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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 3.1907

DOI Heft:
Zehntes/Elftes Heft (Oktober/November 1907)
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Justi, Ludwig: [Rezension von: Richard Greef, Rembrandts Darstellungen der Tobias-Heilung]
DOI Artikel:
Corwegh, Robert: [Rezension von: Paul Schubring, Donatello]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49882#0235

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Okt./Nov.-Heft. Monatshefte der kunstwissenscnaftlichen Literatur.

205

Richard Greef. Rembrandts Darstellungen
der Tobias-Heilung. Enke, Stuttgart.
Ein Buch über Kunst von einem Mediziner,
nicht über Kunst im allgemeinen, Gott sei Dank,
sondern über einen ganz speziellen Fall. Der
Direktor der Augenklinik an der Charitee unter-
sucht Rembrandts Darstellungen einer Augen-
operation. Dass dabei Interessantes zutage kommt,
ist selbstverständlich. Die Werke eines Genies wie
Rembrandt oder Goethe oder Lionardo geben auf
alle Fragen Antwort. Es zeigt sich, dass Rem-
brandt in der ganzen Kunstgeschichte der einzige
zu sein scheint, der die Blindenheilung durch Tobias
in einer medizinisch exakten Weise wiedergibt, als
korrekte Operation und auch mit korrekten Neben-
umständen: der Arzt hat richtiges Licht usw.
Eine ganze Reihe von Zeichnungen beweisen, dass
der Künstler sich eifrig bemüht hat, die Darstellung
in die richtigen Wege zu leiten und zugleich
künstlerisch abzurunden. Gute Abbildungen unter-
stützen den Text, einige Zeichnungen sind zum
ersten Mal reproduziert. Der Autor ermittelt
auch, wie sich Rembrandt etwa informiert haben
könnte.
Das Buch ist nicht nur für die zünftigen
Kunsthistoriker gedacht, sondern auch für Medizin-
männer und andere Sterbliche. So enthält es aller-
hand, was der Fachgenosse in einer Schrift über
Rembrandt nicht erwartet: eine Photographie des
Autors mit seinen Assistenten am Operationstisch,
und manche Darlegungen, die dem Kunsthistoriker
nichts ganz Neues sagen — aber man wird der
freundlichen Bitte des Verfassers gern willfahren,
diese Dinge ihm, dem Mediziner, und seinem medi-
zinischen Leserkreis zu gute zu halten. Der Himmel
schütze uns vor den Literaten, die an der alten
Kunst ihr Brot verdienen — über sachkundige
Beobachtungen von Medizinern wollen wir uns
allezeit freuen.
Ludwig Justi
O
Italienische Kunst.
Paul Schubring: Donatello. (Klassiker
der Kunst in Gesamtausgaben.) Stuttgart,
Deutsche Verlagsanstalt.
Jeder neue Band der Meisterwerke der Kunst,
welchen die Deutsche Verlagsanstalt herausgibt,
bedeutet für die wissenschaftliche Welt eine Gabe;
denn es ist angenehm, in handlicher Form das ge-
samte Oeuvre eines Meisters z i überschauen. Man
ist dadurch in der Lage, leichter Falsches, Fremdes
auszuscheiden.

Allerdings steht im Gegensatz zu der ausführ-
lichen üebersicht über alle Werke stets die kurze
zusammenfassende Einleitung, welche der Laien-
welt gehört. Wäre es nicht möglich, für die Kunst-
historiker das Bildermaterial gesondert, auf einzelne
Bogen aus leichtem Papier gedruckt, in Kästen
ohne Text zum gleichen Preise zu liefern? Das
wäre das, was wir so nötig brauchen, eine ge-
schlossene Üebersicht der Abbildungen zu billigem
Preise.
Der vorliegende Band über Donatello von
Paul Schubring trägt die Kennzeichen jeder
Arbeit dieses Verfassers: grossen Fleiss und neue
Anregung. Allerdings geht er in der Eröffnung
neuer Perspektiven manchmal zu weit, besonders
in der Einleitung werden Behauptungen in kultur-
historischer Beziehung über das Quattrocento auf-
gestellt, bei denen nicht einmal der Ve such eines
Beweises für die Behauptung angedeutet wird.
Ferner teilt Schubring die Eigenheit vieler
Gelehrten und Künstler, die Begeisterung für den
Gegenstand zu weit zu treiben, bis zur Ungerech-
tigkeit allem anderen gegenüber. Es ist sogar ge-
schmacklos, wenn er auf Seite LI den Marc Aurel
in Rom Donatello’s Gattamelata gegenüber „einen
Zappelphilipp“ nennt. Dieser leichtfertige Ton des
Buches passt nicht zu der aufgewandten Arbeit
und zu seiner Güte.
Diesem Bedenken, das überhaupt die Tonart
der Einleitung betrifft, wollte ich gerade, weil ich
Schubring schätze, Ausdruck geben, ehe ich meine
Einwendungen gegen Einzelheiten vorbringe, die
aber nicht eine Herabsetzung der Leistung bedeuten
sollen.
Auf S. XII der Einleitung behauptet Schubring,
Donatello sei in Rom achtlos an der Kosmatenkunst
vorbeigegangen. Das ist nicht der Fall.
Die Ausschmückung der Domkantoria zu Flo-
renz mit Glasflüssen und goldenen Steinen zeigt
die Einwirkung, und der Sarkophag des Reliefs
(S. 115) ist eine Nachbildung kosmatischer Werke.
Wer achtsam die Abbildungen durchblättert, kann
noch mehr Anklänge finden.
Den Bronzespeier, den S. auf S. XXIV erwähnt
als zugehörig zum David, halte ich für ein Werk
des XVI. saec. nach Guss und Bronzeton. Die
Putten, welche den Helm des Goliathkopfes
schmücken, halte ich für ein Werk des Bertoldo
wegen ihrer nahen Beziehung zu dem bronzenen
Puttenfries im Bargello.
Die Putten bei Madame Andre-Paris (S.XXXIII
Abbild. S. 55) gehören (wie auch Bode annimmt)
zur Domkantoria in Florenz, allerdings zu der des
Donatello als Gegengewicht zu den fehlenden
Bronzeköpfen in den Rundungen unten. Die Va-
 
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