Heidelberger Tagblatt (1860 (Januar bis Juni))

Berlin, 9. Juiu'. Si'chrrciii Vrrnch-
men nach hat drr'Prr'nzregent das Aner-
birten de6 Kai'serS Napvlcvn, ihin während
seineS Alifrnthaltrs in Baden-Badcn cincn
Brsnch abziistattcn, angrnvnunen. Anch
andere deutsche Fnrsten werden dasclbst
erwartet.

Hcninover, 6. Jiuu'. Bei dcr Grund-
steiiilcqnng des Eriist-Angust-Denkinals
sagtc dcr Kviu'g n. A.: „Vom ANinäch-
tigcn erstehe ich, und, wie. ich Gvttlob
wciß, in Uebereliistliiiinniig nu't ineincin
ganzen Vvlkc (?), daß cr geben mvgc,
daß daö alte Hcrrschcrhqus bis znin Endc
allcr Dinge nu't seincn Landen und seinen
Unkerthaiicn innig verwoben bler'bc."
Zu Ehrcn dcs Tages wurdc bckanntlich
,Herr v. Borries „sciner Verdicnstc wcgen"
gegraft.

Hannover, 9. Juni. Die „Kln.-
Ztg." schrcibt über die Erhebung - des
Hcrrn v. Dorries in den Grafcnstand:
Jn senem Augenblicke, wo jcner Vcrtrc-
ter des engherzigstcn Partiknlarisinus
nach dcr inildcsten Auffassung einc hvchst
unbesonncne und ungczieinende Acußerung
gethan, nach der allgeincinen Meinung
mit dein schliuunsten Vatcrjandsverrathe
gedroht hat, wird er zmn Grafen er-
nannt! Das ist ein Schlag ins Gestcht
für die deutsche Nation und soll ciner
sein. Dcr König von Hannover hätte
kein besseres Mittcl wählcn können, uin
dein ihm so sehr verhaßten deutschen
Nationalvcrein in dic Hand zu arbeiten.
Das heißt nicht bloß den Adel ernicdri-
gen, sondern auch das Fürstenthuin,
wenigstcns das deutsche Theil-Fürsten-
thuin, gefährden. Daö dcntsche Volk
wird nicht vergessen, wic diese Grafen-
krone erworben ist!

Wien, 5. Juni. Jn dem Prozeß
Schnu'tt (Lcichnam im Kosscr) ist hcute
das Urthcil vcrkündigt worden. Johann
Schnu'tt wurde wegen Naubinord zu
lebenslänglichcin schwcrein Kerker, Mag-
dalcna Bichl zn vierjährigcin schwerem
Kerker vcrurtheilt, Rosa Biehl vollstän-
dig sreigesprochen.

Wien, 9. Juiu'. Wie dic hcntige
„Wiener Zeitung" meldet, tritt die un-
garische Statthaltcrci ani 1. Juli ins
Lebcn. Die Wirksainkcit der bisherigen
Statthalterei-Abtheilungen und der Ge-
neral-Gouvcrneinents wird gleichzeitig
cingestcllt. — Dic Kreisbchördcn Mährens
und die LandcSrcgierung voii Troppau
werden anfgehoben. Schlestcn wird ber
mährilchen Ätatthaltcrci untergeordnet,
jedoch Schlcstenö Stcllung als Kronlaitd
mit bcsondercr LandeSvertretung gew.ahrt.

F r a n k r e i ch.

Paris, 8. Jnni. Die „Pairic" be-
richtet: Der Aufstand ist jctzt als Herr
in drei Provinzen (Palerino, Trapaiu'
GirgeiM') anzusehen. Die Neapolitancr

dagcgen sind noch ini Bcstpe dcs ganze»
Küstcnstri'ches, wclcher sich von MZazzo
illid Messtna bis Licata, über das Eap
Passcro hin, crstreckt; dieser Theil der
Jnscl uinfaßt dic bcsten festcn Pläpe:
näinlich in dcr Provinz Messtna dcn
Hanptort Messtna, Melazzo, Taorinina,
Randazzo; in dcr Provi'nz Catanca den
Hanplort Catanea, Aci Reale, Alterno,
Nieosta, Fronte; iii der Provinz Spracns
dic Fcstnng Acosta, welchc an Bcbentung
den zweiten Nang nach Mcsstna hat. End-
lich ha.t die Vertheivigung noch iininer die
innerc Provinz Caltanisctta; die Besatzun-
gen des Platzes Caltanisctta und die von
Castro - Gl'ovanni stnd verstärkt worden.
Dieß ist die gegenwärtigc Lage. Gari-
baldi entfaltet ei'nc seltcnc Energie, nin
die Jnsurrcction vom inilitärischcn Stand-
puiikte aus zu organistren; aber Alles
wird von den crstcn Operationcn abhän-
gcn, die er llnteriiehuien wr'rd.

G n g l a n d.

London. DasReuter'schcTclegraphcn-
Bnrcan bringt einc Depesche aus Wicn,
wonach nächstens cin kaiscrliches Decrct
über Veiietieii crschcincn wird. Die ve-
nctianischeCentral-Congregation erhält für
Verwaltiiiigs-Fragen ein kiitschcidendes
Votnin statt eines berathenden. Einc ein-
fache Unterschrift des, Prästdentcn inacht
die Entscheivungen erecntorisch. Die Con-
gregation wird auch für Nechtsfragcn die
End-Elltscheidungcn trcssc». Dic Ccntral-
Verwaltung behält stch blos die Billigung
der Ausgaben vor. Die Freiheiten und
Gerechtsaine der Genieinden, die im Pa-
tent voin 24. April gewährt wnrdcn, wcr-
den bestätigt.

I t a l i e n.

Jn cinein Schreiben-der „K. Z." aus
Neapel heißt es: „Wir bedaucrn setzt
ciiiftweileil unscre arinen Landsleute, dic
unter all' dein Gräuel cincs erbitterteii
Ncooliitioiiskrieges dort in Palerino an
Leben, Hab und Gnt bedroht stnd, ohne
i'rgcnd eincs ausreichenben, vaterlänbi-
schen Schntzes zn genießen, wie die Unter-
thanen anderer großcr Nationen. Die
Miethen für einzelne Kauffahrteischiffe
sottcn iinerschwinglich.sein, an Bord dcr
österreichischen Danipfer wird inan nicht
Platz gcniig haben für Alle, und so er-
wartet denn die.-gezwungen ani .Lande
Znrückbleibendcn das traurige Loos, wehr-
los dein Feuer der brcnnenden Häuscr
ober den Kugcln des Kastells ausgescpt
zn sein. Die dentsche Flotte ist
verschachert, wir wiffen das freilich,
aber hat dcnn Prenßen gar nichts davon
übrig behalten, um zn helfcn, wo es
noth thut? Wo stnd „Gefion" nnd „Bar-
barossa"?

Die Corr. Havas gibt folgcnde Nach-
richten aus Palermo: In Folge des

Gefechts von, 27. Morgens, wobei Ga-
ribaldi^an dcr, SpiPe der Alpcnjägcr das
Thor Sän.Antoiu'no nu't drni Bayonnet
nahin nud bis in die Mitte der Stadt
vordrang, verlicßen die Truppcn die Ka-
serne L-an Antonio und das Thor Macqneda
nnd eoneentrirten stch ini Hauptqnartier.
Si'e bildcten so einc Liiu'c von der Fraii-
cesco die Panla-Kirche bis zu den Ka-
sernen der vicr Winde vor dem Staats-
gefängnisse. Abcnds wnrde dicsc Linie
forcirt; Gencral Lanza nuißtc stch in dcn
köiu'gl. Palast im Süden der Stadt znrück-
ziehcn und war so durch dic ganze insur-
girte Stadt von dcr Citadelle gctrennt.
Dics ist dic Stellnng der Truppcn aiii
23! Morgcns. Ini Laufc des Tages räu-
inen sic noch die Gefängnisse, den Bagiio
bie Kasernen der vier Winde und flüchtcn
an das Ende dcck Hafendamms, wo
ste die Bootc der iieapoll'tanischen Schisse
herbeirufcn, welchc sie aufnehincii. Abeiids
eröffnen die Jnsnrgentcil cin heftigeS Ge-
nvehrfeuer gcgcn das Schloß; es gelingt
ihnen, voni erzbischöfll'chen Palastc, von
wo ans ste auf die Soldaten fencrii, in
das^Schloß zu dringen, und die Soldatcu
inüsten die Gebände dcr Finanzverivaltiing
und dic Ospitaletta vcrlaffen, wo sic sich
biö jetzt /gchalten hattcn. Jn dcr AG
wcrden die Trnppen, wclche die Höhin
von Monreale vcrlassen haben und zwischcn
den Kapuzinern und dem Dorfe Olivezzn
cainpiren, fortwährcnd von bewassiieten
Bauern und Bergbewohiiern geiieckt iind
köiinen daher bein Gencral Lanza im kgl.
Schlossc nicht zu Hilfe cilcn. — 29. Mai.
Die Truppeu haltcn stch noch .im Schlosse
und in der Citadelle, währcnd Garibaldi
im Stadthansa Maßregcln zur Fortsetzuiig
des Kampfes trisst. Er dccretirt die M-
dung einer Nationalgardc, die Er-
öffnuttg einer Natioiialsubcriptioii; ferncr
erläßt er init dcm städtischen Ansschug
eine Ordonnanz, wornach jcdcs Vcrbrechcn
dcö. Diebstahls oder Morbcs oder Plim»
derns uii't dcm Tode bestraft wird. Ein
anderes Dccrct verbictct, anders als un'
ter der Leitiing eines ChefS sich mit Waf-
fen in dcr Straße blicken zn laflen. ES
ist ferncr vcrbotcn, dic Sbirrcn zii vcr-
folgcn. Ein provisor i s ch e rAn 6 schuß
ist mit den Werbungen beauftragt. Dr.
Vl'iicenz Macalcssa ist zuin -Cominissär von
G irg cn t i ernannt. Ein Bricf von dort
sagt, die Trnppen hälten mit den Ein-
wohnern fratcriüstrt. Dic Iiisurgentcn
fanden in der Kasernc der Gefängnisst
4 Kanonen und rinen Zwölfpfünder. —
Die 5 Dampfer, wclchc am 18. nach
der Teriilinr'bai abgcgangcn waren, kom-
lncn nach Palermo zurück, ohne baß cs
ihnen niöglich gewescn wäre, ihre^ 1000
Mann zn lauden. Bootc bringen ste nach
der Citadelle zurück. Abends inachen dlest
Truppen ei'nen vergeblichen Vcrsuch, dem
Gencral Lanza zu Hilfe zu eilen. — Schwe-