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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0069

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n?

Hndelberger TagblM.

M 18.


Samstag, 21. Iaimar 186«.

rS'

Was haben Regierunq und Land-
stcinde in Bezug auf das Konkvr-
dat zu thun?

Vlcrtcr Slrtikel.

Die Vertheidiger dcs Konkordats wnr-
den wohl selbst desscn Vorlage an die Land-
stände bchuss dcrcn Znstimmung bcfnr-
- wortcn, wcnn sie nicht die Vrrwcigerung
dcrselbcn mit Sichcrhcit erwartrn wnrdcn.

In solcher Voranssctznng aber weiscn
sie anf dic „Slchtung, wrlche dem durch
den Konkordatsabschlnß gegebenen Fürstcn-
worte gebührc" — wie auch auf die „Ge-
fahren eines wicdcrholten Kirchcnstreites"
hin — um jcne Vorlage nnd die land--
ständischc Verwerfung abzuwenden.

Keincr dieser Gcgengründe ist jcdoch
haltbar. Die bczeichnetc Verwerfnng dcs
Konkordats stcllt uns keineswegs an den
Rand dcs dunkeln Abgrnndes von „Ver-
tragsbruch" nnd „bürgcrlichen Unrilhcn";
im Gegcntheile ist sic der sichere Pfad nm
dem Labprinthe eines Nechtsbruchcs und
staatlichcr Verwirrung zn eiitgchen.

Durch das Konkordat hat sich die Re-
gierung nicht vcrpflichtet: dasselbe mit v e r-
fassungswidriger Hintansetzung
der Landständc zum Vollzuge zu bringen.
Sollten die Gegner dieses bchaupten, so
wiirden sic damit sich und das Konkordat
sclbst verurtheilen.

Durch die in dem Konkordatsabschluß
dem päpsil. Stuhle gegcbene Znsicherung
hat die Negi'erung nur versprochcn, und
konnte sie auch nach unserem Staats-,
grundgcsctze nur versprcchcn, ihrerseits
dasjenige zu thun, was zur rechtlichcn
Gultigkeit und Vollziehbarkeit der Uebcr-
einkunft nvthig sei.

Dcr päpstl. Stuhl hat längst schon un-
sere bestchendc kirchlichc Gcsctzgebung an-
gefochteu, und gcmäß der Verkündungs-
bulle „um. dcr veräuderten Zeitverhält-
msse willen" eine Acndcrung dcrselben
angestrebt. Jcnc Gesctzgcbung niußtc ihin
aber bekannt scin, ebcnso auch unserc po-
litnche Staatsverfassuug, souüt auch; daß
nach lctzterer d'ie Aeudcruug cincs Gcsctzes
die laiidstäu^ische Zustiniinung crhcische
und daß dercn Vcrsagung jeden 'nüt dcr
Negierung abgeschloffenen Vertrag wicder
vercitelc.

Wie wenig hiebei dcm päpstlichen Stuhle
kin verfassungswidrigcs Vorschreiten in
Aussicht gestellt, oder vou demselbcn er-

wartet wurdc, zeigt dcr Schlußartikel des
Konkordats, wclcher die Mitwirkung der
Landstände für die Aciiderung gcsctzlicher
Bcstiminungen vorbehält.

Wenn iiun diese Mitwirkuiig sür das
ganze Konkordat rechtlich nothwendig,
aber wegen verweigerndcr Zustiminnng
nicht zu erlangcn ist, so hört damit nach
dem eigenen Jnhalte dcs Konkordats
dessen Bestand auf, und es ist an Letztercs
weder die Negieruiig, noch der päpstliche
Stuhl gebunden.

Denn jcne Zustimninng der Landstände
war, wie erwähnt, nicht nur eine still-
schweigende, sondern selbst eine ausdrück-
liche Bedingung für die Gültigkeit der
solcher bedürftigen Ucbereinkunft; die Ne-
gierung hat ihre durch das Konkordat über-
nonimcneVerpflichtUng rcdlich crfüllt, wenn
sie die erforderliche landständischc Zustim-
mung auf verfassungsmäßigkin Wege zu
erlangen sucht; wird diese „verwcigert",
so ergehet es dcm Konkordat gerade so,
wie der zwischen unserer und dcr würt-
tembergischcn Negierung getrosicnen Ueber-
einkunft über den Mühlacker-Pforzhcimer
Eiscnbahnbau; uachdem die erste Kammer
auf dcm lctzten Landtage derselbcn nicht
zugestimmt hatte, so war damit jenc Ueber-
einkunft zcrfallen — ohne daß irgend
Jemand eingefallen wäre, die Treue des
Worthaltens gegcn unscre Negierung an-
zurufen. Es würde sich damit bci dcm
Koiikorpat in Badcn das Schicksal wieder-
holcn, welches unter Ludwig XVHl. dem
von de'r französischen Regicrung mit Rom
abgcschlossencn Koukordat wicderfuhr, in-
dem diescs auf dcn Widerspruch der De-
puti'rtenkammer nicht zur, Geltung kam.

Ebenso wem'g ist aber auch, wenn die
Acndcrung der kirchlichcn Staatsvcrfassung
im Wcge dcr „Gesctzgcbung" anstatt ei'ncs
„Konkordats" uiiteriiommcn wird, zu be-
sorgen, daß dcr Erzbischof und die ihin
crgebcne Geisilichkeit auf dicsclbe kric-
gerische Wcise Wie früher, „thatsächlich"
auftrcteu, oder — daß solchcs Auftreteu
ciucn erhebliche» Erfolg habcn iverdc.

Dciin für's Erstc hattc ja dic Ncgie-
rung dcn päpstl. Aiiforderiiiigen durch Ab-
schlicßung' des Konkordats zur Gcnüge
willfahrt und es würe dieses Werk »ur
durch dic Sli'niuie der Volksvertrrtuiig gc-
schcitcrt, dcr kathol. Kirchcngewalt fchlte
also jedcr Gruud zu eincin ernciicrten Au-
3^'^ gegen die Negicrung.

Für's Andere lasscn alle Anzeichen er-
kenncn: daß schon jetzt durch das kräftige
Auftretcn des Volkes in Presse, in Wort
und That, die Stdömung dcs hierarchischen
Vollbewußtseins gebrochrn ist.

Für's Drittc aber wird unser katho-
lisches Volk, dcssen cntscheidendc Theil-
nahmc an der Seite der Negierung bei
dcm frühercn Kirchcnstreite die Polizci-
behörden selbst verhindert hatten, nun
jenen Kanipf mit dem Muthe deutschcr
Männcr und mit einer zähen Beharrlich-
keit fortführen, woran die fanatische Gluth
wie ein Windhauch verwehen wird.

Wie der gesundc Volkssinn-den Aeuße-
rungen kirchlicher Lieblosigkeit und Herr-
schaft entgegcn tritt, mag die Erfahrung
aus naher Umgebung zeigen. In Kappel
beschiinpfte iinlängst der Geistliche die Ge-
nieindcvertrctcr von der Kanzel hcrnntcr,
weil dic Ergebenheitsadresse an dcn Papst
nur wcnige Uiiterschriften erhalten hatte;
darauf beschlicßen die Bürger einstl'mniig:
die Kirche iu Kappel in so lange nicht zu
besuchen, bis dcr Geistliche entfernt sci.
Diese Gcmeinde ist in sittlicher, rcligiöser
und wirthschaftlicher Bcziehung auerkaiiut
einc sehr tüchtige. (Forts. folgt.)

D e u t s ch l a rr d.

Karlsruhe, 19. Jan. 15. öffentliche
Sitzung der 2. Kainmer. Das Sekretariat
zeigt den Eingang folgender Bittschriften
au.: verschiedcner Spnagogcnräthc wegen
Aufhebung dcs § 58 des Bürgcrrechtsge-
sctzcs; des Gcmciiidcraths »nd Bürger-
ausschusses der Stadtgciiieinde Villingen,
Aufhcbuiig der §§ 35 und 9 des Feucr-
versichcrüngsgcsctzts bc,r.; nichrcrer Ge-
meliidcn ails 'dcni Schwarzwald, nament-
lich Triberg, Sl. Georgen, des Gcmeinde-
raths, großen uud klcinen Bürgeraus-
schusscs lind dcs Gcwerbvereiiis v'on Vil-
lingcn wcgcn Erbauung drr Kinzigthal-
eiscnbahii; vtrschi'edenerGeiliciiidcvorstände
iindFabrikvvrsteher des Amtes St. Blasien,
d,'c Landpostanstalt, endlich dcs Gcmeindc-
i-aths uiidBürgerausschnsscs von Meßkirch,
Erbauuiig ciiier Staatsstraßc bctresiend.
Prestinari widiriet sodann dcm verstorbeiicn
Altcrspräsidrntcn Meper eiucn chrcndcn
Nachruf. Hicrauf wurde zur Verstärkuug
dcr Koiiimission übcr dcn Gcsctzcntwurf,
die Zusiändigkeit in Ncchtspvlizeisachrn
betr., geschrittcn. Faller und Maps gingrn
 
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