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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (28) — 1901

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No. 240 - No. 249 (14. Oktober - 24. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43809#0053
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28. KaHeMNg.

KuMge es. 7300


Etfchüftsstelle: Hauptstraße 4-S
(Eingang Brurmengasse).

Neuer? ^erdelbevgeV Anzeiger?

Aveigstclle: E. Getsendörf-r
Unter« Neckarstratze 17.

I«r Lokal-Anzeiger Kommt i« jedes Kaus in Kcidelkerg und Hat die größte UerSreitnng in de« Hrischaste« der Amgeöung. "WG
Erscheint täglich Vormittags mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. Preis monatlich 30 Pfg„ mit dem „Jllustrirtcn Sonntagsblatt' monatlich 40 Pfg. incl. Trägerlohn. Durch die Post bezogen vierteljährlich 1 Ml. ohne Bestellgeld.
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Iserr 14. DMsÄer

vb?b3LttM
Heilbro««, 12. Oct. Die Vertreter der H e il-
bronner Gewerbebank haben gestern Nach-
mitrag den Concurs angemeldet.
IV Kiel, 12. Ort. Das von China zurückge-
kehrte erste Secbataillon traf Mittags unter
Führung des Comrnandeurs Madai ein.
W Paris, 12. Oet. Im heutigen Mini-
storrathe sollen, wie verlautet, Maßnah -
m e n erörtert werden, die. gegen die
Pforte ergriffen werden sollen, nachdem die-
selbe auf das letzte Ultimatum des französischen
Ministers des Auswärtigen noch keine entschei-
dende Antwort gegeben hat.
-l- London, 12. Oct. Lord Kitchener
telsgraphirt aus Prätoria: Die Colonno
F r en ch hat den Buren - Commandan-
ten Scheepers gefangen genommen.
London, 12. Oct. General Botha ist
auf Pietrstief (nördlich Vryheid auf dem Wege
nach Amsterdam) zurückgegangen. Schwere
Regengüsse machten die Straßen nahezu unpas-
sirbar. Die Botha verfolgeirden englischen
Colonnen sind völlig erschöpft. Die Vorhut von
General Wilsons Colonne fiel Freitag am Rhe-
noster - Flusse in einen Hinterhalt und verlor 12
Mann todt und verwundet und 13 Gefangene.
Middelburg, 12. Oct. Com Man-
dant Lotter ist heute früh Hingerich-
tete worden.
>W Bombay, 12. Oct. In PescArwur Ust
der Befehl zur sofortigen M o b i l m a ch u n g
von zwei F e l d l a z a r e t h en «ngegan-
gcn.

ß)oliMckes.
Die Landlehrer in Preußen, dem militäri-
schen Musterstaat, sind oft viel schlechter daran,
als der nächstbeste Unterofficier. Die „Grenz-
boten" theilten aus dem Einkommenzettel eines
Preußische Lehrers Nachstehendes mit: „Ter auf
1011 Mk. 50 Pfg. festgesetzte Grundgehalt setzt
sich aus folgenden Posten zusammen: Bargehalt
500 Mk. 16 Pfg. Die 500 Mk. zahlt die Re-
gierung in Nierteljahrsraten, und diese viertel-
jährlichen 125 Mark sind das einzige, worauf
der Lehrer sicher rechnen kann. Die 16 Pfennig

haben Gutsherrschaft und Gemeinde gemeinsam
aufzubringen; diese zahlt Dreiviertel, also 12
Pfennig; das Gut hat sein Viertel bis heute
noch nicht gezahlt. Was soll nun der Lehrer
thun? Jedes Jahr wegen der vier Pfennig um
ebenso viel Papier zu Mahnbriefen verwenden?
hgs wäre lächerlich. Ter Herrschaft die vier
Pfennig schenken? Dazu ist er wgen seines Nach-
folgers nicht berechtigt, und außerdem ist ein so
stillschweigender Verzicht gefährlich. Ist das
Dominium, die Gursherrschaft, um die vier
Pfennig glücklich herumgekommen, so versucht es
den passiven Widerstand später bei Posten von 4
und 40 Mark — Holz und Kohlen im Gesammt-
werth von 119 Mark werden von der Gemeinde
widerspruchslos geliefert und von den Bauern
angefahren, das Holz wird von den Ortsbewoh-
nern zerkleinert. Ferner liefert die Gemeinde
11,24 Hektoliter Roggen, die eine Hälfte im
April, die andere im November, und Ende Fe-
bruar, 1,89 Hektoliter Hafer, das Dominium
1,89 Hektoliter Weizen in zwei Raten: am 1.
Januar und 1. Juli. Nach der Ernte erhält der
Lehrer 52 Weizengarben; das Dominium liefert
10, jeder Bauer 2. Tann werden dem Lehrer
32 Kartoffelfurchen (vom Dominium 11, von je-
dem der 21 Bauern eine) zur Benutzung über-
lassen. Als Entschädigung für den Ertrag der
früher üblichen Umgänge zahlt die Gemeinde zu
Neujahr und Ostern zusammen 18 Mk. 10 Pfg.
Endlich hat der Lehrer 2,55 Hektar Schulacker,
den er verpachtet. Außerdem soll er 55 Mk. 50
Pfg. Legatzinien erhalten, wovon seine Frau 48
Mk. als Lohn für die Ertheilung. des. Industrie-
unterichts zu fordern hat, der Rest als Zuschuß
zum Schulheizungsgelde berechnet wird. Ver-
walter des Legats ist der Dominialherr. Seit
-einem-Jahre sind die Legatzinsen nicht mehr ge-
zahlt worden. Der Verwalter erklärt, er könne
die Hypotbek, in der das Legat angelegt sei, nicht
finden, und die Beschwerden des Lehrers bei den
zunächst zuständigen Behörden bleiben unbeant-
wortet; wendet er sich an eine höhere Instanz, so
muß er fürchten, als Querulant ins schwarze
Buch zu kommen." — Solche traurige Zustände
sind der beste Beweis dafür, daß der preußische
Staat die gesammte Gehaltszahlung der Volks-
schullehrer in die Hand nehmen sollte, ebensogut
als er den allgemeinen Schulzwang cingeführt
hat.
Schiffsuufälle. Die norwegische Bark „Phyl-
lis" aus Christiania kenterte am 7. ds. Mts. bei
der Insel Ameland an der holländischen Küste bei
schwerem Sturm infolge Uebergehens des Pa-
lastes. Tie aus sieben Personen bestehende
Mannschaft wollte sich im Rettungsboot retten.
Das Boot kenterte jedoch und unter größter An-

240. Geschäftsstelle: Telephon 123
Das Neueste.
"Gerüchte, der Erbgrotzherzog solle an
Stelle des Grotzherzogs einen Thsil der Regie-
rungsgeschäfte übernehme, werden von der
„Köln. Ztg." als jeder thatsächlichen Unterlage ent-
behrend bezeichnet. Der Erbgroßherzog denke nicht
daran das Commando des 8. Armeecorps aufzu-
geben.
"Der Kaiser nahm am Freitag und
Samstag in Hubertusstock den Vortrag des Reichs-
kanzlers Grafen Bülow entgegen.

"Die Feier des 80 jähr. Geburtstags
Virchows nahm am Samstag ihren Anfang mit
einer Festlichkeit im Abgeordnetenhause, an welcher
Staatss ekretär Posadowski, Kultusminister
Studt und eine große Zahl in- und ausländischer
Vertreter der Wissenschaft thcilnahmen. Professor
Waldeher feierte Virchows bahnbrechendes Wir-
ken und seinen Weltruf und überreichte die Ehren-
gabe der Aerzte Deutschlands im Betrage von
80 000 Mk. für die Virchowstifiung. Der Kaiser
übersandte durch Minister Studt dem Jubilar ein
Handschreiben und die große goldene Medaille für
Wissenschaft.
"Der König von Italien beabsichtigt
eine Reise nach Rußland zu machen. Der General-
Gouverneur von Warschau wurde hiervon benach-
richtigt. Es ist noch nicht bestimmt, wo der Zar den
König empfangen wird.
" Nach den auf den Bericht des Comman -
deurs des „Vineta" gestützten Meldungen des
Vertreters des Deutschen Reichs in Venezuela trifft
die beiden von venezolanischen Polizisten und einer
aufgeregten Menge gemitzhandelten Unterofficiere in
Puerto Cabello keinerlei Schuld an den bedauer-
lichen Vorgängen.
" Ty pHus kranke zählte man am 11. d. M.
in Stadt und Landkreis Gelsenkirchen 1088.

" Ein Einbruchsdiebstahl wurde, in
Hamburg in einem Uhren- und Goldwaarenge-
schäfte verübt. Uhren und Goldwaarcn im Werthe
von 30 000 Mk- Wurden gestohlen.

(Nachdrul verboten.)
Äug' um Ange, Zchn m Zahn.
Roman von Karl Eden.
72) (Fortsetzung.)
Athemlos harschte Donnington, während die
Stimmen näher kamen. Sollte er liegen bleiben
oder fliehen? Zum Glück war der Strom eine
Meile entfernt, sonst würde er sich unter der
Uferbank desselben verborgen haben. Er blieb
nun ganz regungslos liegm.
Plötzlich erhob sich Geräusch im Dickisch,
und Georg sprang auf die Füße, um sein Leben
zu vertheidigen, den er vermuthets, einen durch
den Lärm der Jäger aufgescheuchten Bären oder
Tiger vor sich zu sehen.
Mit dem Rücken an das Gebüsch gelehnt und
die Axt erhoben stand er in starrer Haltung und
blickte der kommenden Gefahr entgegen. Im
nächsten Augenblick brach der Feind aus dem
Dickisch hervor und blieb vor ihm stehen — es
war aber weder der Tiger, noch ein Bär, son-
dern eins prächtige, englische Bulldogge. Die
Blicke des Flüchtlings und des Hundes begeg-
neten sich und der letztere bellte laut.
Die Lage des Unglücklichen war jetzt kritisch.
Die vergnügte Schaar verstummte und eilte
rasch vorwärts, wie er hörte, in der Richtung
des Gebells der Doggs. Sollte er das Thier
mit seiner Axt erschlagen oder mit einem Fisch-
spieße an den Boden nageln? Aber ach! es war
ihm zu wenig .Kraft übrig geblieben, um die
Offensive mit Aussicht auf Erfolg zu ergreifen,
und der Tod des edlen Thieres mußte die Jäger
in Zorn versetzen und seins letzte Aussicht zer-
stören. So standen sich beide Gegner gegenüber,
während der Hund unaufhörlich bellte und das
Kracken im Gebüsch die Fortschritte der Jäger
anzeigte.
Nun waren sie ganz nahe, und der Hund da-
durch ermuthigt, rückte dem Flüchtling näher.

bereit, ihn an der Kehle zu fassen. Mit erhobe-
ner Waffe erwartete Donnington den Angriff,
und in der Erregung des Augenblicks schrie or-
dern Thier laut zu: „Leg' Dich nieder. Du Un-
thier, Du!"
Diese Worte hatte er englisch gesprochen, da
er in der Aufregung jede andere Sprache als
seine Nduttersprachs vergessen hatte. Wer was
war dem Hund geschehen? Haste das edle Thier
die Worte als Befehl verstanden, dem es zu ge-
horchen hatte? Gott weiß es! Aber der Hund
blieb stehen und aus seinen blutunterlaufenen
Augen verschwand das wilde Funseln.
„Nieder! Nieder!" wiederholte der junge
Mann mechanisch. Wieder erhob die Doggs den
Kops und bellte, aber es war nicht mehr das
laute Gebell, sondern nur ein dumpfes Geheul,
ein Hülforuf.
Ein Mann brach durch da? Gebüsch, ein
breitschuldriger Riese mit schwarzem Bart, in
europäischer Kleidung, mit einem Korkhelm auf
dem Kops und einer Büchse in der Hand. Einen
Augeckblick starrte er und der Flüchtling einan-
der in sprachloser Verwunderung an, dann
senkte der letztere seine Axt und trat dem ande-
ren mit ausgestreckter Hand entgegen, während
die Gluth des hervorbrechenden Wahnsinns in
seinen eingesunkenen Augen leuchtete.
„Fred," murmelte er in dnmpfem Tone,
„Fred Coventry, kennen Sie mich nicht? Ich bin
Ihr alter Freund Donnington!"
Der stattliche Engländer fing das Bündel
von Lumpen und Knochen aus, das bewußtlos
ihm in die Arme siel. Als seine Genossen ihn
einholten, sanden sie ihn regungslos über die
bewußtlose Gestalt gebeugt.
XXXIII.
Gerettet.
Als Donnington etwa zehn Tage nach den,
zuletzt erzählten Ereignissen seine Augen wieder
öffnete, hielt er sich für das Opfer einer Hallu-
cination, eines glücklichen Traumes« dem ein

trauriges Erwachen folgen müsse. Doch nach
und nach überzeugte er sich, daß seine Umgebung
Wirklichkeit war und nicht das Gebilde seiner
übereizten Nerven. Als dann friedliche Ruhe
in seinem Gemüth einkehrte und ihm ein lange
entbehrtes Wohlbehagen verlieh, versuchte er, in
seinem Geist die Ereignisse zu ordnen, die ihn zu
dem jetzigen, wonnigen Frieden geführt hatten.
Als er sich umblickte, sand er, daß er auf
einem eisernen Feldbett in einem geräumigen
Leinwandzelt lag und dem Anschein nach allein
war, denn er sah kein menschliches Wesen, ob-
gleich er von außen her Stimmen vernahm, die
sich in der ihm so theuren, alten Muttersprache
sorglos und glücklich unterhielten. Was küm-
merte es dem müden Wanderer, daß die Worte,
die er gierig einsog, alltäglich und durch die Nase
gesprochen waren? Keine Musik hatte ihm je
süßer geklungen als dieses langsam und breit ge-
sprochene amerikanische Englisch, welches die
Wände seines Zeltes durchdrang und das ihm
die Gewißheit brachte, daß er sich wieder unter
Menschen seines Stammes befand. Dann ver-
suchte er wieder, sich auf die Ereignisse der letzten
Zeit zu besinnen. Er erinnerte sich, wie er im
Dickisch gelegen hatte und durch den Hund auf-
geschreckt worden war, doch für die weiteren Er-
eignisse fehlte ihm jede Erklärung. Er hatte
eine undeutliche Erinnerung an Fred Coventry,
aber dies mußte Phantasie sein! Wie koftnte sein
ehemaliger Zimmernachbar, von dem er zum
letzten Mal aus Spanien Kunde erhalten hatte,
jetzt hier in Asien sein, mitten in der Wildniß
am Amur? Es war Wahnsinn! Aber er fühlte
sich zu schwach, um weiter darüber nachzudenken
und ließ die Frage, vorläufig auf sich beruhen.
Er entsann sich auch, daß er auf dem Wasser
gewesen war in einer dunkeln Schiffskajüte, daß
starke, aber freudliche Hände, ihn mit Gewalt
darnieder gehalten hatten, daß ihm Medicin und
Eisumschläge auf die Schläfe gelegt worden
waren.

Postzeitungsliste No. 3306- 194^1.
U-n»U!-S
strengung gelang es, den Kapitän, den Steuer-
mann und einen Matrosen zu retten. Der Kapi-
tän, der anscheinend leblos war, kam durch die
Wiederbelebungsversuche wieder zum Bewußt-
sein. — In der vergangenen Nacht ist der dä-
nische Schooner „Anna" südlich der Greifswalder
Oie gesunken. Die Mannschaft wurde gerettet.
—- Dampfer „Huelva" der oldenburgisch - por-
tugiesischen Lampfschifssrhederei ist aus der
Fahrt von Portugal nach Rotterdam mit der
ganzen Besatzung von 11 Mann untergcgangen.
Unter Präsident Roosevelt Regierung wer-
den die Vereinigten Staaten von Nordamerika
häufiger; erwähnt, als zur Zeit, da Mac Kinley
noch un Weißen Hause regierte. Roosevelt zeigt
sich' thatsäcklich als ein weitblickender Staats-
mann. Daß es ihm nun gelungen ist, in der
Frage des Nicaraguakanals England gänzlich
auszuschließcn und ohne jede Gegenleistung zum
Verzichte seiner Rechte zu bewegen, will nicht ein-
mal so viel bedeuten, da die Buren eben nicht
nur in Süd - Afrikafl sondern wie in
Asien (Koweit) so auch in Amerika
siegen. Wichtiger noch erscheint die Thatsache,
daß Roosevelt mit dem ständigen Brauch in den
Vereinigten Staaten, bei der Aemterbesetznng
nur Anhänger der eigenen Partei zu berücksich-
tigen, gebrochen und z. B. zum Bundesrichter
von Alabama einen Demokraten ernannte. Roo-
sevelt motivirte diese Ernennung damit, daß
er nicht Präsident einer Partei, sondern der ge-
sammten nordamerikanischen Union sei und es
daher für seine Pflicht erachte, bei der Aemter-
beschung nicht nach Parteirücksichten, sondern
nach dem Werthe der in Betracht kommenden
Persönlichkeiten seine Entscheidung zu treffen.
Interessant ist es auch, daß neuerdings die in
Amerika. mächtig aufstrebende Naturwissenschaft
in Europa Anerkennung gefunden und daß sich
eine deutsche Universität, die Göttinger, bemüht
hat, einen amerikanischen Gelehrten für ihren
Lehrkörper zu gewinnen. Wir verzeichnen den
Fall, weil er bisher kein Präcedenz hat. Es
handelt sich, wie wir der „Nat. Ztg." entnehmen,
mn den Professor Richards an der Hovard-Uni-
versität in Boston. —
Bei der Hinrichtung des Präsidcntenmör-
dcrs Czolgvsz wird sich hoffentlich der elektri-
sche Apparat besser als früher bewähren. Die
erste elektrische Hinrichtung erfolgie am 6. Aug.
1890 an W. Kemmler, der seine Geliebte ermor-
det hatte, in Gegenwart von 23 Personen. Die
Hinrichtung wird als geradezu entsetzlich geschil.
dert. Der Verurtheilte konnte nicht sterben —
der Akt dauerte 13 Minuten. Ein Jahr später
wurde ein Mörder Namens Lopi mittels Elektri-
cität hingerichtet. Bei diesem, einem außerge-

Er führte seine fleischlose, schwach gewordene
Hand an den Kopf. Seine langen Locken waren
verschwunden — das war keinTramn, nur rauhe
Stoppeln bedeckten seinen Schädel.
Das Nachsinnen Georgs wurde durch eine
Stimme unterbrochen. Er blickte auf und be-
merkte einen hochgewachsenen, hageren Mann,
— unzweifelhaft ein Amerikaner — der neu-
gierig, aber freundlich auf ihn herabsah!
„Nun, Fremder, wieder zur Besinnung ge-
kommen? Ich denke, ich werde den Doktor ru-
fen!" und er verschwand so geräuschlos wie er
eingetreten war. Bald aber kam er mit einem
gemüthlich aussehenden Herrn mit rundem Ge-
sicht zurück, dessen Züge dem Kranken sehr be-
kannt zu sein schienen.
„Wieder bei Verstand? Endlich!" ries der
Eintretende, indem er dem Patienten den Puls
fühlte.
„Puls schwach, aber regelmäßig, und Pu-
pillen klar, wie Kristall! Wir werden Sie bald
durchbringen, mein werther Herr! Ich bin näm-
lich ein Arzt — Doktor Ruxton. Ah, ich sehe,
sie sind immer noch ein bischen unklar," sagte
er, als Donnington ihn in sprachloser Verwun-
derung anstarrts. „Aber Sie dürfen sich in kei-
nem Fall aufregen! VollkommeneRuhe und stär-
kende Nahrung, das ist's, was Sie brauchen und
in wenigen Tagen werden Sie so schmnck sein,
wie eine neue Haarnadel. Sam, bringe die
Suppe! Wenn Sie gegessen haben, müssen Sie
wieder ein wenig schlafen!"
„Ich kann das alles nicht verstehen," erwi-
derte Georg. „Wo bin ich? Und habe ich wirt-
lich Fred Coventry gesehen?"
„Versteht sich, und morgen tvird er Sie be-
suchen, wenn Sie eine gute Nacht haben."
„Wer wo bin ich?" fragte der Kranke wie-
der. „Wie kam ich hierher? Erzählen Sie mir,
mehr, ich bitte Sie, oder ich werde wahnsinnig!"
„Sie sind im Lager der amerikanischen Tele-
graphen-Compagnie, am Ufer des Amur," er-
widerte Ruxton, welcher Wohl merkte, wie wich-
 
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