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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 3.1907

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Fünftes/Sechstes Heft (Mai/Juni 1907)
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Schubring, Paul: [Rezension von: Georg Gronau (Hg.), Correggio]
DOI Artikel:
Cohn, William: [Rezension von: F. Baltzer, Das japanische Haus. Eine technische Studie - F. Baltzer, Die Architektur der Kultbauten Japans]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49882#0137

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Mai/Juni-Hef t.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

109

Schätzung erlebt, die uns nicht zur Ehre gereichte.
Heute ist der Respekt vor diesem besten Maler,
den Italien je gehabt hat, wieder gestiegen. Georg
Gronau war sicher der Berufenste, das neue Bild
zu entwerfen, das sich auch Corrado Riccis Mono-
graphie gegenüber selbständig behauptet. Nament-
lich die Erläuterungen verraten die innigste Ver-
trautheit des Verf. mit seinem Stoff. Mit Recht
sind die Provenienznotizen mit grosser Sorgfalt
gesammelt worden. Im einleitenden Text wird
m. E. der Künstler bisweilen zu ängstlich ver-
teidigt. Denn wenn man Correggio begriffen hat,
erscheint eben alle „Süsslichkeit“ als höchste Zart-
heit. Bei den Kuppelfresken sucht Gronau vieles
anzuerkennen, aber er bleibt dem Tadel des „Frosch-
ragout“ doch nicht völlig fern. Auch da meine
ich, gäbe es nur ein Entweder—Oder. Aber im
ganzen weiss der Vf. die tiefe Verehrung, die er
selbst für Correggio empfindet, überzeugend mit-
zuteilen. Dass er die Anbetung der Könige in der
Brera leise bezweifelt, erscheint mir als eine zu
grosse Vorsicht. Warum wird Lottos „Abschied
Christi von Maria“ in Berlin als ein „Zerrbild“ ge-
tadelt? Mit Recht wird nicht Bianchi-Ferrari,
sondern Lorenzo Costa das wichtigste Vorbild
des jungen Correggio genannt; der Einfluss Lor.
Lottos scheint mir dagegen unterschätzt. Sollte
bei der „Madonna von Albinea“ nicht auch
das Vorbild der Veronesen zu spüren sein? Der
Aufenthalt Correggios in Rom ist wohl sicher an-
zunehmen. Bei der Besprechung der Diana-Fresken
in Parma vermisse ich ein Wort über den Zu-
sammenhang mit Leonardo. Gronau meint, dass
Correggio die Tragödien nicht gelangen. Es ist
aber zu fragen, ob die Zeitgenossen bei diesen
Bildern etwas vermissten. Schliesslich ist doch
nicht das Seelische entscheidend, sondern die
künstlerische Herrlichkeit, woran auch immer sie
sich offenbare. Beim Ledabild in Berlin glaube
ich nicht, dass es sich um Gespielinnen handelt,
sondern es ist dreimal dieselbe Leda in den drei
Stadien vor, während und nach der Attacke. Mit
Recht rettet Gronau gegen v. Tschudi und Ricci
den „Ganymed“ in Wien als eigenhändiges Bild.
Die Abbildungen bringen viele prächtige Details,
verlorene Werke sind nach Möglichkeit ersetzt
Neben den Originalaufnahmen der Fresken sind
Toschis Aquarelle abgedruckt; der Vergleich spricht
vorzüglich für Correggios innere Kraft. Der An-
hang bildet u. a. auch die vieldiskutierte Magdalena
in Dresden ab, die nach Gronau zwar nicht von
Correggio selbst stammt (so neuerdings Venturi),
aber auf ein Original von ihm zurückgeht und
italienisch, nicht niederländisch (Morelli), ist. Auch
das männliche Porträt des Sanvitale in Parma,

das Venturi eigenhändig, von Bartol. Veneto in-
spiziert nannte, wird nicht als Original anerkannt.
— Gronaus Buch ist nicht nur für die Kenntnis
der Kunst Correggios wichtig, denn diese bildet
den Ausgangspunkt für die italienische Barock-
malerei. Je herzlicher wir uns wünschen, mit
dieser wieder vertrauter zu werden, um so will-
kommener und unentbehrlicher ist ein zuverlässiges
und überzeugendes Buch über Correggio.
Paul Schubring

Japanische Kunst.
F. Baltzer, Das japanische Haus, eine bau-
technische Studie. Berlin 1903, W. Ernst
und Sohn. 72 Seiten mit 150 Abbildungen
im Text und 9 Tafeln.
F. Baltzer, Die Architektur der Kultbauten
Japans. Berlin 1907, W. Ernst und Sohn.
354 Seiten mit 329 Abbildungen im Text.
Unsere geringe Kenntnis der japanischen Kunst
geht einen Weg von rückwärts nach vorwärts,
vom Ende zum Anfang, vom Unwichtigen zum
Wichtigen, von den Ausnahmen zum Allgemeinen.
Zuerst wird das Kunstgewerbe in allen seinen
Teilen erforscht und so getan, als sei dieses das
charakteristischste Dokument japanischen Geistes,
das allen Zweigen der Kunst bestimmend voran-
geht. Dabei ist das Verhältnis des Kunstgewerbes
zur freien Kunst im allgemeinen kein anderes als
in Europa. Dann stürzt sich die Forschung auf
den Holzschnitt, als erschöpfe er das gesamte
Kunstschaffen Japans. Dabei ist er das höchstens
wichtigste Glied einer zumal ganz jungen, eben
erst zur Anerkennung gekommenen Schule, die
durchaus nicht den feinsten Extrakt japanischen
Könnens bedeutet. Schliesslich nimmt man sich
der Ukiyo - E - Schule selbst an, zu der eben
der Holzschnitt als Teil gehört. Und um den
Krebsgang völlig durchzuführen, stehen mit an der
Spitze der Untersuchungen gleich ganze Kunst-
geschichten, die keins der noch völlig unerforschten
Gebiete in ihren „Aufzählungen“ vergessen. Doch
solche Entwicklung nimmt ja jeder neue Forschungs-
zweig in seinem Beginn — vom Ganzen zum Teil,
vom Naheliegenden zum Fernen, vom Komplizierten
zum Einfachen.
Aber schon scheint sich ein gewisser Um-
schwung vorzubereiten. Man scheint nicht mehr
so hastig zu sein. Man scheint auf die Grundlagen
zurückzugehen. Die fernsten Einflüsse auf die alte
japanisch-buddhistische Malerei und Skulptur wer-
 
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