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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 24
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Rundschau
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trag verfügt, und Heinrich Stegemann, des-
sen kontinuierlich ansteigende Entwicklung
besondere Befähigung in der Verbindung
großer lichter Flächen mit klar gliederndem
Umriß im Porträt zeigt, hervorgehoben,
diese beiden zur Sachlichkeitsgruppe ge-
hörend. Ferner, dem Expressiven zugeneigt,
das stark illustrative Talent des Hans Groß,
eines Malers religiöser Bilder, Hans Holtorf,
merkwürdige Verquickung von Innerlich-
keit mit Dekorativem, und Niko Wöhlk.
Den Schleswig-Holsteinischen Künstlern ist
eine Hinneigung zum Elegischen in Motiv-
wahl, Komposition und Farbigkeit gemein-
sam; das Friesische, bäuerische Herbheit,
Wucht und transzendentale Verbundenheit,
tritt am stärksten bei den Hauptmeistern
hervor; ihr Schaffen hat den Hang zum
nordich Mythischen und romantisch Unbe-
grenzten, zum dramatisch Pathetischen und
leidenschaftlich Erschütterten und zum Ab-
ebben des Erlebnisstromes in eine weit ge-
faßte Stille hinein. Ch. G.
KÖLN
Das noch nicht sehr rege bildkünstleri-
sche Leben der westlichen Hauptstadt wird
einen neuen Antrieb durch die soeben er-
öffnete Richmod-Galerie erhalten. Sie
ist höchst neutral nach der Straße benannt.
So merkt man nicht sogleich, daß sie den
radikalsten und deshalb sympathischsten
Künstlern des Westens dienen will. Die
Gruppe zählt mit berechtigtem Stolz Max
Ernst zu den ihrigen. Wie schön ist sein
Dadaismus, und wieviel läßt sich von den
fast vergessenen Errungenschaften dieser
Richtung weitertragen, ohne daß die Leute
es merken! Wie unangenehm ernsthaft wir-
ken die Maler der technischen Konstruk-
tion neben seiner natürlichen. Dabei ist
sein Handwerk pedantisch sauber. Er
könnte viele Freunde haben, wenn sein
Spielen mit den Formen verstanden würde.
Unbedingt einleuchtend ist die gleiche
glückliche Eigenschaft bei Martha Hege-
mann. Man kann sich in ihre Bilder, in
ihr lustiges Aufzählen der Dinge geradezu
verlieben. Heinrich Hoerle malt ähnlich wie
Proletkult. Aber mit einem unglaublichen
Geschick. Er wird nie einfach sein kön-
nen. Gerade diese Eigenschaft macht die
Bilder von Franz W. Seiwert so sympa-
thisch. In der Ausstellung wirkt Seiwert
wie der natürliche Gegenpol zu Max Ernst.
Gert H. Wollheim ist der alten Kunst sehr
verbunden. Seine Absichten mögen mit po-
litischen Dingen der Zeit verknüpft sein,
sein Handwerk kommt direkt von Corinth,
mit dem er wie kein anderer blutsverwandt
ist. Seiner genialischen Art antwortet der
wohlgeordnete Bildaufbau des Anton Rä-
derscheidt. Man braucht dem Publikum nur
zu zeigen, was es so lange verlangte, um

ein Kunstrevolutionär zu sein, v/enn man
nicht mildert; und für solche Zugeständ-
nisse ist dieser Maler durchaus nicht zu
haben. Jankel Adler kommt zu der Gruppe.
Aus Düsseldorf kennt man das Bild, dessen
man sich am besten erinnern wird, wenn
man es den „Mann, der nicht gerne badet“
nennt. Sicherlich wird er in Köln mit sei-
nen Bildern mehr Glück haben als Chagall.
Gert Arntz heißt ein Konstruktivist. Der
Salon zeigt — von den Genannten leider ge-
trennt — alte Kunst bis zu den Dingen um
1850, die vor kurzem noch als Hausgreuel
galten. Sie müssen unbedingt mit den Ar-
beiten der jungen Maler vermischt werden.
Man soll auch die Bezeichnungen unter-
drücken und den Besucher raten lassen.
Das wirkt wie chemische Reinigung des
Geschmacks. Alfred Salmony.
MÜNCHEN
Caspari zeigte eine kleine, aber höchst ge-
wählte Schau von Malereien Utrillos, je-
ner glücklich zwischen allen Parteien und
Traditionen stehenden Kunst, die es mit
Recht zu allgemeiner (wenn auch etwas
übersteigerter) Anerkennung brachte. Thann-
häuser brachte eine umfassende Gedächt-
nisausstellung mit etwa 50 Bildern von Ro-
bert Engels, Malereien, die aber nicht
überragen und schwerlich bleibend genannt
werden dürfen. Einige Skulpturen von Emil
Epple waren eingestreut. Goltz zeigte Er-
innerungen (Handschriften, Photos, Skiz-
zen) des Piper-Verlages mit Anblick nun
schon geschichtlich gewordener Hand-
schriften (Dostojewsky, Hamsum, Munch
usw.). Die Graphische Sammlung (Neue
Pinakothek) stellte eine zweite Serie ihrer
Neuerwerbungen aus und zeigte das gra-
phische Schaffen von R. S c h i e s tl (Nürn-
berg). Das Graphische Kabinett, G. m. b. H.,
führte gute Blätter französischer Graphik
des 19. Jahrhunderts vor. Die Ausstellung
„Der Keil“ (Galerie Paulus) und diejenige
Jordans (Kleine Galerie) mußte der Refe-
rent versäumen.
PRAG
Die Künstlervereinigung „Manes“ feiert
die Tatsache ihrer hundersten Ausstellung
durch eine großzügige Darbietung im
Obecny düm. Den großen Auftakt bildet
eine Kollektion moderner Franzosen, die
der in Paris lebende Prager Kunstschrift-
steller Dr. Nebesky aus dem Pariser Kunst-
handel günstig zusammengebracht hat und
die durch einige Werke des Prager Samm-
lers Dr. Balkovsky ergänzt werden konnte.
Cezanne mit einer Landschaft und dem
„Bildnis eines jungen Engländers“ aus der
Sammlung Vollard, Gauguin —- besonders
schön das „Dunkle Träume“, ein vorzüg-
liches „Plätterinnen“stück von Degas, die

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