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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (28) — 1901

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No. 260 - No. 269 (6. November - 16. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43809#0137
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1901.

Auflage ca. 7300


ErschLftistellr: Hauptstraße 4S
(Eingang Drmmengaffi).

Neuev Herdelbergev Anzeiger

Zweigstelle: S. Seiseudörfer
Untere Neckarstratze 17.

7, Llittelüi

» - Aer Anzeiger kommt in jedes Kans in Keidellerg «nd Hal die größte ^erSreitunz in den Hrtschafte» der Amgeönng. Mil
ichei»t täglich Dormittagr mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. Preis monatlich 3V Psg„ mit dem „Jllustrirten SonntagSblatt" uwnatlich 40 Pfg. inel. Trägerlohn. Durch die Post bezogen vierteljährlich 1 Ml. ohne Bestellgeld.
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1001.

Donnerstag, den 7. WavernVer

Postzeitungsliste N°. 3306-

E-schäftSstelle: Telephon 125.

Vas Neueste.

Der Kaiser richtete anläßlich des 50jährigen
Marineofficier schule an den
Idecteur des Marinebildungswcsens ein Glück-
^chtelegramm.
' Der deutsche Botschafter v. Hol leb en wurde
.Kaiser in den letzten Tagen empfangen und
seine Rückreise nach Washington au.
k. * In der Märchenbrunncn - Ange-
b^Enheit wurde Sradtbaurath Hoffmann
dcr städtischen Kunstdeputation beauftragt, das
d^ttige Project nach neuen Plänen abzuän-
* Erzherzogin Marie Christine, Tochter
Erzherzogs Friedrich, Verlobte sich mit dem
y^Zen Emanuel Salm - Salm, Oberleut-
tin preußischen 2. Garde-Ulanenregimenr.
Die französische Regierung beabsichtigt, der
hj?ei xtn förmliches Ultimatum zu über-
und bereitet einen zweiten Theil ihrer
"on zur Erlangung ihrer Forderungen vor.
tz ? Die französische Regierung beschloß den 100.
lyh?Urtstag Victor Hugos am/ 26. Febr.
SUrn nationalen Feiertag zu ,nachen.
' In Oesterreich bereitete man eine Gesches-
d-f^e gegen den Getreide - Termin Han-
i box,
In Konstantinopel befürchtet man. daß die
stj^chische Bevölkerung der von Irank-
besetzten Insel Mhtilene sich auflverfcn und
kh? Annexion durch Griechenland ver-
8en werde.

Darmstadt, 8. Nov. Die „Darmst. Ztg." mel-
Amtlich, das Baccellische Verfahren sei
Eheilweisem Erfolge bei frischen Fällen von
und Klauenseuche angewandt worden.
Beschluß des Ministeriums solle die Anwendung
k,.. Zerfahrens auf Wunsch der betreffenden Besitzer
^. Kosten der Staatskasse erfolgen.
(Nachdruck verboten.)
Äg' m AM, Zahn m Jahn.
Roman von Karl Eden.
(Fortsetzung.)
yh.'-Der Zwecks der mich zu Euch führte," ve-
V Dorinka, „ist jetzt erreicht und Alexis Bo-
tzzMv, unser grimmiger Feind, ist in unseren
hij^en. Es ist das letzte Mal, Brüder, daß
hier zusammentreffen, denn ehe eine (stunde
licht' verlasse ich Doninowo. Wie ihr wißt,
wir nicht hier, um den Mann zu verhören,
sejj.dor uns steht, ein höherer Richter hat be-
sein Urtheil gesprochen. Aber da der Ge-
iii^e dasselbe nicht kennt und auch nicht weiß,
>s>, Welches besondere Verbrechen er verurtheilt
Hs, habe ich den Auftrag, ihn darüber aufzuklä-
Bisher hatte sie zu den Männern am Tische
^^ochen, jetzt wandte sie sich an den General:
1er "Dexis Bodiskow, seit Jahren sind Sie un-
Urigster Feind, nur zu dem Zweck, Carriere
^.kachen und Reichthum zu erwerbm. Wir
unsere Feinde, so lange sie offen gegen uns
^fen, aber mit einem Elenden wie Sie, der
selbstsüchtigen Gründen seine Mitmenschen
H^Verderben stürzt, haben wir kein Mitleid.
N^°hl mächtig, sind wir langmüthig und be>-
^?,'!en erst dan Ihren Untergang, als Sie ein
steche» von beispielloser Treulosigkeit begin-
°l' dem ein Akt wohllüstiger Grausamkeit
sE- Sie mißbrauchten Ihre Stellung als Po-
d^ Kef m Odessa und lockten einen Fremden,
ft^ie haßten, in eine Falle, um ihn unter dem
Iwan Iwanowitsch nach Sibirien
zu lassen. Doch Sie gingen noch wei-
Hjh^ie arme Frau des wirklichen Iwan Jwcmo-
ließen Sie dem Fremden gegenüberstellen,
rihhvls sie erklärte, sie kenne denselben nicht,
ist Ödeten Sie die Richter, diese Verleugnung
die Folge von Verstocktheit, die im Ge-
Wrisse bald verschwinden würde« Der Zu-

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vv Berlin, 6. Nov. Die „Nordd. Allg. Ztg."
erklärt gegenüber der Meldung gewisser Blatter,
deutsche Truppen hätten in Guanhama
(?) in portugiesisch Angola die deutsche
Fahne ausgepslanzt, daß dieses Ge-
biet theils auf deutsches, theils aus portugiesi-
sches Gebiet falle. Es sei aber in diesen entlege-
nen Gebietstheilcn ein Verwaltungsapparat gar
nicht eingerichtet worden, sondern es seien nur
Beobachtungsposten errichtet, die 0 bis
8 Tagreisen von der portugiesischen Grenze ent-
fernt seien. Die eingelauscncn Berichte bieten
nicht den mindesten Anhalt für die Annahme,
daß eine Grenzübcrfchreitung seitens
der deutschen Schutztruppcn stattgefunden hat.
8 Berlin, 6. Nov. Das Opfer des (bereits ge-
melderen d. Red.) Offnerer dUfellS in Inster-
burg, Leutnant Blaskowitz, ist seinenVerletzungen
erlegen. Ueber die Ursache zum Duell erfährt die
„Frkf. Ztg.", daß Blaskowitz mit anderen Officieren
am Donnerstag der letzten Woche im Officierkasino
und dann in einem Hotel stärk gekneipt hatte. Er
wurde von einigen Kameraden, darunter Hilde-
brand, nach Hause gebracht. Dem widersetzte er
sich und vergaß sich in seinem Zustande so wett, daß
er gegen seine Begleiter thäilich wurde. Diesen
blieb danach nichts anderes übrig, als den Vorgang
dienstlich zu melden. Das Ehrengericht trat zusam-
men und erklärte den Zweikampf für unver-
meidlich, während Blaskowitz am selben Morgen
zu seiner Braut nach Deutsch-Eylau gefahren war,
angeblich in völliger Unkenntnis; dessen, was er im
Rausche begangen.
Trmzig, 6. Nov. Die; - Stadtverordneten be-
willigten 25 000 Mk. zur sofortigen Jnongriffnahnre
von Arbeiten, um der Arbeitslosigkeit im
kommenden Winter entgcgcnzutreten.
IV Kiel, 6. Nov. Der K aiser richtete an-
läßlich des 50jährigen Bestehens der M arine-
off i c i e r s ch u le an den Inspekteur des Ma-
rinebildungswesens folgendes Telegramm:
Zu dem heutigen Tage des 50jährigen Be-
stehens der Marineschule, entbiete ich den Officie-
ren und Fähnrichen meinen kaiserlichen Gruß,
mit dem Wunsche, daß die Anstalt auch weiterhin
als eine Stätte ritterlichen Geistes und berüfS-
wissenschaftlicher Bildung meiner Seeofficiere mit
Erfolg gekrönt sein möge. Sie haben diese Ordre
den Officieren und Fähnrichen der Marineschule
bekannt Zu geben.
'iV Paris, 6. Nov. Aus Toulon wird
berichtet, daß dort Vorbereitungen für
die weitere Verproviantirung der Schiffs¬

division Caillard getroffen werden. Die
Meldung, das Marineministerium habe zwei
Transportschiffe für die lleberfetzung nach der
Türkei bereit gestellt, wird in Abrede gestellt,
doch wird die Ausrüstung des Mittel -
meergeschwaders fortgesetzt, da-
mit es für alle Möglichkeiten bereit gestellt fei.
Paris, 6. Nov. Das „Echo de Paris"
läßt sich aus Konstantinopel melden, man be-
fürchte dort, daß die griechische Bevölkerung von
Mytilene, welche schon seit langem den
Anschluß an Griechenland anstrebe,
durch die Ankunft des französischen Geschwaders
zu einem Aufstand ermuthigt werde.
IV Paris, 6. Nov. Die Regierung erhielt
von ÄdmiralCaillard keine Telegramme
seit der Depesche, in der er seine Ankunft in My-
tilene mittheilt. Caillard beschränkte sich auch
darauf, dem Botschaftsrath Bapst in.Konstan-
tinopel seine Ankunft zu telegraphirrn. Es er-
scheint indessen gewiß, daß die Beschlagnahme
des Zollamtes im Hafen von Mytilene gemäß
den von der Regierung ertheilwn Weisungen
ausgeführt worden ist.
Wien, 6. Nov. Ueber die französi f ch e
Flottenkundgebung erfolgte bis jetzt
keine förmliche Mitthsilung an die Mächte, doch
wurde die Angelegenheit so öffentlich betrieben,
daß diesseits keinesfalls ein Einspruch zu erwar-
ten ist, zumal der französische Minister des Neu-
ßer», Delcasjä, sich durch den Berliner Vertrag
für gebunden erklärt. Andererseits sind die
österreichischen Beschwerden in Konstantinopel im
wesentlichen, wenn auch nicht formell, befriedigt.
Konstantinopel, 6. Nov. In einer Mittheil-
ung, die der französische Botschaftsrat!) Bapst
der Pforte hat zukommen lassen, wird außer den
bereits bekannten Forderungen noch die Er-
füllung folgender Bedingungen
verlangt: Unzweideutige endgiltige Regelung
der Stadens rag e u. des Falles Tubini,
in dem es zwar zu einer Vereinbarung gekom-
men ist, die jedoch infolge neuer, seitens der
Pforte eingetretener Hindernisse nicht zur Aus-
führung gelangt ist; endlich die Regelung der
Schuldforderung Lorando's ent-
sprechend den von Frankreich schon früher ge-
stellten Bedingungen. Die Nachricht einiger

stand der Unglücklichen, die in nächster Zeit Mut-
ter iverden sollte, konnte sic nicht vor dem Kerker
schützen, und sie starb unter der grausamen Be-
handlung im Gefängnitz, ein unglückliches Kind
hinterlassend, das indetz auch starb."
Einen Augenblick schwieg sie und warf einen
Blick auf den Gefangenen, der immer noch hoch-
aufgerichtet dastand, und seine Lippen zu einem
verächtlichen Lächeln kräuselte.
„Alexis Bodiskow", fuhr sie fort, „für den
cm Felinska Frolow begangenen Mord sind Sie
verurtheilt worden und bald werden Sie Ihren
Lohn erhalten, aber nicht von unseren Händen,
sondern von Ihren eigenen Standesgenosfen."
Der Gefangene zeigte Spuren der Erregung.
„Sie veranlaßten die Verbannung des Eng-
länders Georg Donnington, und als Sie Nach,
richt von seinem Tode erhielten, glaubten Sie,
jede Spur Ihres Verbrechens fei verwischt.
Thor! Er ist am Leben, und nicht nur am Leben,
sondern in Europa, und der Verhaftsbefehl für
Sie ist bereits in Petzersburg ausgefertigt wor-
den. Der Mann, den Sie vernichten wollten,
ist nicht ein einfacher Kaufmann, sondern ein
Mann von Stellung und Ansehen. Nun, be-
greife» sie, was wir damit meinen, daß wir Sie
der Gnade Ihrer eigenen Standesgenosfen über-
lassen? Wir haben den Engländer errettet —
wir, die Nihilisten — damit er in Person vor
unserem Kaiser erscheinen und ihm zeigen kann,
welche Schändlichkeiten täglich in seinem Lande
begangen werden."
„Tödtet mich!" rief Bodiskow heiser. „Töd-
tet mich, denn ich bin schuldig; aber erspart mir
das."
„Das liegt nicht in meiner Macht", erwi-
derte die Vorsitzende. „Die Erniedrigung, welche
Sie treffen muß, ist die gerechte Strafe für Ihr
Verbrechen, und Sie werden jetzt selbst in jenes
Sibirien gehen, wohin Sie so viele Sckpüdige
und Unschuldige vorangesandt haben. Dort wer-
den Sie das Leben eines .Sträflings führen, Lis

der Allmächtige Ihrem Leiden ein Ende macht.
Wir werden Sie hier feschalten, bis die Diener
der Gerechtigkeit kommen; und wir werden dafür
sorgen, daß Ihr Schicksal nicht besser ist als das
derjenigen Menschen, dis Sie "selbst zu harter
Arbeit in jenen Gegenden verdammt haben."
Die angenommene Gleichgültigkeit des Un-
glücklichen war verschwunden, und eure stumme
Verzweiflung hate ihn ergriffen. Als Soldat
fürchtete er nicht den Tod; aber der Schimpf, ein
Sträfling zu fein — die Entehrung vor aller
Welt, das war schlimmer als alle Todesqualen.
„Ich habe meinen Auftrag erfüllt," fuhr
Dorinka fort, „nun noch einige Worte über mich.
Sie möchten wissen, wer Ihnen die verdiente
Strafe gebracht hat. Sie sollen es erfahren. —
Felinska Frolow, dis Sie ermorden ließen, war
die Frau meines verstorbenen Bruders und Ja-
nina ist meine theuerste Freundin. — Ich aber,
ich bin Sonja, die Schwester von Iwan Jwano-
witsch."
Ter Unglückliche schwankte und fiel schwer
zu Boden.

XXXVI.
Der Aufruhr.
Der Baron von Stahlberg liebte es nicht,
sehr früh aufzustehen. Die kleine Truppcnab-
theilung, die er befehligte, bestand aus zuver-
lässigen Leuten und außerdem hatte er einen
Unterofficier, auf den er sich verlassen konnte:
deshalb waren seine dienstlichen Pflichten so
leicht, daß er in zahlreichen Mußestunden nicht»
besseres wußte, als sich in Rybka sterblich zu
verlieben.
Seit dem Verschwinden des Mädchens fühlte
sich der Baron sehr unglücklich, denn er hatte
eine aufrichtige Zuneigung für die schöne Jüdin,
daß sie feine Liebe erwiderte, wußte er und des-
halb empfand er mir noch größeren Kummer
über ihr plötzliches Verschwinden. Ganze Tage

Pariser Blätter, der Sultan habe allen Beding-
ungen Frankreichs zugestnnmt, findet in hiesi-
gen amtlichen französisck)en Kreisen keine Be-
stätigung.
IV Brüssel, 6. Nov. Das „Petit Bleu" er-
klärt die Meldung aus dem Haag formell für-
unrichtig, daß die Vertreter Transvaals
und des Oranjefreistaates in geheimen Zusam-
menkünfte in Holland Gegenmatzregeln
gegen die gefangenenenglischenOs-
ficiere beschlossen hätten.
IV Peking, 6. Nov. Der chinesische Staats-
mann L i - H u n g - Ts ch a n g liegt im S te r-
b en.
>>V Peking, 6. Nov. Der bisherige chinesi-
sche Gesandte in Berlin, L u - Hai - Kuan, ist
zum Nachfolger des kürzlich verstorbenen Vice-
präsidenten des Auswärtigen Amtes-, H s u -
Tjchu - Peng, ernannt worden.

Politisches.
Tas corrckte Verhalten Deutschlands in der
türkischen Conflictsangelegenhcit wird franzä-
sischcrseits anerkannt. Mit Genugthuung wird
verzeichnet, daß auch der deutsche'Dot,
schafter in Konstantinopel schon vor gerau-
mer Zeit dem Sultan den Rath erthcilt habe,
den Forderungen Frankreichs nachzügeben, und
daß er dem französisckM Geschäftsträger Bapst
einen Besuch abgestattet habe, der sehr wohl be-
merkt worden sei.
Was die Württemberger in den letzten 25
Jähren vertrunken haben, berechnet ihnen Fi-
nanzrath Dr. Lasch in der Schrift „Württemberg
gische Gegenwartsfragen" auf die stattliche Sum-
me von 4 0 0 0 Millionen Mark. Wären
sic nur ein wenig mäßiger gewesen und hätten
sie nur 1000 Millionen Mark weniger vertrun-
ken, so könnten sie heute alle Staats- und Ge-
meindeschulden Württembergs damit bezahl«».
Eine Auzahl reicher, holländischer Kaufleute
hat im Staate Wyoming (Nordamerika) 120
Tausend Hektar Land für eine Besiedlung von
Buren angekaust; Die Einwanderer werden mit
ihren Familien aus Südafrika, oder auch aus
Europa, wo sich schon lange einige befinden, so
bald wie möglich dort eintreffen. Sie werden
sich ausschließlich dem Zuckerrübenbau widmen.

brachte er in dumpfem Brüten zu und schlug
alle Einladungen des Gouverneurs, ihn zu be-
suchen, ab. Endlich aber erschien er doch wieder:
bei Bodiskow, um von seinem Vorgesetzten etwas
über den Aufenthalt des Mädchens zu erfahre».
Aber der Graf konnte ihm diesen nicht angeben,
selbst wenn er gewollt hätte. Wäre Stahlberg
von demselben Stoff gewesen wie der General,
so würde er durch Spione und die Macht des
Goldes sein Ziel zu erreichen gesucht haben, aber
in aufrichtiger Verehrung für Rybka stand er
davon ab. Seine Liebe war rein und voll Ver-
träum, und er war überzeugt, daß dringende
Gründe sie veranlaßt hatten, sich für einige Zeit
Zu verbergen.
Am Tage, nachdem Bodiskow in die Hand
der Nihilisten gefallen war, beschäftigte sich
Stahlberg mit feinen alltäglichen Pflichten.
Nachdem er von denn Unteroffizier erfahren
hatte, daß der Gouverneur abwesend sei, stieg er
zu Pferde, um einen einsamen Spazierritt auf
das Land zu machen. Zufällig wählte er die
Hauptstraße nach Warschau und als er die
Stadt hinter sich hatte, ließ er die Zügel schießen
und vertiefte sich in seine Gedanken, es den»
Pferde überlassend, einen ihm beliebigen Weg
einzuschlagen.
Obgleich er Duelle ausgefochten, reichlich
Champagner getrunken und den Thorheiten
junger Leute von Reichthum und angesehener
Stellung nicht fremd geblieben tvar, war Stahl-
berg doch niemals lasterhaft gewesen, und doch
empfand er.jetzt, wo die wahre Liebs in sein
Herz gezogen war. Abscheu vor seinem bisherigen
Leben und seinen sinnlose» Zerstremmgen. Das;
allein Rybka ihn als feine Frau glücklich machen
konnte, wußte er, aber er war eine zu überlegte
und ruhige Natur, um nicht die Hindernisse zu
erkennen, die sich einer Verbindung mit ihr ent
gegenstellten. Obgleich er sehr reich, die Geliebte
schön wie Aphrodite war, so konnte sie doch nicht
dem Bann entgehen, den die Gesellschaft gegen
 
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