Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0282

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
IV.2 Von slawischen Magnaten zu Reichsfürsten

267

brandenburgische Oberhoheit akzeptieren, während sein Vetter Wartislaw III. 1236 im
Vertrag von Kremmen dies für seinen Demminer Landesteil tat, wobei er noch in erheb-
liche Landabtretungen und das Zugeständnis eines brandenburgischen Heimfallrechts
einwilligen mußtet Im Landiner Vertrag von 1250 konnte Barnim I. dann mit dem Ver-
zicht auf die Uckermark wenigstens eine Gesamtbelehnung der Pommernherzöge »er-
kaufen« und so beim erbenlosen Tode Wartislaws im Jahre 1264 die Einheit Pommerns
sichern."" Immerhin wird man spätestens seit den 1230er Jahren »die Pommernherzöge,
die eine Fürstenwürde eigenen Rechts besaßen, auch als deutsche Fürsten bezeichnen
dürfen, wenngleich ihnen die politische Vollberechtigung einer unmittelbaren Königs-
belehnung und Reichsfürstenstellung durch die brandenburgische Mediatisierung vor-
erst noch verwehrt war«."*
Erst das Aussterben der brandenburgischen Askanier und die Übernahme der
Markgrafschaft durch das Haus Wittelsbach versetzte die Pommernherzöge in eine Si-
tuation, in der an eine konkrete Veränderung ihres verfassungsrechtlichen Status ge-
dacht werden konnte. Ludwig der Bayer stand tatsächlich anfangs einer Reichsbeleh-
nung der Herzoge nicht abgeneigt gegenüber und betitelte sie auch demonstrativ als
Fürsten und Vasallen des Reiches."" Doch schwenkte er, zumal als Wartislaw IV. von
Pommern-Wolgast es bis Ostern 1322 versäumt hatte, sein Herzogtum als Lehen aus der
Hand des Königs zu empfangen und damit reichsunmittelbar zu werden, nach der Ver-
leihung der Mark Brandenburg c;un dccab'H/s Sieü'nensz' ei Dewensi an seinen Sohn Lud-
wig 1323/24"" auf die Linie der angestammten askanischen Politik ein und befahl
schließlich den Wolgaster Herzogen, ihre Lande von Markgraf Ludwig zu Lehen zu
nehmend Von der pommerschen Reaktion, der im Jahre 1331 erfolgenden Lehnsauftra-
gung an den »Todfeind« des Königs, Papst Johannes XXII., war bereits die Rede."" Lud-
wig der Bayer begann auf diesen Schritt hin zumindest teilweise wieder zurückzuru-
dern, was sich Barnim III. von Pommern-Stettin zunutze machte."" Er erreichte für sein
Teilherzogtum auf dem Hoftag zu Frankfurt 1338, daß der Kaiser ihn und seinen Vater
Otto direkt mit ihren Landen belehnte, nachdem Markgraf Ludwig d. Ä. von Branden-
burg auf seine Lehnshoheit über Pommern-Stettin verzichtet und dafür - unter Mißach-
tung des Teilungsvertrages von 1295 und des darin festgeschriebenen Erbrechts der
Herzoge von Pommern-Wolgast - das Anfallrecht für das Stettiner Teilherzogtum in ei-

59 Eine offizielle Lehnsnahme Barnims I. ist nicht bezeugt, aber läßt sich von 1250 aus rekonstruie-
ren. Vielleicht erfolgte sie bei seinen beiden Spandau-Aufenthalten am 28. Dezember 1234 oder
am 4. März 1236: PUB P, Nr. 309 (= CDB 1.19, Nr. 4) u. 328 (= CDB 1.24, Nr. 3). Vertrag von Krem-
men: PUB P, Nr. 334 = CDB 11.1, Nr. 25 = MUBI, Nr. 457. - Vgl. dazu LucHT 1965, S. 20 sowie Bo-
BOwsKi 1996; ScHULTZE 1989,1, S. 108-113; RACHFAHL 1892.
60 PUB P, Nr. 512f. - PETERSOHN 1983, S. 109.
61 Zitat aus PETERSOHN 1983, S. 110.
62 ScHLiNKER 1999, S. 199; CONRAD 1978, S. 391ff.; v. FREEDEN1931, S. 61f.; WEHRMANN 1900 (für den
gesamten Zeitraum 1319-1338); FiCKER 1861,1, S. 219f. Siehe z. B. MGH Const V.2, Nr. 612 = PUB V,
Nr. 3431 (RI VII, Nr. 3192): Wartislaw IV. als ihMsfn's Aor SUuorMm, pn'nceps et n/fühs nosfer cnn'ssi-
?MMS.
63 MGH Const V.2, Nr. 938; RI VII, Nr. 727. - WEHRMANN 1900, S. Uff. - Die von ScHLiNKER 1999,
S. 200 zu 1328 angeführte reichsunmittelbare Belehnung der Stettiner Herzoge Otto I. und Bar-
nim III. beruht auf einem Lesefehler. CONRAD 1978, S. 399 meint 1338!
64 PUB VII, Nr. 4361 = MGH Const VI.l, Nr. 388 (27. Januar 1328). - WEHRMANN 1900, S. 35ff.;
ZlCKERMANN 1891, S. 98ff.
65 PUB VIII, Nr. 4854. Otto I. und Barnim III. handelten als Chores der noch unmündigen Söhne
Wartislaws IV. Siehe dazu Abschnitt 1.3.1.1 und 111.2.3.1.
66 PUB VIII, Nr. 4903 vom 26. August 1331: Kaiser Ludwig IV. bekundet, daß er die Herzoge Otto I.
und Barnim III. belehnen wolle, wenn sie vor ihm erschienen.
 
Annotationen