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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0296

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IV.4 Der Belehnungsakt als Vehikel fürstlicher Handlungsspielräume

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grund für das erneute Lehnsgesuch der Mecklenburger just zu diesem Zeitpunkt gebil-
det haben. Die damals zwischen ihnen und dem Kaiser noch recht angespannte Stim-
mung spiegelt sich vielleicht in der relativ kurzen Aufenthaltsdauer Balthasars*"" sowie
in der Tatsache, daß von ihnen bei diesem Anlaß kein weiteres Privileg erlangt wurde.
Und es sorgte gewiß nicht gerade für eine Entspannung, daß die Herzoge in der Folge-
zeit Friedrichs III. zahlreichen Aufforderungen, mit Truppen gegen die Reichsfeinde zu
helfen, nicht nachkamen. Noch im Herbst des Jahres 1487 mußte der Kaiser unter Straf-
androhung die mecklenburgische Hilfe gegen Ungarn anmahnen.'"
Angesichts solcher Schwierigkeiten wird verständlich, warum sich die Fürsten zu-
weilen gar nicht um die Belehnung durch das Reichsoberhaupt kümmerten. Offensicht-
lich um ein Wiederaufleben der Diskussionen bezüglich der brandenburgischen Lehns-
hoheit überhaupt zu vermeiden, unternahmen z.B. weder die Wolgaster noch die
Stettiner Herzoge irgendwelche Anstalten, sich von Friedrich III. belehnen zu lassen.*""
1446 setzte daher der König in einer Erklärung alle Reichsuntertanen darüber in Kennt-
nis, daß die pommerschen Herzoge ihre Fürstentümer und Lehen bisher nicht, wie es
gewöhnliches Recht sei, von ihm empfangen hätten, weswegen sie daher alles auch nicht
zu Lehen besäßen.*"" Mochte diese königliche Unmutserklärung zunächst keine konkre-
ten Folgen zeitigen, was die Pommernherzöge in ihrer Stillhaltetaktik vielleicht sogar
bestärkt haben wird: Sie stellte spätestens dann eine beträchtliche Hürde für die fürstli-
chen Handlungsspielräume dar, als es den Wolgaster Herzogen im Stettiner Erbfolge-
streit ab 1464 darum ging, mithilfe des gleichen Königs ihre Erbansprüche gegen Bran-
denburgs Lehnsansprüche durchzusetzen.*"* So warf Friedrich III. den Herzogen
Erich II. und Wartislaw X. am 14. Oktober 1466 von Graz aus vor, daß sie ihre Herzog-
und Fürstentümer unter der Mißachtung der Obrigkeit von König und Reich immer
noch unbelehnt innehätten, welche sie dadurch widerrechtlich dem Reich entfremden
würden, und lud sie unter Androhung einer Geldstrafe in Höhe von 1.000 Mark Gold
für den Fall, daß sie innerhalb der folgenden sechs Monate ihm und dem Reich wegen
der Regalien und Lehen nicht den entsprechenden Gehorsam leisten würden, auf den
63. Tag vor sein Gericht.*"" Sie erschienen wieder nicht, und so tendierte Friedrich III.
nicht von ungefähr von Anfang an eher zur brandenburgischen Seite und belehnte die
Kurfürsten bereitwillig 1465 und 1470 mit dem Herzogtum Pommern-Stettin.*"" An die-
sem Beispiel wird übrigens deutlich, daß die Darstellung Karl-Friedrich Kriegers, viele
Fürsten besonders der königsfernen Gebiete im Reichsnorden hätten auf eine Belehnung
verzichtet und dem Königtum hätten dann wirksame Machtmittel zu Sanktionen ge-

157 Vom 14. Juni bis zum 7. Juli: RTA MR 11.1, NR. 490.
158 RKFrlll XX, Nr. 296-300; LAS, Bestand 11.11, Nr. 20029, 20051. - Dabei blieb die Hilfe nicht unbe-
dingt absichtlich aus. Das Schreiben, in welchem Maximilian am 12. Juli 1491 eine finanzielle
Hilfe in Höhe von 3.900 Gulden bis zum 10. August nach Nürnberg zu schicken verlangte, er-
reichte die mecklenburgischen Herzoge am 21. September (LAS, Bestand 11.11, Nr. 21206. - EiBL
2006, S. 55). Das Mandat Friedrichs III., gegen Burgund mit Truppen bis zum 2. bzw. 15. August
in Metz zu erscheinen, datierend auf den 4. Juni 1492, sandte Maximilian gemeinsam mit einem
Brief vom 13. Juni an die Herzoge, die die Schriftstücke am 18. Juli erhielten (RKFrlll XX, Nr. 326;
LAS, Bestand 11.11, Nr. 21527). Innerhalb von vier Wochen war es aber kaum möglich, die Trup-
pen zusammenzubringen und in der gebotenen Eile nach Lothringen zu führen.
159 GÄHTGENS 1890, S. 15. - Die Pommernherzöge hatten sich zudem seit der Aussöhnung des bran-
denburgischen Kurfürsten mit Mecklenburg nach dem Streit um das werlische Erbe zusehends
von Brandenburg entfremdet.
160 RKFrlll XX, Nr. 52 = CDBCI, Nr. 57.
161 Dazu ausführlich RACHFAHL 1890; GÄHTGENS 1890.
162 RKFrlll XX, Nr. 145.
163 RKFrlll X, Nr. 250,310,311-314,327; RKFrlll XX, Nr. 112-116,117ff., 170-178,188-196.
 
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