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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0554

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selbe zu emcm Jahr Kreisgefängniß ver-
urtheilt.

Mannhcim, 1l. Juni. Unter dem
hicslgcn Kaufinannsstande circulirt gegen-
wärtig eine Pctition an großh. 9"st>ä-
ininisterium, die Einführnng von Handcls-
aerichten betreffcnd.

^ 9. Inni. Die„Freib. Ztg."

berichtet: „Unsere Leser werdcn sich cr-
innern, daß bergroßh. Staatsanwalt wcgen
zwei Stcllcn des Artikcls „die nahende
Entscheidung in Nr. 62 iinse'rer Zcitnng,
worin dem „Schmerzcnsschrei" dcs Herrn
Professor Stolz eittgegcngetreten wnrde,
eine Klagc gegen dcn Nedactenr dee- „Freib.
Zeitnng" wegen „Störnng der vffentlichen
Nnhe und Ordnnng" erhoben nnd cine
dreiinonatliche Gefängniß- und eine Geld-
strafe von 150 fl. — beantragt hat. Dic
Dcrhandlnngcn sind zu Ende grführt wor-
den; der großh. Staatsanwalt abcr hat
es zu keincr gerichtlichcn. Entschcidnng
koinnicn lasscn, sondern anf seine Klage
verzichtet."

Die „Pr. Ztg." bcrichtet aus Kassel,
man wolle dort wissen, daß dein Kur-
fürsten zur Vcrmeibnng erneucrtcr Con-
sticte von Wien aus der Nath ertheilt
worden sei, die Biiiidcsgarantie für seine
ncue Verfassnng nicht zn fordern.

Wien, 5. 9">u'. 2lnf Privatwcgcn
ist heute aus Neapcl vom 2. d. M. die
Meldnng angclangt, daß die Lazzaroni,
welche bisher als gut königlich gegolten
haben, sich allmählich mit Hilfe von maz-
zinistischen Agenten für dic Sachc dcr
Ncvolution gewiniicn lassen. Bestätigt
sich dies, dann stcht 'die Angclegcnhci't
dcr Bonrbonen in Ncapel viel bedcnk-
lichcr, als durch dcn Verlnst Siziliens.
Die Partei, welche über die Lazzaroni
verfügt, hat in Neapcl die Oberhand.

Ans Wien, 8. 9"">, wird übcr das
neapolitanischc Hecr anf Sicilicn, sowie
übcr den Gcist der Marine-Mannschaft
geschrieben: „Die gestcrn Abends hier ein-
getroffenen Nachrichtcn melden überein-
stiiiiinend, daß sich die Druppcn des Mar-
schalls Lanza in vollkominen'cr Dcrontc
befinden. Descrtionen finden massenhaft
start, jedoch soll sich nur einc geringe An-
zahl Soldatcn in daö Lager Garibaldi's
begeben habcn; die Mchrzahl scheiiit es
vorznziehen, sich zn zerstreuen nnd sich zu
vcrbergen. Lanza leidet Mangel an Le-
bensmitteln und Mnnition. Dies ist auch
dic Ursache, warnm der Marschall sich
geweigert hat, dcn königl. Befehl zu er-
fullen nnd den Kampf mit den Truppen
Garlbaldi s wieder aufzunehmen. Die
sic.llanische Erhebung l.efert uns wicdcr
Len Bcweis daß einc wohl disciplinirte

^ I ücnügt, um ein

Volk li,; Zaume zn halten.

Wien, 9. 9nni. Die „Ostd. Post"
äußert sich heute in folgender Weise übcr
Lie bevorstehende Z u sa m m enkn.. ft in

Baden-Baden': „Das frcnndliche Ba-
dcn-Baden soll in den n.ächsten Tagen der
Schauplatz einer Fürstcnversammlung wcr-
den, bci welchcr der Kaiser der Franzosen
nnd der Prinz-Regcnt von Prnißen als
Mittelpunkt angckündigt sind. Schon scit
einigcr Zeit wiirdcn Gerüchte lant, Na-
poleon Hl. habe in ve^tranlichcr Wcisc
den Wnnsch nach einer Zusammenknilft
mit dem Negentcn von Prcnßen gcüußert.
Dicscr Wunsch hat an und für sich nichts
Bcfrcmdendes. Der Kaiser der Franzoscn
hat nach 'nnd nach mit allen großcn Sou-
vcränen pcrsönliche Anknüpfnngcn gcsncht
nnd gcfnnden. Schon zn ciner Zeit, wo
seinc Macht kcineswegs so eonsolibirt und
entfaltct war, wie sie g'etzt ist, hat cr in
Vorbcreitung des westmächtlichen Bünd-
nisses eine Cinladnng an den englischen
Hof erbaltcn und znr Zeit des Kriinkriegcs
genoß Paris das ungewohntc Schauspicl,
das Haupt, welchcs die Kronc Englands
trägt, als Gast in sciner Mitte zn sehen.
Spatcr. sogar ward die Königiii Victoria
mvralisch gczwungen, ciiieiii dem cnglischcn
Nationalgcist wl'dcrwärtigen Schanspicl,
dcr Einweihung der Cherboiirgcr Hafcn-
bantcn, dnrch ihre Gegcnwart cinen höhcrn
Glanz zn verlcihcii. Dcr russische Mo-
narch, dcssen Nesidenz wcit ab vom Centrnm
Enropa's liegt, hat ebenfalls seine per-
sönliche Begegnnng niit dem Kaiscr ge-
habt, dcr knrz znvor anf der tanrischeir
Halbinsel Nevanchc suchte für cin ihm
verweigertcs m»n elier fiere. Die Zn-
sammenkniift in Stnttgart hat Frankreich
fünzigtanscnd Mann.tapferer Landeskinder
gekostet nnd daS großc Bnch dcr National-
schnlden mit andcrthalb Milli'onen Francs
bclastet. Anch mit dcm Kaiser von Oester-
reich hat Napolcon cine Züsaniiiienknnft
sich erobert. ^„Einer nach dem Andern"
ist ja die Zaubcrformcl ber napoleonischen
Politik, welcher dic Schwäche Enropa's
nichks entgegcn zn setzen weiß, als daö
tranrige laisser faire in dem Momentc,
wo dic Prüfnng an .das Hans des Nach-
bars klopft. Die jüngstc der Großmächte
ist anch- die jüngste in der Neihe der per-
sönlichen Bekanntschaften. Wir können
und wollen es dem Prinz-Negenten

nicht veraraen, wcnn cr sich der UmarmilNg
ntzieht, die sich ihm vor dcr Schlacht

'nicht entz

anbietct, um.möglicher Weise der Gefahr
sich zu entziehen, sic nach der-Schlacht
annehmen zn müssen. Gefahren zn be-
schwören, ist die Psticht eines jeden
Herrschers, nnd daß Prenßen von Ge-
fahren bedroht ist, darnber herrscht in dcr
ganzen Welt nnr cine Stimme. Unter
gewöhnlichen Verhältnisscn würden wir in
einer Znsammenknnft des Prinz-Negenten
init dem Kaiscr der Franzosen nichts Ge-
fährlichcs erblicken. Wir. wnrden nichls
Anderes darin sehen, als eine nothge-
drungene Courtoisie, der sich der Lenker
des preußischcn. Staatts nicht entziehen

kann, sobald sie von. der gndern Seite
mchr oder mindcr eindringlich vcrlangt
wird. Abcr die Bcrliner Depesche meldet
in einem Athcm zwci Nachrichten, dercn
Natnr cinandcr entgegengesetzt ist. Dcr
Prinz-Regent wird in'Baden.-Badcii cine
Znsamiiienknnft mit mehreren dcntschcn
Sonveräncn nnd mit dem Kaiser der

Franzosen habcn.Napoleon in der

Mitte einer deutschcn Fürstcnversammluiiq
— dics wäre eine Erschciniing so sclt,
samcr Natnr, daß wi'r nns sehr gelinde
ausdrücken, ivenn wir sagcn, daß sie die
Phantasie eines jeden dcutschen Politikcrs
anfregen mnß. Napoleon ist allcn dcnt-
schen Fürsten dadurch überlegen, daß er
ein lange ausgcdachtcs Programm in sich
trägt.. Er weiß, was er will, wcnn er
nach Baden-Dadcn komint. Die deutschen
Fürsten, Prenßen mitcingcschlosscn, haben
kciii Programm als nnr dic Negation dcr
napoleoiiischcn Projeetc. Dic Negation
ist abtr ei'nem positivcn WiNen gcgcniiber

im Nachtheil, und darin liegt'die Ge-
fahr. Solltcn wir uns abcr irrcn?
Sollte Preußen oder einer oder der andere
seincr 'dentschen Verbündeten wirklich „ill
eiiiem Programme nach Badcn-Baden
gehen, mi't eineiii positiven Prograime,
das eine Verstäiidignng mit dcji, Nijsen
dcs Onkcls in Anssicht stellt, däüii isldic
Gcfahr für Dentschland — nur nm sv
größcr!"

F- r a r» k r e i ch.

Straßburg, 12. 9"">- Der Kai'-
scr wird. anf der Neise nach Baden am
Frcitag, Abciids 5 Uhr, Straßbnrg p.as-
siren nnd nnverzüglich dic Ncise i>n
strengsten 9"kognito fvrtsetzcn.

Paris, ll. 9>»>>. Die'„Patric" theilt
mit, daß dic' Plätze Spracns, Agosta imd !
Messina, die drei wichtigcn Punkte, e»is !
welche sich niin die Verthcidignng des nca-
politanischen Hecres stntzen dürfte, i,i Ich- ^
tcrer Zeit wieder Triippenverstärkiingcn, .
so wi'e Znsendungen an Material n»d
Mlinikionen erhaltcn haben. — Man bcr-
sichert, es stehe ni'cht-nnr cine Znsaiiliiien- '
knnft zwischcn dem Kaiscr Napolcon imd j
dem Prinz-Regentcn von Prcuße» bcvor, j
sondern anch cine Zusammenknnft zwischcn
dem Kaiser Napoleon und dem Kaiscr
Alerander voii Nnßland.

Pavis, 12. 9""i. Der hentige „Mo.iii' ,
tcnr" vcrösicntlicht den^AnnerionsveM I
(über Savopen niid Nizza.) Thon'Ml
sagt in scinem Bericht: die Politik dc^
Kaisers habe nicht Erobernngen im >I»g'
gehabt, sondern nnr eine Garantic P'
sncht. Die Erwerbung Tavopens s"
iinr aus Dankbarkeit eines Soiivercn'nö
nnd anf Drängen des Volks (??) erlangl
worden.

G n g l a n d.

London, 12. 9""'. Russel zog
der gcstrigen Sitznng des Parlaiiic»>d
 
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