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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 3.1907

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Zweites Heft (Februar 1907)
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Cohen, Walter: [Rezension von: Gustave van Kalcken, Peintures ecclésiastiques du moyen-âge de l'epoque de Jan van Scorel et P. van Oostzaanen, 1499-1560]
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Pinder, Wilhelm: [Rezension von: Arthur Mäkelt, Mittelalterliche Landkirchen aus dem Entstehungsgebiete der Gotik]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49882#0060

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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

Februar-Heft.

32

kurz nach ihrem Erscheinen, ebenso verbreitet wie
benutzt waren, ist nicht neu; neu aber diese Art
der Verwendung in Monumentalgemälden.
Viel erfreulicher sind, aus dem folgenden Jahre,
1619, die Malereien aus der Lorenzkirche in Alkmaar,
die jetzt im Reichsmuseum zu Amsterdam aufbewahrt
werden. Es ist im wesentlichen eine Schilderung
des jüngsten G-erichtes, mit dem hl. Michael, dem
Seelenwäger, im Mittelfelde. Her Stil hat eine so
grosse Verwandtschaft mit dem bekannten des
Jakob Cornelisz van Amsterdam, dass die deutsche
Forschung dazu neigt, die ganze Ausführung diesem
Künstler zuzuschreiben. Six dagegen möchte den
Alkmaarer Meister Cornelis Buys I, dem er schon
in Oud Holland, 1895, einen Artikel gewidmet hat,
an seine Stelle treten lassen. Ihm weist er u. a.
die ebenfalls abgebildeten Triptychen der Galerien
von Berlin und Antwerpen zu, die bisher allge-
mein als sichere Werke des Jakob von Amsterdam
galten. Und, wie ich glaube, auch gelten werden,
denn die mehr historischen als stilkritischen Argu-
mente von Professor Six wirken in keiner Richtung
überzeugend. Gerade das Berliner Madonnen-
altärchen ist eine der frischsten und ansprechendsten
Schöpfungen, die von dem etwas ungleichmässigen,
aber — besonders in den Holzschnitten — kernigen
Meister existieren. Es geht vollkommen mit den
beglaubigten und signierten Werken, die sich um
den Wiener Hieronymus-Altar gruppieren, zu-
sammen. Das malerische Gesamtwerk des Jakob
Cornelisz, wie es L. Scheibler 1882 im „Jahrbuch“
zusammengestellt hat (seitdem mögen noch etwa
zehn Bilder hinzugekommen sein) scheint mir einer
Spaltung weder zu bedürfen, noch auch sie vertragen
zu können. In den Alkmaarer Fresken erhebt sich
Cornelisz zu einer gewissen Monumentalität; sie
haben für sein Schaffen eine ähnliche Bedeutung
wie für Pieter Aertsen die ausgezeichneten Glas-
gemälde der Oude Kerk zu Amsterdam.
Fresken der St. Marienkirche zu Hoorn aus
dem Jahre 1522 sind leider untergegangen. Von
1525 rühren die Wandgemälde aus der St. Ursula-
kirche zu Warmenhuizen her, die gleichfalls jetzt
im Reichs museum auf bewahrt werden. Nach einer
alten Quelle sind sie ein Werk des Künstlers
„Johannis Schoorlius“.
Aber die Restaurationen, denen man sie bei
ihrem sehr schadhaften Zustande hat unterwerfen
müssen, lassen von Scorels Stil nicht viel übrig.
Diese Malereien sind jetzt teilweise ein Produkt
von A. Derkinderen, der sich in nicht ungeschickter
Weise in die Art des alten Meisters eingefühlt hat.
Auch hier ist das Hauptbild ein „jüngstes Gericht“;
ihm gehen vier Darstellungen aus dem Leben
Abrahams und des Volkes Israel voraus. Die Spar-

samkeit in der Färbung veranlasst Six zu der Be-
merkung, dass diese Flächen „den Eindruck einer
riesigen Bisterzeichnung machten, vermischt mit
einigen Farbenkörnern.“
Im ganzen ist die Veröffentlichung ein nicht
unwichtiger Beitrag zur Erkenntnis der früh-
holländischen Malerei. Man hat lange etwas allzu
summarisch die Verheerungen durch die Bilder-
stürmer beklagt. Was sie übrig liessen, genügt
denn doch einem geschulten, zusammenstellenden
und ergänzenden Auge, die Entwickelungsge-
schichte dieser Periode, in grossen Zügen wenigstens,
zu erkennen und festzuhalten.
Walter Cohen
o
Französische Kunst.
Arthur Mäkelt. Mittelalterliche Landkirchen
aus dem Entstehungsgebiete der Gotik. Berlin.
Ernst Wasmuth. 1906. [Dresdener Disser-
tation],
Der Verfasser ist Architekt. Er beabsichtigt,
„dem deutschen Architekten die im Entstehungs-
gebiete der Gotik erhaltenen Landkirchen aus
mittelalterlicher Zeit zur Beachtung zu empfehlen.
Es durfte dies um so eher geschehen, als die
wenigen übrigens ausschliesslich französischen und
teuren Werke über diesen Gegenstand nur in
grossen Bibliotheken vorhanden und darum zum
Studium nicht immer leicht zu beschaffen sind“.
Es ist dies kein direkt wissenschaftlicher Zweck
im Sinne der' deutschen Kuustforschung, und der
mangelnde Zusammenhang mit dieser bekundet
sich schon äusserlich durch die bei ihr völlig un-
gebräuchliche Verwendung des Wortes „archäolo-
gisch“ im Sinne von „kunstgeschichtlich“.
Natürlich wird dadurch der praktische Wert
der Arbeit nicht beeinträchtigt. Er liegt wesent-
lich in der dankenswerten Mitteilung von 53 wenig
bekannten Landkirchen, meist der Departements
Aisne und Oise, dem mit grossem Fleisse ge-
wonnenen Ertrage einer Reise, zu der Gonses
„L’Art Gothique“ den Verfasser angeregt hat. Die
sehr frischen Zeichnungen genügen, unterstützt
von kurzen sachlichen Angaben, für das Allgemeine
der’ Grundrissbildung und — wenn auch schon in
einigem Abstande — auch des inneren Aufbaues.
Eine so sorgfältige Mitteilung wie die Aufnahme
der schönen Kirche von Angicourt z. B. verdient
jeden Dank. Dagegen versagt häufiger das Detail.
Es wird das besonders empfindlich in den Aussen-
ansichten. So gut auch in einzelnen Fällen die
Eleganz der französischen Mauerschichtung mit
 
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