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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 3.1907

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Erstes Heft (Januar 1907)
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Waetzoldt, Wilhelm: [Rezension von: G.A.O. Collischonn, Der erzieherische Wert - Samuel Both, Victor Roth, Wege zur Kunst]
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Haenel, Erich: [Rezension von: Karl Henrici, Abhandlungen aus dem Gebiete der Architektur]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49882#0041

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Januar-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

13

nehm geführten Fehde gegen Artisten undAestheten.
Das Wesen der Kunst — Die Kunst und die
Kultur — Das Wesen des Kunstwerkes — Der
Kunstgenuss — Die erzieherische Wirkung des
Kunstgenusses — Die Gegenwart und ihre Aufgabe.
— Denen, die Henry Thodes Betrachtungen gerne
folgen, sei das kleine Buch empfohlen. Wer ge-
wöhnt ist, die Wirkung des Kunstwerkes psycho-
logisch zu betrachten, und der Ansicht ist, dass
ethische Ausdeutungen der Kunstwerke wohl zu
allerlei nützlichen und guten Gedanken führen,
aber auch um die Kunst herumgehn und von
ihr wegleiten, wird keine Freude an C.’s Arbeit
haben.
Ganz anspruchslos treten die von Both und
Roth gesammelten Vorträge auf. Die Verfasser
des Büchleins nennen sie selbst „zum grössten
Teile unselbständig.“ Besprochen wurden die
Themen: Die Bedeutung der Kunst in der Er-
ziehung — Kunst und Leben — Der Zeichen-
unterricht in der Volksschule mit besonderer Be-
rücksichtigung der ländlichen Bedürfnisse — Der
Unterricht in weiblichen Handarbeiten an der
ländlichen Volksschule — Praktische Bemerkungen
zum weiblichen Handarbeitsunterricht — Das
künstlerische Sehen — Die Verwendung des Modells
im Zeichenunterricht.
Ein Verzeichnis der Kunsterziehungs-Literatur
macht diese Vortragssammlung auch für Nichtpä-
dagogen brauchbar.
Wilhelm Waetzoldt
s
Baukunst.
Karl Henrici, Abhandlungen aus dem Ge-
biete der Architektur. Eine Sammlung von
Vorträgen und Aufsätzen. Verlag v. Georg
J. W. Callwey, München o. J.
Die Zeichen mehren sich, die darauf hinweisen,
dass die Architektur den ihr lange verwehrten
Platz in dem Reiche unserer Kulturinteressen
wieder zu erobern beginnt. Die seltsame Ent-
wicklung, die Deutschland im Laufe des neun-
zehnten Jahrhunderts durchaus in die Arme der
zweidimensionalen Anschauungsform getrieben
hatte, erklärte sich aus der Beschränktheit ebenso
unserer ästhetischen wie unserer politischen und
sozialen Ideen. Wenn auch der ungewöhnliche
architektonische Konsum der Gründerperiode, in
letzter Linie eine Folgeerscheinung des Fünf-
milliardensegens, anfangs zu nichts weniger als
künstlerisch einwandsfreien Gestaltungen führte,
so darf er doch als Vorbereitung einer gesünderen,

natürlicheren ästhetischen Lebensauffassung viel-
leicht einigen Wert beanspruchen. In den Jahren
aber, wo der Ruf nach einer nationalen künstleri-
schen Kultur durch die deutschen Lande lauter
erscholl, drang erst die Baukunst in die Stellung
einer der Malerei und Plastik ebenbürtigen Kunst
vor. Und auch bei diesem Vorgang lässt sich die
Erscheinung beobachten, dass der theoretischen
Propaganda von Schaffenden und Geniessenden
fast der gleiche Anteil entgegengebracht wurde
wie den Werken selbst. Die deutsche Bauaustei-
lung zu Dresden 1900 fasste diesen Aufschwung
und diese kraftvoll sich ansbreitende Fülle der
Produktion zusammen. In ihr wurde die kulturelle
Impotenz der Stilarchitektur so deutlich, dass man
sie wenigstens nach diesem negativen Ergebnis als
einen wichtigen Akzent in der allgemeinen Ent-
wicklung bezeichnen kann.
Der älteste der Aufsätze und Vorträge, die
Karl Henrici in Aachen zu einem handlichen Bande
vereinigt hat, liegt fast ein Jahrzehnt hinter dieser
Veranstaltung zurück. Henrici hat sich, auf ver-
wandtem Gebiete, durch seine Beiträge zur prak-
tischen Aesthetik des Städtebaus als der berufene
Nachfolger des zu früh verstorbenen Camillo Sitte,
das heisst als anerkannter Führer erwiesen. Die
Vorzüge, die jenen Abhandlungen eigen sind, finden
sich auch in diesen, über einen Zeitraum von mehr
als zehn Jahren reichenden Betrachtungen: die
unantastbare Sicherheit des Wissens, die Weite des
Horizontes, die Vielseitigkeit der Gesichtspunkte
und dazu als Unterton ein edler Idealismus, der
fest in dem Grunde eines starken nationalen Em-
pfindens wurzelt. Wenn dieser Idealismus in Augen-
blicken, wo er in Gegensatz zu irgend einer un-
deutschen oder praktisch unlebendigen Vorstellung
tritt, gelegentlich das Tempo der gedanklichen De-
duktion verlangsamt und die Klarheit der sprach-
lichen Form verdunkelt, so wird man das eben der
Echtheit und Lauterkeit der Gesinnung gern zu-
gute halten. In der Polemik gegen Otto Wagner
(Moderne Architektur), die Streiter in seinem aus-
gezeichneten Buche „Architektonische Zeitfragen“
nachher mit glänzendem Erfolge durchgeführt
hat, zeigt sich der Ernst und die strenge Sachlich-
keit des Verfassers mit am glücklichsten. Die Ge-
danken über Bau und Einrichtung evangelischer
Kirchen berühren ein Thema, das durch den zweiten
Kongress für protestantischen Kirchenbau wieder ein-
mal energisch auf dieTagesorduung gesetzt worden ist
Der bürgerlichen Baukunst sind gleichfalls mehrere
gewissenhafte Untersuchungen gewidmet, und in
den Betrachtungen über die Grundlagen zu behag-
licher Einrichtung werden wieder Theorien ge-
streift, die durch die Dresdner Kunstgewerbeaus-
 
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