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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (28) — 1901

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No. 290 - No. 299 (11. December - 21. December)
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Auflage ea. 75VO.

28. Jahrgang.

Neuer Heidelberger Anzeiger


Sweiqstklle: «. Getsendörfe«
Ulüerr Neckarstraße 17.

Seschiftrstelle: Hauptstraße 48
(Eingang Brunnengasse).


I«r Lokal-Anzeiger Kommt in jedes Kans in Keideklerg und hat die größte Weröreiknug i« de» Hrttchafte» der Mmgetnng. 'VW
«rschrillt tiiglich Vormittags mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. Preis monatlich SO Pfg„ mit dem .Jllnstrirten Sonntagsblatt' monatlich 40 Pfg. incl. Lrägerlohn. Durch die Post bezogen vierteljährlich L Ml. ohne Bestellgeld
Auzeigeur die 1 spaltige Petitzeile oder deren Raum 15 Pfg. Lokale Geschäfts» und Privat-Anzeigen bedeutend ermäßigt. Reklamen 3V Pfg. GratiSverbreitung durch Säulenanschlag.

Mgnrag. den 16. DecemSer

Postzeitungsliste No. 3308 ->

Geschäftsstelle: Telephon 125.

M 294.

1901.

Vas Neueste.
* Der Kaiser empfing den japanischen
Maaismann Marquis Ito mit seinem Begleiter
sind den Berliner japanischen Gesandten
h Audienz, sowie spater den bisherigen hics. chinc-
eschen Gesandten in Nbschiedsaudicnz und den
Gesandten der Republik Columbien in An-
^rittsaudienz. Dem Marquis Ito verlieh der Kaiser-
fe Brillanten zum Schwarzen Adler-
° r d c n.

* Im Befinden des Staarssecretärs Thiel-
fann hat sich eine wesentliche Besserung
eingestellt.

* Die Kronprinzessin von Griechen-
land ist von einem Prinzen entbunden worden.

* Die Abordnung des russischen Dra-
st o n e r - R e g im e n t s Nr. 3 9 aus Narwa, dessen
ilhef der Kaiser ist, ist in Berlin cingctrof-
t eg.

' Tas w ü r t t e m b e r g i s ch e Königspaar
sik zur Taufe seines Enkels nach Potsdam gereist.

vü?L8LttüstI.
Berlin, 13. Del. Aus London wird gcmel-
l'Ä, daß noch eineni New - Iorker Telegramm
ww Wilhelmstadt (Curacao) die Verhand-
Zungen zwischen Deutschland und
Venezuela abgebrochen seien. Man
glaubt, Deutschland werde weitere Schritte zur
Anerkennung seiner Ansprüche auf zwei Millio-
nen Dollars thun. '
IV Berlin, 13. Ter. Der „StaatLanzciger"
veröffentlicht eine königliche Cabinetsordre vom
l 2. ds., durch welche die beiden Häuser des
preußischen Landtages auf den 8. Januar
1902 einberufen werden.
Berli«, 14. Dec. Zahlreiche polnische Stu-
denten verhinderten gestern Nachmittag den Be-
stinn des Collegs des llnivcrsitätsprofcsiors Schie-
mann, der über die polnische Frage liest, durch
Fohlen und Pfeifen. Die deutschen Studenten protc-
lfirten energisch dagegen. Unter großem Lärm ver-
hetzen schließlich die Polen den Saal. Die Vorlesung
begann hierauf.

XV Köln, 15. Der. Auf dem deutsch-
atlanti scheu Kabel werden gegenwärtig
Versuche gemacht mit einem Apparat, der es
ermöglicht, von Emden unmittelb a r
nach New-Z) ork zu c o r r e s p o u d i r e n!
Die letzten Sonntag angestellten Versuche erga-
ben gute lesbare Zeichen unmittelbar zwischen
beiden Städten bei beträchtlicher Geschwindig-
keit. Bei weiteren Versuchen darf man ein noch
günstigeres Ergebnis; erwarten.
E Neuwied, 14. Dec. Der Vorstand und Aus-
schuß des Aufjichtsrathes der Raiffeiseuorganisation
beschloß einstimmig, die Ausführung eines Denk-
mals für Friedrich Wilhelm Raiff-
eisen, den Begründer des vaterländischen Genos-
senschaftswesens, dem Bildhauer Arnold Künne-Ber-
lin zu übertragen. Tas Denkmal, großes Standbild
mit Relieidarstcllungen, soll im Juni 1902 in Neu-
wied enthüllt werden und im Anschluß daran der
Gcneralvcrban'dstag und die Generalversammlung
der landwirthschaftlichen Centraldarlchnskasse für
Deutschland stattfinden.
XX' Schweidnitz, 14t Dee. Ter Director der hier
sigen Orgelfabrik Schien Söhne u. Belke wurde v e r -
haftet. Er soll Unterschlagungen in Höhe van
116,000 Mark begangen haben.
V' Wiesbaden, 14- Dec. Bei der gestrigen
S t a d t v c r o r d n e t e n w a h l in der dritten
Classc wurde der erste S o c i al d e m o kr a t in
das Stadtverordnetcncollegium gewählt.
-- Paris, 14. Dec. Dem „Malin" zufolge hat
der K r i e g s m i n i st c r infolge „verschiedener bei
den letzten Manöver» vorgekommener Zwischenfälle,
die einen schlechten Eindruck hervorgerufen haben",
den Entschluß gefaßt, eine Anzahl Generäle
und höhere Ofiiciere i h r c r C o m n. a :i
dos zu entheben oder zu p - nsio n i r e n.
V Marseille, 14. Dec. Ter Oberactuär . am
Civilgericht, Laugier, der durch Veruntreu-
ungen und Betrügereien etwa 40 Personen
um 600,000 Franken geschädigt hat, ist verhaftet
worden.
XX' London, 14- Dec. Das Progra m m f U r
die K ö n i g s k r ö n u n g ist bereits fertig gestellt.
Die Feier in der Westminster-Abrei wird mehrere
Stunden in Anspruch nehmen. Der Krönungszug wird
viele Stunden lang sein und sich durch zahlreiche
Straßen bewegen, nm der Bevölkerung Gelegenheit
zu geben, das Königspaar Zu sehen.
Z London, 1t. Tee. Tie englischen Ci-
garetten - Fabriken werden sich mit einem
Capital von 16 Millionen Pfund Sterling zu einer
Aetien-Gesellschaft fusioniren, um der amerikanischen
Concurrenz auf dem englischen Markte entgegen tre-
ten zu können.

XV London, 14. Dec. Heute wurde ein
Blaubuch veröffentlicht, welches de» Schrift-
wechsel .zwischen dem Oberco m m issar
M ilne r und Cha m bcrlain enthält und
genau die Absichten der Regierung bezüglich der
Herabsetzung der Zahl der Flüchtlinge in den
großen Concentrationslagern und der Erricht-
ung kleinerer Lager darlegt. Milner hofft,
diese Maßnahmen würden die jetzige beklagens-
werthe Sterblichkeit wesentlich herabmindern.
Wenngleich auch die Befürchtung weiterbestehe,
daß, was auch geschehe, die Zahl der Todesfälle
stets hoch bleibe, fei doch unbestreitbar, daß eine
weit größere Zahl gestorben sei, wenn sie in dem
verwüsteten Lande geblieben wäre. Viele kämen
freiwillig. Andere, die aus den Lagern ent-
wichen, kehrten halbtodt zurück. In den La-
gern starben im October insgesammt 0156
Weiße und im November 2807, davon 4904
Kinder. Vom Juni bis November starben ins-
gcsannnt 12 441, davon 10 113 Kinder. In den
Lagern befinden sich 117 964 Weiße.
London, 15. Dec. Cecil Rhodes hebt
in einem von den Zeitungen veröffentlichten
Briefe hervor, die in Südafrika dienenden Frei
willigen feien nach dem Kriege unter Gewähr
von Land und einem jährlichen Geldzuschuß in
Rhodesien, im Oranjefreistaat und in Trans-
vaal anAustellen.
XX' Haag, 14. Dec. Königin W i l h e l,
m i n c und ihr G e m a h l trafen gestern
Nachmittag 4 Uhr hier ein, wurden am Bahn-
hos von den Spitzen der Behörden empfangen
'Mud fuhren, von einer ungeheuren Mensche»,
menge lebhaft begrüßt, durch die rcichbestagg-
ten Straßen in offenem Wagen nach dem Pa-
lais der Königin - Mutter, von der sie, als der
Wagen hielt, aufs herzlichste bewillkommnet
wurden. Dann begaben sich die Königin und
ihr Gemahl in ihr Palais.
XV Prätona, 15. Dec. L o r d K i t ch e -
n er meldet: G e n e r a l B r u c e H a rn i l -
t o n ü verfiel Piet Viljo e ns Lage r
bei Wit - KraanL. 16 Buren wurden getödtet,
70 gefangen genommen. DaS Geschütz, das die
Buren seiner Zeit dem Obersten Benfon abge-
nommen halten, wurde erbeutet. M a ck e n
zic, der init Hamilton zusammen operirte,
»«achte 6 Gefangene, darunter die Feld-
cornets B ade n h o r st nnd S w a i n p o o l c.

floliMcbes.
Tic Stnrkc iiusercr Marinc. Für das kom
inende Jahr soll unsere Marine, abgesehen von
Sen Beamten, also das reine Militärpersonal,
33 408 Köpfe umfassen. Das Secofficiercorps
wird insgesammt 1569 Mann stark sein und
zwar 1354 Officicre und 175 Marineärzte. Von
den 1395 Ofncicrcv sind 1054 Secofficirre, 183
Marine - Ingenieure. 46 Officiere der Marine-
Infanterie, 63 der Nrtillericvcrwaitung, 32 des
Torpedowesens und 16 des Minenwesens. Von
den Seeofficieren sind 3 Admirale, 4 Viceadmi-
rale, 11 Contreadmirale, 57 Kapitäne zur See,
119 Fregattenkapitäne, 128 Kapitänleutnants
1. Kt„ 92 Kapitänleuinants 2. Kl., 348 Ober-
leutnants, 253 Leutnants. Das Mannschafts-
personal beträgt 31 839 Mann, hierunter 1426
Deckofficiere, 6824 Untsrofficicrc, 22 289 Ge-
nreine rmd .1300 Schiffsjungen. Tas Beamten-
personal, zu dem auch der Staatssecretär von
Tirpitz gehört, beträgt insgesammt 2067 Mann.
Aeeofficier - Aspiranten sollen 601 vorhanden
sein! und zwar 401 Fähndrichs zur See und
200 Seekadetten. Von den 183 Marinc - In-
genieuren sind 5 Marine - Chefingenieure, 5
Marine - Staabsingenieure, 63 Marine - Ober-
ingeüieure, 86 Marine - Ingenieure.
Tie Fürsorge der Stadt Zürich für die Ar-
beitslosen. An Ästithstandsarbeiten sollen dort
alle öffentlichen Verkehrsarbeiten, Aufbesserun-
gen und. Neuanlagcn von Wegen und Straßen-
ba Hüne! en in Angriff genommen werden. Tie
erwachsenen Arbeiter, welche trotzdem «richt be-
schäftigt werden können, erhalten eine Rente von
60 Centimen täglich, für jedes Kind 30 Cen-
timen, io daß die tägliche Einnahme eines ar-
beitslosen Ehepaares mit vier Kindern 2,40
Franken betragen würde. DaS ist nicht viel,
aber doch für das Nothwendigste ausreichend.
ll«u zu verhindern, daß die Arbeitslosen nun
in Hellen Haufen nach dem Torado Zürich zie-
hen, ist eine Klausel eingcfügt: Schweizer Bür-
ger müssen dreiviertel, Ausländer eil« ganzes
Jahr ortsansässig sein, wenn sie der Vergünstig-
ung theilhastig werden wollen. Tie Nothftaiids-
arbeiter erhalten 40 Rappen die Stunde.


Nachdruck verboten.
Uirsichtkxrre Möen.
Roma» von Reinhold Ortmann.
28) (Fortsetzung.)
Wohl schrie eine Stimme in ihm: „Nein,
ist unmöglich! Dieses holde Antlitz, diese
bißen Lippen, diese klaren, unschuldsvollen
Augen, sie können nicht lügen! Aber dis uner-
bittliche Vernunft, die erbarmungslos Prüfmd
bis offenkundigen Thatsachen und die augen-
fälligen Verdachtsmomente abwog — sie brachte
f^ne zweifelnde Stimme immer wieder zum
schweigen. Weil ihre jugendfrische Lieblichkeit
sbn gefangen genommen und eine heiße Liebe
lu seinem Herzen entzündet hatte, durfte er seine
^ugen darum verschließen vor dem, was beinahe
schon offen zu Tage lag? Und weil ihre reine
Ai überstimme, ihr bezaubernde Unbefangenheit
selbst seine menschenkundige Tante hatten täu-
schen können, verlor darum auch nur ein em-
siges dieser belastenden Jndicien seine schwer-
wiegende Bedeutung?
Es war ihm ein Leichtes gewesen, festzu-
stellen, daß das Ehepaar Matrasch — das ein-
ige dieses Namens in Dresden — von recht be-
denklicher moralischer Beschaffenheit sei. Tie
orau crwach-ihren Unterhalt als Kartenlegerin
vnd der Mann hatte überhaupt keinen Beruf —
wenigstens keinen, der nach außen hin in die
Erscheinung trat. Da Werthmüller iin Einver-
üändniß mit seiner vorgesetztem Behörde eine
iwrfrühte Alarm!rung der Polizei unbedingt
^-Nneiden wollte, hatte er sich zunächst darauf
^schränken müssen, die beiden Matrasch durch
"wei tüchtige Priwckdetectivs beobachten zu las-
(Hw es überraschte ihn nicht, daß das Er

gebniß dieser Beobachtungen bis jetzt ein äußerst
geringfügiges war. Der Mann war ein Tage-
dieb, der seine Zeit fast ausschließl'L) in Karste-
Häusern und Restaurationen zubrachtc, ohne sich
indessen dabei durch übergroßen Aufwand ver-
dächtig zu machen. Seine Verbindungen schie-
nen durchweg ganz unverfänglicher Art, und
darüber, daß er etwa jemals versucht hätte,
einen belgischen Kassenschein umznwechseln. war
bisher nichts zu ermitteln gewesen. Seine Gat-
tin aber erfreute sich bei den übrigenHauSbewoh-
nern wie in der weiteren Nachbarschaft eines
ausgezeichneten. Rufes. Sie führte eine sehr
ordentliche Wirthschaft, war Niemandem etwas
schuldig und empfing außer ihrer „Kundinnen"
fast gar keine Besuche. Erik Werthmüllers
Ueberzeugung, daß ihr damaliges Erscheinen
im Hause seiner Tante in irgend welchem Zu-
sammenhang gestanden mit dein falschen Kassen
schein, deü Elfriede im Speisezimmer verloren,
war durch diese nichtssagenden Auskünfte zwar
keineswegs erschüttert worden; aber von einem
energischen Vorgehen gegen das Ehepaar Ma-
trasch konnte daraufhin selbstverständlich nicht
die Rede fein, und seine Hoffnung, daß er auf
diese Weise zu einer Entdeckung der Banknoten-
fälscher gelange«' würde, war in« Grunde nur
recht gering.
Noch einmal las er den Bericht des Berliner
Agenten, dann setzte er sich cm den Schreibtisch,
nm ihn« unverzüglich die verlangten Instruc-
tionen zu geben. Er beauftragte ihn, die gefun-
dene Fährte mit dem größten Eifer weiter zu
verfolgen und kein Mittel unversucht zu lassem,
das Zur Ermittelung des anonymen Dresdner
Absenders führen könnte. Er wies ihn darauf
hin, daß es überaus wichtig sein würde, festzu-
stellen, ob irgend welche Beziehungen zwischen

der Familie Eichrodt «md einen« Ehepaar Ma
trasch in Dresden beständen, und schon war er
nahe daran, ihn« zur Erleichterung feiner Nach-
forschungen auch den Namen Elfriedens zu
nenneu. Ter wollle ihn' denn doch nicht aus
der Feder. Sic war seinem Herze«« zu theucr,
als daß er es hätte über sich gewinnen können,
seinen Argwohn gegen sie einem fremdem Men-
jchen preiszugeben, für den sie nichts weiter ge-
wesen wäre, als eine verdächtige Person, die
aller Wahrscheinlichkeit nach in engen Beziehun-
gen zu notorische«« Verbrecher«« stand. So be-
gnügte er sich damit, anzudeuten, daß die Geld-
sendungei« möglicherweise durch ein junges Mäd-
chen aus der früheren Bekanntschaft des Toktor
Eichrodt erfolgt sein könnte, und überließ es
zunächst der Klugheit des Agenten, den Namen
dieses jungen Mädchens zu ermitteln.
Das Herz war ihm sehr schwer, als er den
Brief in den Kasten warf und dann den Weg
nach dem Hause seiner Tante einschlug, den er in
dsr ersten Zeit seines Dresdner Aufenthalts stets
mit so freudigen Empfindungen und so be-
glückeirden Hoffnungen gemacht hatte. Die Hoff-
nungen hatte er bis auf die letzte vergraben; denn
wie auch immer sich die Dinge entwickeln moch-
ten, daß von einem Herzensbündniß zwischen
ihn« und Elfriede nicht mehr die Rede sein
konnte, war nur zu gewiß. Schon die augen-
fällige Veränderung ihres Benehmens seit je-
nein unseligen Nachmittag «nutzte es ihn« bewei-
sen. Eine scheue und — wie e-s ihn« bedünren
wollte — fast feindselige Zurückl-altung war an
die Stelle ihrer heiteren, liebenswürdigen Un-
befangenheit getreten. Sie wich ihm geflissent-
lich ans und wußte immer einem Vorwand zu
finden, der ihr gestattete, sich sehr bald aus dem
Zimmer zu entfernen, sobald er sich zum Be¬

suche bei Frau von Brutengaard einfand. Fast
niemals erhob sic in feiner Gegenwart die Au-
gen vom Boden, und wenn sie es einmal durch-
aus nicht vermeiden konnte, ihm auf eine seiner
Frage«« Rede zu stehen, so geschah es mit einer
widerwilligen Wortkargheit, die für fein Em-
pfinde«« einer schroffen Abweisung gleichkam.
Gerade heute nun fügte es der Zufall, daß
sie gezwungen war, ihn allein zu empfangen.
Frau von Brutengaard hatte sich ausgemacht,
eine von ihr mckerstützte Familie zu besuchen,
und der Zeitpunkt ihrer Heimkehr war ganz
ungewiß. Mit gesenkten« Blick, in raschen, halb-
lauten Worten hatte die junge Gesellschafterin
dein Besucher diese Mittheilung gcnmcht, und sie
mochte erwarten, daß er sich daraufhin sogleich
wieder entfernen würde. Aber Erik Werthmüllcr
blieb, und als Elfriede sich nach einigen Minu-
ten peinlichen Schweigens ihrerseits anschickle,
das Zimmer zu verlassen, hielt er sie zurück.
'„Arif die Gefahr hin. Ihnen zudringlich zu
scheinen, Fräulein Liesing — ich muß wegen je-
nes belgischen Hundertfrancsbillet noch einmal
mit Ihnen sprechen."
Er sah, wie sie sich verfärbte und wie zugleich
eine kleine, nnmuthige trotzige Falte zwischen
ihren Brauen erschien.
„lind was is. es das Sie mir zu sagen
wünschen?"
„Ich möchte Sir noch einmal Von ganzem Her-
ze!« bitten, mir mi-Zutheilen, von wen' Sie den
Scheu« erhielten nnd wem Sie ihn gegeben."
„Sie haben bereits gehört, dar ich Ihnen
eine solche Auskunft nicht geben kann, Herr
Werthmüller!"
„Ja, ich habe es gehört; aber ich glaube nickt
daran, daß eS Ihnen so ganz unmöglich sein
sollte. Man hat Ihnen vielleichr das Per-
 
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