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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 3.1907

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Zweites Heft (Februar 1907)
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Sachs, Curt: [Rezension von: Kurt Bartels, Francisco Goya]
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Hahr, August: [Rezension von: W. J. Anderson, R. Phené Spiers, Die Architektur von Griechenland und Rom]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49882#0062

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34

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

Februar-Heft.

und Inhalt in zwei Gattungen. Erstens diejenigen,
welche der Forschung dienen sollen und deren Auf-
gabe es ist, alles das zusammenzutragen, was Wesen
und historische Stellung des Künstlers zu klären
vermag. Zweitens diejenigen, welche sich die ge-
wonnnen Forschungsresultate zunutze machen,
um dem Publikum den Künstler in seiner Eigenart
nahezubringen Die vorliegende Arbeit erhebt nicht
den Anspruch, zur ersten Art zu gehören, sie stellt
sich in den Dienst des Nichtfachmanns. Aber der
Weg ist falsch. Man kann über jemanden sehr
viel und sehr wenig sagen; in der Mitte zu bleiben
ist unendlich schwer und nur Auserwählten Vor-
behalten. Die Schrift von Eertels hat diesen
schwierigen Mittelweg gewählt und infolgedessen
stets zuviel und zuwenig gesagt. Den breitesten
Kaum nehmen Urteile und Eindrücke des Verfassers
ein, die sehr wenig interessieren. Wie immer,
wird da wo eine Erklärung nicht auszureichen scheint
verglichen, je entlegener desto besser. Ich möchte
den sehen, der durch eine derartige Darstellung
vorwärts gebracht wird. Statt zu klären, verwirrt
sie, zumal in diesem unpersönlichen Asthmastil.
Meines Erachtens wird ein Künstler dem Publikum
dann am besten nahegebracht, wenn man eine sorg-
fältige Auswahl von guten Reproduktionen mit
möglichst konzisen Begleitworten vorlegt und eine
kurze Zusammenfassung an die Spitze setzt. Aber
dann bitte ohne Zensuren. Schriftsteller sind keine
Schullehrer. Curt Sachs.
o
Handbücher.
W. J. Anderson und R. Pheng Spiers, Die
Architektur von Griechenland und Rom. Leip-
zig 1905. Karl Hiersemann. 185 Abb. Gr. 8°.
M. 15.-.
Es wird in Deutschland viel Kunstgeschichte
geschrieben, vielleicht zu viel. Diese neue Archi-
tekturgeschichte ist aber kein Werk von deutschen
Kunsthistorikern, sondern die Uebersetzung einer
englischen Arbeit, deren Verfasser der. jetzt ge-
storbene Kunsthistoriker William J. Anderson in
Glasgow und der Architekt K. Phene Spiers sind.
Der erstgenannte hat die griechische Archi-
tektur bis in die athenische Blütezeit geschildert,
der letztere behandelt die folgenden Perioden,
wie er auch nach dem Tode Andersons das ganze
redigiert hat.
Es ist von grossem Interesse, die Verschieden-
heit in der Darstellung der beiden Verfasser zu
verspüren.

Der eine ist der wahre Kunst- und Kultur-
historiker, der andere ist der Architekt, der sich
am meisten in Grundrissen, Schnitten, Mauer- und
Gewölbekonstruktionen vertieft. Das eine kann
eben so gut sein wie das andere. Aber so wie
diese Gesichtspunkte in der Arbeit zum Vorschein
gekommen sind, leidet der Totaleindruck darunter.
Wenn man Vorkenntnisse besitzt, lernt man
freilich viel mehr aus den Schilderungen von
Spiers, während hingegen die Behandlung des An-
derson von der griechischen Architektur von einer
höheren Darstellungskunst getragen wird und den
nicht Eingeweihten viel leichter und sicherer in
das Verständniss der vornehmsten Baukunst der
antiken Welt hineinführt.
Das Beste, was dieser Gelehrte hier geschildert
hat, ist die Darstellung der Dorischen Kunstkultur
Siciliens und Süditaliens, der er mit Recht eine
grosse Bedeutung für die Entwickelungsgeschichte
der griechischen Kunst zuschreibt. Welche stolze
Denkmäler der Kunst bieten uns noch Selinunt
und Girgenti, vor allem das Letztere mit seinen
vielen herrlichen, teilweise noch gut erhaltenen
Tempeln. Diese Architekturen, malerisch auf zwei
beinahe parallelen Höhezügen liegend, erscheinen
uns als eins der hervorragendsten Beispiele der
Antike, die beweisen, welche Schönheiten die
Griechen in enger Vereinigung von Natur und
Kunst zu schaffen verstanden.
Eingehend behandelt der Verfasser die Frage
nach dem Ursprung des jonischen Kapitals. Er
hegt die Ansicht, dass das Kapital aus der Holz-
architektur entstanden sei, und dass die Voluten
aus Spiralen zu erklären sind, die, sei es aus
Metall, sei es gemalt oder eingeritzt, an dem den
Kolonnschaft krönenden Holzblock angebracht
waren.
Das interessante sog. aeolische Kapital wird
leider vom Verfasser nur gestreift. —
Die ausführlichen Schilderungen Spiers über die
Baukunst der Römer sind auf der traditionellen,
von mehreren Kunsthistorikern verteidigten An-
schauung gegründet, dass die Römer freilich
Impulse von aussen erhalten, aber dass sie selbst
Träger einer eigenen Baukunst seien, welche sie
mit der Ausdehnung des römischen Imperiums zu
einer allgemeinen „Reichskunst“ machten.
Er glaubt an Livius, an die alte Chronologie
und an die Königslegenden.
Abgesehen davon hat Spiers eine sehr gründ-
liche erklärende Beschreibung der römischen Bau-
werke gegeben. Besonders ihren technischen
Charakter hat er eingehend behandelt. Aber er
hat auch eine ausserordentliche Hilfe in Choisys
berühmtem Werke L’art batir chez les romains
 
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