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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0530

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dcr nächstcii Snindc schon cm Kaiiipf um
di'e Eri'stenz der deittschcn Nation eitt-
brennen kann, des innern Hader 6 zu
Verqcsscn nnd in Einigkcit zu-
saminenznstchcn, um das kostbarstc
Gut einer jedcn Nation, dic Nnabhäiigig-
kcit und dainit zngleich die crstc und
ivescntlichste Vvranssktzung für dic Wicdcr-
hkrstcllung dcr uns durch Uncinigkeit vcr-
lvren gegaiigcncn Freihcit nnd Ein-
heit zu retten.

München, 3. Iuiii. Bci dem letzten
Zusammcntritt des Vcrivaltungsraths der
Gescllschaft der baperischcn Ostbahnen
dahicr ist auch ciue das gesammte reisende
Pilblikllm i'ii hohcm Grad intcresstrendc
Frage zur Sprache gckoinmen. Es handelt
sich^nm dic Anfstcllung eigener Bahn-
ärzte, uild" zur Durchführung der Maß-
rcgel sind, wie ich hvre, dic ersten Ein-
lcitungen bercits getrvffen. An jeder
Hauptstation ivürde eiii praktischcr Arzt
aufgcstellt iverden, in dcssen Pflicht es
läge, einerseits dem beim Bahndienst be-
schäftigten Persvnal in Erkrankungsfällen
die nöthige ärztliche Behandlnng ange-
dcihen zn lasscn, andererscits bci etwa im
Betricb der Bahn sich ereigiienden Un-
glücksfällcn die nvthige Hilfe soglcich zn
leisten. Au diesem Zwcck svllcn auch auf
alleii Hauptstativnen dcr Ostbahnen die
erfordcrlichen chirurgischeir Jnstrnineitte,
Verbandzcuge, Nothapothcken nnd dergl.
nberall stcts vorhandeil sein.

AuS Kurhessen, 1. Juni. Das Er-
schcincn der nenen Vcrfassung hat
hvä>lich überrascht, noch mchr abcr dic
vollständige Nachgiebigkeit der Negiernng
in allcn zweifclhaften Punkten, z. B. bei
dein so sehr mächtigen, aber auch bedenk-
lichcn Competcnzgerichtshvf. Dicser svll
hiernächst mit den Ständen regulirt wcr-
den; cinstweilcn abcr sollcn in allen ein-
schlagenden Fällen die Gerichte selbst cnt-
schciden. Die ncne Verfassung läßt sich j
also annehmen, voransgcsetzt, daß man
sie in dcr Gcsctzgebung und in der Praris
ehrlich durchführt. Dcr Kampf mit den
Jllnkern wi^d freilich nicht siange auf sich
warten lassen und der Ncgiernng ebcnso
unbeqiiem sein, wie der zwciten Kamincr.
Vergessen wir aber nicht, daß das, was
bis jetzt crlangd wnrde, nnr dem uner-
müdlichcn Kampf der Vaterlandsfrcunde
und dcr kräftigcn Haltniig Prcußens'zu
danken ist. Vergesscn wir nicht, daß, was
erlangt wurde, nicht durch dic Mehrhcit
dcs Bundestags, sondern troh dcrsclbcn.
erlaugt worden ist. Aber wir wiedcr-
holen: ehrliches Spicl thut jeizt vor allem
Andern Noth; ni'cht wenigcr Vcrsöhnlich-
keit nnd einiges Bcmühen, vielfach bc-
gangcnes schweres Unrccht nwglichst aus-
zugleichen.

Leipzift, 4. Iunr. Der vormaliae
Professor 0,-. Wilhelin Brunv Lindner
hat auch in dem Gnadenwege eine M,'n-

dcrung dcr ihm .zuerkauitten 6jährigen
Arbci'tshausstrafc nicht errcicht; auf scin
Gnavcngcsuch ist er allerhöchsten Orts
abfällig beschiedcn wordcn und hat daher
nnnmehr seine Strafe aiizittrctcn.

Berlin, 2. Iuiii. Die „Prcuß. Ztg."
schrcibt: „Wir stimmcn gern mit dcm
Constitutioiincl darin überein, daß Frank-
rcich seit mehr als vicrzig Jahrcn uns
ein sliachbar gewcscn ist, übcr dessen Hal-
tung wir kcinc Ursachc hattcn, uns zu
beklagen, und wir würden es mit ihm
für angcmessener halten, wcnn man sich
auf beidcn Seiten des. Nheins jeder be-
leidigendcn und aufregenden Sprache cnt-
halten wollte. Wcnn aber der Constitu-
tionnel uns fragt, wo dcnn die Ursache
des allgemeinen Mißtrauens liege, so kön-
nen wir ihm mit dem Schlnsse seincs
eigenen Artikcls antwortcn: Frankreich hat
sein „legitimes Ucbergewicht wieder ge-
fundcn?" Man kann nicht wieder finden,
was man nie bcsessen hat. Wir wisscn
wohl von cincin factischcn Uebergewicht,
welchcs Frankreich währcnd cines Thciles
der Regierung Ludwig's XIV. ^iiv nnter
dem ersten Napolcon besaß; aber wir
wisscn anch, daß ein solches factisches
Ucbergewicht jcdcsmal im Namen des po-
litischen Gleichgcwichts eind Coalition dcr
übrigcn Mächte gegen fich in den Kampf
gcrufen hat, wie eben dasselbe anch früher
geschehen war, als die spanische Macht
ein Uebergewicht in Enropa an sich ge-
risscn hatte. Ein legitimes Ueberge-
wicht abcr hat nie einc Macht in Europa
bcsessen." .

Hamburg. Das Dampfschiff „Go-
thcuburg", von Gothenburg nach Hamburg,
ist 40 Meilcu von Curhaven in Brand gc-
rathen; wahrscheinlich ist das Feuer im
Kohlenranin ansgcbrochen. Es hatte u. A.
80 Last Noggen -an Bord. Trotz dcs
Brandcs fuhr man, die Passagiere in
einem Boote nachschleppcnd, weiter, und
am 1. Iuui Mittags wurde das Schiff
untcrhalb Altona auf'den Grund gesctzt.

?Wien, 1. Iuni. Die' Gegenständc,
welche in der ersten Saison nnseres
Neichsrathes znr Verhalidlnng kom-
men sollen, sind:

1) Die Bcqutachtuiili dcS festziistcllcndcii Staalr-
vormischlagS, soivic dic Prüfimg dcr StaatSrcchnungS-

Civil-Proccsiordiiung Im Simic „dcr Slnbahiiuiig
von Mündlichkcit uiid Ocffcntlichkcil dcS VcrfahrcnS",
uiid I>) stModificatloncii" dcS jehl »och In Kraft
bcstchcndcii WuchcrpatcutcS z»r Bcgutachtung dcS

Wien, 2. Inni. Die „Ostd. P."
berichtet: „Wir habcn heute eine Nach-
richt -von großer Wichtigkeit mitzlttheilen:
Die neue orientalischc Frage, welche Fürst

Gortschakoff jüngstcns in die Welt zu schlen-
dern versuchte, ist bcreits abgethan und
beseitigt. Znverlässige telegraphische Dc-
peschen aus Konstantinopel, die hier ein-
gctroffcn sind, meldcn, daß der französischk
Geiandte, Herr Lavalette, und der rus-
sischc Gcsandtc, Fürst v. Lgbanoss, in
Konstantinopcl die ossiziclle Erkläruna
abgegebcn habcn, daß ihre Negierunqen
mit der von der Pforte aus eigcner
Jnttiative angcordneten stelbststän'dige,,
Utttersuchnng über die Lage dcr christ.
lichen Bcwohner der Lürkci sich voll->
ständig cinverstanden erklären und daß

sie ihre Befriedigung darüber auszudrü-

cken bcauftragt sind.

H r a n k r e i ch.

Paris, 2. Jnni. Nach dem Indepen-
dant de la Moselle hat das Gcniecorps
den Befehl erhaltcn, sofort in allcn Gar-
nisonen für cntsprechende Erweitcrung rc.
der Cascrnen Sorgc zn tragen. Es wird
sofort'.je ein Zwölftel der nicht incvrpo-
rirten Mannschaft der Jiifanteriercgimen-
ter auf ge 4 Wochcn unter dic Fah-
ncn gcrufcn wcrdcn. Dic dadurch ver-
anlaßtc Vermchrung des Bndgcts tcs
Heeres bcträgt 30 Mitt.'Fran'kcn. Es
wcrdcn dagcgen aber jeden Monat 2öM
Mann einbcrnfen werdcn köiinen, iiiid hiaü
übcr's Iahr wird das franzöfische Heer
300,000 Mann mchr anSgebildete nnd
eqnipirte Truppc» befijjen, als eS anßer-
dcm haben würde.

Paris, >2. Juni. Der Kaiser und die
Kaiserin wcrdcn hcute Abcnd von Lyon
wieder in Paris znrilckerwartct. Nähcre
Einzelnh'citcn übcr die Znsamincnkunft dir-
selben mit dcr Kaiserin-Wittwc von Ruß-
land vcrniinmt man noch nicht. Dicscs
in jeder Bczichung so >wichtige Ereigniß
beschäftigt aber unsere politische Wclt in
hohem Grade.

Paris. 3. Iuni. Die Negieriuig hut
schon ganz positive Nachrichteu von dcm
Abschlussc der Capl'tulatioil zwischcn Ga>
ribaldi und Lanza. Die königl. Truppcii
solleu sich nach Neapel und uicht „a-
Messina znrückzichen. -

Pariö, 3. Ilini. Der si'cili'schc

Au fstaud chat sein crstcs Stadiuin diirch-
laufen. Der „Abcnteurer und Freibeuttt"
Garibaldi hat die königlichen Trupptt
zur Capl'tulation gezwungcn und init de«
königlichen Gcneral deu Venrag abgu
schiossen. Das ist moralisch und saiM
cin großer Sieg, der noch dadurch erbühi

wird, daß Mitglieder dcs insurrectioilellcll
Ansschiisses dcn Verhandlunge» beigcwohii'
haben. Hiermit hat Neapel anerkaiint,
daß Garibaldi eine Macht ist, ,
man künftig rechnen miiß. Dic FoM
dcr Capitnlation werden ungeheuer sci
Einmal wird dieser Sieg dcr !

ten die ganze Bcvölkermig dcr Inscl

Sachc Garibaldi's geivliinen.

Waö ss-" > To
 
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