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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 3.1907

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Drittes Heft (März 1907)
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Singer, Hans Wolfgang: [Rezension von: J. Meier-Gräfe, William Hogarth]
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Haenel, Erich: [Rezension von: Hermann Esswein, Moderne Illustratoren. Aubrey Beardsley]
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Kisa, Anton Carel: [Rezension von: Jos. Alex. von Helfert (Hg.), Jahrbuch d. K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49882#0078

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50

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

März-Heft.

in durchaus unstatthafter Weise ausgelassen. („A
harlots progress“, A rakes progress“, „The Beggars
Opera“, „Bedmakers daughter“.) Wir lesen „Gine
Lane“ (statt „Gin Lane“), ein unglaubliches „Pagg
Woffington“ (statt „Peg Woffington), und auf
Seite 13 wird — ein starkes Stück! — die von
Hansom erfundene, bekannte englische Droschke
„Handsome“ (Engi, für „schön“) getauft. Als In-
dizien für den oberflächlichen Geist, der in dieser
Schrift waltet, sind diese Kleinigkeiten, die an und
für sich wenig wichtig genug sind, doch vielsagend.
Und übrigens, wer würde nicht misstrauisch wer-
den, wenn er in einem englischen Buch über Wien
statt Fiaker „Viehacker“ läse? — Meiner festen
Ueberzeugung nach ist hier Hogarth durchaus
nicht dargestellt unter Klarlegung der Verhältnisse,
die ihn schufen, noch auch unter erschöpfender
Klarlegung der Ziele, die er erstrebte. Er wird
vielmehr in Redewendungen, die oft geradezu aus
Karl Schmidts „perfektem Kunstkenner“ entlehnt
sein könnten, als ein Heros hingestellt, insoweit ihm
der Anfang von Bewegungen beigelegt werden
könnte, die der Verfasser in einigen Richtungen
modernster Kunst bewundert.
Hans W. Singer
Hermann Esswein, Moderne Illustratoren.
Aubrey Beardsley. München und Leipzig.
R. Piper & Co. 1907. 3 M.
Wenn zu der Reihe der Zeichner, die Essweins
individuelle Sammlung vorführt, auch England
einen Beitrag liefern sollte, so konnte kein Andrer
als Beardsley der Erlesene sein. Nicht als ob ge-
rade England keine schöpferischere, in die Ent-
wicklung einschneidendere Persönlichkeit entsandt
hätte, sondern weil sich hier zwei Probleme be-
rühren, die heute alle zeichnenden Künste als ge-
heime Unterströmungen bewegen: der Aesthetizis-
mus und die Decadence. Der Verf. geht in dieser
neuen Studie auch durchaus angemessen von dem
ersteren aus: „Stimmung, Laune, Kaprize, Tm-
pression, Improvisation, Inspiration, dies ist der
Charakter des ästhetischen Elementes in unsrer
Zeit“. Leider führt dann der Versuch, die Reli-
giosität als den Kern dieser Bewegung nachzu-
weisen, zu keinem klaren Ergebnis, und es bleibt
bei dem sicherlich unanfechtbaren Satze, dass
unsere Zeit mehr Kunst mit Bewusstsein züchtet,
als sie, kurz gesagt, verdauen kann. In der Analyse
von Beardsley’s Stil, die natürlich den Eklektizismus
nicht bestreiten kann, muss der Hinweis auf die mög-
lichen Folgen des, nur im Anfänge der Entwicklung
flüchtig zu Tage getretenen Realismus befremden.
Weit wichtiger ward ihm die Kunst der Prae-
raffaeliten, jenes „Jesuiten-Kollegs der sinnlichsten

Ueb er Sinnlichkeit“, wie sie der Verf. mit einer, seit
Meier-Gräfe recht beliebt gewordenen Aversion
nennt. Der Essai, dessen Sprache etwas mehr
Mässigung als in seinen Vorgängern, dessen kriti-
scher Inhalt manch aus der Tiefe ehrlichsten Be-
mühens geholtes Wort auf weist, klingt resigniert
aus, fast mit dem Hamletwort: o welch ein edler
Geist ist hier zerstört! Aber es geht doch nicht
an, in dem Werk des mit sechsundzwanzig Jahren
Abgerufenen nur ein Präludium zu der schöneren,
symphonisch reicheren und reiferen Lebensarbeit
des Mannes zu erblicken. Wenn eine Schöpfung
in sich abgeschlossen und reif, ja überreif war, so
ist es diese. Eine Linie von so vollendetem Ge-
schmack, wie sie je die kranke Hand dieses kalli-
graphischen Genies gezogen, umschreibt auch die
Summe seiner Blätter. In der Groteske der Kon-
version und der Erotophobie findet dies Leben und
das, was es uns gab, sein symbolreiches, man
möchte sagen ästhetisch geradezu notwendiges
Schlussstück.
Ein Wort zur Technik des Buches. Schon bei
einigen der früheren Bände machte sich die Un-
gleichmässigkeit der Heftung und die mangelnde
Widerstandsfähigkeit der Blätter gegen die un-
gleiche Spannung des Rückenleimes bemerklich.
In dem vorliegenden Bande haben sich die Blätter
unter dem Zug des Ansatzfalzes völlig verkrümmt,
sodass sie beim Umschlagen unangenehm knittern.
Bei dem für 48 Seiten nicht niedrigen Preis von
3 M. könnte man etwas mehr Sorgfalt in der
technischen Ausstattung der Bände wohl erwarten.
Das grosse Format fordert gebieterisch ein stärkeres
Papier, der gute Geschmack und der praktische
Gebrauch übrigens auch, wenn irgend möglich,
den Titel auf dem Rücken.
Erich Haenel
o
Verschiedenes.
Jahrbuch d. K. K. Zentral-Kommission für
Erforschung und Erhaltung der Kunst- und
historischen Denkmale. Herausgegeben unter
der Leitung ihres Präsid enten, Sr. Exellenz
Jos. Alex. Freiherrn von Helfert, von
Prof. Max Dvorak und Prof. Wilhelm
Kubitschek. Neue Folge, Dritter Band«
Zweiter Teil. Mit 6 Tafeln und 103 Text-
abbildungen. Wien 1905. In Kommission
bei Anton Schroll & Co. Kl. FoL 140 Seiten.
Die österreichische Zentralkommission, be-
kanntlich das Muster für alle späteren Einrichtungen
zur Erhaltung und Erforschung alter Kunstdenk-
 
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