Heidelberger Tagblatt (1860 (Januar bis Juni))

Wien. Wir siud, sagt die „Oesterr.
Zeitiing" vom 4. Npril, in der Lage, ans
verläßlicher Qnclle mitziitheilen, daß zu-
folge ans Ncapel hier angclangteii Dc-
pcschcn die iieapolittrnischen Trup-
peu in den Kirchenstaal nicht ein-
rücken werdcn.

Wien, 4. April. Geiieralversannnlung
dcr Creditanstält für Handel nnd Gewerbe.
Brnttogcwinn 3,745,357 fl. vster. Wäh-
rung. Die Divideudc für 1859 ist anf
2 fl. östcr. Währnng festgestcllt worden.

F- r a n k r e i ch.

Paris, 3? April. El'neni Brügelcr
Blatt schrcibt man: „Lord Cvwlcp bc-
gab sich vör cinigcn Tagen znni Kaiser,
nin ibin Vorstclliinacn über die savopische

Majestät mir inchrinals mündlich gcgeben
haben. Wäs würdeii -L>ic wvhl sagen,
wenn England, die Umständc bcnülzend
nnd Jhrrni Beispiele folgend, sich Si ci-
li'ciis bcinächtigen würdc?" — „Meine
Antwort wäre (erwicdcrtc Napolcon lll)
die Bcsetzung Belgiensü"

Paris, 4. April. Jn deni Bezirk
Nizza sind allc Dcpiitirtenwahlen an ti-
fr a nz ösisch äusgefallen.: — Dcr Unter-
rl'chtsininistcr soll den Mitgliedern dcs
Clcrus, indcni er ihncn die Bcstiininun-
gen des Concordats in Erinncrnng
bringt, zuglcich bcnierkt habcn, daß dic
Regierung fcst entschlofscn ist, von dcn ihr
zn Gebotc stehcnden Unterdrücklliigsniitteln
Gcbrauch zn inachcn.

S ch w e i z.

Genf, 3. 2lpril. Es sind schon meh-
rere cidgenvssischc Bataillone hier einguar-
tirt, wcitcre werden noch erwartct. ' Ein
ckgener Platzcoininandant ist crnaniit. —
Ein französischeS Blatt „lc Salnt Public"
vog Lpon thcilt init, eine Dcpiitation kä-
tholischcr Gcnfer sei in Paris angekoni-
inen, zwar obne ofsiciellen Charakter, abcr
dvch als Repräsentanten der Partei, wclche
die 2lnnrrion Gcnfs an Frankrcich
wünsäie!! Jst das etwa das ncne Stich-
wort? Das Genfcr Journal crklärt diese
Nachricht zwar für eine der alltäglichcn
Lügcn, wclchc gcnanntes Blntt über dic
Schwciz und Savopcn anftische, crinnert
abcr zugleich daran, daß es in Genf noch
Nichter nnd Gesetzc gebe, und daß'dic-
jcnigen, welche ctwa ihr Vatcrländ ver-
handcln wollten, gnt daran thäten, nicht
znrückzukoninicn. — Cavour schcint ent-
schlossen, zncrst gegen Oesterreich, dann
wohl anch schließlich gegcn Frankrcich Jta-
lien eine starke Gränzr zn erobern - aber
ebcn dcßhalb wird Napolcon ihu nnter
gleich scharfein Ange.nnd Dauuien halten
wie in den letzten Zeiten, als Cavonr ihni
den cigentlich für das loinbardo-venetia-

nischc Köni.greich ausbcdiliigcnen Lohn vor-
zuenthalten vcrsuchtc. Wärc ihin dicscs
gcluiigcn, so warcn Vicle bcreit, ihn als
einen vollendettin Diplomatcn anzuerken-
ncn. Cavonr steht jetzt ain L-cheidcwege,
ob er zncrst init EnglandS Hilfe, Napo-
leon znin Trotz, Süditalicn, odcr znerst,
mit Napoleons Planen auf den Nhcin
nnd anf Tprol zusainnicnwirkend, Venc-
tien anncriren soll. — 2lber was ist der
Plan Napoleons, i'ndein cr scine Gränze
bis nahc an die Hauptstadt dcs vergrößcr-
ten Pieinonts rückt, wenn nicht der, dessen
jetzt nicht linbedcntcndc Militärkräfte iin
Sl'nii Napoleons l. zu.„Bnndesgenossen"
zunächst gegen Ocstcrreich zu inächcn; und
dnrch Einverleibnng Nordsavopens soll
dassclbc init den Schwcizcrn gcschchcn,
gcrade wie diese 1812 in Nnßland mit-
fechtcn ninßten. Jhre etwaige unvollstän -
digc Drillung wird er ihnen schon in cineni
praktischen Curse beibringcn. Dic Schwei-
zer sind cntschlosscn sich nicht gutwillig in
diese Schnle schickcn zu lassen; viellcicht
hättcn Süddcntschland wcgen Schwabcns',
Oesterreich wegen Tprols, wo diesc Cnrsc
geübt werden sollcn, nicht weniger Ursache,
dicsc Necrntenpressnng nachdrücklich abzu
wchren. Bei eineni conibinirien Plane
anf Westdeutschland nnd anf Vciieticn ist
Tprol, sind di'e Schweizerpässc dahcr von
großer Wichtigkeit. Da Nheiiiprtiißen
dieseni napolconischen Planc wohl nicht
frcnid ist, so ninß dic Einhcit dcr Jnter-
esscn, der Gefahr deni einfachsten politi-
schen Vcrständniß die Nothwcndigkcit ihrcr
Einigkcit alifnöthigcii.

I t a l i c n

Savoyen. Wic cs bciin Einpfang
dcr französischen Trnppen in Chanibcrp
zuging, erfahren wir dnrch cincn Brief
des Tl'iiiesbcrichtcrstätters von dort. Er
schreibk voin 23. März: Hcntc Morgen
uni halb 10 Uhr ist dic erste französische
Trnppenabtheilnng hier eingerückt. Män
hatte.sie von Tag zn Tag erwartet, so-
init sehltc es nicht an Zeit zn iheem Eni-
pfangc. Trotzdeni hatte kein Mensch bis
zum letzten 2lugenblick auch nnr dic Hand
dazn gcboten. Dcr Geinciiiderath sah sich
zuletzt gcnöthigt, etwas zu thiin, nnd hat
einc Proclaination zusainnicngestoppelt,. i'n
der natürlich viel von ver lorlwcrbekränzten
Brudcrarinec die Nede ist. Sic trägt vas
Wappen des Hauses Savopcn an der
Spitzc iind cndi'gt init den Worten: „Vivo
I^apolvon lll., vive la l^i.nipo!" Nicht
ininder confns lantetc dcr Aufrnf an die
Naji'oiialgardc. Es war ein kleines Häuf-
lcin französ. Agitatoren, die da schriecn
und ain 2lbend ihre Häuser belenchteten,
während die große Menge kalt nnd schcu
blieb. So wie die vcrschieveneu Triippen-
abthei'luiigcn aiikoininen, wcrden sie nach
dcn verschiedenen P r ovinze n gcschickt
wcrden.

Rom, 29. März. Ein wichtiges Acten-
stuck ist vcröffentlicht. Dicsen'Mcraen
schlug der Gcrichtsdl'encr der Jiiquisitioii
an. sieben dazn bestiinniten Ortcn die Er-
coininttnicationsblille an, wclche der nene
Abfall dcr Noniagna hcrvorrief.
langcr latcinischer Tcrt bcsagt iin Wescnt-
lichen: Nach dein Stjirz deS röinischkii
Kaiierrcichs habe cs der Dorsehnng ge-
fallcn, iin röinischen Pontisicat das'Ccn-
truni cincr gcistlichcii Wcltherrschaft zu
gründeii uud ihin zur uligchi'iiderten Aus-
übnng sei'ncr Machtvollkominenheit völlige
politische Unabhäiigigkeit zn gcwähren.
Wer diese antaste, werfe cin göttliches
Jnstl'tnt nni, nnd das habe die sardinische
Ncgiernng gethan, nachdcin im Pariscr
Congreß das Llttentat angcbahnt worden
sci. Der Papst erklärt daher dassclbe,
nnd niit ihin Alle, die ihin bci der Jn-
vasion, Occiipalion nnd Usnrpation des
rechtlichcii Besitzcs dcs römischen Stnhls
durch Na'th oder That irgendwic behülf-
lich waren, den voin Tridentiner 'Concil
darauf gesctzten Kirchcnstrafen vcrfallen,
schließt sic von der Genieinschaft dcr ka-
tholischcn Gläiibigcn fcicrlich ans, nnd
schlendcrt gcgen sic das Anathenia. Vou
di'cseni Flnch soll dic „osores seci'is ^pos-
tol'iow" Nieinand, sclbst nicht ini Tode,
absolviren dürfsn, anßer dem Papst scllwr.
Dies köniie' abcr nnr geschehen, wcini die
Ercottiinunicirten öffentlich Nene nnd Bußc
thätcn nnd dein röinischen Stnhl in jcdcr
Beziehnng vollkoininenen Schadenersatz
gäbcn. Es sci dazu ni'cht nöthig, die ei'n-
zeliicn hiedurch Getroffcnen'bci Nainen zu
nenncn.

^ Turin, 31. März. Dcr seit länge
! angekündigte Bannstrahl ist endlich ge-
I schleudcrt wordcn. Die Erconiinunicatl'oil
j ward i'n Noin niit allen hergcbrachten Förin-
Ül'chkeiten vollzogen. Sic ist gegen die
^ Urhebcr, Ilnstiftcr rc. der Aiincrioii gcrich-
tct, das heißt gegcn 12 Millionen Jta-
liener uud gegen, wir wiffen nicht wie
viele anderc Millioiieii Mcnscheii des 2lns-
landes, welche dicse.Aniierion gut hießen.
Und warnin diese Ercoininiliiicatkon? Han-
delt es sich etwa u»i eiiie neuc Ketzerei,
oder uin ein SchiSina? . Die Rcligion hat
nichtS daiilii zn thuii, dcr Glanbe bleibt
ganz außer Frage. Man ercoinininiicirt,
weil die.Noinagna, nnter einein schinipf-
lichcn Joch, dic Vcreinigung init Pienieiit
forderte, nnd weil der König diesein so
gcrechtfcrtigtcn Wunsche beistiiiiintc. Wir
sind überzengt, dic Rcgicrung wird sich
nnter diesen Uinständeii stark nnd geinäßigt
zugleich zeigcn, nnd den Staatsgesetzcii
nnd den Rcchten der bürgerlichen Gewalt,
dic zu allcn Zeitcn dnrch die Ucbergriffc
Roins bedroht wnrden, Achtnng verschaffeii.

Turin, 31. März. Der hiesige Ge-
ineinderath gewährt allen Militärs uiid
Bcaniten' aus Savopen nud Nizza, welche
die sardini'sche StaatSbürgcrschafc beibe-