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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (6): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1895

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No. 33 - No. 41 (1. Mai - 29. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42838#0154
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schädigen, ist, sofern die Behauptungen nicht erweis-
lich wahr sind, dem Verletzten zum Ersätze des ent-
standenen Schadens verpflichtet. Auch kann der Ver-
letzte den Anspruch geltend machen, daß die Wieder-
holung oder Verbreitung der Behauptungen unter-
bleibe.
Die Bestimmungen des ersten Absatzes finden
keine Anwendung, sofern die Absicht, den Betrieb des
Geschäfts oder den Kredit des Inhabers zu schädigen,
bei den Mitteilenden ausgeschlossen erscheint. Dies ist
insbesondere anzunehmen, wenn er oder der Empfänger
der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hatte,
ß 5. Wer über das Erwerbsgeschäft eines an-
deren, über die Persoll des Inhabers oder Leiters des
Geschäftes, über die Maaren oder gewerblichen Leist-
ungen eines anderen wider besseres Wissen unwahre
Behauptungen tatsächlicher Art aufstellt oder ver-
breitet, welche geeeiguet sind, den Betrieb des Ge-
schäftes zu schädigen/ wird mit Geldstrafe bis zu Ein-
tausendfünfhundert Mark oder mit Gefängnis bis zu
einem Jahr bestraft.
tz 6. Wer im geschäftlichen Verkehr einen Namen,
eine Firma oder die besondere Bezeichnung eines Er-
werbsgeschäfts in einer Weise benutzt, welche darauf
berechnet und geeignet ist, Verwechselungen mit dem
Namen der Firma oder der Bezeichnung eines Er-
werbsgeschäftes hervorzurufen, deren sich ein anderer
befugterweise bedient, ist diesem zum Ersatz des Scha-
dens verpflichtet. Auch kann der Anspruch auf Unter-
lassung der mißbräuchlichen Art der Benutzung gel-
tend gemacht werden.
Wer feinen eigenen Namen oder die für ihn ein-
getragene Firma benutzt, ist nach Maßgabe der vor-
stehenden Bestimmung nur dann verantwortlich, wenn
bei der Benutzung des Namens oder der Firma eine
andere Absicht, als die der Hervorrusung von Ver-
wechselungen ausgeschlossen erscheint.
tz 7. Mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark
oder mit Gefängniß bis zu einem Jahre wird bestraft:
1. wer als Angestellter, Arbeiter oder Lehrling eines
Geschäftsbetriebes Geschäfts- oder Betriebsgeheim-
nisse, die ihm vermöge des Dienstverhältnisses an-
vertraut oder sonst zugänglich geworden sind, wäh-
rend der Geltungsdauer des Dienstvertrages,
2. wer Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, die ihm als
Angestellten, Arbeiter oder Lehrling eines Geschäfts-
betriebes gegen die schriftliche, den Gegenstand des
Geheimnisses ausdrücklich bezeichnende Zusicherung
der Verschwiegenheit anvertraut worden sind, dieser
Zusicherung entgegen nach Ablauf des Dienstvertrages
mbefugt an andere zu Zwecken des Wettbewerbes
mitteilt.
Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher Geschäfts-
oder Betriebsgeheimnisse, deren Kenntnis er durch eine
der unter 1 und 2 bezeichneten Mitteilungen oder
durch eine eigene rechtswidrige Handlung erlangt hat,
zu Zwecken des Wettbewerbes unbefugt verwertet oder
an andere mitteilt.
Der Thäter ist außerdem zum Ersätze des ent-
standenen Schadens verpflichtet. Die zum Schaden-
ersätze Verurteilten hasten als Gesamtschuldner,
tz 8. Wer es unternimmt, einen Anderen zu einer
Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften des tz 7 Abs.
1 zu verleiten, wird mit Geldstrafe bis ein tausend
fünf hundert Mark oder mir Gefängniß bis zu sechs
Monaten bestraft
tz 9. Die uu § 2 bezeichneten strafbaren Hand-
lungen können im Wege der Privatklage verfolgt wer-
den, ohne daß es einer vorgängigen Anrufung der
Staatsanwaltschaft bedarf.
Die Befuguiß zur Erhebung der Privatklage steht
jedem Gewerbetreibenden zu, welcher Waren oder Leist-
ungen gleicher oder verwandter Art herstellt, oder in
den geschäftlichen Verkehr bring:.
Die öffentliche Klage wird von der Staatsanwalt-
schaft nur dann erhoben, wenn dies im öffentlichen In-
teresse liegt.
Geschieht die Verfolgung im Wege der Privat-
klage, so sind die Schöffengerichte zuständig,
tz 10. In den Fällen der tzß 5, 7 und 8 tritt die
Strafverfolgung nur aus ein Antrag ein. Die Zurück-
nahme des Antrages ist zulässig.
Wird in Fällen des § 2 auf Strafe erkannt, so
kann angeordnet werden, daß die Verurteilung auf
Kosten des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen sei.
Wird in den Fällen des ß 5 aus Strafe erkannt,
so ist zugleich dem Verletzten die Besugniß zuzusprechen,
die Verurteilung innerhalb bestimmter Frist auf Kosten
des Verurteilten öffentlich bekannt zu machen.
Wird in den Fällen der ßtz 1 und 4 auf Unter-
lassung einer unrichtigen Angabe oder Veranstaltung
oder auf Unterlassung der Wiederholung oder Verbreit-
ung einer Behauptung erkannt, so kann der obsiegen-
den Partei die Besugniß zugesprochen werden, den ver-
fügenden Teil des Ürtheils innerhalb bestimmter Frist
auf Kosten des Beklagten öffentlich bekannt zu machen.
Die Art der Bekanntmachung ist im Urtheil zu
bestimmen.
Neben einer nach Maßgabe dieses Gesetzes ver-
hängten Strafe kann auf Verlangen des Verletzten auf
eine an ihn zu erlegenden Buße bis zum Betrage von
Zehntausend Mark erkannt werden. Für diese Buße
haften die zu derselben Verurteilten als Gesamtschuld-
ner. Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung
eines weiteren Entschädigungsanspruchs aus.
§ 11. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, in welchen

durch Klage ein Anspruch ans Grund dieses Gesetzes
geltend gemacht ist, gehören, insoweit in erster Instanz
die Zuständigkeit der Landgerichte begründet ist, vor
die Kammern für Handelssachen. Die Verhandlung und
Entscheidung letzter Instanz im Sinne des tz 8 des Ein-
führungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze wird
dem Reichsgericht zugewiesen.
tz 12. Wer im Jnlaude eine Hauptniederlassung
nicht besitzt, hat auf den Schutz dieses Gesetzes nur in-
soweit Anspruch, als in dem Staate, in welchem seine
Hauptniederlassung sich befindet, nach einer im Reichs-
Gesetzblatt ^enthaltenen Bekanntmachung deutsche Ge-
werbetreibende einen entsprechenden Schutz genießen,
tz 13. Dieses Gesetz tritt am.in Kraft.

Vom Neichstag.
* ZKerkin, 16. Mai. Der Reichstag erledigte in
seiner heutigen Sitzung bei wiederum schwachbesuchtem
Hause zuerst die dritte Lesung einiger Gesetzentwürfe
und trat sodann in die Beratung des Nachtragsetats
ein, wobei es wieder zu einer längeren Erörterung über
die Verwaltung des Nord-Ostsee-Kanals kam. Für das
Kanalamt werden für die Zeit vom 1. Juli bis zum
Ende des Etatsjahres 1,700,000 Mk. verlangt. Abg.
Graf Limburg-Stirum bemängelte, daß man an die
Spitze des Kanalamtes einen Präsidenten stellen will,
der die Einnahme eines Eisenbahnpräsidenten beziehen
soll, aber auch nicht annähernd einen ähnlichen Wirk-
ungskreis habe. Es empfehle sich daher eine Durchbe-
ratung des Nachtragsetats in der Reichshaushaltskom-
mission. — In ähnlicher Weise äußerte sich Dr. Lieber
(Clr.) — Staatssekretär v. Boetticher bestreitet, daß
der Etat zu hoch ausgestattet sei. Aus naheliegenden
Gründen habe sich sowohl das preuß. Staatsmmisterium,
als auch der Bundesrat einstimmig dasüt erklärt, daß
der Kanal vom Reiche verwaltet werde. Es sei noth-
wendig, eine sachverständige Person an die Spitze zu
stellen. Bei dieser Gelegenheit widerlegte Redner die in
der Presse und in Privatkreisen aufgetretene Befürcht-
ung, als ob der Kanal bis 20. Juni nicht fertig ge-
stellt werden könnte. Eine derartige Befürchtung sei
durchaus unbegründet und es liege kein Anlaß vor, sich
durch derartige Zeitungsnotizen die Aussicht auf das
Fest trüben zu lassen/— Abg. Hammacher hält die
Prüfung jeder einzelnen Forderung für notwendig. Vor
allem müßten die Grundsätze sestgestellt werden, nach
denen der Kanal verwaltet werden soll. Deshalb em-
pfehle auch er Kommiffionsberathung. Nach längerer
Debatte beschloß das Haus demgemäß. Als nunmehr
in die Beratung des Zuckersteuer-Nojgesetzes eingetreten
werden sollte, war die Linke plötzlich arbeitsmüde ge-
worden, obgleich es erst 3 Uhr war und die Herren
bisher eigentlich nur in der Restauration gesessen hatten.
— Abg. Dr. Meyer-Halle beantragte Absetzung des
Gegenstandes von der Tagesordnung, der Antrag wurde
aber gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und
Freisinnigen abgelehnt. — Nunmehr beantragte Abg.
Singer Vertagung und bezweifelte die Beschlußfähigkeit
des Hauses. Die Auszählung ergab die Anwesenheit von
169 Mitgliedern. Damit war die Sitzung beendet.
* Werkin, 16. Mai. Die Petitionskommission des
Reichstages beschäftigt sich heute mit einer von zahl-
reichen Unterschriften bedeckten Petition, betreffend die
Uebersetzung des Schulchan Aruch aufgrund der Schrift
des Reichstagsabg. Frhr. von Langen: „Talmudische
Täuschungen". Referent Abg. v. Herder (kons.) führte
aus, daß, nachdem in jeder Session eine Reihe der-
artiger Petitionen an das Haus gelangt sind, es end-
lich an der Zeit sei, den Petitionen Folge zu geben.
Auch judensreundlich gesinnte Männer müßten eine Ueber-
setzung der jüdischen Geheimgesetze wünschen, damit end-
lich Klarheit darüber geschafft werde. Juden und Ju-
denfreunde behaupten, daß die von Gegnern erschiene-
nen Uebersetzungen falsch seien. Diese Behauptung stoße
auf Zweifel, und zwar umsomehr, als man sich gerade
aus jüdischer Seite so sehr gegen eine authentische Ueber-
setzung des Schulchan Aruch sträube. Daß vieles darin
stehe, was das Licht der Oeffentlichkeit scheue, sei für
ihn (Redner) ganz klar. Und wenn von anderer Seite
das bestritten werde, so müsse von dort grade die Ueber-
setzung des Schulchan Aruch befürwortet werden. —
Pauli (Rp.) macht auf die großen Schwierigkeiten auf-
merksam, die eine solche staatliche Uebersetzung biete.
In ähnlicher Weise spricht sich sein Fraktionsgenosse
Graf Bernstorff, Vortragender Rath im Cultusmini-
sterium, aus. — Correserent Vogtherr (Soz.) bean-
tragt, die Petition als ungeeignet zur Erörterung im
Plenum zu befinden und beruft sich zur Unterstützung
dieses Antrages auf die Erklärungen des Regierungs-
vertreters in der vorjährigen Session. Die in der Pe-
tition aufgestellte Forderung sei auch nach seiner Auf-
fassung unerfüllbar. (!) — Prof. Förster (Deutsch-soz.
Reformp.) schließt sich den Ausführungen des Referen-
ten an und weist darauf hin, daß eine autoritative
Uebersetzung der jüdischen Geheimgesetze vor allem im
Interesse der Rechtsprechung ungeheuer wichtig sei. Die
Gerichte seien nur zu häufig in der Lage, aufgrund des
Inhalts des Schulchan Aruch und''anderer Bücher ein
Urteil zu fällen, und da ihnen eine authentische Ueber-
setzung nicht vorliegt, so seien sie auf das Gutachten
der Sachverständigen angewiesen. Diese Sachverstän-
digen seien aber meist Rabbiner, also Männer, denen
in Talmudprozessen die Objektivität nicht beiwohne, die
im Interesse des Ansehen der Rechtsprechung wünschens-
wert erscheine. Diese Sachverständigen haben nun im
Laufe der letzten Jahre Dutzende von Gutachten ab-

gegeben, die sich nur zu häufig vollständig widersprechen,
deshalb liege auch eine Reihe von richterlichen, sich
widersprechenden Urteilen vor. Unter diesen Umständen
leide das Ansehen unserer Gerichte sehr schwer und es
sei erforderlich, daß der Petition Folge gegeben werde.
— Referent v. Herder bedauert den Standpunkt, den
im vorigen Jahre der Regierungsvertreter eingenommen
hat; diese Auffassung sei ihm unerklärlich. Die Beun-
ruhigung im deutschen Volke werde durch die ablehnende
Haltung der Regierung und des Reichstages nur noch
größer. Seiner Ansicht nach habe der Staat, resp. das
Reich nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht,
die jüdischen Geheimgesetze prüfen zu lassen und den
Dingen, soweit sie staatsgefährlich sein sollten, entgegen-
zutreten. Er beantragte deshalb Berichterstattung ans
Plenum mit dem Ersuchen, die Petition dem Reichs-
kanzler zur Berücksichtigung zu überweisen. Gegen die
Stimmen der Conservativen und Antisemiten erachtete
die Kommission die Petition für nicht geeignet zur Er-
örterung im Plenum. Sie ist damit für diese Session
wieder einmal eingesargt. Juda kann wieder ausatmen,
aber nicht für immer: sie kehrt wieder!
* Werkin 17. Mai. Der Reichstag begann heute
die erste Lesung des Zuckersteuergesetzes. Graf v. Posa-
dowsky führte begründend aus, daß beide Entwürfe,
Zuckersteuer-Nothgesetz und Branntweinsteuer, gerade
den wirthschaftlich Schwachen Helsen sollen und wenn
die Sozialdemokratie es mit dem Schutze der Schwachen
ernst meine, so müsse sie diesem Gesetze freudig zustim-
men. Es handle sich gerade um Maßnahmen für die
kleinen Betriebe um Verhütung von Arbeitslosigkeit
von Tausenden in der Zuckerindustrie beschäftigter: Ar-
beiter. Man könnte sich für die agrarische Agitation
kein günstigeres Moment denken, als wenn diese Vor-
lage nicht zur Annahme gelangen sollte. Man würde
sich sagen, daß dieser Reichstag wohl unter Umständen
eine platonische Liebe für die Landwirtschaft habe, daß
er aber für positive Maßnahmen nicht zu haben ist.
Redner möchte deshalb empfehlen, daß die Linke des
Hauses das Beispiel von gestern nicht wiederhole.
Die Regierung habe eine Herabsetzung der Ausfuhr-
prämien seiner Zeit unter der Voraussetzung in Aus-
sicht genommen, da auch andere Länder dies thun
würden. Leider hat sich diese Voraussetzung nicht er-
füllt und Deutschland dürfe nicht einseitig mit der
Herabsetzung der Ausfuhrprämien vorgehen, wenn es
die Zuckerindustrie konkurrenzfähig erhalten will. Nicht
die großen Fabriken, sondern die kleinen Rübenbauer
würden aufs Schwerste getroffen werden, wenn das
Gesetz nicht zu Stande käme. — Abg. Meyer-Halle
meint, die Kritik des Staatssekretärs an dem gestrigen
Geschäftsordnungs-Anträge der Linken sei verfehlt.
Warum wapen denn die Herren nicht zur Stelle, die
auf das Geschäft so großen Wert legen? Hat sie die
Not oder der Hunger zurückgehalten? Sollen wir den
Herren das Gesetz etwa noch mit der Packetfahrt nach-
senden? Die Beibehaltung der Zuckerprämien sei ein
weiterer Schritt auf der abschüssigen Bahn, deshalb
müsse seine Partei dagegen stimmen- — Landwirtschafts-
Minister v. Hammerstein führte aus, wenn der Reichs-
tag in internationalen Verhandlungen auf Abschaffung
der Zuckerprämien alle Länder unterstützen will, so
müsse er diese Vorlage annehmen, andernfalls würde
sich die Krisis zuspitzen und das in Rüben angelegte
Kapital verloren gehen. Der Reichstag möge deshalb
die bestehenden Prämien bis zum 31. Juli 1897 bei-
behalten. Inzwischen soll ein neues Zuckergesetz zur
Verabschiednng gebracht werden. — Abg. Spahn er-
klärte sich für den Gesetzentwurf, ebenso Abg. Paasche,
während sich Abg. Schippel Namens der Sozialdemo-
kratie dagegen erklärte. — Abg. Lotze gab sodann eine
offizielle Erklärung der Deutsch-sozialen Reformpartei
dahin ab, daß diese in Rücksicht auf die vielen in der
Zucker-Industrie beschäftigten Arbeiter und die kleinen
Rübenbauern für das Notgesetz stimmen werde. Er
erwarte aber, daß die Nationalliberalen auch bei an-
deren Gelegenheiten für den bäuerlichen Mittelstand
eintreten werden. Nach weiterer Beratung wurde zur
Abstimmung geschritten, die auf Antrag des Abg.
Singer eine namentliche war. Es stimmten 140 Ab-
geordnete für, 46 gegen die Vorlage. Es waren also
186 Mitglieder anwesend, das Haus war beschluß-
unfähig und die Sitzung mußte abgebrochen werden.

Tagesfragen.
* Die antisemitischen Erfolge in Wien haben
die Judenpreffe schier aus dem Häuschen gebracht. Am
köstlichsten unter allen Ergüssen, die wir bis jetzt zu
Gesicht bekommen haben, ist entschieden derjenige der
Tante Voß. Die schwachsinnige alte Dame macht ihrem
bedrängten Herzen in langen Seufzern Luft, von denen
namentlich der folgende ergötzlichen Humor enthält. „Die
Nachkommen jener heldenmütigen Bürger, die zweimal
die Türken von ihren Thoren zurückschlugen, die im
Jahre 1848 Gut und Blut daransetzten, die Metter-
nich'sche Wirtschaft zu stürzen, erlahmen nach kurzem
Kampfe gegen den inneren Feind, der in wüster Ver-
hetzung, in Lüge und Verleumdung Befriedigung sucht
und der dabei allerdings große Erfolge errungen hat".
Sehr naiv von der Tante. Gerade die Nachkommen
der Türkenkämpfer dürften das verrottete sogenannte
liberale Parteiregiment gestürzt haben. Denn daß die
Juden sich an diesen Kämpfen betheiligten,Avird uns
doch die Tante nicht glauben machen wollen. 1848
haben sie allerdings nicht „Gut nnd Blut" darangesetzt,
 
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