Heidelberger Tagblatt (1860 (Januar bis Juni))

cüicil historischcii Vortrog, ii, mclchrin
dcr grcisc Ncdner im't jiigciidlicheiv Knift
zn erklärcn siichtc, wie inich uiid u.ich
sich erst der Ultrciiiwiituiiisiiiiis ciitwickclt,
wie iiiaii wcit cutfcriit ware, »n't dcm
wahrcu Katliolizisiiiiis eiiicil Kcimpf ;» un-
tcrhalteu, sonderu iiur gegcu die Aniiiaßliii-
geu, wclche sich der Ultraiiioiitaiiisimis cr-
laube, init dcn gcsetzlicheii Waffeu dcs Gci-
stcs kämpfe, indeiii dnrch^ dic Ucl'ergriffe
der Kirchc sowohl dcr L>taat,, wie das
gcistigc Fainiliciilcl'e» 'sciner Bnrgcr gc-
fahrdet wäre. Dcr Rcdncr ging dami
anf die Kaiiiincr übcr, crhot' den rnhin-
lichcii Kampf nnd Sicg dcrscll'cn nnd schloß
scine Ncdc init riiiein drcifachcn .poch anf
dic Mgcordncteii. Nn» crhob sich nnscr
vcrehrtcr Hr. Dllrgcr'incister Kr a n s nian n,
wclcber in knrzcr niid klarer Ncdc i'iber
dic Lcistnngeii sciiicr Kosiegcn in dcr Kain-
nicr sprach nnd seinen Vortrag niit ddn
.Wortcn schloß, däß das schone Band, wcl-
ck'cs bci dein badischcn Volkc die Liebc
und Eintracht nm den edlen Fnrstcn'nnd
sein Volk gcschlnngcn, ewig grnnen nivge,
woranf die Gläscr iin ganzen Saale rV-
klangen nnd der Eintracht zwischen Fiirst
und Volk ein Hoch gebracht wnrdc. Nach-
dem der Lieder'kranz uns wieder durch
seiiien schöncn dentschcn Sang erfrent,
crhob sich Herr I)r. Pickford nnd hiclt
eine ebcn so-schönc als fenrige Rede, in
welckier cr zn crsäntcrn suchte, daß wir
cs .allen ienen Ehreninäiincrn, die dcn
Miitb gchabt, dcr Finstcriil'ß entgcgcn zn
schreitcn, zn dankcn hättcn, daß statt der
flattcrnden Fahne hcnte nicht 'dcr Ultra-
uioiltailismus dnrch dgs Läntcn dcr Glocken
seincn Sieg feicrte. Er trng daranf an,
daß, wic inan das Schillcrfest gefeicrt,
uian anch dkescii Tag als einen Festtag
dcs VolkS feiern niöchtc, was viclcn An-
klang fand. Nnn sprach Hcrr Pfarrcr
A l l nian g (anch ein Nbgcprdnctcr nnscrer
2. Kainuicr), wclchcr dic wahrhaft.cdlen
und dentschcn Gesiiinnngen dcs Prinzen
Wilhclin iiiit'begeistcriidcn Wortcn schil-
dcrie nnd dcin hohen Präsidcnten der zwei-
ten Kaininer cin 'Lebehoch brächtc, in wel-
chcs säniintlkche Nnwcscnde feurig ein-
stiinmtcii.

Auch Hcrr Privatdozent Cantor erhob
sich lind brachte ein Hoch anf zwei andere
Mäniier, welchc, wenn anchnicht so hoch
gcstellt wie dcr edle Prinz Wilhelin, doch
im -staatc auch cinc hohe Stellc bekleidetcn
und ihrcn dentschcn Sinn nnd cdlcs Wirkcii
stcts bcurknndct hätten, die Herren Mi-
uistcr Stabel nnd Lamep, und der Anklang,
dcn anch dieser Toast fand, bcknndetc sich
durch huiidertstiuinligcn Widdrhall in der
frcndig erregten Vcrsaininlnng. Schließ-
lich crwähnen wir noch nntcr niehreren
Toastcn den des Hcrrn Doktor Otto
anf den koiifessionellen Frieden, indeni er
daranf hindcntetc, daß sich in dicscr Ver-
saininlnng Katholikcn ncbcn Protestantcn

bcfäiiecn, dcren Hcrzcn gleich bcseclt wärcn !
fnr das Wohl dcs gesainnitcn ocutschcn
VaterlandcS; anch diescr Toast-wnrdc be-
gcistcrt anfgciioinincn, nnd so nntcrhi'elt sich
nntcr Toastcn, Gcsängcn nnd hcitcrcn Gc-
sprächen dic zahlreiche Gesellschaft bis nach
der Mittcrnachtsstnndc.

Bruchsal, 29. März. (Schwnrgcricht
dcs Mi'ttelrheinkreises. B. W.) Nachdein
gcstcrn in gehcimcr Sichnng Karl Lott-
haimncr von Pforzheiin wegen eines ge-
waltsameii nnmoralischen Anstrebcns zn
cincr gcschärften Znchthansstrafc von drei
Iahrcn vcrnrthcilt worden war, kam hcnte
in.öffcntlicher Silznng dic Anklage gcgen
den ,19 Iäh're alten Lconhard'Bischof von
Nnßbangi wcgen Tödtnng znr Verhand-
lnng. Im Dorfe Nilßbailm bcsteht die
vietleicht auch anderwärts vorkommendc
Gcwohnheit, von dcr man nicht rccht wciß,
ob man sie als eine Sitte oder Unsittc
bezeichnen sosi, daß nämlich dic jnngcn
Bnrschen, welche ihre Abcnduntcrhaltiing
in Spi'nnstnbcn snchen, in dencn nicht
immer ansschließlich gcsponncn zn wcrdcn
pflegt, beim Heimwcg von den ältercn
Bnrschen einc Zurechtweisnng durch Gcr-
tenhicbc zn erhaltcn pflcgcn. Der Angc-
klagte erhob nnn gegen die Anwcndnng
dieses Gcwohnheitsrechtes auf ihn dadurch
Protcst, daß er — als an ciiiem der vcr-
gangcncn Winterabcnde dic hcrkömmlichc
Znchtigung ihm zn Thcil ward — eincn
armsdickcn Priigel crgriff nnd mit solchcm
dem eiii^n scincr Gcgner, cinem 23 Iahrc
altcn Bancrilsohne, den Schädcl zcrtrüm-
mcrtc. Der Gctödtete hatte sich eincs
vorzüglichcn Louinnnds crfrcnt.. Nach dcm
Wahrsprnche der Herren Geschworenen
warcn die Folgcn jcncr Schädclzerschmet-
ternng vom Angcklagtcn nur mit höchstcr
Unwahrschcl'nll'chkeit voranszüschen, so daß
dcr Gcrichtshof, obwohl dic Frage dcr
Nothwchr vc.rncint wnrde, boch nicht in
der Lagc war, gcgcn den dcr Tödtung
schnldigcn Vcrbrecher eine höhcre Strafc
auSsprcchen zn könncn, als Krcisgefängiiiß
von 11' Monatcn.

Kvnftanz, 30. März. Mit Frendc
thcilen wir dcn zahlreichen Frenndeii dcs
edcln v. Wessenberg die Nachricht mit, daß
dieser Mann unscrcs Vcrtrancns, nnserer
Verehrnng und l!iebe von seincm Krank-
hcitsanfast sich wicdcr -erholt hat. Möge
Gott, dcn er Zeitlcbcns im Gcist nnd in
dcr Wahrhcit anbetetc, nnd dcsscn in die
Wclt gekonlmcnes Licht er mehr licbtc',
alö die Finsterniß, scin greiscü Hanpt
schnhen nnd allc seine Anhänger mit Mnth,
Kraft nnd Standhaftigkcit ansrüstcn, auf
daß sie, wciin anch ihr Führer der Natnr
dcn. Zoll zn zahlcn fetzt odcr später ge-
zwnngcn wird, seiner Fahne gctren bleibcn!

Bom Rhein, 1. April. Dem Himmel
sei gedankt: das Konkordat ist verworfen,
dic Bcrfaffiliig gcrettct, nnd damit der
Bcstand nnv das Ansehen nnscres er-

habencn.Fürstenhanscs bcfcstigt, die Ehre
dcs badischcn Volkes erhöht, »nd Dcutsch-
land vor dem .geistli'chcn Dcspotismns bc-
wahrt! Wcr nnr cinig'crinaßeii übcr vie
Grcnzc konimt, der weiß, wie schr Babcir
als der Vorort der dcntschen Freihcit, als
der dentichc Mnsterstaal gilt; wärc biessi-
gcfasicn, so wärc in's ganze Dcutsch«
land Breschc gcschosscn gewcsen. Gesin-
nnngsfrennbe, seiv' mäßig und versöhnlich
im ncnen Siegc, wic währcnd des Kampfcs!
Laßt nnS zeigen, daß wir nicht ans Oppo-
sitionsgeist, sondcrn ans. Trcne für Fürst,
Vcrfaiinng nnd Vatcrland nns gcgen die
Gefahr gcstemmt. Es ist kein 'leichtes
Wcrk, der Kirche die gebührcndc Frcihcit
fcstznstcsicn und dcnnoch Pricstcrherrschaft
ausznschließen; darum wosien wir die Re-
giernng mit allen Kräftcn nntcrstützcn.
Ictzt abcr wollcn wir dcn Blick anf'dcn
westlichcn Dcspotismns lcnken, dcr so
niächtl'gen Appctit zcigt, nnserc Frcihcit,
Ehrc, schönstcn Provinzcn, nnsern Wohl-
stand zn vcrschlingen. Laßt dcn Partei-
kampf rnhcn, ciniget ench gegen dcn Un-
tcrdrückcr, der mit süßer Schmeichclei nns
Frciheir, Einheit, Ruhm verspricht, um
das niisägliche Elend zu wiederhvlcn, das
sein Vorgänger übrr dic Völkcr ansbreitcte.

Stuttgurt, I. April. Wir erhalten
von frennblicher Hand so cbcn crprobte
Nachricht über den Gang der Frankfnrter
Messe, dic' wir niisern Lcsern wörtlich
gebcn: Wctter sehr schlecht, Konjnnktnr
ganz nngünstig, Prcise gcdrückt, Verkauf
flan, Geldmarkt überflicßend, aber nicht
benützt. Das ist ein treucs Bild unserer
dcrmaligen Znstände.

Bonn. Für das Arndt-Denkmal sind
bis zum30. März eingcgangen 10,059 Thlr.

F r a n k r e i ch.

Puris. Die Schweiz macht in Eng-
land bedcntcndc Waffen-Einkänfc.

Drci Di'visionen der Armcc vcs Mar-
schalls Vaisiant (bie Divisioncii Bazaine,
Bonrbaki nnd Faisip) und ein.Thcil der
Artittcrie bcgcbcn sich von Jtalien direkt
nach dcm Lager von Chalons.

Paris, 31. März. Dcr heutige Con-
stitntionncl vcröffcntlicht einen Artikcl
GrandguiNots in Bezug auf dic hcftigcn
Ansfälle dcr englischen Blätter unv Par-
lamkiitsredncr. Der Kaiscr, heißt es dariii,
habe ANcs, waS in seineii Krqften stche,
iin Intcressedcs eiiglisch-französischeii
Baindnisses gethan, dessen Sprengimg
das Zcichen zn cinem ncnen Kampfc niid
zn ncncn unhcilvosicn Ercignissen sein
würde.

Paris31. März. Die Lagc. der
Dingc wird hicr allgcmein alS schr bc-
dcnklich angesehen; der „Conrr. vn Di-
manche" zweifelt gar nicht an dcm bal-
digcn Ansbrnchc eincs asigcincinen KriegeS
»nv auö vcrschi'cdcncn Anzcicheii geht her-
vor, vaß die Rcgierilng ihrc Plänc änßerst