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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0089

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Heidelllerger Tagblatt.

c» Erschclnt, Moniag» auSgcnvmmm, lä,

Nß.>>' 20» Uch- PrciS milUnikrhaltnngSblaitvicric

iährllch 36 kr.

L F-rcitag, 27. Zammr W'LK'LLL'ÜL'LL 186«.

D e « t s ch l a n d.

Waö haben Rcgierung und Land-
stande in Beruq nuf das Konkor-
dat zu tbun?

Bicrtcr Artikcl (Fortschung).

WlN'de cs abcr gcr cchtfcrtigt sein, wcnn
die Landstände, iiidcm sie ihrc Znstiui-
mung zn eincr Aenderung dcr kirch-
lichcn Staatsverfassnng beansprnchen, da-
bci cinc solche nach dcm Wortlautc nnd
dcm Geistc dcr mik dcm päpstlichcn Stuhle
getroffenen Uebercinkunft für unan-
nehmbar crklärcn?

Dicse Frage beantworten wir aus vol-
ler Ueberzeugung mit: Ja.

Die katholische Kirche, in ihrer Aufgabe
das Reich Gottes in der Licbe Christi uud
im Geiste der Wahrheit zu verbreiten, soll
nicht das dienende Werkzeug wcchsclndcr
Staatsinteressen sein; es gebührt ihr für
jenen ihr eigenen Lebeuskreis einc unab-
hängigc Stellung im Staate.

Aufrichtig bcfürworteten wir diese un-
abhängige Stellung in jcncm Geisie, und
daher auch eiue Acnderung uuser^r staats-
bürgerlichen Gesctzgebuug, welche
bezüglich des Patrvuats und der Vermö-
gensverwaltung solche unabhangige Stcl-
lung nicht gebührend beachtct.

Die Eutwickeluug.des politischen Lcbens
läßt keiue Bcvormundung der Kirche durch
dic Staatsgewalt zu. Aber es hat auch
jede deutsche Regieriing seit Jahren die
Stcllung und das Interesse der kathol.
Kirchc bereitwilligst beachtet.

Ein Konkordat, welchcs in dcm Gcisie
gegenseitiger Berücksichtigung der staat-
lichcn uud kirchlichcu Gerechtsame uud
eiucs wechselseitigen Vcrtrauens abge-
schlosscn wäre, würde mit Befriedigung
"'^"^schland aufgenommcn werdcm

—>cun aber Freuude des Konkordats
eiitgegnen, daß gerade jcnc wohlwollcude
Gcsinnuug dcr deutschcn Neaierunaen im
zetzlgcn.Augcnblicke im Intcresse der kath.
Kirche zur fcstcn Abgrenznng ihrer Ve-
stlgnlffe gegcn spätere Ucbergrisse dcr

Staatsgewalt bcnützt wcrdcn müsse _

so ist damit,durch dcn dein Konkordate
eingeprägten Geist ^einscitiger Bc-rncksich-
tigung der kirchlicheu Neaktion dic Vcr-
werflichkcit dcs Konkordats ausgesprochcn.

Das bereitwillige Entgegcnkoiiimcn dcr
dcutschen Staatcn hätle von Anfaiig der^
Kollisionen nicht verfchlen sollcn, bei den
Vertretern der kath. Kirchc gleicher Wcise ^

billige Ancrkcnnuug der llnabhängigen Stel-
lung des Staates hcrvorzurufen. Eine
kirchlichc Politik des Mißtraucus, des kon-
fcssionrllen Hasses aber ist dem dcutschen
Gemüthe verdächtig, desscn christliche Ge-
siiinung wird dadurch vcrlctzt.

Hat nicht auch die Staatsgewalt Rechte
eiuer uiiverleßlichen Eristrnz, hcilige Jn-
tercssen, cine Hvhcit des Ncchtes und dcr
Ehre. zu vcrtreteu? Kann sie versichcrt
sciu, daß uicht jcner Geist feindseligcn
Mißtraiicus, priesterlichcr Herrschsucht die
Gcwalt der kathvlischcn Kirche zu ihrem
uud ihrer Augehörigeu schwcrcm Nachtheil
mißbrauchc?

Auch die Zwecke des Staat,es siud
nicht nur auf die Crhaltung des leib-
lichen Lcbcns sciucr Angchörigen be-
schränkt; der wahre chr-isilichc Staat
hat die göttliche Idee der Gerechtigkeit
uud Freiheit im Icbeiidigeu Bcwußtscin
dcs Volkes zu verwirklichcn, und dcßhalb
kann dcr Staat im Gefühlc seiues sitt-
lichen Charaktcrs uiid seiner geistigen Hohcit
sich der katholischen Kirche nicht uuter-
ordncn und vermöge ihrer Aufgabe ist
die Staatsgewalt verpflichtct, übcr jedes
Auftretcn dcr Kirchengewalt im änßern
Lebcnsverkehr eiue eingeheude Aussicht uud
cine wirksame Vorsorge sich zu sichern
gegcn Gefährdung der Staatswohlfahrt
und dcs koufcssionellen Friedens, wie auch
der Ncchte des Einzelnen. Für solche Auf-
sicht und solchen Schutz genügen offenbar
die allgemeineil Vorichriften hinsichtlich
andercr Vcrcine nicht, deun die kathol.
Kirche stcht untcr einem dem Staate nicht
unterworfcnen, den Intercssen uud dem
Geiste deutscher Staaten fremden Ober-
haupte in geschlosscncr einheitlichcr Glie-
dcrung, uud zwar uach neuerer Praris in
völligci Äbhängigkeit allcr ihrer Dcamteii
! uud Mitglieder. Ie größer abcr die Ge-
, fahr für dic öffeiillichc Wohlfahrt und dcn
i gcmeiiieii Friedeu ist, desto eingeheiidcr und
kräftigrr muß das Aufsichts- und Schutz-
rccht des Staates gcregelt sein uud ge-
handhabt werden. Wie der cinzclne Mann
seiue Ehre, so hat endlich auch der Staat
die i'hm ziikommciide Hoheit und Majcstät
sorgfältig gegcu Mißachtung zu wahren.

Nach diescn bcideii Hauptgesichtspmikteii
erschcint das ganze Konkordat mit AuS-
nahmc nur wenigcr Vestimmuiigeii dcssel-
bcn verwerflich.

(Forts. folgt.)

Karlsruhe, 25. Iau. Seiiic-König-
liche Hohcit der Großherzog haben
unterin 19. d. M. gnädigst geruht:

Dc» HofgcrichtS-Sckrctär Dtctz zu Frclburg und
dcn HofgcrichtS - Erpcditor Bcllosc zu' Mannhcim zu
Knnzlcircithcn, und dic -NmtSrichtcr v. Rottcck zu
SinShciin, Hcpp zn Brcttcn. Dlctschc zu Radolphzcll
und Vcck zu Lahr zu ObcramtSrlchtcrn zu crncnncn.

Fcrncr habcn Scinc Äöniglichc Hohcit dcr Groß-
h crzog mittclst höchstcr Entschlic^ung vom 19. d. M.
gnädigst gcruht, dcn Stcucrrcvisor Wnrth zu MoSbach
scin untcrthänigstcS Ansuchcn wegcn anhaltcndcr
Kränkiichkcit und vorgcrücktem Altcr in dcn Ruhcstand
zuvcrsctzcn.

Karlsruhe, 24.- Iaii. 17. öffentliche
Sitzung der 2. Kammer. (Fortsetzung.)
Bci der für eine'ständige Gcsandtschaft
iu Rom in Antrag gebrachten Sumine von
6300 fl., w clche jedoch von der Kam-
mer nicht bewilligt wird, erhebt
sich Sieb gegen dcn von der Budgetkom-
missiou beantragten Strich des ganzen
Betrags, indem er ihn nicht für gerecht-
fcrtigt halte. Wenn man den Zuhalt dcr
Konvcntion und die Anfe.chtuiig crwäge,
wclchc dieselbe zu erleiden haben werde,
so hätte 'inan von der Kommission ein
andercs Resultat erwarteu dürfen. Er
wolle sich indcssen durch einen Antrag auf
Wiedcrherstellung des Budgetsaßcs nicht
iii einen voraussichtlich erfolgloseu Kampf
mit der Kommission eiiilassen, cr hege
vielmehr das feste Vertrauen zu der gr.
Negierung, daß sie fürdie heiligsteii Iiiteres-
sci? der Meuschheit grbührciide Sorgen
tragen und im Nothfalle Mittel erlangen
werde, durch welchc sic dcn uiiabwcisbaren
Aiiforderungen Gcnüge leistcn könne. Blan-
kcnhoru- sindet in Sieb's Worten eine
dirckte Aussorderung dcr großh. Negierung
zu Vcrfassuiigsverlctzuiig; er hoffe, daß sie
dasjcnigc, was Sicb verlange, nicht thun
werdc; Sieb ciitgcgnct, daß er die Ver-
fassuug so heilig halte, wie Blankenhorn.
Ctaatsmiiil'stcr Frhr. v. Mepsenbug weist
auf dic Schwierigkeit einer Korrespondenz
! ohuc' ciiicn diplomatischeii Age'nten hin.
Wciin cbc» einmal eine absolute Noth-
wcndigkeit einer Vertretung in Nom ein-
trcte, dann dürfc die großh, Negieruiig
keiue Ausgaben scheueu, wciin sie sich mit
dcm Zweckc, der durch sie erreicht werden
solle, rcchtfertigen lasse. Bissing kaun,
da auch Württemberg, Nassau, das Groß-
herzogthum Hesscn uud Kurhcssen keine
ständige Gesaudtschaft in Rom haben,
 
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