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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (2) — 1920

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Nr. 101 - Nr. 110 (3. Mai - 14. Mai)
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LagevMuttg für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppmgen, Eberöach, Mosbach, Buchen, Adelsheim,- BoxSerg,
Tauberbischofsheim und Wertheim.

Heidelberg, Freitag, 7. Mai 1920
Nr. 10S * 2. Jahrgang

Äszugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn-3.S0 Mk. Anzeigenpreise:
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Derantwortl.: Für innere u.äußcrsPolitik,Dolkswirtschaftu.Feuilleton: Dr.
E. Kraus: für Kommunales u. sozialeRundschau: Z.Kahn; für Lokale-:
O.Geibel; für die Anzeigen: H.Hoffmann, sämtlich in Heidelberg
Druck und Verlag der Unterbadischen Verlagsanstalt G.m.b.H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Gchröderstraße ZS.
:_Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.

Das RerchsheimstaLLengesetz.
Von W. Sollman n, M. d. N.
In der Massenherstellung von Gesetzen, die sich die National-
Versammlung während der letzten Stunden ihrer Apriltagung
leistete, ist auch das Reichsheimstättengesetz verabschiedet worden.
Die vielen Versprechungen, die insbesondere noch von der Kaiser-
lichen Regierung den landghungrigen Siedelungsfreunden, den
Kriegsteilnehmern und Kriegsbeschädigten gemacht worden sind,
werden durch dieses Gesetz nicht erfüllt. Der Regierungsentwurf
beschränkte sich darauf, die neue Rechtsfvrm der Heimstätten
juristisch zu gestalten. Maßnahmen zur Bereitstellung von Mitteln
und Land, um Heimstätten zu schaffen, gehören nach der Auffassung
der Reichsregierung nicht zur Aufgabe dieses Gesetzes.
In dieser Beschränkung brachte der Regierungsentwurf beach-
tenswerte Grundlagen für die Rechtsform der Heimstätten. Es
schützt den Hcimstätter gegen Ueberschuldung und Zwangsvollstrek-
kung und verhindert jede spekulative Ausnützung und Verteuerung
der zu Heimstätten ausgegebenen und als „Reichsheimstätte" in das
Grundbuch eingetragenen Grundstücke. Nur das Reich, die Länder
und die Gemeinden und die Gemeindeverbände können Grundstücke
als Heimstätten zu Eigentum ausgeben. Diese Heimstätten sollen aus
einem Einfamilienhause in der Regel mit Nutzgarten (Wohnheim-
stätten) bestehen, oder aus landwirtschaftlichen Anwesen, zu deren
Bewirtschaftung eine Familie unter regelmäßigen Verhältnissen kei-
ner ständigen Arbeitskräfte bedarf.
Die Sozialdemokratie erblickte in den Ausschußverhandlungen
ihre Hauptaufgabe darin, die schöne aber etwas leere Rechtsform
des Gesetzes mit materiellem Inhalt zu erfüllen. Sehnen sich doch
die Siedlungsfreunde weniger nach juristischen Fortschritten als
nach der Voraussetzung alles Heimstättenwesens: nach Land. Die
Regierungsvorlage begnügte sich mit dem Hinweise, daß Grundstücke
für Heimstätten auf Grund der Bestimmungen des Siedlungsge-
setzes und der Verordnung zur Beschaffung von Bau- mit Garten-
land für Wohnungen enteignet werden können. Unseren Be-
mühungen, ein klares und w e i t g e h e n d e s Enteignungsrecht in
das Gesetz hineinzuarbeitcn, konnte die Reichsregierung mit einem
wichtigen Einwand starken Wiederstand entgegensetzen: der Artikel
10 der Reichsverfassung erlaubt dem Reiche nur, Grundsätze
für das Bodenrecht, die Bodenverteilung, des Anstedlungs- und
Heimstättenwesens und die Bindung des Grundbesitzes aufzustellen.
Nur Grundsätze! Die eigentliche ausführcnde Gesetzgebung
obliegt auf diesen Gebieten den Ländern, denen allein auch die Ge-
meinden unterstehen, die natürlich stets den hauptsächlichen Unter-
bau des Siedelungswesens bilden werden.
Die verfassungsrechtliche Schranke, die übrigens in Weimar
gegen den Willen- der Sozialdemokratie aufgerichtet worden ist, war
nicht zu übersteigen. Wir versuchten nun, wenigstens zu erreichen,
daß in der Umgebung der Städte und der Industriegemeinden Ge-
lände für Heimstättenzwecke zu billigen Preisen ohne jeden Speku-
lationsgewinn enteignet werden konnte. Mit Hilfe des demokrati-
schen Bodenresormers Dr. Heidsick gelang es auch tatsächlich, in der
ersten Lesung im Ausschüsse einen Beschluß durchzudrücken, der die
Möglichkeit zur Beschaffung billigen Landes gegeben haben würde.
Aber dieser Schlag gegen das heilige Privateigentum und gegen die
dreimal geheiligte Bodenspekulation wurde von allen bürgerlichen
Parteien sofort pariert. Der Bodenresormer Heidsick flog auf Ver-
anlassung seiner Fraktion in großem Bogen aus dem Wonhnugs-
ausschusse hinaus und wurde durch einen zuverlässigen Hausbesitzer
ersetzt. Dafür durfte der von seiner Fraktion gemaßregelte Dr.
Heidsick bei der Verabschiedung des Gesetzes im Plenum einige bo-
denreformerische Sätze sprechen. So hatte man für den Wahlkampf
beiden Seiten gedient: im Ausschuß stimmte der demokratische Haus-
besitz gegen die weitgehenden Enteignungsanträge, und in der Oef-
fentlichkeit sagte man den guten Bodenreformern einige unverbind-
liche freundliche Worte. Gegen die Stimmen aller bürgerlichen
Abgeordneten fiel unser Enteignungsantrag im Ausschuß.
Es gelang uns schließlich nur. einen Absatz mit starker Ab-
schwächung des Enteignungsgedankens und der Wertminderung des
Grund und Bodens in das Gesetz hincurzubrtngcn. Da bis zum
Schluß der Nattonalversammiung nur noch wenige Stunden waren,
mußten wir uns damit begnügen, die bürgerlichen Parteien wenig-
stens auf dieses Kompromiß herüber zu ziehen, um zu retten, was
zu retltN« es freilich nicht. koch immerhin
wesentlich mehr als nichts. Wenn die unentwegten Unabhängigen
sich die große Geste erlaubten gegen das das gairze Gesetz als eine
soziale Quacksalberei" zu stimmen sei dielen großen Kritikern gegen-
über doch festgestellt: die US P. ha? weder im Ausschuß noch im
Plenum einen einzigen Verbesserungsantrag gestellt. De: dieser
Partei haben sich die nach Heimstätten rusend-en Gewerkschaften u.
Bodenresormer wahrlich nicht -u bedanken wenn doch einige Fort-
schritte mit und in dem Gesetz erzielt worden sind.
Es gelang uns übrigens, eine Tnsicbließung durchzubrlngen tn
der die Reichsregierung aufgeforderl wird runiichst bald dem neuen
Reichstage Gesetzentwürfe vorzulegem zur Bekämpfung der
Bodenspekulation und zur sozialen Ausgestaltung des Enteignungs-
rechts mit dem .zwecke der Beschaffung billigen Bodens für Heim-
stätten; zur Erweiterung der Z u st ä n d l g k e t! e n des Nei-
ch e s auf den Gebieten des Siedetungs- urrd Wohnungswesens' zur
Schaffung eines Reichsheimstättenamtes mit starken Be-
fugnissen.
Was ist diese Enschließung? Ein wertloses Stück Papier wenn
sie in den Aktenbergen des Parlaments vergraben wird. Was
kann und wird sie werden? Ein Wille zur Tat, wenn sie von allen
Land- und Siedelungshungrigen, von allen bodenpolirifchen Refor-
mern, -von allen Gegnern des Bodenwuchcrs, von allen Mietern als
Losung im Wahlkampf ausgenommen und jedem Kandidaten als
politische -Gewissensfrage vorgelegt wird. Das eine hat auch die Be-
ratung des Heimstättengesetzes wieder bewiesen: eine von allen
Rücksichten auf die Bodenspekulation freie Politik betreibt nur die
Sozialdemokratie

Zur Veröffentlichung polnischer
Agressivpläne.
Beuthen (Obsrschlesisn), 6. Mai. Korfanty nimmt
in der „Grenzzeitung" zu der deutschen Note Stellung und
schreibt: Schlotternde Ängst und Helle Verzweiflung über
den sich vollziehenden Verlust Oberschlesiens für Deutschland
treiben die deutschen Kreise wiederum auf den ihnen seit
langem bekannten Weg der Fälschung und Irreführung der
öffentlichen Meinung. Korfanty spricht weiter seine Be-
friedigung aus, daß endlich ein Forum geschaffen werde,
um dis deutschen Anschuldigungen einer objektiven Prüfung
zu unterziehen und die polnischen Geheimdokumente als mit
amtlichen Geldern fabrizierte Fälschungen festzustellen.
Hierzu ist zu bemerken: Der Wutausbruch Korfantys in
der „Grenzzeitung" ist durchaus verständlich. Der Gedanke,
daß die geheimsten Pläne so beweiskräftig vor der
breitesten Öffentlichkeit enthüllt werden, würde wahrscheinlich
auch weniger agresfive Naturen als Korfanty aus der Ver-
fassung bringen. Mit umso größerer Ruhe steht man
deutscherseits seinen Enthüllungen entgegen.
Internationale Finanzberatungen,
Paris, 6. Mai. Der Internationalen Konferenz für
den Welthandel unterbreitete der belgische Delegierte
Baron des Camps, seine Anträge betr. Herabsetzung des
Papiergeldumlaufs und Ausgabe von Goldbonds. Der
englische Delegierte Stephens schlug vor, internationale
Noten einer internationalen Finanzkommission auszugeben,
die als unverzinsliche Handelspapiere behandelt würden.
Dir Vizepräsident der belgischen Deputiertenkammer, Cheleyck,
legte die Lage seines Landes dar, welches durch die Aus-
gabe von 7V, Milliarden Gutscheine während der deut-
schen Besetzung einen Verlust von ungefähr zehn Milliarden
erlitten habe. Sodann erörterte der frühere Präsident der
britischen Handelskammer in Paris, Waler-Berren, sein
System, wonach Bonds für Lebensmittel- und Rohstoff-
beschaffung auszugeben wären, die nach fünf Jahren zu
bar eingelöst werden müßten.
Finnland will dem Völkerbund beitreten.
Kopenhagen, 6. Mai. „Berlinske Tidende" meldet aus
Helfingfors: Der von der Regierung dem Landtage vorgel-egte Ge-
sctzeniwurf über den Beitritt Finnlands zum Völker --
b unde -betont, daß es für Finnland wichtiger sei als für viele
andere Länder, -dem Völkerbünde beizutreten. Die geographische
Lage des Landes mache es notwendig, daß feine Integrität
und Unabhängigkeit gegen zukünftige Gefahren
geschützt werden.
Französische Sorge in Spaa.
Wiederherstellung der verwüsteten Gebiete.
Paris, 6. Mai. Jules Sauerwein schreibt im „Ma-
tin" zur Konferenz in Spaa, die erste Sorge der französischen
Regierung müsse sein, vor allen Dingen die Wiederher-
stellung der -verwüsteten Gebiete sicherzustellen. Sollte
dieser Voraussetzung nicht stattgegeben werden, so würde es die
französische Regierung zweifellos vorzichen, kein Abkommen zu-
schließen, sich aber an -ihre eigenen Mittel halten, um Deutsch-
land zur Zahlung zu zwingen. Das Interesse Frankreichs
sei gleichlautend mit dem der Alliierten, die die Wiederaufnahme
des Handels mit Deutschland wünschten, aj>cr auch ebenso mit den
Interessen Deutschlands, dessen Zustand der Zahlungsfähigkeit ge-
genwärtig jede Tätigkeit durchkreuze.
Lloyd George und Millerand.
Paris, 6. Mai. Bekanntlich haben Lloyd George und Mil-
lerand vor der Konferenz -in Spaa eine Zusammenkunft, -in
welcher sie beraten werden, wie die finanziellen- Klauseln des Frie-
dens-Vertrags in die Tat umgefetzt werden können.
Die türkische Friedensdelegation in Paris.
Paris, 6. Mai. Die türkische Friedensdelegation ist heute
vormittag in Versailles angekommen. Sie bewohnt die gleichen Ge-
mächer, -wie einstens die deutsche Friedensdelegation. Der Frie-
densvertragsentwurf soll den Türken am 11. Mai im Uhrcnsaale
am Quai d'Orsay überreicht werden.

Politische Ueberficht.
„Verindustrialisierung" der Presse.
Berlin, 7. Mai. Wie die „Neue Bad. Landes-Ztg." er-
fährt, hat Hugo Stinnes nach anderen Blättern nun auch die
„Deutsche Allgemeine Zeitung" an sich gebracht. Von
den führenden Schriftleitern der „Deutschen Allgemeinen Zeitung"
und den Vorstehern des Verlegers haben mehrere bereits die Kon-
segnen- gezogen. und ihre Stellungen gekündigt.
Wester schreibt dieses Blatt über die Zettungskäufe der Schwer-
industrie wie folgt: Geradezu erschreckend ist aber über diese
Berliner Zeitungskäufe des Schwerindustriellen hinaus seine gleich
gerichtete Tätigkeit in der Provinz. Der nun auch äußerlich
vollzogene Uebergang der M ü n ch e n - A u g s b u r ge r A b e n d-
zeitung aus der bisher mühsam gewahrten Scheindemo-
kratie ihrer Haltung in das Fahrwasser der Rechten
ist zweifellos nicht ohne die kräftige Mitwirkung des Herrn Sünnes

erfolgt. Das ist aber nur eines von etwa 70 Provinzblättern, die
Stinnes in seine Hände gebracht hat oder zu bringen im Begriffe
ist und bei denen es sich keineswegs um unbedeutende Zeitungen
handelt, sondern um Blätter von dem Ausmaß der Königsberger
Allgemeinen Zeitung. Und nicht genug mit der Besitzergreifung
eines außerordentlich belangreichen Teiles der deutschen Poesie,
Herr Stinnes sieht weiter und sichert sich auch die nöti-
gen Papierquellen, indem er große Zellulose-
fabriken in seine Käufe einbezieht, -- soweit wir
unterrichtet sind, -bisher deren fünf.
Sozialdemokratische Reichskonferenz.
Zweiter Sihungstag.
Berlin, 6. Mai. (Pri-v.-Tel. d. N. B. L.-Ztg.) Heute er-
griff der Reichskanzler Hermann Müller das Wort. Er
führte u. a. aus: Wir müssen nicht nur gegen rechts, sondern auch
gegen links ständig -die Demokratie und die Republik verteidigen.
Wir müssen Ko aliti o n s p o l itick treiben und das in emer
Zeit, nachdem wir Jahre Krieg hinter uns hatten und ein Jahr
Waffenstillstand. Auch das dürfen wir nie vergessen, was wir un-
ter dem Waffenstillstand haben erdulden müssen. Darauf müssen
wir gerade jetzt vor den Tagen von Spaa Hinweisen, daß nun
endlich auch eine Politik d e r Versöhnung und des
Entgegenkommens getrieben wird. Ich gebe trotz Frank-
furt a. M. die Hoffnung nicht auf, daß auch in Frankreich der Tag
kommen wird, wo die Eins i ch t siegt. Der Tag ist noch nicht da,
aber alle Völker des kontinentalen Europa haben sich in -den fünf
Kriegsjahren zu Tode gesiegt und werden eines Tages
erkennen müssen, daß sie aufeinander angewiesen sind.
Bei einem Vergleich zwischen den deutschen Verfassungssinrichtun-
gen und den Einrichtungen in anderen Ländern können wir freudig
feststellen, daß wir eine so demokratische Verfassung
-Haben, wie ke in Land der Welt. Wenn wir aber auch eine so
demokratische Verfassung haben, so ist noch nicht damit gesagt, daß
wir nun auch in kurzer Zeit den Sozialismus durchfüh-
ren können. Dazu sind unsere Produktionsmittel zu sehr herunter-
gewirtschaftet, dazu fehlt uns das Notwendigste, um uns auch nur
in bescheidenem Umfange auf dem Welrmarkt wieder durchsetzen zu
können.
Die sozialdemokratische Reichsksnfcrenz brachte nach der Rede
des Reichskanzlers Müller in der Aussprache die Feststellung des
Reichswirtschaftsministers S ch m i d t, daß auf politischem und wirt-
schaftlichem Gebiete, besonders in der Sozialpolitik, viel er-
reicht sei. Wir müssen uns aber darüber klar sein, daß eine Besse-
rung der Verhältnisse nur durch eineErhvhungderPro-
duktion und durch eine Besserung der deutschen
Valuta zu erreichen sei.
Im Schlußwort kam Scheidemann nochmals auf den
Fall Noske zurück und sagte u. a.: Die Sozialdemokratie kann
das Kapitel Noske jetzt verlassen; sie hat die Auseinandersetzung
in aller Kameradschaftlichkeit vorgenommen und sie wird keinen
Stachel zurücklassen. Aber in der Politik -ist der Erfolg das einzige,
was bestehen- bleibt. Wer auf Dank rechnet, mag draußen bleiben.
Nachdem Scheidemann mitgeteilt hatte, daß Haase, der Führer
der Unabhängigen, die jetzt aus den blutigen Ianuartagen 1919 den
Mehrheitlern einen Strick zu drehen versuchten, damals als erster
geäußert hätte, wenn Not am Mann ist, habe er 2000 Marinesol-
doten zur Verfügung und werde sie kommen lassen, -fuhr er fort:
Man tut Roste viel zu viel Ehre an, wenn man ihn den Schöpfer
der Reichswehr nennt. Die eigentlichen Väter der Reichswehr sind
Liebknecht und öedebour; Noske ist mir der Adoptivvater
und hat das Kind nicht leichten Herzens angenommen. (Heiterkeit.)
„Proletarier aller Länder, vereinigt euch!" das
bleibt unsere Parole. Die Unabhängigen aber sagen: „Proletarier
Deutschlands, zerfleischt euch!" Wir aber wollen aufbauen, wollen
heraus aus d - m Elend und aus der Knechtschaft des Ver-
sailler Vertrages.

Badische Politik.
Dem badischen Landtag
sind eine Reihe E i n gä n g e zugegangen, worunter besonders z»
vermerken ist ein Gesuch der -Gemeinde Lörrach um Erweiterung
ihrer Realschule; ein Gesuch des G e w e r ks cha f t s kar t e l l s
Mannheim um Gewährung einer Ehrengabe an den Bibliothe-
kar der öffentlichen Schloßbibliothek in Mannheim; ein Gesuch des
Vereins der Honorarprofessoren, auß-erordentl. Profes-
soren und P riv a t d o zenten an der Universität Frei -
bürg um Gewährung der Teuerungszulagen wie für die staat-
iichcn Beamten, ein Gesuch der Firma Henk u. Niederheiser in
Heidelberg um Rückersatz der für den Generalstreiktag an
ihre Arbeiterschaft gezahlten Löhn«; eine Erklärung des Rekto-
rats der Freiburger Universität bezüglich Stellung
der Studierenden zur Reichs- und Landesverfassung und ein Schrei-
ben der Stadt Mannheim betreffend Verwendung des
Mannheimer Schlosses mit einer Einladung zur Besich-
tigung desselben und zum Besuch einer Vorstellung im Mannheimer
Nationaltheater anläßlich dieser Besichtigung.
Eine Wahlrede Dr. Schäfers.
In einer Wahlrede zu Freiburg machte der Führer des badi-
schen Zentrums, Landlagsabg. Dr. Scho f e r, einige Feststellungen,
die festgehalten zu,werden verdienen. So wies er zutreffend darauf
hin, daß wir zu der Anschauung kommen müssen, daß die gewähl-
ten Abgeordneten, Minister und Regierungen nichts anderes -sind
als die Auserwähiten des Volkes. Die höchste Instanz ist die Ver-
sammlung der Erwählten des Volkes. Darum ist es von gewal-
tiger Bedeutung und ist auch eine Gewissenspflicht, daß man
erstens von seinem Wahlrecht -Gebrauch macht und zweitens einen
solchen Gebrauch macht, wie man cs vor seinem Gewissen verant-
 
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