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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 3.1907

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Zweites Heft (Februar 1907)
DOI Artikel:
Jaffé, Ernst: [Rezension von: Anton Springer, Handbuch der Kunstgeschichte. II, Das 19. Jahrhundert]
DOI Artikel:
Schweitzer, Hermann: [Rezension von: Max Schmid, Kunstgeschichte des XIX. Jahrhunderts. Zweiter Band]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49882#0065

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Februar-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

37

s

wenigsten sollte er sich auf einen Verlag verlassen,
dem augenscheinlich Sparsamkeitsgründe die ge-
wichtigsten sind Das Abbildungsmaterial genügt
durchaus nicht den Ansprüchen, die man heute
an ein solches Werk stellen muss. Der Verlag
hat eben genommen, was ihm am bequemsten und
billigsten zur Hand war. Findet man einmal eine
Originalaufnahme, wie die Feuersbrunst von L.
Knaus (S. 214), dann ist sie unsagbar’ schlecht, im
allgemeinen hat man lieber vorhandene Klischees
benutzt von den alten Holzschnitten der kunst-
historischen Bilderbogen bis zu den Meistern der
Farbe. Man weiss nicht, was schlimmer ist. Bei
diesem Grundsatz spielt natürlich der Zufall eine
weit grössere Rolle als die Erwägung: welches ist
das bezeichnendste Werk für den behandelten
Meister? Seite für Seite möchte man fragen,
warum dieses Werk und nicht jenes? Wäre man
nach anderen Grundsätzen vorgegangen, dann hätte
das Buch freilich noch nicht im Rembrandt-Jahre
herauskommen können und die Aufwendungen
wären erheblich höhere gewesen, aber das hätte
einen so grossen angesehenen Verlag doch nicht
hindern dürfen, das unbedingt notwendige zu
leisten.
Diese Vor würfe fallen zum Teil auch auf den
Autor zurück. Immerhin wird man aber zugeben
müssen, dass er hier eine achtungswerte Arbeit
geleistet hat und weit besser vor der Kritik be-
stehen kann als der Verlag, der sich hoffentlich
beeilen wird, seinen Fehler bei den zu erwartenden
neuen Auflagen wieder gut zu machen.
Ernst Jaff6
Schmid, Max. Kunstgeschichte des XIX.
Jahrhunderts. Zweiter Band. Leipzig 1906.
E. A Seemann. 482 S.
Von der grosszügig angelegten Kunstgeschichte
des XIX. Jahrhunderts von Max Schmid-Aachen
ist der zweite Band erschienen, dem in Jahresfrist
der Schlussband folgen soll. Schmid behandelt in
dem vorliegenden Bande die französische, belgische
deutsche und engliche Kunst seit der Mitte des
Jahrhunderts bis zur Grenze der neuen Kunstbe-
wegung. Leider ist in diesem Bande, wie in dem
vorhergehenden das Kunstgewerbe garnicht berück-
sichtigt, vielleicht auf Wunsch des Verlegers, der
das Werk nicht allzu umfangreich haben wollte.
Auch dem zweiten Bande sind 17 teilweise recht
gute Farbendrucktafeln beigegeben. Die zahlreichen
Textabbildungen sind im allgemeinen gut, nur mit
Grundrissen ist etwas zu sparsam umgegangen
worden, so würde, um nur ein Beispiel herauszu-
greifen, eine Grundrisszeichnung von Baltard’s
St. Augustin, Paris, das Verständnis für diesen Bau

wesentlich erleichtern. Ebenso wäre für die be-
sprochene englische Profanarchitektur der eine oder
andere Grundriss sehr wünschenswert gewesen.
Allerdings muss bemerkt werden, wie schwer oft
solche Zeichnungen erhältlich sind.
Die französische Kunst unter dem zweiten
Kaiserreiche und der Republik wird zuerst ein-
gehend besprochen, beginnend mit der Architektur,
die in ruhigem Selbstgenügen die historisierenden
Formen bis zu den Louisstilen durcharbeitet, ohne
ernstlich nach neuen Ausdrucksformen und Mög-
lichkeiten auch nur' zu suchen. Der schwerwiegende
Einfluss der französischen Malerei auf die Kunst
des übrigen Europa wird dann eingehend geschildert
und begründet. Das Hauptverdienst fällt natürlich
der Schule von Barbizon zu, namentlich für die
Entwickelung der feingestimmten Landschaft und
eines grosssehenden Realismus im Figurenbilde,
bei dem man den Menschen wieder als Teil der
Natur und nicht als Träger von buntfarbigen
Theaterkostümen auffasst. Aehnliche Ziele ver-
folgt auch die Plastik, die sich, im allgemeinen nicht
zu ihrem Vorteile, bemüht malerische Wirkungen
zu erzielen.
In natürlicher Folge schliesst sich an die
Schilderung der französischen Kunst die der bel-
gischen seit 1848 in einem kurzen, aber alles
Wesentliche gut charakterisierenden Kapitel an.
Den breitesten Raum nimmt naturgemäss die
deutsche Kunst ein. Ebenfalls mit der Baukunst
beginnend, werden die verschiedenen Architektur-
zentren, wenn man so sagen darf, besprochen, zu-
erst in Süddeutschland München, Wien, Stuttgart,
Karlsruhe, Frankfurt, daun Dresden, Hannover,
Berlin. Die „Epoche der Reproduktion historischer
Kunst“ kommt hier nicht sehr gut weg, namentlich
über die preussische Staatsarchitektur fällt manch
herbes, aber durchaus wahres, beherzigenswertes
Wort. Bei der Plastik dieser Epoche, um dies
gleich zu erwähnen, kommt der Verfasser noch
mehr zu einem negativen Urteil, wenn er sich auch be-
müht die einzelnen Richtungen gerecht zu bewerten.
Allzu streng erscheint aber doch seine Beurteilung
von Schilling und dessen Richtung, der sicher in
zwei Jahrzehnten wieder sympathischer erscheinen
wird als heute.
In grossen, breiten Zügen ist dann die Ent-
wicklung der deutschen Malerei in den Schulen zu
München, Düsseldorf, Berlin und Wien gezeichnet,
wobei mit ganz besonderer Sorgfalt und warmem
Empfinden Feuerbach und Menzel meisterhaft her-
ausgearbeitet sind.
Die englische Kunst, bei der vor allem der un-
geheure Einfluss John Ruskins auf seine Landsleute
hervortritt, bildet den Schluss des Bandes.
 
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