Heidelberger Tagblatt (1860 (Januar bis Juni))

F- r a ii k r e i ch.

Paris, 28. 9"'-- Rudio, Orsniis
Gciwsse, ist »ach ftincr Flucht aus Capcniic
iu Brastlieii'licstvrbcn.

PariS, 23. Jan. Lord I. Nusscll ist
-»im Uiitcichause gefragt wordcu, ob es
wahr sci, daß die französtscheii Streit-
kräfte i» Jtalieu veriuchrt würdcu. Der
telegraphischeu Depesche zufolgc autwor-
tete der Minister- er wisse uud glaubc es
uicht. — Graf Cavour soll crklärt haben,
der Krieg gegeu Ocstcrreich müssc wiedcr
aiifgkiioinineu werden. — Die Bcziehun-
gen zwischen deni Pariser uud dein Ma-
drider Kabiuctc stnd sehr kühl gcworden
scit dein Bricfe des Kaisers au den Papst,
und mau will wissen, daß Spanien init
dcr Abstcht nnigehc, deni Kricge nüt Ma-
rokko cin Eude zu inachen, nin scinc Auf
nierksanikeit auf Jtalien richten zu können.

Paris. Moutag 30. Januar. Durch
kaiserl. Dekret wird der „Univers"
(das klcrikalcHanptorgau) unterdrückt
In dcui bezüglichen Bcricht.des Ministers
des Junerii wird als Motiv dicser Maß-
regcl erklärt, daß der „Univers" ein Pavtci
organ gewcscn sei, wclches bezwecktc, dcn
franzvstschen Klerns zu bcherrschcn, dic
Gcwisscn zu beängstigcn, und die Grund-
lageu des Verhältnisses dcs Klerus znr
bürgerlichen Gcsellschaft zu untergraben.
Der Kricg, den der „Univcrs" führte, se'
gcfährlich für dic Rcligion ; er habe Dok
trinen wieder eknführen wollcu, welche dic
alte Monarchie, von großcu Bischöfeu un-
terstützt, iniuier euergi'sch bekäinpfte. Der
Kaiser sei nicht iniuder bcsorgt, vou ua-
tionalen Traditioiicn geheiligte Prinzipieu
rcspektirt zn erhaltcu.

Dcr „Coustitntionnel" sagt in ciueiii vou
seineui Hauptredakteur, Herrn Grand-
guillot, ilnterzeichukten Artikel, Frauk-
rcich werde deu Papst, nachdcin er dessen
Rath verschmäht, iu Noui uöthigcnfalls
gegen dic Anarchic schützen; für dic Krists
in andern Laudestheileu sei es jedoch nicht
verautwortlich. ,

S p a » t e n.

Madrid, 24. Jan. Gestcru versnch-
tcn die Mcnircn in Mcngc, die spani-
schen Stcttuiigen einzllschlicüeu. Sie wur-
den indesscii auf allcnSeiten zurückgeworfen
und Iießen eine Fahnc iu dcr Haud un-
serer Trnppen. Dic Diviston Nios griff
dic feindliche Reiteri niit dcin Bavouncte
an. Die spanische Artillerie zcrstörte jenc
des Feindes.

S ch w e i z.

Bern, 24. Jan. Ans Thonon schreibt
man unter dem 20. d.: „Ein incrkwlir-
diges geologischcs Phäuoinen hat sich sn
eben in der Gemeinde Orcier, ciniae
Kilometcr von Thonon ereignet. Vor-
letzten Sonntag gegcn Mittag versank

plötzlich ein mit Castanien brflauztes
Stück Land, an desscn Stclle ein See
-trat. Dcr See ist so 'tief, daß dic Ca-
staiiien im Waffer vollständig verschwun-
den stnd; dabck ist.zu bemerken, daß es
wahre Ricseucastanien waren. Mcrk-
würdigerweise schwiinmeu auf der Obcr-
flüche des Sees Stücke Holz,'dcffeu Art
gänzlich unbckaunt ist. Vom ersten Au-
genblick diescs Phänomens au, ist cin
Bach crstanden, welcher den See so reich-
lich nährt, daß dieser die größten Pro-
portiouen anzuuehmen droht." Wir stnd
in Erivartung eincr näheren Erklärung
dkeses Naturereigniffes.

G ir g l arr d

London, 25. Jan. Ucbcr die Adreß-
debatten bcider Häuser des Parlaments
erhalten die Blättcr noch einigcs Nähcrc.
Marquis vou Nornianbp (vormals Ge-
sandter zu Florenz und Paris) hofft nicht
vicl von dein Handelsvcrtrag Ange-
stchts der unter den französischcn Jndu-
strielltn herrschcnden Stimniung. Von
eincin Mann iu Frankrtich, auf dcffen
Wort er baue, sei ihm eiu Schreiben zu-
gekonilnen, wornach die Kriegsrüstungen
in Frankreich gcrade jctzt Tag lind Nacht
niit atheniloser Hast betriebcn wcrden; nnd
doch lasse man stch den Aubruch eiuer
„Aera drs Fricdens" vorspicgeln! Redncr
verliest eiu ihni aus Toskaua zugekoni-
menes Schrciben, worin dic dortigcn Zu-
stände iu dcn düstersten Farbcn geschildcrt
wcrde», nnd wori'u als Beispiel des herr-
scheuden Tcrrorisnius crzählt wird, daß
eiu Hcrr Moutecci, ein vorinalige.r hoher
Beainter, in Folge einer verdächtigen Nc-
deusart, die stch iu einein von der Post
erbrochcneii Brief fand, in Livorno ver-
haftet, eingekerkert und znletzt von den
Gerichten freigcsp.rochen wurdc. Anch Ned-
ner ist so gut wie Jeinand gegen dic Wiedcr-
einsepung der inittelitalienischen Fürsten
durch Waffcngewalt, aber er hofft, daß der
vorgcschlagene Kvngreß, falls cr zusamnicn-
tretc, die frcmde Eininischung ebenso zu
Gniisten, wic'zu Uugunstcn dcr revolutio-
nären Negierungen verbieten werde. Lord
Broughain bk.inerkt, cr habe den Krseg
gegen Oesterreich, sowie die Herrschsucht
Sardiiiieiis nach Gcbühr verdammt, und
verstchere, daß die Oesterrcicher nicht aus
Mangcl an soldatischer Tapferkeit, fon-
deru in Folge ihrer schlechten Führung so
rcgelmäßig aufs Haupt geschlagen worden.
England könnc nur wünschen, daß man
die Jtaliener stch selbst helfen, regieren
und organistren lasse, voraüsgesetzt, daß
ste es ohne österreichische, französtsche oder
andcre Einmischuug thäten. Dcr rechts-
gelchrte und greisc Lord bcmüht stch daranf,
das in Frankrekch gang und gäbc Vorur-
theil, daß der Handelsvertrag nur dcu
Engländern nützen würde, zn widerlegen.

geschlosseu habc weil K Ä-

LWird-nZ

Mann aufbringen konn.e -

"u'ßbiNigt den Handclsverlraa mkt 5an?
reich vollständig. Jn Bcn.a
li-nisch- Frage -rkl-r, „ jch
grgen I-g-» Srparalvmnz «j, Frmk"
reich, sowie gegen d.e Beschickuna
Kongrcsses, falls England dadurch zu iracnd
cinem aktivcn Einschreiten verpflich.c. wer-
den köiinte. Der Papst gelte als welt.
licher Fürst der cnglischen Nation so vicl
wie ein anderer Mouarch; wenn sci'n ci-
gcnes Volk ihn stürze, so gehc das Eiup
land ni'chts an. Auders verhalte es sich,
wenu answärtige Einflüssf gegen ihn ge-
braucht würdeu. Und warnur scien Ro,n
uud Mailand noch von französtschen Tniy-
pen bcsetzt, nachdem alle Oesterreichcr ab-
gezogcn seien?

London, 29. Jan. Der „Observcr«
berichtete, daß die Großmächtc sich einn
Abtretung Savopcns und Nizza's an
Frankreich energisch widcrsetzcn würden.

D ä n e in a r k.

Cckernförde, 24. Jan. Hier wurrr
den „H. N." zufolge, am 18. d. M. eim
Versamnilung von schleswig'schen Stäudc-
abgeordneteu und ihren Wähler», welchc
sich über die Landesangelegcnheit besprach,
polizeilich a uskinander getrieben.

I t a l i e n.

Chambery (Savopcn), 29. Ianuar.
(Schw. M.) Der Gouverneiir crklärt,
die (sardinische) Regieruiig habe nie
die Absicht'gchabt, Savopen ab-
zu treten.

Rom, 19. Jan. Der Papst hat ge-
genwärtig nicht mehr als 12,000 Mann
unter Waffeu. Ein Drittel dieser Macht
bcstcht aus Gendarmen, zumeist cingcbor-
nen Truppen, verzweifelten Charaktereu,
die unter cinander durch das Dand der
San Fedisti verkuüpft stnd, wie es im
südlichen Italicn seit 1814 als Gegenge-
wicht gegen die furchtbarc Carbonariver-
bindung besteht und iu neuester Zeit noch
aekräftigt wurde. 12,000 nochso tapferr
und zuverlässtge Solvateu könntcn dit
Nuhe im Kirchenstaat, wie er zetztiji,
nimmcr aufrecht erhalten. Jn Nom Iicß
stch mi't 4000 Mann allenfälls ku.em Aus-
bnch v°rb-°-I->b -b-r!>"ö"d°>b -r
maueru »nd vornamlich in den Maiken
„,,d iu Umbricn kießcn stch die Desatzuuaen
nicht ohne Gefahr verrrngern. Jeßt soll