Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 3.1907

DOI Heft:
Zweites Heft (Februar 1907)
DOI Artikel:
Hahr, August: [Rezension von: W. J. Anderson, R. Phené Spiers, Die Architektur von Griechenland und Rom]
DOI Artikel:
Jaffé, Ernst: [Rezension von: Anton Springer, Handbuch der Kunstgeschichte. II, Das 19. Jahrhundert]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49882#0063

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Februar-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

35

gehabt. Nichtsdestoweniger beherrscht er sein.
Thema mit subjektivem Verständnis und in gewissen
Fällen ganz selbständig.
Da der Recensent sich denjenigen anschliesst,
die die römische Architektur von einem ganz an-
deren Gesichtspunkt aus betrachten und sie in
einen engeren Zusammenhang mit der hellenistisch-
orientalischen Kunst setzen, dagegen nur sehr relativ
die Existenz einer sogenannten „römischen Reichs-
kunst“ zugeben, so scheint es mir von geringem
Nutzen, hier auf eine nähere Kritik einzugehen,
die in dem speziellen Falle immei auf diese Prin-
zipfragen zurückweisen müsste. Der Ausdruck „ die
römischen Architekten“ findet sich überall in der
Darstellung des Verfassers, ganz gleichgiltig, ob
die Rede von Rom, von Gallien, von Egypten, von
Klein-Asien oder von Syrien ist "Was man den
wahren „römischen Architekten“ zuschreiben mag,
wird doch möglicherweise in einer nicht zu ent-
fernten Zukunft festgestellt werden.
Sich auf andere Autoren stützend (Middleton
u. a.) weist Spiers darauf hin, von welcher ausser-
ordentlichen Bedeutung für die Dauer, ja, auch für
die Möglichkeit der gewaltigen Gewölbekonstruk-
tionen der Römer die mit Kalk gemischte Pozzo-
lanerde gewesen sei. Während die aus natürlichem
Stein oder nur aus gebranntem Ziegel gebauten
Gewölbe in Syrien und Klein-Asien zum grössten
Teil zertrümmert sind, sollten wir es diesem stein-
harten Mörtel verdanken, dass die Gewölbe in so
vielen mächtigen Bauwerken Roms uns noch be-
wahrt sind, ja, dass denselben beinahe Ewigkeits-
dauer verliehen zu sein scheint.
Ist es — möchte man fragen — vielleicht diese
Pozzolana, die für eine verehrende Nachwelt die
römische Architektur geschaffen hat, während die
Denkmäler des Orients, vor allem die mustergeben-
den hellenistischen Grossstädte, ein Alexandria,
Antiochia, ein Seleuchia, in Schutt und Trümmern
versunken sind, und stilles Schweigen sich über
ihre verschwundene Herrlichkeit verbreitet hat,
ein Schweigen, das nur von den spärlichen, naiven
Erwähnungen irgend eines alten Kirchenvaters ge-
brochen worden ist?
August Hahr
Anton Springer: Handbuch der Kunstge-
schichte. II. Das 19. Jahrhundert, bearbeitet
und ergänzt von Max Osborn. VI, 452 SS.
490 Abb. 23 Farbendrucktafeln. Lex. 8°.
Leipzig 1906. E. A. Seemann. Preis 10 M.
Nachdem der „Lübke“ bis auf die neueste Zeit
gebracht worden ist, reicht nunmehr auch der
„Springer“ bis gestern oder eigentlich sogar bis
heute, da Künstler, die im Anfang der dreissiger

stehen, wie Wrba, bereits registriert und katalogi-
siert sind. Es war eine ganz gewaltige Aufgabe,
vor die der „Bearbeiter und Ergänzen“ gestellt
worden ist, denn in Wirklichkeit stellen, wie
Osborn selbst angibt, die SS. 117—452, also der
weitaus grösste Teil des Buches, eine selbständige
Arbeit von Osborn dar. Also Springer und
s/4 Osborn! Man muss Osborns Mut bewundern,
der sich an eine derartige Aufgabe herangewagt,
noch mehr aber den der Verlagshandlung, die die
Fortsetzung seines Standardwerkes in die Hände
eines Tageskritikers gelegt hat. Ist es doch eine
der schwierigsten Aufgaben in jeder Wissenschaft,
ein auch nur befriedigendes Handbuch zu ver-
fassen, selbst wenn man als Hochschullehrer mit
ungezählten Studentengenerationen in engster
dauernder Fühlung gestanden hat, wieviel schwerer
also noch für denjenigen, dem sich nur für Laien-
vorträge hier und da Gelegenheit geboten hat.
Von allen Handbüchern ist aber ein solches über
die eben verrauschte Kunst und diejenige, in deren
strudelnder Strömung wir jetzt noch mühsam den
Kopf über Wasser halten, das allerschwierigste.
Man muss gerechterwerse zugeben, dass sich Osborn
trotz dieser potenzierten Schwierigkeiten nicht übel
aus der Affaire gezogen hat. Aber sehen wir uns
einmal etwas näher an, wie er vorgegangen ist.
Die ersten 116 SS. des Textes geben einen
ziemlich getreuen Abdruck des Textes, wie ihn
Anton Springer 1884 zur Kunst des 19 Jahr-
hunderts geliefert hat. Einiges wurde gestrichen
das notwendigste hinzugesetzt, die meisten Zusätze
aber in die späteren eigenen Kapitel des Heraus-
gebers verwiesen. Derselbe, dieselbe, dasselbe“
wurden in rücksichtsloser Weise ausgerottet und
manche veraltete Wendung geschickter gefasst.
Da Springer kein so Eigener in seiner Sprache ist
wie Jacob Burckhardt, so wird man zugeben müssen,
dass Osborn hier in pietätvoller und geschickter
Weise gewaltet hat. Nur war er nicht ganz auf-
merksam. So hat er z. B. übersehen, dass Kochs
Macbeth gegen ein anderes Bild ausgewechselt
worden ist und den Springerschen Text „Ein Blick
auf die Macbethlandschaft etc.“ ruhig stehen lassen.
Ich habe nicht alles so genau vergleichen können
und es würde mir sehr leid tun, wenn ich gerade
auf die einzige überhaupt vorhandene Flüchtigkeit
gestossen wäre, aber das ist doch kaum anzunehmen.
Die letzten drei Viertel des Buches, die aus-
schliesslich von Osborn herrühren, sind der Zeit
von 1850 bis auf die Gegenwart gewidmet. Darin
liegt ein Vorurteil, aber wohl auch ein gewisser
Mangel an Konzentrationsfähigkeit. Denn es muss
doch noch erst bewiesen werden, dass in der inter-
nationalen Kunst des letzten Jahrhunderts die
 
Annotationen