Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Mai
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0484

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
lizeiund Patroiiatörechtebctreffend; 4) ilbcr
die bürqerliche Staildcsbeaintmiq in An6-
nahinsfällcn; 5) über die AnSnbunq dcr
ErziehiingSrcchte in Bezu.z anf die Reli-
qion dcr Kindcr, nnd 6) nber die Be-
strafniiq von AintSnll'ßbränchen der Geist-
lichcii zur VcrfaffllnqSniäßi'qcn Berathlinq
und Zllstilninlliig vorzlilcgen. Zn Negie-
rnligScoinlnissären ernenneii Wir fnr daS
Minl'steriuiil der Jnsti'z Unscrn Minl'stcrl'al-
rath Alnniann nnd fnr das Miiii'steriiiin
dcs Jnnern Unsern Ml'iiisterialrathSchlnidt.
Gcgcben-znskarlürllhcl'nUnsereinStaatsini-
uisterinni, den 2l. Mai 1860. F r ied r i ch.
Stabel. A. Laincp. Anf Sr. Köni'gl. Hoh.
hvchsten Bcfchl: Schnnggart

Gesetztntwnrf über die rechtliche Stel-
lnng der Kirchcn und kirchlichen Vercine
iin Staate. In Ansführung dcr durch
Unsere Proclaination voin 7. April d. I.
qegebenen Zusichernng, wclch'c dcn beiden
Kirchcn Unscres Landes einc frcie und
selbstständige Stellnng uuter dev Gewähr
eincr anf verfassungsliiäßigcin Wege cr-
lasscnen Gesctzgebnng vcrheißt, und iin
Hinblick auf die Bestiininuiigen der §§. 18
und 20 der Vcrfassniigsnrkniide habcn Wir
uiit Zilstiininiing Unscrer getrencn Stänvc
beschlossen und verordnen, wic folgt:
1. Allgenleinc Bestiinninngeii. . §. 1. Der
Vereinigten evangclisch-prottstantischen iind
der roinisch-katholischen Kirche ist das Necht
öffentlicher Corporatioiicn mit dein Nechte
der öffentlichcn Gottesvcrehrnng gcwähr-
leistet. §. 2. Di'c Befugnisse dcr bisher
geduldeten Neligl'onsgcineinschaftcn richten
sich nach den i'hncn ertheiltcn bcsonderen
Verwilligungcn. §. 3. Die Bildnng re-
ligiöser Dereine ist gcstattct. Ihre Ver-
fassung und ihrBekenntniß darfdenStaats-
gesctzen iind der Sl'ttlichkcit nicht wider-
sprechen. E6 steht ihnen das Necht der
freicn geincinsainen Gottcsverehrung untcr
dcni Schutz dcs Staatcs zu. §. 4. Die
Ncligionsvcrschiedeiiheit ist kein bürger-
lichcs Ehchinderiiiß. Für jede nach den
Staatsgcsetzen zulässige Ehe inuß eine
rcchtlichc Forin der Ciugeh'ung durch das
Gesctz gewährt scin. §. 5. Diejenigcn,
welchen nach den bürgcrlichen Gcsctzcn die
Erzl'ehungsrechtc znstehcn, haben zu bc-
siiimnen, in wclcher Neligion die Kinder
erzogen wcrdcn sollen. Die näheren Ver-
fügungcn bleibcn eiiicin besondern Gesetze
vorbehalten. §. 6. Das öffcntliche Un-
terrichtswesen wird voin Staate gelcitet.
Aiidere Untcrrichts- und Erziehuilgsaiistal-
ten stehen unter dcr Aufsicht dcr Staats-
regierung.. (Forts. folgt.)

§ Heidelberg, 23. Mai. Gestcrn
wurde von Genicl'nderathsniitgll'edcrn und
zahlrcichen Bürgern cine Versainrnlnng in
der Harnionie abgchaltcn und ein Fcst-
coinite erwählt, durch welchcs berathen
werden soll, wie nnscr erlauchte.s Ncgeii'
tenpaar auf das Würdigste und für
HeidelbergEhrclivollstezu einpfangen wäre.

Ein, herzlicher Einpfang von Seitc d'er
Eiiiwohncr, Illninination, wozu schon
mchrere Bnrger praciuvollc Tranüparentc
fertigev laffcn; wic Fackelzüge dcr Stn-
dcntcnschaft und dergleichen werden wohl
die Grundpunkte der erstcn Feicrlichkkiten
bildcn. Dic herrlichc Natnr, die das Ne.ckar-'
thal niit so nlannigfaltkgeil Neizcn uin-
strahlt, wird wohl anch vicl dazn bei-
tragen, dein gclicbten Laiidesfnrsten und
seiner Geniahlin den Aufenthält in ünscrcr
Muscnstadt zu cinein höchst angenchincn
zu inachen. — Gcstern Nacht ließ einc
Gesellschaft von Engländern die herrliche
Schloßrninc dnrch bcngalische Flainincn cr.-
leuchten, ivas dcn großartigsten Eindrnck
gewährte.

Mannheim, 18. Mai. Hentc crhielt
dic dentschkatholischc Geineinde zwei schönc
und zugleich nainhafte Geschenke. Das
kinc bestehend in dcr baarcn Suinine von
300 fl.., das andere bcstehend in einer
wcißcn Marmorplatte, woranf ssch init
goldcnen Lcttcrn dic Inschrift befindet:
„Wir glauben Alle an Eincn Gott und
die Lirbc vcreinigt nns Allc!"

Villingen, 21. Mai. Gcstcrn wurdc
dahier das Fest der. E i n w e i h u n g -der
cv ang el isch e n Kirche unter deni Zn>
drang vieler'Tausend Menscheii aus nah
und ferii gefeiert.

Aus Thürinaen, 17. Mai. In dcr
„Wochenschrift des Nationalvercins" ist
eine Mitteilnng geinacht, die. gerade jetzt
von erheblichein Intercsse sein dürftc und
die von dcr Ncdaction niit solcher Be-
stimintheit veröffentlicht wird, daß an ihrer
Nichti'gkcit kanm gczweifclt wcrden kann.
Demznfolge hat Hcrr'v. Thouvenel in
vertraulichcn Unterredungcii mi't den Ge-
sandten zweicr Stäatcn, die dcm Nhein-
bund angehört haben, zu erkennen gegeben,
datz der' Kaiscr dcr Franzosen es gc.rn
sähe, wcnn dic Formen dcr Etikette wie-
der angcnolnmcii würden, durch welche
der Verkchr Napoleons l. mit dcn Fürsten
dcr fraglichen Staaten gercgclt worden
sei. Das wescntliche Stück dieser Fornien
^iiun war die den Nheinbundsfürsten auf-
erlcgte Unterschrift: Votr« 5rere et 8er-
viteur. Dcr eine von den beiden Gc-
sandten bat um schriftliche Mltthcilung
des von Herrn Thouvenel ansgcsprochenen
Wnnsches, die indessen nicht erfolgte. Der
zweite Gesandtc entledigtc sich des ihm
erhcilten Auftrags bei seiucin Hof. Dieser,
obgleich er sich von jeher, und nameiltlich
bei mehr als übereilter Aiierkeliiiung des
wl'ederhergestctttenKaiscrreichs.durchdicnst-
fcrtige Beflissenheit gegenüber dcm Na-
polcouismns hcrvorgcthan, konnte sich doch
ilicht entschlie.ßcn, mitdcin l'hm angcsonnenen
Bcispiel der förmlichen Uiiterthänigkeits-
bezeugung voraiizugchen. Ein eigenhän-
diges Schreiben bat untcr vieleu Ent-
schuldigungen den Kaiser der Franzosen
um die Erlaubnlß, sich nicht dcssen Diener

neniicn zu dürfen. Das Gcsnch wurde
großmüthig gewährt.

Dresden, 16. Mai. Gestern wurde
vom hitsigcn k. Bezirksgericht dcr Staats-
bnchhaltcreikanzlist Glad.ewitz, genannt
Lehmann, in öffcntlicher Verhandlniig zum
Tode vcrurthcilt. Er hattc einc ver-
hältnißmäßig gutc Stcllnng mit 400 Thlrn.
Gichalt, war^schr brauchbar und bcfähigt,
aber dnrch >L>chuldcn und in dercn Folge
Gehaltsabzng, durch Trunksucht nnd Ver-
kehr in lüdcrlichen Häusern herabgekoin-
nicn. Im März d. I. „ii't Entlaffung
bedroht, im April zum Auszug gezwnngen,
feiertc cr in dcr Nacht voni 1. znm 2.
April cinc Bacchanalic in einciii vcrrufencn
Hanse mit, in de/ Tasche das Fläschchcn
ini't Morphinm, das er bereits im März
znr Vergiftung seincr Kinder sich zu ver-
sch.affen gewnßt. Ein Znfall iührt dieses
Fläschchcu ans Tagcslicht; cin trimkener
Festgenosse, ein Arzt, zieht cs deinTrim-
kenen aus dcr Tasche nnd gibt es ihm
auf scin heftiges Andriiigen ahiiimzslos
zürück. Die Nacht wird verschlemint, am
aiidcrn Morgcn ein gcladcnes Terzerol
gekauft, um den fünffachcn Mord mit
eincm Selbstmord zu krönen. Die fünf
Kinder crhalten nach dcr Rcihc aufwärt-t
vom zwcijährigcn an in Eßlöffclu dm
verzuckerten Giftsaft; die beidcn jüiigsten
starben, dic drei ältcrn sind erhaltcn. Die
von Nachbarn herbeigcholte ärztliche Hilfe
vcrhindcrte dcn Tod dieser dre, iind ver-
anlaßte dic Haft des anfangs leiigneiiden,
durch Giftflasche iinv Terzerol überführtcn
nnd znm Geständniß gcbrachtcn Mvrdcrs.

Berlin, 18. Mai. Im Proccß vcS
Criminaldl'rectors Stieber ist heiite (ivie
bcreits gcmeldct) eiuevoilstäudigc Frci-
sprechung beider Angcklagten erfolgt.
Die zur Änklage gebrachten Fälle von
Frciheitsbcraubnng und die Unterlassiing
von Anzeige von Verbrcchen zur gcricht-
licheii Verfolgnng haben cin andcres Nc-
sultat erwartcn lassen. Herr Lüicber hal
sich in eincr zweistüudigen Ncdc schr g»I
verthcidigt, nud griff dabci den Obm
staatsanivalt Schwarck, wie auch deu Iu-
sti'zmiiiister, so heftig an, daß der Präsi-
dentdcs Gerichtshofcs i'hmdas Wort entzog.
Es lag trotz dcssen Wahrheit gcnug in
sciucn Dehanptnngen, und es dient wcui'g-
stcns zn seiner Eiitschuldlgiing, daß Iahre
lang hicr von der Polizci Mauches gethan
wnrde, was sich nicht mit dcm strcugen
Nechte vertrug, daß aber der Oberstaats-
anwalt sowohl, wie der Instizmi'iiister dazu
schwiegen. Ietzt solle er als Sündcubolk
für dies Spstcm bestraft werden, fnr ge<
ringe Fehlcr, während er bcwciseii wolle,
daß die Justiz Personen Monatc lang ms
Gefängniß gesteckt habe, ohne sie eiiicin
Nichter vorznführen, ja ohne ihneii auch
nur den Grnnd ihrer Verhaftnng auzu'
geben. Diese Vcrtheidigliiig war allcp
dings schlagend, uiid wenii dcr InstiZ'
 
Annotationen