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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0390

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.Berlin, 21. Apn'l. (Schluß der Dc-
batte im Hause dcr Abqcvrdneteii über die
.kurhesslschc Verfassuu.qöaiigcleqenhel't.) Allc
Trlbiliieil siud wi'eder überfüllt. Dcr erstc
Rcducr l'st v. Berq (Kaplan). Derselbe
wendet sich^zuvörderst gcaen di'e Insinua-
tl'oiien, dl'e qestern von den Abqeordncten
v. Blankenburg und Reichenspcrgcr gegen
die „Deinokratic" aüsgesprochen worden.
Was inei'ne man nu't dcn betrcffenden Phra-
sen eigcntll'ch? Di'e Deinokratl'e habe nicht
das Necht l'n Kurhessen brcchcn helfen, die
Deinvkratie habc ni'cht dcn Wcg nach War-
schan gezcigt, welchcr Weg sci'ner Sei'ts
dann wei'ter nach Olinüt) gcführt habe.
(Sehr gut!) Dl'e Deinokratic scl cs auch
iii'cht gewesen, die dcm König die Ableh-
nung der deutschcn Kaiserkrone aiigergthen
habe. Daß es in Deutschland so weit
gekommeii, wohin es in dcn lctzten Jahren
gekommen ist, das sei lcdigli'ch dic Schuld
derReaction und der Rechtslosigkcit, welche
nnter der vorigcn Regicrnng gchcrrscht
habe. Die gcgenwärtigc Negiernng wollc
Prrußci'i zu seinem altcn Ansehen.wicder
bringen, darum untcrstütze er den Antrag.
Was speciell Kurhessen betrefsc, so habe
auch dort von Dcmokratie u. s. w. nic-
mals die Rede sein können. Alles Mög-
liche sci in Kurhcssen g'eschchcn, nni dcm
edeln kurhcssischen Volksstainm dic Liebc
zn scinem Fürstcnhanse auö dcr Brust zu
reißcn! (Bravo.) Nedner geht sodann
auf das bundestägige Verfahren nnd, dcm
' gegenüber, auf die Pflicht Prenßens näher
cin. Als dcr König dic Kaiserkronc ab-
gclehnt, habe er doch die Pflicht gcfühlt,
daß dem dcutschen Volkc für Einhcit nud
Recht cin Ersatz geboten wer^cn müsse.
Aber hier sei nicht Wort gchalten wordcn.
Jetzt raffe die Ncgierung sich auf. Das
sei init Freuden zu bcgrüßen, aber Spm-
pathien werde Prenßen wirklich und blei-
bend nnr dann gewinnen, wenn cs Pdoben
von sciner Festigkeit abgelegt habc. Daß
die kleinen Staatcn gegen Prenßcn seien,
das sei natürlich: der Starkc sei bci den
Klei'iicn immcr verhaßt. Aber Prcußen
gehe nur vorwärts und dann würden ganz
gewiß auch die Kleincn schon mitgehen.
Daß eink Spaltung in Dcutschland ein-
trcte, fürchtc cr nicht. Und wenn Ocstcr-
reich sich wirklich einmal anf sich sclbst
conecntrirte, würde das nicht zu seincm
Heil sein? Nnr so könnc Oesterreich die
Sendung crfüllcn, die seine Aufgabc im
Südcn nnd Ostcn sei. So könnten Prenßen
und Oestcrrcich rccht gnt ncbcn cinander
ihrcn Weg gehen. Anch sci dic Furcht
nach Außen hin gänzlich zn verwerfen.
Durch cwige Furcht wcrde die Gefahr oft
erst erzeugt. Wozu dicsc Furcht.? Komme
die Gcfahr, unn wohl, so trete man ihr
mit Mnth nnd Verkrauen entgcgcn. Das
allein fuhrc zum Siege. (Bravo') —
Ncichenspcrger (katholischc Fraction) un-
terstutzt die gestern von seinem Bruder

dem Abg! für Geldcru, gestellte mildcre
Resolutiön. Dann sucht er, unter häu-
figem Mnrren der Nechten, einzelne Be-
merkungcn der gestrigen Redncr zu wider-
lcgcn. Er scincr 'Seits habc keine Witz-
knallbonbons (O! O!), und wcnn dcr
Abgeordnete für Berlin (Duncker) gcstcrn
das badischc Konkordat so scharf bctont
habe, so müffc er ihm bcmcrken, daß cin
Konkordat sich von dcm Landcsgesctzd nur
dadnrch nnterscheidc, daß dic Rechte der
Katholiken durch einen bcsondern Vertrag
festgestcllt würdcn. Zur Sachc übcrgchend,
si'lcht Nedncr sodann anszuführen, daß
Preußen in der hessischen Sache dic Dinge
nicht auf die lctzte Spitze treihen dürfc.
Dic ncue Verfassung, die das hessischc
Volk crhaltcn sollc, sei gar so übel nicht
— und was vcrschlage es am Ende, ob
dcm kurhcssischcn Volkc dicsc Vcrsassung
in blanem odcr gelbcm Umschlag gcgeben
werde? Aber die hessische Sächc solle sa
auch als Handhabc zur Lösung ver dcnt-
schen Frage dienen. Ans dcn Erörterungcn
dcs Abg. v. Carlowitz erschc cr, daß man
anch dic Evcntualität eines Bürgerkriegs
in's Auge fassc. (O! O! Gclächtcr.) Ia,
mcine Herren, wenn Sie clwa glanbcn,
daß eine Zwci- odcr Dreitheilung Dentsch-
lands sich auf dem Wege eines gütlichen
Arraiigements hcrbeifnhren ließc, dann
mögcn Sie mit Ihrcni O! O! Rccht
haben. (Andancrndcr Widcrspruch.) Und
dann werdc sicherlich auch noch cine an-
c-crc Armce kommeii, als Oestcrrcichcr nnd
Strafbapern, und diese auderc Arinec
wcrdc sich dann anch schon die „dcutsche
Frage" zurcchtlc.geii. Was man von ci-
neui Einhcitsstaat sprechc, vertrage sich
nicht mit dem Charakter der bcutschen
Nation. Nedner gibt sodann noch Rath-
schläge. für- einc Neform dcs Bnndes.
Schließlich wcist Redner gewissc Anspie-
lungen zurück, die er in dcm Sinne gc-
hört zu haben glaubt, daß die Katholikcn
österreichische Spmpathicn hättcn; die Ka-
tholiken vom .Nheine wüßtcn,' was sic
hätten und östcrreichisch wollten sie nicht
sein. (Bravo!) (Schluß f.)

Berlin. Der Ansschnß.-.iitrag in der
kurhcssischen Fragc, wclcher mit 207 gcgen
68 Stiinmen angenvmmcn wurde, lautet:
„dieses Haus ist den Schritten dcr ckön.
Staatsregierung, der kurhessischcn Ver-
fassnng von 1831 rechtliche Ancrkennuiig
zu sichern, mit lebhafter Zustimmung gc-
folgt und hegt das Vertrauen, daß die
k. Staatsregierung den von ihr einge-
iiommencn Standpuukt, auch den von der
Mehrhcit der deutschcn Ncgierungen anr.
24. März d. I. zn Frankfurt gefaßtcn
Beschlüssen gegenüber, mit Energic fcsthalten
werde."

Wien, 21. April. Amtlicher Anzeigc
zufolge ist dic Frist zur Einlösung dcr auf
Conventionsmttiizc lantenden Banknoten
im Betrage von einem, zwei, fünf,' zehn,

fünfzig, hundert und tauscnd Gülden bis
Endc September d. I. verlängcrt.

Wien, 21. April. F.-Z.-M. Rittcr
v. Bencdek soll sehr cnergisch zn Gunsten
libcraler Ncformcn aufgetreten sein und
dieselben zur Bedingung der Annahme
dcr ihm übcrtragencn Mission gcmacht
haben.

Wien, 23. April. Finanzminister
Baron Bruck ist diesen Abend 6 Uhr in
Folgc eines Schlagflusses gestorbcn. —
Heute früh .starb Fürst Czartory 6 ki.

F r a n k r e i ch.

PariS- Ein Theil dcr für daö Lagcr
von Chalons bcstimniten Truppen ist be-
rcits dort angekoiiimen. Das Lager wird
wcnigstens doppclt so groß scin, als letzies
Iahr, nnd die Artillerie und Cavallcrie
besonders stark vcrtreten sein. Dcr Trans-
port der bciden letztcrcn Wasscngattungcn
ist iiicht so leicht, als ber der Infanterie.

Paris, 22. April. Dem „Moniteur"
ziifolge haben zwei Stämme in Algerien
(Snbdivision Batna) eincn Insurrections-
versnch gcmacht, dcn Gencräl Desmarest
nicderschlug. Ein Sherif, 5 Fahncn, die
Todten und Vcrwundeten, die Zclte und
Hcerdcn fielen den Franzoscn in die Hände;
diese bezahltcn den Sicg mit 23 Todten,
wornnter 3 Offiziere und -56 Verivmi-
dctc.

PariS, 24. April Morgens. (Moni't.)
Abstimmung des savopischen Militärs:
3220 Ja, 127 Nci'n. AbftimmmigSrriiil-
tat in Savopen, soweit bekannt: 30,000
Ja, 59 Nein. Das Ncsultat in den Pro-
vinzcn Chablais und Faucignp ist, soweit
bekannt, beinahe einstiminig Ia.

S ch w e i z.

Genf, 17. April. Alle Gcmeinde-
präsiventcn der neutralisirten Provinzen,
die nicht französisch gesinnt waren, sind
abgesetzt. In allen Dörfern wchen fran-
zösische Flaggcu. Äämmtliches Personal
ist jetzt cin Fraukreich crgebcnes. Soinit
ist das Land vollstäiidig von Frankreich in
Bcsitz genommen. Der 22. April ist niir
noch ein Comödienspiel. In Genf ist dic
Stimmung iinmer sehr gedrückt; denn wir
schen uns iiun vollftändig llinklaminert.
Bald werden die Barken mit französischch
Flaggen hier im Hafen landen, um »>'§
zu zeigen, wie nahe man uns auf den
Leib gerückt ist. Der Franzosenhaß hat
sich außerordentlich gesteigert. Sainste-i
Abend lvnrde auf dem Pont des Berguts
ein französischerOffizicrvon einerPatroiu'llt
verhaftet, sie rief ihn an, als sie eiiien
Militär sah, nnv da er nicht antworken
konnte, wnrde er ohnc Wciteres auf vcn
Poflen geführt. Täglich gibt es Streiti'jp
keiten »lit den zabllosen französilchen
Agenten.
 
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