Heidelberger Tagblatt (1860 (Januar bis Juni))

HkidelbeMr TaglrlE.

7S.


Mittwoch, 28. März


186«.

Die crsten Folgen der Einverlci-
bung Savoyens mit Frankreich.

Zunächst wävc durch dicsc Erolvcruug
Frankrcichs die Schweiz und somit das
südwestliche Deutschlciud bedrvht uud ihre
Willenlvsigkeit Fraukreich gcgeuübcr au-
gcbahut. Gauz besvuders wichtig ist iu
dieser Beziehung Chablais, das Laud
zuuächst südlich vvu dem Geufcr See, wel-
ches uvu den spitzigcu Wiukelu, die
'desseu Halbmoud bildct, eiugcschlvsseu ist.
Nicht blvs lägc dauu das Waadtlaud
zwischeu dcu Greuzcu Fraukreichs, wic
zwischeu deu Schuciden eiivr weuig ge-
vffueteu Scheere; Vvüi Ostufer des Sec's
hättc ciu srauzvsisches Hcer über Vevep
uud Freiburg ciucii zicmlich lcichtcu Weg
nach Bcru. Weun cs aüch für weitcr-
hiu, uatürlich aus Ncspckt vvr dem Na-
tioualitätspriuzip, hvchsteus auf die Eiu-
verleibuug der welscheu Schweiz abgesehcu
wärc, sv würde damit, ja schou durch
dercn Widerstaiidslosigkcit, ciu solcher Druck
auf die deutsche Schweiz geübt, daß der-
sclbe wcitcr auf das südwestliche Deiltsch-
laud fvrtwirkeu müßtc. Zum Glück ist
fetzt dic Siimmuug in dicser Ncpublik,
wie bei Hvch uud Niedrig im südwestli"cheu
' Deutschlaud, eine nativnale; wsrd es uvch
harter Erfahruugeu bcdürfeu, damit sie
ciue thatkräftigc werde? DieWcttcrzcicheu
aus der-Scbwciz bekuudeu bercit's uuvcr-
keunbar, daß das Volk uicht uur die ihm
droheude Grfahr eiusieht, svuderu auch
cutichlvffen ist,- ihr eutgegcuzutreteu. Jm
südwcstlichcri Dcutschlaud hat zwar die
allgemciu vcrbreitete Aiisicht uvch uicht
diejenigc Aeußcruiig erlangt, wie pvr eiueüi
Jahre bci dcr Gcfährduug der uns uu-
glciäi fcrncr liegeudcii üvmbardci. Jst dies
die Wirkuug ciues versteiuerudeu Fata-
lismus? Es iji wahr, uud es ist gauz
uatürlich, daß Oesicrrcich vorerst trutzt;
ist es auch »icht mvglich, daß das jctzige
Oesterreich für die Laudeshvhcit Picmvuts
in Savvpeu austrcte, sv ist es dvch mvg-
lich, daß es für dic Ansprüchc dcr Schweiz
Partei nehmc, welche ja auf dcn Be-
schlüsseu dcs LLiener Kvugrcsscs wurzelu.
Was wäre für Cavvur ärgerlicher, als
wcnn cr au die Schwciz, vvn der er kciucu
Ersatz zu hoffeu hat, Landschaftcu abtretcu
müßte? Was müßte ihu. uud -Napvlcvn
mchr gegcliciuander reizeu? Eiu eutschie-
denes Aussprechen der vffeutlichen Mei-

iiung würde dahcr, zumal weun Preußcu l
sich ihr auschließt-, auch iu Wieu uicht
crfvlglvs verhallcn. Dic vffeutliche Mei-
uuug, wcuu sic dic Marksteiue deS Nechtö
uud der Möglichkciten Leachtet, wird ge-
wiß auch vou dcn Rcgierungen begrüßt
werden, welchen nebst patriotischer Ge-
siunung der cinfachste Trieb der Selbst-
erhaltuug sagt, daß man dcn Schweizeru
ui'cht alleiu den Nuhm lasscn dürfe, daß
sie uicht uur die Sichcrheit ihrer Grenzeu,
svnderu auch die der deutscheu Greuzcu
gewahrt habeu. Di-e grvßte Gefahr liegt
dariu, daß Napvlcon niit s^ucui uulcug-
baren Scharfblick diese ihm eutgegenstre-
bcuden Kräfte erkeuneud, die Eiuverlcibuug
zur vvllcudctcn Thatsachc macht, ehe die
gcisti'ge Beweguug die zn-ihrer Gestaltung
uvthige Zeit gcwi'nnt. -

D e u t s Lh l a « d.

Karlsruhe, 26. März. 38. öffciit-
liche Si'tzuug der 2. Kammer der Stände
miter dcm Vorsitze des Präsidenteu Jung-
hauus. Das Sekretariat zeigt zuuächst
drei aus den Abthciluugen hervorgegangeue
Konimissivnswahleu, svdanu den Eiugaug
fvlgender Bittschriften au: vvn Haßmcrs-
bcim, Gvchsheim, Diliglingcn uud Nait-
bach gegeu das Koukvrdat, vvu deu Schmal-
mctzgern zu Nastatt wegeu Abändeiung
des Fleischaccisgesetzcs, von der israeli-
tischen Gemeiudc iu Königshvfeu, Auf-
hebung des § 58 des Dürgerrechtsgesetzcö
betreffend, niehrere Gesuchc wegen Er-
bauung der Kiuzigthalesskiibahn uud ciucr
Schwarzwaldbahn, eudlich einige Auzeigeu
über Abgehcn vvn Dankadressen bczüglich
der Ucbereiiikunft. Hcrr Staatömiuistcr'
Negcuauer übergibt dcu Entwurf eiucs
Gesctzes über die Fortcrhebiiug dcr Steucru
iu den Msuatcn April tiud Mai uach dcm
bl'sherigcu Umlagefuß. Die Tagesvrdumig
führt zur Berathuug des Berichts des Ab- ^
gevrdnetcn Maps.übcr deu Gesetzeseut-!
wurf, die Zuständl'gkeit und das Ver->
fahren in Nechtspvlizeisachen betr. Dcr
Negieiungsentwlirf kam aus dcm auderu
Hause niiter mchrfacher Abändcrung her-
übcr, wodurch dcssen 26 Artikel auf 5
vcrniiudertwurdeu. Jm Mlgcmeiucii schlicßt
sich die Komml'ssion dcn schvu früher mit-
gctheiltcu Griiudsätzen dcr erstcu Kammer
"u, schlägt aber deuuvch eiue vrräuderte
Faffung dcs vvu dicser bcschlvsseiien Ge-

setzesentwurfcs vor, wvruach derselbe 13
Artikel zu euthalteu hätte. Die crstcu drei
würdeu die Ziistäiidigkeit im ersten Nechts-
zuge, der viertc Artikel die höheru Jnstauz-
züge umfasseu, Art. 6 bis eiuschließlich
der vvu der ersten Kainmer ausgestrichcuen
und ni'cht für uöthig crachteteu Vvrschrif-
teu für Ausübuug der frciwilligen Gerichts-
barkeit sowohl in Geschäften der Vcr-
waltungsbehörden, als der Gcrichte die
Nckiirsfristeii rc. festsetzcn und der lctzte
(13.) Artikel die Auordiiiing des Voll-
zuges aussprecheu. Dle Vorlage selbst
gab keiiic-Weraulassung zn einer allge-
meinen Besprechung, der in der Svuder-
berathuug vvn Schaaff gestellte und auch
uulerstützte Autrag auf Uebcrwcisung der
Ermächtl'guug der Ehefrauen an die Aem-
ter wurde verworfcn, und der ganze Ge-
setzesentwurf uach der Fassung der Kom-
missl'on einstimmig vvu der Kanimer au-
genvmmen.

Karlsrulie, 23. März. "Durch den
Eiutritt der Fürsteu vvmFürsteiiberg, von
Löwensteiu-Wcrtheim uud voraussichtlich
des eine'n der Grafcn vou Leiuiugen hat
die Konkvrdatspartci (wenn maii das Er-
gebui'ß der Abstl'iiimuiiq über die Mvhl'sche
Mvtivu zu Grunde legt) in der erstcn
Kamnicr eiue Majvrität von drei Stim-
mcu. Ei'ne Ausgltichllng durch deu Eiu-
tritt -dreicr hvchgcstellter. Persönlichkciten
wäre ebeu so wünscheuswcrth als mög-
lich; iudessen verlautct vvn einem solchcn
Schritte bis jetzt nichls.

KcrrlSruhc, 25. März. Man sieht
cinem außerordcntlich starken Audraiig zu
der auf uächsten Doniicrstag Morgcn än^
beraumteu Verhandluiig der Uebereiukunft
mit Nvm entgegeu und hat deßhalb dcn
Gedanken augercgt, cs möchten sich die
Eiiiwvhuer Karlsnihes bei dem beschränk-
I tcn Gatlericrauiue des Besuches der Vcr-
^haudluug zu Giiusteu der fremden Zu-
hvrcr ciithalteu, zumal auch nvch (wie
!bereits milgetheilt) aufAnsuchen dcr wür-
tcmbcrgischen Kaiumcr für Mitgliedcr der-
sclbci, eiuc Auzahl von Plätzeu rescrvirt
sei'u svll.

Hcldelber,;, 24. März. Die hiesige
thcvlvgische Fakultät hat beschlossen, am
19. April in dem großen Saalc dcr
versität cine Feier zum Audeukeii ch'
lauchthon zu verausialteu, wvbei Gth.
Kircheurath Nvthe die Fesiredc halten.
wird.