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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 3.1907

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Achtes/Neuntes Heft (August/September 1907)
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Glaser, Curt: [Rezension von: Hermann Voss, Der Ursprung des Donaustiles. Ein Stück Entwicklungsgeschichte deutscher Malerei]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49882#0189

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MONATSHEFTE
DER KUNSTWISSENSCHAFTLICHEN LITERATUR
unter Mitwirkung vieler Kunstgelehrten herausgegeben von
Dr. Ernst Jaffe und Dr. Curt Sachs.
Achtes/Neuntes Heft. □ August/September 1907

DEF
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Deutsche Kunst
Hermann Voss: Der Ursprung des Donau-
stiles. Ein Stück Entwicklungsgeschichte
deutscher Malerei. Leipzig, Hiersemann.
1907.
Das vorliegende Werk vereinigt drei gesonderte
Studien zur Geschichte des Donaustiles und seiner
Meister. Der erste Teil handelt von der malerischen
Tätigkeit des Wolf Huber. Als Werke Hubers
werden besprochen: Die Feldkircher, Beweinung
und der Abschied Christi bei Kaufmann in Berlin,
die Kreuzerhöhung in Wien, Geisselung und
Dornenkrönung in St. Florian, die Kreuzesallegorie
in Wien, endlich die beiden Porträts der National
Galery of Ireland. Im zweiten Abschnitt unter-
nimmt der Verfasser den interessanten Versuch,
den Ursprung des Donaustiles zu deuten. Aus-
gehend von den zwei Stufen oberdeutscher Raum-
kunst, die mit den Namen Witz und Lacher be-
zeichnet sind, werden Reihen aufgestellt, die zu
Cranach und über den Stecher M. Z. zu Altdorfer
hinführen. Der letzte Hauptteil endlich gibt eine
allgemeine Charakteristik des Donaustiles, will
sagen der Kunst des Altdorfer und seines Kreises.
Dieser letzte Teil des Buches ist der weitaus
best gelungene. Zwar vermisst man ein eigentlich
systematisches Vorgehen, das die Uebersicht er-
leichterte, aber man wird im einzelnen einer Fülle
feinsinniger Deutungen, fruchtbarer Gesichtspunkte
begegnen. Weniger glücklich ist die Darlegung
der Entstehung des Donaustiles. Die lokale
Scheidung, die der Verfasser für das XV. Jahr-
hundert vornimmt, kann nicht anerkannt werden.
Es gebt nicht an, die gesamte Gegend südlich der
Donau, vom Oberrhein also bis nach Oesterreich
hinein, zusammenzuziehen. Der Hauptgegensatz
lautet vielmehr: Schwaben — Franken. An
Schwaben schliesst sich das mannigfaltigen Ein-
flüssen ausgesetzte oberrheinische Gebiet an, an
Franken die bayerischen, tirolischen und öster-
reichischen Lande, wo sich wieder ein Zusammen-
spiel verschiedenartiger Kräfte beobachten lässt.
Gegensätze, wie den Sterzinger Oelberg und den

von Wolgemuts Hof er-Altar muss ein unbefangenes
Auge anders deuten, als der Verfasser es will.
Altertümlich einfach ist der schwäbische Meister
des Sterzinger Altars. Uebersichtlich wohl, aber
auch weit entfernt von den Möglichkeiten der
Natur ist der Raum, den er baut. Wolgemut ist
der weitaus modernere im Sinne der Zeit, und
gerade im Landschaftlichen liegt ein Hauptreiz
des Hofer Altars, dessen Vorzüge man nur deshalb
nicht anerkennen zu wollen scheint, weil er dem
Wolgemut, der nun einmal einer eingewurzelten
Vorstellung zuliebe der trockene Handwerksmann
sein muss, noch nicht abgesprochen werden konnte.
Noch weiter fehlt der Verfasser, wenn er die
räumlich weit vorgeschrittene Kunst in der
Münchener Kreuzigung, die Thode dem Hans
Pleydenwurff gibt, gegenüber Meister Pfennings
Wiener Gemälde verkennt, dass gerade in den
typisch mittelalterlichen, schematisch übereinander
geschichteten Kopfreihen den altertümlichen Stil
deutlich genug verrät. — Man wird es doch wohl
aufgeben müssen, das spezielle Phänomen des
Donaustiles in seinem Ursprünge von so weit her
eigentlich erklären zu wollen, aber wenn man
Entwicklungslinien sucht, so wird man eher auf die
Nürnberger, Wolgemut und Pleydenwurff deuten,
als auf schwäbische Meister wie den Sterzinger,
den Meister der Anbetung im Augsburger Maxi-
milianmuseum und die schwer zu behandelnden
Tafeln der Ulrichslegende in S. Ulrich zu Augs-
burg.
Sicherer ist die Beziehung der zweiten Stil-
stufe, die der Verfasser mit dem Namen Pacher
belegt, denn mit diesem ist auch die engere Heimat
des Donaustiles erreicht. Hier liegen sicherlich
richtige Hinweise, wenn auch im weiteren der
Weg oft wieder zweifelhaft wird, und der Ver-
fasser zumal in der Annahme persönlicher Ein-
wirkung gewiss oft zu weit geht. Auch lassen
sich tatsächlich vorhandene Parallelen zur vene
zianischen Kunst nicht durch die U ebereinstimmung
eines Faltenmotivs oder eines Baumes belegen. An
dieser Gewohnheit des Verfassers, in der Be-
stimmung der Bildei’ vom einzelnen auszugehen,
 
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