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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 3.1907

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Drittes Heft (März 1907)
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Wendland, Hans: [Rezension von: Heinrich Krings, Ein wiedergefundenes Gemälde Martin Schongauers]
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Michel, Hermann: [Rezension von: Berthold Haendcke, Deutsche Kultur im Zeitalter des dreissigjährigen Krieges. Ein Beitrag zur Geschichte des siebzehnten Jahrhunderts]
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Meier, Paul J.: [Rezension von: Cornelius Gurlitt, Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49882#0076

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48

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

März-Heft.

öffentlich, so en passant bewitzelte, die das Resultat
eingehenderer wissenschaftlicher Spezialunter-
suchungen sind. Hans Wendland
Berthold Haendcke, Deutsche Kultur im
Zeitalter des dreissigjährigen Krieges. Ein
Beitrag zur Geschichte des siebzehnten
Jahrhunderts. Leipzig, E. A. Seemann. 1906.
X, 364 S. 80. M. 7,—.
Wüsste ich nicht, dass der Verfasser 'dieses
Buchs, das von ungemein vielseitiger Belesenheit
zeugt, Kunsthistoriker von Each ist — aus dem
Buche selbst würde ich es nicht entnehmen. Denn
gerade die Kunst tritt in Haendckes Darstellung
völlig in den Hintergrund. Am ausführlichsten
ist noch die Architektur behandelt (S. 284—292),
während Plastik und Malerei (S. 385—387), sowie
das Kunstgewerbe (S. 306) nur gestreift werden.
Weshalb sich just ein Kunsthistoriker diese Ent-
haltsamkeit auferlegt hat, vermag ich nicht einzu-
sehen. Oder glaubte der Verfasser auch in dieser
Beziehung Jacob Burckhardts „Kultur der Renais-
sance“ folgen zu müssen, deren Anordnung ihm,
wie er im Vorwort sagt, „bei der Einteilung des
Stoffes in Erinnerung war“? Das wäre eine übel
angebrachte Pietät, denn — bei allem Respekt vor
Burckhardt sei es gesagt — wir haben keinen An-
lass, auch die Mängel seines Meisterwerks zu ko-
pieren. Ueberhaupt scheint es mir misslich, die
geschlossene Form der „Kultur der Renaissance“
auf eine andere Epoche zu übertragen, und am
wenigsten dürfte das keineswegs einheitliche Zeit-
alter des dreissigjährigen Krieges dazu geeignet
sein. Der Verfasser hat sich denn auch im ein-
zelnen seine Freiheit zu wahren gewusst.
Auf den eigentlichen Kern des Buches einzu-
gehen, ist hier nicht der Ort. An sich finde ich
es erfreulich, dass auch ein Kunsthistoriker wieder
einmal den Versuch macht, ein kulturgeschicht-
liches Werk zu schreiben. Der Formalismus hat,
wie mich dünkt, bei all’ seinen Verdiensten, die
nur ein verblendeter Starrkopf bestreiten wird,
eine gewisse Dürre im kunstgeschichtlichen Be-
triebe gezeitigt, die durch eine gesteigerte Teil-
nahme der Kunsthistoriker an der kulturgeschicht-
lichen Forschung nur wohltätig befruchtet werden
kann. Hermann Michel
Cornelius Gurlitt. Beschreibende Darstel-
lung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des
Königreichs Sachsen. 29. Heft. Amtshaupt-
mannschaft Zittau (I. Teil. Land). 1906.
268 S. mit 7 Beilagen (in Lichtdruck) und
234 Textabbildungen. 8°. 8 M.
Mit der Amtshauptmannschaft Zittau tritt die

Inventarisation für das Königreich Sachsen in die
Kreishauptmannschaft Bautzen ein. Zittau Land,
auf das sich das vorliegende Heft beschränkt, ent-
hält als bedeutendstes Denkmal die Ruinen des
Cölestinerkloster Oybin aus den Jahren 1366 bis
1384, schon durch ihre malerische Lage bemerkens-
wert, ausserdem durch den ganz eigentümlichen,
von dem Felsgelände abhängenden Grundriss und
die Bauformen einer reinen und schönen Hoch-
gotik, die besonders in dem reichen Masswerk und
den zierlichen Kragsteinen zum Ausdruck kommt.
Sonst aber ist der Bezirk auffallend arm an mittel-
alterlichen Bauten; die spätromanische Kirche in
Ostritz mit einem Portal, das der Verfasser fälsch-
lich schon dem Ende des XII. Jahrhunderts zu weist
und dessen dekorative Kragfiguren schwerlich Mariens
Verkündigung darstellen, die zweischiffige, gewölbte
gotische Kirche in Hirschfelde und die Burg-
ruine von Oybin (XIV. Jahrh.) sind die einzig
bemerkenswerten Beispiele jener Zeit Selbst das
XVI. Jahrhundert ist nur durch ein Torhaus von
1564, den Rest des älteren Schlosses Hain ewaIde,
vertreten. Erst nach dem 30jährigen Kriege und
namentlich im XVIII. Jahrhundert mehren sich
die namhaften Bauten. Ein Kirchentypus mit ö/8
Chorschluss und gewölbtem Schiff, dessen Innen-
streben mehrstöckige Emporen einschliessen, tritt
— in unmittelbarer oder mittelbarer Anlehnung
an Annaberger Kirchen aus dem Anfang des
XVI. Jh. — in Bertsdorf auf, wo Klengel (aus
Dresden?) 1672—75, bezw. bis 1679 einen Neubau
ausführte, und dieser wurde seinerseits wieder Vor-
bild für die drei Kirchen von Hainewalde,
Spitzkunersdorf und Niederoderwitz, die
unter Otto Ludwig v. Kanitz durch Jonas Kirch-
stein aus Bautzen und Joh. Gg. Förster aus
Berggiesshübel in den ersten beiden Jahrzehnten
des XVIII. Jahrhunderts gebaut wurden. Auch
die Kirche in Königshain, ein Werk des Reichen-
berger Joh. Jos. Kuntz von 1766—70, mag hier
genannt werden. Einen besonderen Wert erhalten
die meisten dieser Kirchen, dazu die an sich weni-
ger bedeutenden in Gross-Schönau, Ober-
Seifersdorf, Ostritz und Dorf Oybin durch
ihre vollständig erhaltene, mehr oder weniger
gleichzeitig ausgeführte Ausstattung in Altar,
Kanzel, Orgel, Emporen und z. T. auch in Decken.
In Gross-Schönau ferner eine bemerkenswerte
Himmelfahrt des Dresdeners Joh. Eleazar Zeissig,
gen. Schenau, von 1786, in Königshain ein
prachtvoller Rokokoaltar mit Marter des heiligen
Bartholomäus von Ph. Leubner in Reichenberg
(1780), in Seitendorf ein solcher mit Kreuzigung
von Franz Garrei (1799), in Reichenau ein Ro-
koko-Orgelpospekt von dem dortigen Meister
 
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