und im heranwachsenden Menschen erhalten,
sie aber auch so in dem Bildungsgang der mehr oder
weniger zweckgebundenen Schule einfügen wollen,
daß sie für die Erfordernisse der Zeit veredelnd
brauchbar werden und eine Notwendigkeit beweisen,
die ihre Verdrängung von der Schule als Raub an
menschlichen Fähigkeiten erkennen lassen, die auch
eine mehr materiell gerichtete Zeitströmung nicht
entbehren kann.
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