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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

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März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0213

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HeidAerger Tagblatt.

Ne S«-

Srsckeinl, Moniag» auSgcncmimn, lag'

lich. PrciS.iniNlnicrbaliung>'bla" vicrtcl

läbrlich 36 kr-I

Samftag, 3. März


Telegraphische Depesche

Paris, 1. März. Stssion

wurde hcutc ervssiict. L, cr K a i s> r r e-

alückwünschte sich wcgcii drr ircuiiv,cha,t.
lichcn Bcziehun.qcn zu nllcn Viachkcn (,i>-
ropa's. Er hofft, die Schwicr.gkctten m
Enropa werdeu in Italicn ihrc Gicnze
finden, indciii sich dieses frci konstitime.
Nachdcin die Uuterhandllmqcn ,nr AuS-
führuin, dcs Dcrlrags von Villafranca
gescheitcrt waren, Icgte Frankrcich einc
Kolilbiuatl'on vor, deren Annahnic nivglich
ist. Enropa hat dein Könige von Sar-
diiiien gerathen, dcn Wünschcn dcr Pro-
vinzcii, wclche sich ihni anbotcn, günstig
zu entsprechen, aber die Zlntonomie Tos-
kanas ansrecht zu erhalten und dic Rechte
des beiligen Stuhls im Prinzipe zu re-
spcklircn. Angesichts dieser Umwandlung
Norditaliens, wclche ciueni niächtigen
Staäte alle Alpcnübergäuge gibtz war cs
mki'iie Pflicht zur Sicherheit nnserer Gren-
zen, di'e fronzvsischen Abhange der Gebirge
zu reklainireii. Dicse Fo'rdcriliig. eines
Tcrritoriunis von geringeni Unifaugc ent-
hält nichts, was Eui'opa allarinircn und
der Politik der Uneigeniiützigkcit, die ich
mchr als cinnial proklaniirt habe, widcr-
sprcchen könnte, denn Frankrcich will zn
die,cr schwachcn Vergrößerung weder durch
nil'litäri'iche Okkupation, noch durch provo-
cirte Insiirrektioii, noch durch heiniliche
Manvvcr voranschreitcn, sondcrn, indcni
cs diese Fragc freiniüthig den Großniäch-
ten vorlegt, welche begreifen werden, daß
die große territoriale Vcräiidkrung, welche
stattgefundeii hat, das Nechtzu eiiier dnrch
die Natur selbst angezcigten Garantie aab.
Ich will nicht niit Stillschweigeii die Änf-
regiing cines Thcils der katholischcn Welt
nbergehen, die^unüberlegten Eindrnckcn
^ lo Ikidenschafllichtn
llaiin stnrzte, dcr Dicnsie vergessend, die
^gele-stkt Me.'n Verhalten bisher
m"ls Iahren, daß ich den Papst
unterstlitzte und ihn nu't seincn Unter-
Ver,vb„e„ suchte. Da ich da-
iitt nlcht dltrchdringen konntc, bcinnhtc ich
- " "ufgestandkiiei, Provinzen
as sl'uizip dcr wcltlicbcn Macht dcs
^p>rcs zu beschützcn. Wenn also noch
'Ucht Allcs zi, Endc geführt ist, sö ist cs
ooch crlaubt, eine nahe Lösuug zu crwar-
ten. Dcr Aiigcnblick schcint grkolniiien zn
Ikin, uni kühn für Frankreich eine neue

Aera des Fricdcns zu inaiignrircn. Schon
ist dis Arinee iini l50,000 Mann redu-
zirt. Die Nede legt evdlich dic Maß-
regcln dar, die geeignet scicn, die Wvhl-
fahrt des Landes zn crleichtern, nnd sagt,
dcr HandclSvertra.ch sci dazn bestiinint, die
Allianz zweier großcr Völkcr zu befestigen.

D e ir t f ch l a n V.

Karlsruhe, 27. Febr. Die in drr
achten ößentlicheii Sitzung der Ersten
Kaminer begründetc Motion dcs Geh.
Hofrath v. Mvhl lantet, wie folgt:

- „Durchlanchtigste,

Hochgeehrtcste Herren!'

Tie bisher schvn linerfrenlichcn Zri-
stände hinsichtlich g c ni i s ch t e r Eh en
habcn sich in.der jünsicn Zeit noch in
ci'ner Wcise vcrschlimipert, welche eine
iinini'ttclbare Abhilfe dringcud fordert.

Scit eincr Ncihe von Iahren hattc
näililich bci einer gciiiischten Eh.c die ka-
tholische Geistlichkeit zwar die Traniing
verwelgcrt, wenn iiicht ein bindendes Ver-
sprcchcn anf katholische.Erziehung sämmt-
licher Kinder gegeben war; dagegen nahm
sie keinen Anstand, dirjenigcn Vorschriften
zu bcfolgcn, .welche nach dcr Ehcordnnng
§§. 18 nnd 20, sowie nach L.N.S. 63 fg.
den B e a ni t e n des l> ü rgerl i chen
Standcs obliegcn. Namcntlich waren
die Pr»kla»iationcn, nnd in Folge deren
die Ausstclliingcn der Eiitlasslingsschkiiie,
ohne Schwicrigkcit erfolgt.

Scit kurzcr Zcit kominen jedoch in atten
Thcilcn deö Landes Fälhe vor, in welchcn
der znstäudige Pfarrer des katholischcn
Nilptiirienden anch schon dic Proklamation
Verwcigcrt, außer wcnn in notarieller Ur-
kunde katholische Erzichuiig der Kinder
versprochen ist.

Durch diesc Versagung der Proklama-
ti'on wird niin aber auch die protestan-
tische Trauung, welche bishcr den Braut-
lenten noch mvglich war, verhindcrt. Der
Pfarrer dcs protrstaniischen Thcilcs darf
ohne Enklastiingsschein von Seitcn des
katholischcn Parochus bei schwcrcr Strafe
nicht Irancn, mag. cr anch dcn Taufswci»
der weltlichen Behörde in Händen habe»,
und mag bci der von ihm vorgcuommc-
»eii Pioklamation cine Einsprachc incht
crfolgt scin. Es kaim also die Ehc gar
nicht staltflndcn, odcr sic wird nur i»it
Gcwisscnsbelästignng dcs Einen

vder dcs Andcrn der Brantlcute aus-
führbar. Entweder miiß iiäinlich jetzt der
Katholik zur proteftantischeii Kirche übcr-
tretcn, odcr der Prvtestant ein Verspre-
chen gebeii) scine Kindcr sämmtlich katho-
lisch wcrden zn lassen.

Es ist kcinc besondere Alisführimg nö-
thig, ilin dic Unlcidlichkeit dieses ZustandeS
nachznwtisen. Zunächst ist es geradezn
widcrsinnig, daß dcr Staat sclbst.eincn
seiner Bkamteii, wclchcr die Gesetze püukt-
lich befolgt hat,-an der Vottziehüng einer
erlaubten nnd selbst gcbotenen Haudlimg-
hindcrt, wcil cin Anderer.diesem Gesetze
Gehorsam verweigert. Sodaun ist es eine
offenbare Vcvlctzungi der SclbststäMgkeit
und Glcichberechtigung dcr protrstantischcn
Kirche, daß sic eine religiöse Handlnng,
in Beziebung auf welche für sic kemerlei
Hindernissc vorliegen , nnd welche sie zu
begehcn wünscht, nicht vvrnehmcn darf,
wcil die kaiholischx Kirche ihrcrseits sie
nicht begehcn will. Endlich ist einleuch-
tcnd, wic schwer dic jctzt den Brantleutcn
gestellte Altcrnative je nach jnbjektlvrr
Ucbcrzeugung odcr nach besonderen Ver-
hältnissei? fattcn kann. Entweder mögen
die schlimmsten Zcrwürfnisse in der Fa-
inili'c und vielleicht bittcre, zn späte Rene
eintretcn, sei es beim Nachgebcn des pro-
Aestantischcn, sci cs bei dcm Konvertiren
dcs kathvlischen Thells; oder abcr werdcn
Gefühle, Rechte'- und Intcrcstcn vcrletzt
beim Fcsthalten eiuesl jcden Thcilcs an
seiner religiösen Urberzeugung) und somit
bei der Unmöglichwerdimg der beabsich-
tigten Ehe.

Ossenbar bedarf es yier ciner Abhilfe.
Es wäre nngcrecht, w.enn der Staat un--
thätig einer Bedrängniß von Bürgern zu-
sehen Würde, welchc lediglick, aus dcr
Nichtvvllzichimg scincr eigenen Gesetze her-
rührt. Und zwar darf mit dieser Hilfe
nicht gezvgert werden. Schon jetzt steheir
,'n 'cincr Ncihe von Fättcn d,'e imzweifel-
haftcste» Ncchte nnd Intercssen auf dem
Spicl, und nätürlich vermehrt sich das
Hcbel iiuiuer'weiter bei der so gemischten
pai itätischen Btvölkerung des LandcS. Na-
uicuilich kann der jetzige-Zustand nicht bis
zu ci'ner endlichen Negclimg der gänzen
Ehcgesctzgebung ssm Anstaiide blciben, da

diese besten Falws noch Iahre lang auf
sich warten lasse» wird.

Allcrdings hat die großh. Ncgierung
wenigstens' in einigen 'Fällen HUfe zu
 
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