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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 3.1907

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Achtes/Neuntes Heft (August/September 1907)
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Bernoulli, Rudolf: [Rezension von: Konstanzer Häuserbuch]
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Schottmüller, Frida: [Rezension von: Wilhelm Bode, Die italienischen Bronzestatuetten der Renaissance]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49882#0191

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Aug./Sept.-Seft. Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

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letzten Jahres erschien, eine fleissige Arbeit des
Bezirksbauinspektors Herrn Dr. Britz Hirsch, be-
fasst sich im ersten Teil mit der Entwicklung des
städtischen Bauwesens, erwähnt die gesetzlichen
Bestimmungen über Verkehrs Verhältnisse, Hygiene,
EeuerSicherheit und Verschönerung des Stadtbildes
and orientiert über die Wirkungen des Privat-
rechts, sofern sie den Grundbesitz und den Häuser-
bau betreffen und den Werdegang der admi-
nistrativen Organisation des städtischen Bauwe-
sens. Im 2. Teil werden die technischen und for-
malen Elemente des Häuserbaus in ihrer historischen
Entwicklung eingehend dargestellt. Dem gründ-
lichen und ernsthaften Texte sind eine Eülle
schöner, znm Teil sehr malerischer Bilder beige-
fügt ; beides eine treffliche Einführung in das
Wesen des Städtebaues vergangener Zeiten. Auch
äusserlich präsentiert sich das Werk sehr vorteil-
haft : Joseph Sattler hat den Einband und die
Titelumrahmung mit gewohnter Meisterschaft ent-
worfen. Leider ist diesem künstlerischen äussern
Gewände die Typographie und die Anordnung der
Illustrationen nicht gleichwertig. Besonders unvor-
teilhaft ist beispielweise das zweiseitige Bedrucken
der grossen Tafeln und deren Paginierung. Das
hindert aber nicht, dass wir im Konstanzer
Häuserbuch ein Dokument von grösster Wichtig-
keit besitzen, das die grösste Aufmerksamkeit
aller Kreise verdient, die sich um unsere heimat-
lichen Denkmäler kümmern und sich an ihnen er-
bauen und weiterbilden.
Rudolf Bernoulli
o
Italienische Kunst.
Wilhelm Bode: Die italienischen Bronzesta-
tuetten der Renaissance. Berlin (Bruno Cas-
sierer). Zwei Bände in je 5 Lieferungen
sind vorgesehen,die ersten dreiLiefer ungen
erschienen. Preis einer jeden Mk. 25,—.
Wie eine Ergänzung zu Bodes monumentaler
„Renaissance - Skulptur Toskanas“ erscheint das
neue Werk. Es beschränkt sich auf die Kleinplastik
in Bronze, aber zieht Ober-Italien mit heran, das
gerade auf diesem Gebiete höchst Wertvolles ge-
schaffen hat. Von den Lichtdrucktafeln — sie
haben die stattliche Grösse von 40 : 48 — sind
die allermeisten gut und klar, die Anordnung ist
sehr geschmackvoll, und manches Werk, das sei
dankbar betont, ist in zwei oder drei Ansichten
gegeben, damit sein Reichtum an Bewegung und
die so verschiedenen Möglichkeiten seiner Kontur
dem Beschauer sichtbar werden. Die Kleinplastik

hat ja andere Gesetze als die monumentale Bild-
hauerei und der Künstler wagt hier — das ergibt
sich aus den Bedingungen von Material und Mass-
stab — Kompositionen, die dem grossen Marmor-
werk versagt sind. Die „Bronzestatuetten“ lehren
viel auch in dieser Hinsicht. — Der Text verzichtet
ganz darauf, Bekanntes zu wiederholen ; er gibt
kurze Einleitungen, die das Charakteristische von
Epochen, Lokalschulen und den einzelnen Meistern
pointiert zusammenfassen, die nötigsten Daten und
ein paar Hinweise auf das zum ersten Mal Ver-
öffentlichte. Und davon gibts genug. Wer hätte
denn äusser Bode eine Publikation besorgen können
von Werken, die so verstreut, so versteckt sind in
Privatbesitz. Die meisten hat er schon bestimmt
nach Schulzusammenhang und Meister; hypothe-
tisch mit leichtem Fragezeichen oder bestimmt,
wenn die stilkritische Vergleichung das zu for-
dern schien. Und diese Bereicherung am Oeuvre
der einzelnen Künstler hilft wieder dazu ihre
Eigenart besser zu begreifen als bisher. — Wir
geben im folgenden einen Bericht über die drei
ersten Lieferungen und ein paar eigene Betrach-
tungen zum Thema.
Für die erste Hälfte des Quattrocento ist die
Ausbeute an bronzener Kleinplastik nur gering,
und fast alles Erhaltene stammt aus dem Zusammen-
hang kirchlicher Geräte, so Ghibertis Karyatide, das
Prophetenköpfchen in Brunelleschis Art, Maria und
Johannes in Oxford und im Louvre (Tafel II)
und Donatellos Täufer für Orvieto. Ja, auch seine
Putten mit den derben, rundlichen Faunsgesichtern
sind ja geflügelt und als Engel gemeint, wenn-
schon nur einem, dem vom Taufbrunnen in
Siena, die Herkunft nachzuweisen ist. (Eine Aus-
nahme machen die Ausgüsse von Wachsmodellen
Taf. V). Erst um die Mitte des Quattrocento
wagt man sich an antike Themen — Herkules,
Bellerophon, Nessus und Dejanira. — Diesejüngeren
Werke waren nicht als schmückende Teile in
grösserem Zusammenhang gemeint, sondern für
sich gearbeitet und bestimmt fürs vornehme Pri-
vathaus. Hier liegt ein Markstein der profanen
Kunst.
In Florenz sammelte sich früh schon das Inter-
esse an der Darstellung des Menschen im Sinne
plastischer Formanschauung. Es galt Pro-
portion und struktiven Aufbau zu erfassen, und
die Erscheinung von Bewegung im ganzen und
im einzelnen zu begreifen. Kein Zufall war es,
dass die Bronzebildner die eifrigsten Erforscher
solcher Probleme waren, und dass der männliche
Akt als Studium an erster Stelle war. Wie hat
Pollaiuolo das Thema variiert im Paris (Taf. XVII);
zu welcher Meisterschaft kommen er und Bertoldo
 
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