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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0061

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Heidelberger TagblM.

R 16


Donnerftag, 19. Jannar 1860.

Telegraphische Depesche

Turin, Dienstag, 17. Jan. Die offi-
zi'elle „Gazetta" zei'gt an, daß das Mi-
nlsterium seine ,C»tl assung el'ngercl'cht,
nnd daß der Kviil'g den Grasen Cavvnr
mi't der Dl'Idiing cl'nes ncuen Ml'niste-
riums beauftragt hat.

Zur Zeitlage.

c5 Vom Ncckar, 15. Ian. Wenn
in ei'nl'gen öfielitli'chcn Dlättern auf die
wciter gehenden Abfichten Napvleons III.
und auf den zikinli'ch undorhüllten Eriist
derselben, bei Beleuchtung dcr neuestcn
Staatsschri'ft Lagneronnl'ercs übcr dic
Einschränkung dcr weltlichen Herrschaft
dcs Papstes hi'ngedeutet 'wurde, so find
dicse Ansichten inzwi'scheii durch ein wei-
teres Erelgiii'ß von einer Tragwcite, die
iil'cht iii Abrede gesirllt werden kann, und
die nur eine Auslegung zuläßt — voll-
koinmcn bcstätl'gt worden: Wir meinen
dcn Nücktritt des früheren Ministers des
Auswärtigeu, Walewski. Wcnn auch die
bekaniitc Neusahrsrede, dicömal anschei-
nend don friedlicher Bcdeiitung, dazwischcn
fiel, so war auf di'eselbc, bei dcr bckann-
ten Dehnbarkeit ihrcr Worte, durchaus
kein besondcres Gcwicht zu legen, so wc-
nig z. B. als auf dic im Monat Februar
vorigen Iahres gehaltene Thronrede bci
ErösMing des gesctzgcbendcn Körpers,
welchc fich durch eine ähnliche sphinrartige
Deutnng und Drehung viclsinniger Worte
auszeichncte. Die Thatsachc dcs Rück-
tritts cines so gefügigen Ministers. wic
Walewski, spricht, wie gcsagt, mchr, als
alle die frühcr gebrauchten Worte, und
ist nur in eincr Nichtung, und in keincr
andern zu dcutcii, näinlich in dcr, daß es
dem Kaiscv dcr Franzoscn mit den in fener
Flugschrift nicdcrgelegtcn Absichtcn voll-
komincn Ernst ist. Hiezu kömmt noch cine
weitcre ganz unvcrhülltc Erklärung an
den Gesandten des Papstes, und ein an
den Letztern geschriebenencr Brief des
Kaisers. Ob cr ili der beginncndcn Fehde
wi^dcr das Pgpstthum und den Klcrus wobl
glücklicher sein wird, als sein großkrOhcim
der d'och dadurch einen gewaltigen Vor-
sprung hatte, daß er auf dem damals in
Frankreich herrschendcn Iiidiffcrentisuius,
auf dieVdurch die Ncvolution vcranlaßte,
fast völlige Ausmerzung aller kirchlichen

Begrissc fußen kvnntc, und dcm damals
die Geistlichkeit in Frankrcich allcin das'
zu verdanktn hatte, was fie neuerdings
wieder war und crlangt hattc, während
dem hinfichtlich Napoleons III. zum Theile
gerade das umgekchrte Verhältniß statt-
findct, indem diescr dasjenige, was er jctzt
ist, großentheils der Macht dcs Klerus in
Frankreich, und dem von ihrn abhängigrn
Landvolke schuldet. Dcr Sinn des Klcrus
dasclbst für eine sog. gesondcrte gallica-
nische Kirchc aber ist heut zu Tage in
Frankreich so ziemlich erloschen, und ist
diescr vielmehr, wie jetzt schon so man-
cherlei Anzeichcn untrügbar darlegen, ge-
sonnen, fich fest an das Papstthum anzu-
schließen. Ob die Macht dcr öffcntlichen
Meinung unter den Lai'cn-in Frankreich
wie in Italien, und die Zustimmung einiger
Kongrcßmächte, namentli'ch protestantischer,
wie England, Schweden, ein sicher an-
haltendes Gcgengcwicht hiegegen bilden
werden, wer vermag dics Allcs zn er-
meffen? Möglich, jedoch nicht wahrschein-
lich, blcibt immrr noch mit der Zeit eine
Umkehr des französischen Kaisers, ehe er
die Brücke in dieser Beziehung völlkommen
hinter sich abgcbrochen hat. Durch den
Rücktritt Walewski's, welcher, wi'c es
schien, ernstlich an den Bedingungen des
Friedens von Villafranca haltcn und die
Stipulatl'onen der Züricher Konfcrcnzen
durchgeführt wissen wollte, wird das in
neuercr Zcit wicder bcfrenndcter gcwordcne
Verhältniß Frankreichs und Englands noch
inniger; noch mehr wird cs dieö durch
die Abberufung des zum Nachfvlgcr Wa-
lcwski's ernannten Dotschaftcrs Thvu-
venel zu Konstantinopel wcrdcn. Dieser,
welcher gn sei'nem früheren Postcn daselbst
ganz bcsonders ci'ne selbstständige Politik
wahrte, und jener Englauds so hindcrli'ch
entgegentrat, ist nun von dem Orte seiner
frühern Thätigkeit blejbend entfernt, und
wird ofieiibar'kinem gegen Englands Ab-
sichtcn gcfälligcrcn Nachfolger scinen Platz
el'iiräumcn. Dcr so laiige hintangehaltenc
Kongreß ist aber wiederholt vertagt wor-
dcn, wahrscheinlich um dicser neuen poli-
tischen Konstellation Zeit zu einer festen
Gcstaltung zu verschaffen. Ob nnd wenn
dcr Kongrcß, der anfänglich zu eineiii förin-
Iichen Mpthus zu werden droht, über-
haupt zu Stande kommt, und ob er ni'cht
ain Ende das Schicksal sei'ncs, nie in
> Wirklichkeit gcwordcnen Vorgängers von

verflosseneni Jabre theilt, wer vermag dies
zu wissen? Ernste Zweifel hieran, und
ncnere crnstere Verwickelungen für daS
kommende Frühjahr liegen nicht allzu ferne!

D e r, t s ch l a ri d.

Karlsruhe, 17. Ian. Das hente
crschicncne Negierungsblatt N'r. 2 enthält:

I. Unmlttclbarc allcrhöchstc Entschltcßungcn Sr.
Königl. Hohcit dcs GroßhcrzogS. I) OrdcnSvcr-

Sich gnädigst bcwogcn gcfundcn, dcm k. k. östcrrcicht-
schcn ObcMtcutcnaiit und Kommandcur dcS 74. Jn«
fantcricrcgimcntS, Antoii KrcbS v. Sturmwall, daS
Rittcrkrcuz.mit Eichcnlaub dcS OrdcnS vom Zähringcr
Löwcn zu vcrlcihcn. 2) Diciistiiachrichtcii. Außcr
dcn schon uiitgcthciltcn noch folgcndc: Sc. Königl.

Gchcimcr Hofrath zu'vcrlcihcn; dcm frühcrn Profcssor
Adam Lcbcr zu Hcidclbcrg mit dicscm Charaktcr die
Stcllc cincS LchrcrS dcr franzöfischcn Sprachc und>
Litcratur an dcr Polptcchnischcn Schulc dahicr zu
übcrtragcn; dcn Rcgistraturgchilfcn Franz Hcinrich bci
dcm Hofgcricht tn Maiinbcini zuui Registrator dasclbst
zu criicnucii; dic cvangclischc Stadtpfarrci Ebcrbach
dcm Pfarrcr Schcllcnbcrg in.WeiSwcil, dic cvangc-
lischc Pfarrci Frcistctt dcm Pfarrcr Martin Wcrner
in WaldwtuimcrSbach, und dcui Kaufuiann nnd Ban«
kicr Thcodor Knaulh in Lcipzig dic crlcdigtc Stclse
cincS großhcrzoglichcn KonsulS dasclbst zu übcrtrggcn;
dcn Pfarrcr Dcll in Zchcnhcim in Ruhcstand zu vcr«
schcn. (Schluß f.)

Karlsruhe, 17. Jan. Der Alters-
präsident Maper verschied hente früh in
Fol.qe eines Schlaganfalls.

Karlsruhe, 16. Ian. 1-1. Sitzung
der 2. Kammer. (Schlnß.) Es folgt die
Disknssion über den Bericht Kirsners,
dic Nechnnngsnachwcisnngeii des großh.
Kriegömiiii'sterinms für die Finanzperiode
1856—57 betr., nnd der Dcrichlerstatter
spricht sofort übcr dic Unznlänglichkcit der
Entsck'ädignng für Vcrpflegung dcr Sol-
datcn mi't 15 kr., da wohl nnr 24 kr.
cine aiigemessenc sei, obgleich allerdings
in letztcrcr Zcit 18 kr. bezahlt worden
find. Generalll'entcnant Ludwig hat von
Seite der Negiernng m'chts hiegc'gen einzu-
wcndcii, wcnn die Mi'ttel gcwährt werden,
iii,d da Schaaff nnd Bissing diese Frage
nntcistützen, der letzterc aber darauf anf-
merksam macht, daß die Entschädignng voir
Seiten audcrer deutschen Ländcr auch »r
Betracht kvmme, und Achenbach deßhalb
den Wnnsch in das Protokoll nieberzu-
lcgen beantragt, die Regiernng möge sich
mit dieser Fragc bcschäftigen, worauf der
geh. Kriegsrath v. Frobcn erklärt, es fei'en
 
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