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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

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Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0457

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Mittwoch, IS. Mai

iDie badische 1. Kammer vnd die
Concordatsfrage.

Es unttrli'egt keinem Zweifel, daß auch
bi'e Erste Ka m m e r bi'c Cvucordats-
frage sv tuscheiden Wi'id, wie dieö i'u
der Zivri'tni qeschal), i'ndem aiigtiioMincii
weddcst darf, daß die von der Mehrheit
der Comuussion beautragtc motivirie Ta-
gcsordiinng die Mchrhcit des Hauses fur
sich häben' wird. Sv stehcn deun beidc
Faetoreu drr Gcsetzgebuiifl iii dieser wich-
tigeu Frage ganz auf Scite des neucn
Miiil'steriliiiis/ Ans dem Commissionsbe-
richt dcr Erstcn stanimer sind solgende
Stcllen noch vou k'esoiiderem.Ziiter,esie, wcil
ihre Ausfnhrung sicher iiiiwiderlcgbar ist:

„Uebcr das Matcrirllc der Frage, und
ob der Adresse beigcstimmt wcrdeii solle,
war in der Commission ci'uc Lcreiiiiguug
nicht zn crziclcii, indem einc 'Mindcrhcit
hänptsächlich lin Hi'nblick auf deu § 65
dcr 'Vkrfassnngsnrkunde den Veitrilt ver-
wei'gertc, bchäuptend, die Convcntion cnt-
halte keine die Frciheit der Pcrsoncn, odcr
das Eigcnt'hnm der Staatsangeh.örigcn be-
treffeiidrn Vcstiinmlingcn unßcr jencr', zn
dcrcn geschlichcn Ncgelnng die Vercin-
barung sclbst die Zustimmuug dcr Kammer
vorbchaltcii habe. Die Mehrheit dagegrn
hiclt die Ansicht der 2. K anuiicr scst, wclche
iii d'crartigen, öfters schon strci'tig gewesriicii
Falleii die Wichtigkeit der Sa'che als Mo-
tlv zur Ncclainatioii fnr ihrc Delhciiigung
gcllcnd machtc; dcnn, äbgcschcn von'dciii
etwas iiiibestiiniiiten Wortlaut dicscv § 65,
sci eü dvch wirklich über alle Maßcn auft
fallcnd, wcnn man brhaupteii wollte, die
Coiivciition beriihre das Volk gar nicht,
nud cnihalte lcdiglich Gegenst'ande, dic den
Negentcii allein belrafcn, in deneu ei^ also
bclicblg vicl odcr wcnig zugeben könne,
^^ dara„s ei'n nachthcili.aer Einfluß
a»s das Wolss odcr Wchc der Ilitterthancn
entipringe. Es ist allerdiiigü cine That-
frage, in welchem Grade dic Störnnaeii
kiiiirclcn könnttn, wclche näch vicl vcr-
breitctcr Mcinnng dcn consessioiikllcn Fric-
dcn bcdrohc». Daß sic sich „icht .,„i Bc-
reich theologiicher Discussionen haltcn wcr-
dcn, möchten wir wohl als sichcr annchincii -
dcim lctztere würden Siicmanden mil Be-
snrchtinigen crfüllcn. Diovielen Pctitioncn
ver Evangel.'schcii, dcncii cine sehr große
Anzahl Katholikcn bcigetictcn ist, könncii
uns zwar nicht beweiscn, daß Ausbrüche

conftssivnelleii Unfricdens wirklich cintrc-
ten wcrdcil; allcin sic bcwckseii uns die
Thatsachc, d.aß sie gefiirchtct wcrdcn. Daß
Nuhestöruiigcii eintretcsi wcrden, bcstrriten
zwar die Anhanger der Convcntion; asiein
sie so.wenig, als die Andcrcn wissen, was
sich an dcr asigcmcl'ncn Furcht der Petcntcn
bewahrheiten werde;i'hr Widtrspruch asiein
kailn nns daher nicht als Beweis für die
Nichti'gkeit ihrer Ansicht geilcn. Dic Mrhr-
heit dcr Comniission thcilt die fast gsige-
mcine Besorgniß. Jst dic Fnrcht uicht
ganz lecr, so dürftc es schwer sein, die
Aenßcrnngrn cincs cvnfcssionesien Unfrie-
deiis sich in eincr andcrn Gcstalt zu dcn-
kcn, als in cincr sölchen, welche dir per-
sönlichc Frciheit nnd das Vermögen bc-
droht. Wir verwciscn ohne nähcre Aus-
führung auf die Geschichtc frühcrer Iahr-
HUuderte. Zwar wird mehrfach behanptct,
daß Gräuelsecneii, wie sie bamals vor
kämen, bei dcm jctzigrn Stand der Bildung
uiid-Gcsittung dnrchaus nicht mehr möglich
scicii; allein diescmSatzdurch.ansziitranen,
ist schwer."--

„Das Hoheiksrrcht der Gesetzgebiing,
und das Hohcilsrecht, Pcrlragc abzn-
schließen, sind längst als zwci fcharfc Ge-
gensätze crkannt wordcn, dic ganz vrr-
schl'edciicn, sich wcchsclseitig ausschlicßendru
Gcbirten angehöreii. Daü eine zählt man
zn dtli inNcren, das andcre zn dcn äußercii
Höheitsrechten, nnd jcdcs kann niir in dcm
iGcbiete an'sgcnbt werden, das ihm dnrch
die Natur der Sachc und dnrch dcn Bc
gn'ff vou Gcsetz unv Vcrtrag angcwicseii
ist. Wo m a n Gcsetze g e'ben kann,
schließt m a n kciiie Drrträgc äb,
wci'l in dcin Abschlnß ei'nes Drrtrags drr
Vrrzicht auf das Hoheitsrccht der Gesctz-
- grbnng licgen wiirdef(vergl. Zöpfl/Staais-
rccht II. Nr. 275). Schon im gewöhn-
lichcn Lcbcn wird Nicmand cinen Vertrag
! ii»V frcmde Ci'nwi'siigling slichcu, wo cr
j ohne die Eiuwl'siigung cines Auderu Kraft
Icigkiicn Nechts vcrfügcn kanii. Ebcnso
jbeginnt in öfseutlich rtchtlichcn Verhält-
!nisscn das Vcrlragsgcbict erst da, wo das
Gcbiet der Gesetzgebuiig aufhöit. Nur
dort verspricht mau, odcr läßt sich ver-

sprcchcn, wv mangiicht durch Gcjetze oder
Verordiiuiigcu gcbictcn und sei'ueii Zweek
errcichcn kann. ' Wic soll cs „un gt"ch''
fertigt wcrdcn, daß die großh. Nggiern'ig.
da, wo sie seit jeher das Neckt der Ge-
sstzgebung festgchaltcn uiid geiibt hat, dicscs

Itzkll« °d-r bcre- Raulli wc^cn m.l ^lr. 186^.

Necht äufgegcben und sich cinem Vertrage-
unterworfen hat? Man beruft sich anf die
§§ 5 und 65 der Verfasslliigslirklinde, so
wie' auf das Necht dcr Staatsgewalt,
Staatsvcrträgc abzuschll'eßen. Vian be-
hanptet, die großh. Ncgieruiig sei nach der
Verfassuug zu Allem bcfugt, was durch
die Verfassuiigsnrkuiide ihr nicht ausdrück-
lich nntersagt oder an die Zlistiuimniig der
Stände gcbnndeu sei. Jn der Gesetz-
gcbimg, wie in dem Vertragsrecht sei sie
abcr durch die Vcrfassniig nnr iu so weit
beschränkt, als eü sich um Eiiiführung von
Bestl'mmliiigeu handle, die nach § 65 dcr
Derfaffungsurkuiide durch förmli'cheGcsctze,
also mit Zustimmiing dcr Stände getroffen
werdcn müssen, was hilisichtlich dcr Be-
sti'niuilingen der Conveution nur in cin-
zelncn Puiikten der Fasi sei. Wir sind voll-
konimcn der Meiiiiiug, daß die Beschrän-
kungrn, welchc di'c Verfassung dcr Negic-
rnngsgewalt anfeiiegt, aufs Strengste
anszulegen sind, müsscn äber dcnnoch di'c
hicrans gezogenen Folgerungen als cnt-
schicdcn nnrl'chtig bezei'chiieii, wenn drr § 5
der Vkrfassungsilrkniidc bestimmt, d.aß dcr
Großhcrzog asic Rcchte der Staatsgewalt
i'n sich verei'nige und sic nnter 'dcn in dcr
Verfässungslirkunde festgcsetzten Bestim-
inuugcn liusübe, so wird man sich dech
wohl auf diesen Paragraphcn dcr Ver-
fässnng nicht zn dcm Zwcck bcrufcii wok-
len, nni zn btwcisen, daß der Laiidesherr
anf dic dem Staate gebührciiden Hobei'ts-
rcchte ganz odcr znm Thcil. vcrzichren
könne. Dcnn cs folgt aiisäemselbei! ge-
rade nmgckrhrt, daß ci'n solchcr Vcrz'.cht
absöliit nnziilässsg ist. Wen» cin Hohcils-
rrcht anfgcgcben ist, si' vcrciiiigt der Groß-
hcrzog nicht mchr asie Ncchte der Staats-
gewalt in sich, imd vvn dem, dcr aiif cin
Nccht verzichret, sagt man in allcr Welt
nicht, daß er di'cses Necht ansübe. Der
jeweilige siaiideshcrr isi einerscis befngt,
die Höhei'tsiechte des Staats zn übcn, cr
ist aber aiidcrerseits anch verpflichtct, die-
siibcn zu wahren iind seincni Nachfolger
iiiigeschmälcrt zn hinlerlassen.' Ein solchcS
Hohei'törccht ist insbesoiidcre däs Nechl drr
Gcsitzgcbungj und zwar gehört diese Ge-
walt in die vorderste Ncihc der HoheitS-
rechte. Dieses Hohei'tsrccht wnrde bi'shec
auch der Kir'che gegciiübcr gchandhabt, eS
ist abrr durch dcn 2lbschluß ciiies Ver-
trägs niit dem püpstlichen ,Stnhlc dcr Ki'rche
gegenübcr anfgtgeben wördcii, weil der
 
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