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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Rothe, Friedrich: Das neue Kunstschutzgesetz, [3]
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Die Werkstatt der Kunst

keäakteur: fritz tzeUrvag.

VI. Jakrg. Heft 36. S 3. Juni 190/.

In ciiesern reelle unserer Leitsckrift erteilen wir jeciern Rünstler äas freie Mort. Mir sorgen äafür, ässs keinerlei
Angriffe aus Personen ocler Senossens^ssten sbgeäruckt werclsn, okne class vorder cler Angegriffene clie Möglickkeit gekabt
KLtte. in clernselben IZeNe zu erwiclern. Vie Redaktion kält sick vollstänclig unparteiisck uncl gibt äurck clen -Ibclruck keineswegs
» - eine rlebereinstiinniung niit clen auf cliese Meise vorgetragsnsn Meinungen zu erkennen. —

Vas neue Runslsckutzgeset). schuß)
voll Rechtsanwalt Vr. Friedrich Rothe, Syndikus der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft.

die Zeitung, die das Bild enthält, im übrigen
einen obseönen Inhalt hat, oder wenn das Bild
eines Prinzen neben dem seiner Maitresse ausgestellt
wird oder dergleichen.

Die Genehmigung ist serner nicht erforder-
lich bei Bildnissen aus dem Bereiche der
Zeitgeschichte. Ls ist dies ein außerordentlich
flüssiger Begriff, für den eine auch nur einigermaßen
feste Begrenzung nicht wird gefunden werden können.
Zeitgenössische Fürsten, hohe Militärs, Staatsmänner,
bekannte Gelehrte, Künstler, Schauspieler und Schau-
spielerinnen gehören sa zweifellos der Zeitgeschichte
an. kVie ist es aber z. B. mit den Verbrechern, die
nlan in gewissen Zeitschriften leider mit Vorliebe
abgebildet sieht, und wie ist es mit den Originalen
großer Städte? Zweifellos wird der Begriff „Zeit-
geschichte" sehr weit gefaßt werden müssen, und doch
wird wohl oft genug der Künstler, der im guten
Glauben eine Person abgebildet hat, die seiner An-
sicht nach ins Bereich der Zeitgeschichte gehört,
darunter zu leiden haben, daß der Richter diese Auf-
fassung nicht teilt.
Ausgenommen sind ferner Bilder, auf denen
die Person nur als Beiwerk neben einer Land-
schaft oder sonstigen Mertlichkeit erscheint, Abbildungen
von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vor-
gängen, an denen die dargestellten Personen teilge-
nommen haben, und endlich Bildnisse, die nicht auf
Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung
oder Schaustellung einem höheren Interesse der
Kunst dient. Auch dieser Begriff, der sa eine außer-
ordentliche Dehnbarkeit besitzt, wird hoffentlich von
der Rechtsprechung recht weit gefaßt werden. In
Betracht werden insbesondere Studien zu Bildnissen
kommen, bei denen die Einwilligung des Abgebil-
deten nicht eingeholt zu werden pflegt, vor allem in
Fällen, wo durch eine Ausstellung mehrerer Werke
eines Künstlers eine Darstellung seiner Entwicklung
gegeben werden soll.
Alle diese Ausnahmen haben aber keine Gel-
tung, sobald ein berechtigtes Interesse des Ab-
gebildeten durch die Verbreitung oder Schaustellung
verletzt wird. So unzweifelhaft also, um das be-
liebteste Beispiel anzuführen, Fürst Bülow der Zeit-
geschichte angehört, so ist es doch untersagt, ein Bild,
das ihn in Norderney im Badeanzüge darstellt, zu
verbreiten, da hierdurch zweifellos sein berechtigtes
Interesse verletzt wird.
Diese Verletzung braucht übrigens nicht in der
Abbildung selbst zu liegen, sondern kann auch in der
Art der Verbreitung begründet sein, indem z. B.

kservorzuheben ist, daß die Karikatur nach
der Ansicht der Regierung vom Recht am eigenen
Bilde nicht betroffen wird. Die Karikatur ist kein
Bildnis, kein Porträt, sondern die künstlerische Be-
arbeitung eines solchen zu einer neuen Darstellung.
Für die Karikatur hat sich also im bisherigen
Rechtszustande nichts geändert, sie unterliegt nach
wie vor den Beschränkungen, die das Strafgesetz-
buch durch seine Beleidigungsbestimmungen aufge-
richtet hat.
Endlich schränkt das Gesetz sowohl das Recht
am eigenen Bilde, als auch den Schutz des Urhebers
im öffentlichen Interesse dahin ein, daß von den
Behörden für Zwecke der Rechtspflege und der
öffentlichen Sicherheit Bildnisse ohne Einwilligung
des Berechtigten und des Abgebildeten ver-
vielfältigt, verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt
werden dürfen.
Der weitgehendste Umfang der Befugnisse des
Urhebers, die längste Dauer seines Schutzes ist aber
für den Künstler wertlos, wenn nicht der Staat
ihm seine Macht zur Verfügung stellt, um
Verletzungen -es Nrheberrechts
abzuwehren und zu ahnden. Je schärfer und strenger
die Vorschriften sind, die sich gegen solche Verletzungen
wenden, um so besser für den Künstler, dessen ge-
wöhnlich mit schweren materiellen Opfern verbundene
geistige Arbeit sa lange Zeit hindurch von skrupel-
losen Freibeutern nur allzu gern ausgenutzt wurde
und noch ausgenutzt wird.
Die Schutzbestimmungen zerfallen in zivil-
rechtliche und strafrechtliche.
Zunächst ist dem Urheber wie bisher der im
Gesetz nicht besonders erwähnte, weil aus dem all-
gemeinen bürgerlichen Recht solgende Anspruch
aus Unterlassung gegen jede Beeinträchtigung
seiner Befugnisse gegeben. Dieser Anspruch, der im
Klagewege zu verfolgen ist, ist nicht abhängig von
einem Verschulden des Beklagten, sondern überall
da gegeben, wo überhaupt objektiv ein Eingriff in
das Urherrecht vorliegt.
 
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