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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0021

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Hndelberger Tagdlatt.



Snmstag, 7. Jamrar

,,I.»nlc odcr dcrcn N°,m> wcrdc» m„ ^tr. 1860>

Telegramme.

Dresden, 5. Iaii. Das „Dresdener
Ioiirnal" bringt ein Telegramm ans Pc-
tersbnrg, welchcs ineldct, daß die Abrrisc
des Fü.rsten Gortschakoff nach Pari's
anf nnbesti'innitc Zeit verschoben wnrde.

Pnris, 5. Ian. Der henti'ge „Mo-
nitenr" nicldct: Walcwski' hat sei'ne
Cn tlassnng ei'ngcrri'cht. Di'esclbe wnrdc
angcnoininen. Thouv^nel ist znni
Ml'iiister der aiiswärtigen Aiigelegeiihei'ten
ernannr worden. . Bis zuin Ei'ntreffen
Thonvciicl's wi'rd Barochc das Intcri'ni
bi'lden. Das Maiinhei'nier Iournal' be-
merkt dazu: Da Walewski hanptsächlich
di'e Nestaurati'onspoli'tlk i'n Italien ver-
focht, so scheint dieser Kabinetswechsel das
vollständige Anfgeben derselben Sci'teiis
des Kaiscrs nnd das völlc Einverstandniß
mit England zu bedentcn. Zwciffcllos ist
cs wohl, daßde r Ka i ser a u f d e ni v o n
dcr Droschüre a n g ed c u t e t e n Wege!
wei'ter vorzugchen enlschlossen
ist. — Was den Nachfolgcr dcs Grafen
Walewski, Hrn. v. Lhonvencl, betrifft,
so batte er. anf seinem bisherigen Postcn
in Konstantiiiopel keine Gelegenheit, sich
über die obschwcbcnde Frage auszusprechen;
wenigstens ist von einer Aenßeruiig sciner-
seits nichts bekannt gewordcn. Wohl aber
wird der Kaiscr ihn für den rcchten Mann
gehalten habcn, sonst hätle cr ihn nicht
berufen. Im Uebrigen wciß man von
Hrn. v. Thouvenel, daß cr eine diplo-
matischc und staatsniännische Persönlich-
keit von. sehr hervorragender Befähigniig'
ist. Er gilt z. B. für ben Vcrfasser jener
zahlreichen, dic Unterschrift des Hrrrn
Droniii de Lhups tragenden Noten, dic
während dcs orieiicalischen Kri'cges ein so
gcrcchtcs Ausschcii gemacht habe», wic er
sich demi überhaiipk in jener Zeit auch
anderwcit hervorzuthiin wiißte. Auf dem
schwierigsten Postcn zn Koiistantinvpel be-
währte kr^eben so viele Klngheit als
Encrgie, Man hat somit Griind, der
weuern Entwieklung der römischen Fraqe
wu gesteigcrtem Interesse entgegenzuseheii.

D v ik t s ch l a n d.

Karlsruhe, 4. Ian. Aus Stutt-
gart und Darmstadt sind Gencralstabsof-
fiziere dahier eingetroffen, um, wie wir
hören, in Sachen dcs 6. deutschen Armee-
corps dahier zu conferircn.

Karlsruhe, 4. Ian. Die Nachrich-
ten, welche aus Freibnrg hier ciiilaiifen,
berichten über cine sehr große Mißstim-
mung in dortiger Stadt hinsichtlich des
Konkordats. Man hält den Fortbestand
der Universität für gefährdet niid glaiibt,
daß die Umgebling dcs Erzbischofs vicl
zu weit geht und den Anschauiingen der
Katholiken zuwider handelt. Auch in den
kleinercn Städtcn drs Oberlandes herrscht
dieselbc Ansicht.

Heidelberg, 3. Jan. Nach der
Dad. Lz. har cin sonst braver Geistlicher
seine Gemcindc, K. a. Rh., aufgefordert,
eine BcileidSadrcsse an dcn Papst zu un-
terschreibcn. Dic Leute mcinten, der Papst
solle nur gut regieren, dann wiirden scine
Unterthanen nicht abfallcn wollen. Von
der Kanzel titnlirte der Pfarrer die Gc-
meindc „unwnrdige, schlechte Ehristen."
Der Pfarrer fnhr fort: „Bürgermeistcr
H....., ich schließe Sie hiermit von allen
kirchlichen Ehrenfnnktionen ans, die mit
Ihrem Amte verbunden sind, als: Kerzen-,
Himmeltragen, Palmenholen; kraft nieines
Amtcs." Der Bürgermcister ging fort, cben-
so die Gemeiiideräthe, denen derselbc Grnß
nachgcsendet wnrde. Hieranf entfernte fich
die Gemeinbe aus der Kirelie.

»Hoidelberg, 5. Jan. Nach cincr
Zusamineiistellnng der bei dcm Gr. Amks-
gerichte Mannheim erledigten Prozeffe be-
lief sich die Zahl derselben währcnd des
Iahres 1858 anf 557, im Iahre 1859
auf 658 und dic Zahl der aiiügebrochenen
Ganten fnr 1858 auf 11 nnd fnr 1859
anf 14. Deßgleichen wnrden, statt 492
des Jahres 1858, im letzten Jahre 652
Zahlbefehle erlassen.

Heidelb'erg, 5. Iau. Bei dem
hohcn Intercfse, 'welches die ganze Bc-
völkcrnng Badens an der zwischkii der
Großh. Ntgiernng und dem päpstlichen
Stnhle abgeschlofscnen Konvention beknn-
detc, dnrfte es voip Wi'chtigkeit sei'n, die
iui „Schw. M." veröffcntiiclite Ansicht des
Präsidcnten dcs höchstcn wnrttcmbergischcn
Gerichtshofes, Hcrrn vr. Hofacker ken-
nen zu lernen, welcher sich in Beäntwor-
tung verschicdcuer an ihn ergangener An-
fragen, wie folgt, ansspricht:

„Der Untcrzeichnete wnrde iiciinlich
öfter befragt, ob die dnrch Vcrfassnng
und Geseh 'festgestcllten Nechte der wnrt-
tcmbergischen vrotesiaiuischei! Kirche dnrch
eiiizcliic Bcstinininngcn dcs Konkordats

bccinträchtigt, d. h. verlcht oder gefähr-
det werden: denn daß dic Protestanten
als Staatsbürger bei den dnrch das Kon-
kordat nöthig gewordenen gcsehlichen Aen-
derimgen bethciligt sind, verstcht sich von
selbst? Es wnrdc bemerkt, daß von einer
Meinungsänßcrung des protestantischen
Kirchen-Ncgimenks, der Shnode, in dieser
Nichtung nichts verlaute (ihre Eingaben
an die Negierung betrafen blos die innere
Organisation dcr eigenen Kirche); cben so
wenig sei von einer Ansicht der Geistlich-
kcit in das Pnbliknm gedrungen, und es
sei z. B. anf dcr letzten grvßeren Pfarr-
konferenz im Oktober wohl von der Schil-
lerfcier, aber nicht- vom Konkordat die
Nede gewesen. Der Unterzeichnete würde
nicht 'für nöthig gefunden haben, darauf
zn antworten, da in scincn Aufätzen überall
von Gefährdung der Gleichberechtigung und
des konfessivnellen Friedcns die Rcde ist,
und die Rechte dcr protesiantischen Kirche
speziell berührt. Da sich jedoch neuerlich,
seit der in Baden untcr den Protestanten
entstaildcncn Bewegung, vvn verschiedenen
Seiten in öffentlichen Blättern Stimmen
erheben, als ob dic Konkordate die pro-
testantische Kirche speziell nichts angehen,
weil die größere Freihcit nnd Unabhän-
gigkeit der kathvlischen Kirche zwar Miß-
gunst nnd Nachcifernng crregen können,
aber in die Nechte jener Kirche dnrchaus
nicht eingrcifeii, so dürfte es an dcr Zeit
sein, die einzelnen Bestinimlingen des
württembergisciien Konkordats namhaft zu
machen, wodnrch in die Ncchte der pro-
testantischen Kirche eingegri'ffen wird:

1) DaS Kviikordat crkcmit dic katbolischc Kirche,
wclchc nach dcr Vcrfalsmig cinc auS dcn wiirttcmbcr-
gischcii Slalholikcn bcstchciidc, dcr Obcrhohcit dcö

^ StaakcS liiNciirwrfci^c Ucrvc alS^cinc nebcii

dic^Ncgicriiiig »crspricht (Arr. 13), bci sich crgcbciidc»
Schwicrigkciicii ziicrst dcii Wcg dcr frcimdschaftlichcii
Bcilcgmig zn verslichcii (bci dcn badischcn Vcrhand-
lmigcii wurdc auSdrsicklich bcuicrkt, daß, wcim der

frciliidlichtii Vcrstäiidiguiig vcrsuchcn wcrdc). Dcin-
nach hat dic protcstanlischc Kirchc bci Ucbcrgrlsfcil
dcn Vcrsuch dcr frcuiidschaftlicheii Bctlcguiig abzu-
wartcn, stalt daf, iiach dcr Vcrfaffuug. dcr Schug ihrcr
Rcchtc, dic Aufhcbiing uiid Vcrhiudcruiig dcS llcbcr-
griffs vaü crstc sci» solilc. 2) Jn dcr von dcr Nc-
gicruiig publizirtc» EiiiftthrüiigSbullc iici»>t sich dcr
Papst dc» Obcrhirlcii dcr gaiizcu Elirlstciihcit (allcr
Gctauftcii). Jui Koukordal wird dic lirchcngcschlichc
Gcwalt dcS BischofS ancrkaiint, wclchc sich bckaimtlich
 
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