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Neuer Heidelberger Anzeiger
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Der Lokal-Anzeiger kommt i« jedes Kaus i« Keideköerg und hat die größte Aeröreitung i« de« Hrtschafte« der AmgeSuug. "MA
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Der „Heidelberger Lokal-Anzeiger",
eines der verbreitetsten hiesigen Blätter, erscheint
jeden Tag, mit Ausnahme der Sonn- u. Festtage,
Vormittags ssy Uhr.
Es sind deshalb
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in demselben für die Stadt Heidelberg und die
nächste Umgebung von wirksamstem Erfolg.
Aie Orpedition.
Vas Neueste.
* Kaiser Wilhelm wird einem Wiener Ge-
rücht zufolge im Frühjahr dem Kaiser Franz
Josef einen Besuch ab statt en.
* Herzog Karl Theodor in Bayern
ist von der Akademie der medieinischen Wissenschaften
in Brüssel zum Ehrenmitglieds ernannt wor-
den.
* Die französische Regierung hat dem
Kapitän des Hamburger Dampfers „Waldersee" für
die Rettung französischer Seeleute an der Küste von
Neu-Fundland ein werthvolles Kunstwerk übermit-
telt.
* Marquis Ito ist im Auswärtigen Amte zu
London vom Marquis of Lansdowne empfangen und
Nachdruck verboten.
LTnfichtbcrlee Käöen.
Roman von Reinhold Ortmann.
Z8) (Fortsetzung.)
Tas junge Mädchen wandte den Kopf nicht
nach dem Eintretenden um, und sie fuhr des-
halb heftig erschrocken zusammen. Äs sie sich
plötzlich mit gedämpfter Stimme angeredet
hörte:
„Guten Abend, mein gnädiges Fräulein!
Das ist ja eine große Ueberraschung, denn ich
glaubte nicht Sie, sondern Frau Matrasch hier
zu treffen."
Schon beim ersten Wort hatte sie die
Stimme des Herrn Franz Lehder erkannt, und
keine Begegnung hätte ihr widerwärtiger sein
können als diese. Sie dachte natürlich sofort
an ein abgekartetes Spiel, und ihre erste Ein-
gebung war, unverzüglich aufzustehen und sich
zu entfernen. Aber ihre schüchterne Natur hegte
eine unüberwindliche Scheu vor Allem, das ge-
eignet war, Aussehen zu erregen und deshalb
blieb sie vorläufig auf ihrem Platze, fest ent-
schfbssen, die Loge in dem nämlichen Augenblick
zu verlassen, wo ihr Nachbar sich auch nur die
kleinste Zudringlichkeit gegen sie gestatten
würde.
Doch Herr Franz Lehder, der merkwürdig
verändert aussah, da er sich seinen schönen dunk-
len Vollbart hatte abnehmen lassen und nur noch
einen Schnurrbart mit martialisch emporgedreh-
ten Spitzen trug, schien auch sonst heute ein ganz
Anderer als bei seinen abendlichen Besuchnr im
Hause der Wahrsagerin. Er nahm Paulas kühle
und wenig ermuthigende Antwort auf seinen
Gruß mit respektvollem Schweigen entgegen und
verhielt sich ganz still, so lange er annehmen
später im Marlborough-House dem König
Eduard vorgc stellt worden.
* In Smyrna ist ein Pc st fall festgestcllt
worden.
* Der Gouverneur von Australien
steht in Unterhandlung mit Chamberlain über einen
Gesetzentwurf wegen Ausschlusses aller
Asiaten aus Australien.
VC Paris, 28. Dec. Tie radikalen Blätter
erheben Einspruch dagegen, daß sich trotz des
neuen Vereinsgesetzes unter den Professoren
des katholischen Instituts von Paris eine An-
zahl Jesuiten, Dominicaner, Ma-
l' i st e n und Benediktiner befände, wie
wohl deren Congrcgationen behördlich nicht gc.
nchmigt sind.
VC London, 28. Dec. Die englischen
Verluste bei dem Angriff Dewets bei
Tweefontein betrugen 6 Officiere und 52
Mann todt, 4 Officiere verwundet, 4 Officiere
werden vermißt. Meldungen sonstiger Ver-
luste sind noch nicht eingegangen.
W London, 28. Dec. Reuter meldet aus
Pequetbergroad: Die vereinigten Bü-
r' e n - C o m m a n d o s der West - Kapcolo-
nie, insgesammt 700, unter den Commandan-
ten Theron, van Bensburg, Woosti, Smit, Pv-
Pers, griffen am 22. Tecember und am 23. Te-
cember einen nach Calvinia gehenden Convoi
an, als er einen langen Engpaß durchzog. Es
gelang den Buren aber nicht, auch nur einen
Wagen wegzunehmen. Die Buren wurden mit
einem Verlust von 5 Todten und über 20 Ver-
wundeten zu rück geschlagen. Der Convoi
kam sicher in Calvinia an.
L Haag, 29. Dec. Nach den neuesten Meld-
ungen aus Südafrika hat die Sterblich-
keit in den Concentrationslagern eine solche
Höhe erreicht, daß, wenn keine Besserung ein-
tritt, dis ganze Buren - Bevölker-
ung, soweit sie in den Concentrationslagern
fcstgehalten wird, bis zum Juni ausge-
storben sein dürfte.
IV Sandham, (Schweb.), 28. Dec. Am Weih-
nachtsabend sank ein großer Dampfer, wahr-
konnte, daß seine anmuthige Nachbarin durch die
Vorgänge auf der Bühne beschäftigt wurde. Als
er dann endlich eine bescheidene Bemerkung
machte, bezog sie sich nur auf die Darstellung
und zwar zudem in einem so unverfänglichen
Tone gesprochen, daß Paula einer höflichen Er-
widerung unmöglich ausweichen konnte.
Es war kaum ein Gespräch zu nennen, was
da bis zum Schlüsse der Aufführung an kurzen
und gleichgiltigen Aeußerungen zwischen ihnen
hinüber- und herüberflog, und Paula hatte
sicherlich keinen Grund, sich über das Benehmen
ihres Gesellschafters zu beklagen. Trotzdem
sehnte sie das Ende der langausgedehnten Oper
ebenso inbrünstig herbei, wie der junge Lehrer,
der draußen vor dem Theater auf sie wartete,
und sie athmete auf, als sich endlich der Vorhang
über dem ergreifenden Schlußbilde senkte. Leh-
der ließ es geschehen, daß sie mit einem leichten,
verabschiedenden Neigen des Kopfes an ihm vor-
bciging, aber draußen an dec Garderobe war er
dann doch Plötzlich wieder bei ihr und leistete ihr
ritterlichen Beistand beim Anlegen ihres
Jackets.
„Ich hoffe, daß Sie es mir gestatten wer-
den, Sie zu begleiten", sagte er. „Es ist spät
geworden und man hat neuerdings so viel von
Belästigungen einzelner Damen gehört, daß Sie
meinen Schutz wirklich nickst ablehnen dürfen."
Er sagte das mit so ehrerbietiger Zurückhalt-
ung und in einem so bescheidenen Tone, daß
Paula trotz ihres Widerwillens gegen das aufge-
drängte Geleit nicht den Muth zu einer abschlä-
gigen Antwort fand. Am Ende war ja auch
der Weg, den sie neben ihm zurückzulegen hatte,
nicht so weit, daß ihr seine Gesellschaft für diese
kurze Zeit als ganz unerträglich hätte erscheinen
sollen, und sie konnte sich überdies in jedem be-
schcinlich ein schwedischer Kohlendampfer. Die Mann-
schaft, bestehend aus 18 bis 20 Mann, scheint er-
trunken zu sein. Der Sturm hinderte bisher die
Berguugsdampfer, nähere Nachforschungen anzu-
stellen.
W Caracas (Venezuela), 28. Dec. Der
deutsche große Kreuzer „Vineta"
(460 Mann Besatzung) ist bei La Guayra
(Hafenstadt bei Caracas) vor Anker gegangen.
Als ein Sanitätsbeamter längsseits des Schif-
fes kam, wurde ihm der Zutritt verweigert. Tic
Venezolaner legten dies Verhalten als kriegs-
gemäß aus, aber die Officiere der „Vineta"
statteten den venezolanischen Behörden Besuche
ab und setzten ihnen auseinander, daß dem Sa-
nitätsbcamten der Zutritt deshalb verweigert
worden sei, weil der Besuch zu früh erfolgte.
Ncw - Io-rk, 28. Dec. Washingtoner Be-
richte sagen, daß Deutschlands Aktion
gegen Venezuela unmittelbar bevor-
stehe und daß wahrscheinlich eine Blockade
der Häfen von La Guayra und M a -
racaibo die erste Maßregel Deutschlands sein
Wörde. Venezuela werde sich auf passiven Wi-
derstand beschränken, da ein Eindringen der
Deutschen ins Innere anscheinend ausgeschlos-
sen sei. Die Häfen sind der „Frkf. Ztg." zu-
folge fast ganz in den Händen fremder Kauf-
leute und Präsident Castro erhofft daher eine
Intervention anderer Regierungen.
Politisches.
Ei» Conflikt zwischen Preußen und Würt-
temberg ist beseitigt. Ter verschrobene, gemein-
gefährliche Freiherr Münch von Mühringen,
dessen Schießerei und Processe so viel Aufsehen
gemacht haben, hat sich in den preußischen
Staatsverband ausnehmcn lassen, um der Ein-
sperrung in einer württembergischen Irrenan-
stalt zu entgehen. Nunmehr ist ec richtig auf
sein und der preußischen Regierung Verlangen
von Württemberg an Preußen ausgeliefert und
in Frankfurt auf freien Fuß gesetzt worden. ES
wurde ihm allerdings bedeutet, daß, wenn er sich
auch in Preußen Strafthaten zu Schulden kom-
men lasse, gegen ihn eingeschritten würde, und
andererseits, wenn er nach Württemberg zucück-
kehrs, ihm die Thür des Irrenhauses offen
stände. Münch bringt ein großes Vermögen
nach Preußen.
liebigen Augenblick losmachen, wenn die Art
seiner Unterhaltung sie dazu nöthigte.
Dickst an ihrer Seite und eifrig auf sie ein-
sprechend, schrittArpasty mit ihr durch das Vesti-
büle und ins Freie hinaus. Das dichte Men-
schengewühl, das sie umgab, brachte sie ohne ihr
Zuthun einander so nähe, daß ihr Gespräch für
einen Tritten, der seinen Wortlaut nicht ver-
nahm, dadurch sehr leicht einen Anschein großer
Vertraulichkeit gewinnen konnte. Und einen
solchen Eindruck brachte es in der That auf Wal-
ter Eichrodt hervor, der zuerst eine rasche Be-
wegung gemacht hatte, wie wenn er freudig auf
Paula zucilen wollte, um dann noch auf halbem
Wege stehen zu bleiben, noch ehe das junge Mäd-
chen seiner ansichtig geworden war.
Siedend heiß stieg abermals das Gefühl
einer wilden, verzehrenden Eifersucht in seiner
Seele empor. Meser hübsche, elegante Mensch
mit dem dunklen Leint und den lebhaften, ja
feurigen Augen war ja vielleicht der unbekannte
Nebenbuhler, unter dessen dämonischem Einfluß
Paula dahin gelangt war. Alles zu verleugnen,
was ihr Lis dahin heilig und theuer gewesen.
Die lächelnde Vertraulichkeit, mit der er sich zu
ihr herabneigte, ließ jedenfalls auf eine sehr
intime Bekanntschaft schließen. Und das Paula
nicht ein einziges Mal zu ihm ausblickte, sondern
das Köpfchen beständig tief gesenkt hielt, war
dem eifersüchtigen Beobachter nur ein Beweis
mehr für die Richtigkeit seinerVermuthung, denn
er hatte ja von vornherein nichts Anderes ge-
glaubt, als daß Jener sie mit Hilfe irgend einer
unbegreiflichen Macht zu seinem demüthigen
willenlosen Werkzeug gemacht, und daß an der
Veränderung, die mit ihr vorgegangen war, die
Furcht vielleicht einen noch größeren Antheil
habe als die Liebe.
Ernst dcr Fromme, Herzog von Sachsen-
Gotha und Altenburg, dessen vor 300 Jahren
erfolgte Geburt den Anlaß zu den in Anwöscn-
heit des Kaisers am 2. Weihnachtsseiertage in
Gotha stattgehabten Festlichkeiten und zu den
damit verknüpften ernsten Rück- und Ausblicken
gegeben hat, war eine markige Persönlichkeit, in
eine große Zeit gestellt. Es war einer jener
Männer, die in Deutschlands schwerster Noch
sich selbst erhoben und über sich hinauswuchsen,
um Grundstein und Pfeiler zu sein für einen
neuen inneren Ausbau des Reiches und seines
Volkes. Er war ein Gottesstreiter und Kriegs-
hyld im dreißigjährigen Kriegs er war neben
seinen Bruder Bernhard von Weimar einer der
tapfersten in jener Zeit. Er focht in den
Schlachten am Lech, bei Landshut, bei Nördlin-
gen, ec gewann zum großen Theil persönlich
die Schlacht bei Lützen, indem er nach dem Tods
des Königs Gustap Adolf den heranstürmenden
General Pappenheim angriff, vom Pferds warf
und so dessen Reitörschaaren Halt gebot, und
nach dem Kriege baute er in wahrstem Sinne
des VZortes wieder auf, was zerstört war. Als
Grundlage alles Lebens des einzelnen und des
Volkes betrachtete er die religiös . sittliche Uc-
berzeugung, gewonnen aus der heiligen Schrift.
Darum gab er eine Volksbibelausgabe heraus,
darum machte er große, fromme Stiftungen,
darum ging er schonungslos gegen die Laster
der Trunksucht und Unzucht vor, darum gab er
Gotha eine Schulreform auf Grundlage des von
dem berühmten Schulmann Reicher ausgearbei-
Leten „Schulmethodus." Neben der sittlichen u.
praktischen Frömmigkeit förderte er alle mate-
riellen Güter seines Volkes, hob die Landwirth-
schaft, baute Kanäle und gab dem hungernden
Volk Arbeit und Brod, indem er an Stelle des
im Jahre 1567 zerstörten Schlosses Grimmei-
stein, das Schloß Fricdenstein auf der südlichen
Höhe von Gotha aufrichten ließ. „Gott giebt's,
der Fürst erspart es", war sein Lebensmotto,, u.
was er ersparte, das gab er seinem Volke.
Englische Pfcrdcankäufc in Deutschland. In
Westprcutzen kaufen nach demGraudenzer „Ges."
Händler Pferde für die englische Armee in Süd-
afrika an. Sie halten zu diesem Zweck auf öf-
fentlichen Plätzen regelrechten Markt ab, den
sie vorher angekündigt haben. — Seitens der
preußischen Regierung scheint nichts geschehen
zu sollen. In Ungarn hat neulich der Mini-
sterpräsident von Szell erklärt, daß er nicht da-
Sein erstes Verlangen war, den Beiden in
den Weg zu treten und Rechenschaft von ihnen
zu fordern. Aber er sagte sich noch zu rechter
Zeit, daß ihm dazu ja nicht die mindeste Be-
sugniß mehr zustehe, und daß er sich beschämt
würde zurückziehen müssen, wenn Jener sich
etwa auf Rechts berief, die Paula selbst ihm ein-
geräumt habe. Alles, was er thun konnte, daß
er ihnen in einiger Entfernung nachfolgte, um
sich, wenn möglich, volle Gewißheit zu verschaf-
fen über das Verhältniß, das zwischen ihnen
bestand.
Es wurde ihm nicht leicht gemacht, sie zu be-
obachten, denn er durfte sich nicht zu nahe an sie
heranwagen, um nicht von Paula bemerkt zu
werden und häufig schoben sich so viele Passan-
ten zwischen sie und ihm, daß er sie Secunden
lang völlig aus den Augen verlor. Nun aber
waren sie in eine schmale und ganz menschen-
leere Seitengasse eingebogen, so daß Walter
jede ihrer Bewegungen beobachten tonnte,
wenn auch die Entfernung, die ihn von ihnen
trennte, zu groß war, um ihn die Worte ihres
Gespräches vernehmen zu lassen. Er sah, daß die
Einsamkeit des Ortes den unbekannten Beglei-
ter Paulas zu noch größerer Vertraulichkeit er-
muthigt, denn sein Kops war dem ihrigen jetzt so
nahe, daß ;e:ne Lippen fast ihre Wangen berüh-
ren mußren. Und dann — sie war eben iin Be-
griff, um die nächste «Straßenecke zu biegen —
gewahrte er deutlich, wie der Mensch seinen
Arm um die Taille des jungen Mädchens legte.
Wäre der Unverschämte im Bereich seines
Armes gewesen, vielleicht hätte er ihn ohne Be-
sinnen niedergeschlagen: die fünfzig Schritte
aber, dis er jetzt zurücklegen mutzte, um die Bei-
den zu erreichen, gewährten ihm Zeit genug, sich
mrauf zu besinnen, daß er mit einem derartigen